I27I

Ich war froh, dass dieses Dorf, trotz der geringen Größe, ein Hotel hatte. Na gut, es war vielmehr eine Herberge, aber auf jeden Fall reichte das.
,,Buenos días.", begrüßte ich die Frau an der Theke. ,,Tienen una cama liebre?" (Haben Sie ein Bett frei?)
,,Si.", erklärte sie mir lächelnd. ,,Cuanto tiempo se quieren quedar?" (Wie lange möchten Sie bleiben?"
,,No esta claro pero voy a decir que me quedo seis semanas." (Das ist nicht klar, aber ich sage jetzt einfach zwei Monate.)
Die Frau riss die Augen auf, aber schrieb es in ihre Unterlagen. Dann bezahlte ich und sie übergab mir ein Schlüssel.

Ich ließ keine Zeit verstreichen, ich legte meine Sachen im Zimmer ab und lief nach draußen. Die Hitze war unfassbar. 40 Grad im Schatten. So etwas gab es im England nicht...

Ich suchte und suchte. Es verstrichen drei Wochen und ich fand rein gar nichts. Es war schon spät Abends und ich saß enttäuscht im Restaurant der Herberge, als ich plötzlich jemanden auf englisch reden hörte: ,,Siehst du das Mädchen da hinten?"
,,Ja.", sagte eine weibliche Stimme.
,,Das mag vielleicht etwas verrückt klingen, aber sie erinnert mich an deine Freundin... Du weißt schon, die, die verschwunden ist. Du hast mir Bilder von ihr gezeigt und sie sieht ihr wirklich ähnlich, findest du nicht?"
Die Frau zog scharf die Luft ein: ,,Du hast recht, Miguel."
,,Kann es vielleicht sein, dass sie doch noch Verwandte hatte?", fragte der Mann. ,,Oder dass sie nicht gestorben ist, sondern abgehauen und das ist ihre Enkeltochter?"
Ich konnte förmlich spüren, wie die frau sich anspannte, auch wenn ich sie nicht ansah. ,,Denkst du wirklich, dass das möglich ist?"
,,Ich weiß es nicht... Aber geh doch zu ihr! Rede mit ihr!"
,,Das kann ich doch nicht tun!"
,,Sie sieht einsam aus... Ich glaube sie würde sich darüber freuen..."

Ich hörte wie jemand einen Stuhl nach hinten schob und dann näherten sich Schritte.
,,Me puedo sentar a tu lado?", (Darf mich neben dich setzen?) fragte sie und es war das erste Mal, dass ich sie sah. Die Frau war nicht mehr die jüngste, ihre Haare glitten in weißen Wellen ihren Rücken hinunter. Sie hatte eine Brille auf der Nase und sah mich dadurch an. Ihr Augen zeigten Entsetzen und Trauer. Es waren die Augen, an denen ich sie erkannte.
,,Si, claro.", sagte ich lächelnd. ,,Sienta te." (Setz dich.)
Sie setzte sich mir gegenüber, wobei sie ihren Blick nicht von mir abnahm.
Ich lächelte sie an. ,,No sabes hablar ingles, o? Solo porque eso es mi lengua materna y si no, no es ningun problema, poremos hablar en castellano, pero para mi seria mas facil en ingles..." (Du kannst kein englisch, oder? Nur weil englisch meine Muttersprache ist und wenn nicht, ist das gar ein Problem, wir können auch auf spanisch reden, es wäre nur einfacher für mich auf englisch...)
,,Englisch ist auch meine Muttersprache, mein Kind."
,,Großartig!", rief ich und strahlte sie an. Ich versuchte nichts von der Enttäuschung, die ich schon die letzten Woche verspürte, anmerken zu lassen und auch nicht von der trauer, um ihren Verlust. Ich versuchte mich auf die Freude zu konzentrieren, sie wieder zu sehen. ,,Mein Name ist Seraphina, aber jeder nennt mich Phina."
Sie warf sich die Hand vor dem Mund. In ihren Augen schimmerten die Tränen. Ich legte meine Hand auf ihre Schuler. ,,Alles in ordnung?"
Sie nickte und eine Träne floss über ihre Wange. Sie strich über mein Gesicht. ,,Du siehst ihr so verdammt ähnlich.", hauchte sie und ein Mann tauchte hinter ihr auf und strich ihr über ihre Haare. ,,Hey Schatz, beruhige​ dich bitte."
,,Sie sieht ihr so ähnlich, Miguel. So verdammt ähnlich!", flüsterte sie. Ihre Augen schwammen mittlerweile in Tränen.
,,Du bist Elisabeth, oder?", fragte ich leise, aber sie hörte mich: ,,Woher weißt du - "
,,Meine Großmutter, ich habe ein Bild gesehen...", log ich.
,,Deine... Deine...", stammelte sie, aber ich beendete ihren Satz lächelnd: ,,Meine Großmutter, ja. Sie hatte den gleichen Namen wie ich, Seraphina Kane... Wir standen uns sehr nahe. WIr teilten mehr als nur unseren Namen. Es war, als seien wir die selbe Person. Ich bin stolz darauf, so auszusehen wie sie."
,,Sie war eine großartige Person, deine Großmutter!", flüsterte Elisabeth. ,,Sie war meine beste Freundin..."
,,Ich weiß... und ich nehme an, du willst wissen, warum sie damals verschwunden ist..."
SIe nickte. Der Mann hatte sich mittlerweile neben sie gesetzt. Sein Arm lag um seine Frau herum.
,,Es ist so... Sie ist nicht einfach so verschwunden. Es war komplizierter."
,,Sie war totkrank.", flüsterte Elisabeth und unterbrach mich damit.
Ich nickte. Es störte mich nicht, dass sie mich unterbrach. Sie war vollkommen fertig und das obwohl es schon knapp 60 Jahre her war. ,,Das war sie, ja. Sie hatte Hogwarts verlassen, weil sie wirklich glaubte sie würde bald sterben. Sie wollte nicht, dass ihr es mit erlebt, aber sie starb nicht. Sie wartete, aber es geschah nichts und dann mehrere Monate später fand sie heraus, dass sie schwanger war..."
,,Schwanger?!", rief sie überrascht. ,,Sie war schwanger?"
,,Ja, das war sie."
,,Newt...", flüsterte sie. ,,Ich wusste nicht... Er hat mir... Er wusste es auch nicht, oder?"
Ich schüttelte den Kopf. ,,Nein, er wusste nichts von der Schwangerschaft, aber es ist nicht von ihm gewesen."
,,Was?!", rief sie erneut. Diesmal lauter. ,,SIe hat... Seraphina hat ihn betrogen? Aber... Aber sie hat ihn doch so sher geliebt!"
Ich blinzelte die kommende Tränen weg. Sie hatte so recht. Ich hatte ihn geliebt. Ich liebte ihn noch immer! ,,So ist das nicht gewesen..."
Sie runzelte die Stirn und schniefte in ein Taschentuch. ,,Wie dann?"
Ich atmete tief durch. Es war nicht einfach diese Lüge auszusprechen, aber es musste sein: ,,Sie wurde vergewaltigt." Ich wendete meinen Blick ab.
Ich hörte wie Elisabeth und auch ihr Mann vor Schreck nach Luft schnappten.
,,Die Schwangerschaft hat sie gerettet. Es hat sie geheilt... und nach all dem wollte sie eigentlich zurück kehren. Sie wollte zu dir zurück und zu Newt, aber sie wurde mit einem Fluch belegt. Der Fluch verbat ihr jemals Kontakt mit Menschen ihrer Vergangenheit aufzunehmen. Wenn sie es doch tat, würde diese Person auf der Stelle tot umfallen.", log ich. Es war eine schreckliche Lüge, aber sie machte Sinn. So würde sie besser damit lar kommen. Das wusste ich. Ich kannte sie schließlich. ,,Deshalb hat sie sich nie wieder bei euch gemeldet... Vor ein Paar Jahren... da ist sie dann gestorben."
,,Merlin! Das ist ja furchtbar!", sagte Miguel und seine Augen glänzten nur auch.
,,Es tut mir wirklich leid, Elisabeth."
,,Die tut es leid?", fragte sie kopfschüttelnd. ,,Mir sollte es leid tun, nicht dir. Deine Großmutter... sie war eine fantastische Frau. Sie war so stark und ihre Liebe war so groß. Für mich, aber insbesondere für Newt. Dass sie all das aufgeben musste... dass sie sie ihn aufgeben musste... Ich kann mir nicht vorstellen, wie schwer es für sie sein musste..."

,, Elisabeth? Darf ich dich um etwas bitten?", wollte ich wissen nachdem wir uns noch einige Zeit unterhalten haben.
,,Natürlich."
Ich schluckte. ,,Es geht um Newt... Bitte verrate es ihm nicht."
,,Was?!"
,,Ich habe gehört, er sei glücklich geworden. Frau und Kind...", erklärte ich meine Bitte. ,,Ich kannte meine Großmutter sehr gut. Sie würde nicht wollen, dass er sich nach all den jahren wieder an sie erinnert wird. Er hat damit abgeschlossen und ihn jetzt zu sagen, dass sie lebte... es wäre zu schwer für ihn... Es würde ihn zurück in die Trauer befördern..."
,,Du hast vermutlich recht...", flüsterte sie.

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