~𝟜~

Das Foto war für meine kleine Schwester Daisy, die erst 9 und damit zwölf Jahre jünger als ich selbst war. Sie war ein totaler Tierfan und ganz besonderes Interesse hatte sie an den kleinen niedlichen Meeresbewohnern. Es war gar nicht so einfach, ein gutes Bild von einem der Seehunde zu machen, denn die meisten waren durch deren schnelle Bewegungen verwackelt oder unscharf. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich endlich ein gutes Bild hinbekommen. Zufrieden lächelnd ließ ich mein Handy wieder in meiner Hosentasche verschwinden.

Mein Blick wanderte zu dem Lockenkopf neben mir, der konzentriert ins Wasser starrte. Ob ich den freundlichen Schönling wohl jemals wiedersehen werde?

Plötzlich vibrierte mein Handy und riss mich aus meinen Gedanken. Ich holte es wieder hervor und sah, dass Niall mir eine Nachricht geschickt hatte. Wo bleibst du? Muss ich mir sorgen machen? Ein Blick auf die Zeitanzeige zeigte mir, dass es bereits 14:20 Uhr war. Verdammt, ich hatte gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergangen war.

"Ist etwas passiert? Sie gucken so panisch", merkte der Tierpfleger an.

"Ich hätte vor zwanzig Minuten etwas essen müssen", meinte ich und merkte im selben Moment, wie leer sich mein Magen anfühlte.

"Okay", erwiderte der Braunhaarige lang gezogen und sah mich teils belustigt teils verwirrt an. "Ich kann Ihnen ein belegtes Sandwich anbieten, wenn Ihnen das weiter hilft." Er kramte in der Umhängetasche, die er schon die ganze Zeit locker über seiner Schulter hängen hatte und reichte mir eine pinkfarbene Brotdose mit einem kleinen Pinguin darauf. "Ist mit Tomaten, Gurke und Käse", lächelte und wirkte ein wenig stolz darauf, mir seinen Mittagssnack präsentieren zu dürfen.

"Ich bin schon mit meinem Freund verabredet", lehnte ich freundlich ab und der Mann wirkte ein wenig enttäuscht. "Aber danke für das Angebot", schob ich eilig hinterher. Es war wirklich nett von ihm gewesen, mir etwas anzubieten. Bei Niall würde ich so etwas niemals erleben, denn der blonde Ire liebte sein Essen mehr als alles andere auf dieser Welt und das Wort "teilen" existierte bei ihm nicht.

Der Lockenkopf nickte freundlich und deutete dann auf meine Hosentasche, in die ich mein Handy inzwischen zurück gesteckt hatte. "Sie hätten mir ruhig sagen können, dass sie ein Handy dabei haben, dann hätten wir uns den Weg hier herunter beleuchten können", grinste er, "Kommen Sie, ich begleite Sie noch mit hoch."

Stimmt daran hatte ich vorhin gar nicht gedacht. Ein wenig peinlich berührt kramte ich mein Handy wieder heraus und schaltete die Taschenlampenfunktion ein. Ich ging wieder vor, damit ich uns den Weg leuchten konnten. Ein wenig bedauerte ich, dass er mich nicht wieder führte. Ich hätte gerne noch einmal das Gefühl seiner kräftigen, sanften Hände auf meinen Schultern erlebt. Ob ich ihn wohl jemals wiedersehen würde?

"Kann ich sie noch zu ihrem Freund bringen?", fragte der Tierpfleger, als wir oben angekommen waren und erst jetzt bemerkte ich das kleine Mobil, dass neben dem Eingang parkte und womit er wohl immer durch den Zoo fuhr. Er betonte das Wort "Freund" irgendwie auffallend eigenartig, doch ich wies ihn nicht darauf hin. Bestimmt hatte er es unabsichtlich getan und selbst überhaupt nicht bemerkt.

"Nein, danke", lächelte ich freundlich, "Es ist ja von hieraus nicht weit bis zum Kiosk, das schaffe ich auch zu Fuß".

"Alles klar", antwortete der Lockenkopf, "Dann wünsche ich Ihnen noch einen angenehmen Aufenthalt und einen schönen Tag."

"Ihnen auch, danke" Damit drehte ich mich um und trat meinen Weg auf dem Trampelpfad an, von dem ich vorhin gekommen war. Immer wieder drehte ich mich um und warf einen Blick über die Schulter zurück. Erst als der junge Mann in sein Mobil stieg und davon brauste, konzentrierte ich meine Augen wieder nach vorne.


601 Wörter - Ivy


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