22 Feucht Fröhlich 2
Auf der Wiese, gleich neben Mels Handtuch liegt eine Decke und wie sollte es anders sein Mia in einem knappen Bikini gleich obenauf. Sie sitzt auf den Knien, den Rücken in unsere Richtung gedreht. Ihre schmalen Schultern gleichen der einer Göttin. Gerade, voller Stolz und Würde. Sie sieht nicht, was Mike längst gesehen hat.
Mich.
Es ist, als würde ich gegen eine Wand prallen. Als würde sich der Weg zu meinem Handtuch in ein Minenfeld verwandeln, als würde sich vor mir ein Abgrund auftun, den ich nicht überwinden kann. Da ist es nur gut, dass ich nicht alleine bin. Das neben mir nicht nur Bella und Liandra stehen sondern auch Kiran der mit seinen Scherzen die Aufmerksamkeit von mir ablenkt. Nur der Zierfisch bemerkt meine bewegungslose Starre, in die ich verfallen bin; in dem Moment, wo ich Mike entdeckt habe. Und Mia. Zu seinen Füßen. Er beugt sich zu ihr hinunter, den Blick auf mich geheftet und flüstert ihr etwas zu.
Ich sehe sie nicken. Sehe, wie sie sich von ihm hochziehen lässt und wie er den Arm um sie legt. Sie steht etwas wackelig ohne ihre Krücken, doch sie steht. Vermutlich, weil er sie stützt, wofür ich ihm am liebsten das Herz aus der Brust gerissen hätte, so wie er es gerade mit meinem tut.
Bellas Hand, die sich um meine Taille legt nehme ich nicht wahr. Ihr Lachen, das etwas aufgesetzt klingt, als sie mich vorwärtsschiebt, ist wie der Schrei einer Möwe, wenn ich es mit dem von Mia vergleiche, das zu mir herüber hallt. Sie dreht sich um. Sieht erst zu Mike auf, der sie die ersten Schritte zu führen scheint, bevor er sie sich über die Schulter wirft. Ihr einen Klaps auf den Hinter gibt.
"Mike!" Höre ich Mia empört rufen, doch das Kichern, das diesem Ruf folgt ist schlimmer als eine Klinge, die in mein Herz schneidet und so kann ich nicht anders, als mich festzuhalten. An Bella, die zu mir aufblickt. Ihre Finger streichen an meinem Kinn entlang und verstärken den Druck, bis ich sie ansehen muss.
Sie lächelt. Sie kennt Mia. Von der Party. Was sie noch weiß, oder vermutet weiß ich nicht. Ist auch nicht wichtig. Irgendwie ist nur wichtig, dass sie mich mit Blicken zu verstehen scheint. Die Hand an meiner Taille drückt sanft zu, als ich mich in ihrem Arm versteife, während Mia und Mike an uns vorbeigehen. Er klingt abfällig, als er uns ein: "Hallo" entgegenwirft, Mia scheint eher erstaunt zu sein, als sie mich und Isabella erblickt. Sie stützt sich mit den Händen auf Mikes schmaler Hüfte ab und sieht mich mit glitzernden Augen an. Funkeln tun sie aber nicht wegen mir. Da bin ich mir sicher. Ihr breites Lächeln fällt etwas zusammen, als sie uns sieht, doch ihre Stimme klingt so locker, wie ich jetzt gerne wäre. Unbeeindruckt von dieser Begegnung.
Frei jeglichen Gefühls, doch das bin ich nicht. Eifersucht frisst mich auf. Siedendheiß schießt sie sich durch meine Brust und versengt jedes noch so kleine Gefühl von Freude. Lächeln tue ich trotzdem. Soll sie doch denken, was sie will. Soll sie doch mit ihm Spaß haben. Ich werde definitiv auch Spaß haben. Mit Bella. Kiran, Rico, Liandra, Mel und Jason. Zumindest nehme ich mir das vor. Ein schweres Unterfangen. Fast so unerträglich, wie die schmerzen, die mich durfuhren, als der Baseballschläger auf meinen Arm prallte. Auf meinen Kopf auch, doch das spürte ich kaum mehr. Ich sackte in mich zusammen, bevor ich den Schlag richtig mitbekam. Auch jetzt wünsche ich mir, ich könnte einfach zusammenbrechen. In der Schwärze der Bewusstlosigkeit versinken und nichts mehr spüren. Doch das kann ich nicht. Und so rede ich mir ein, dass ich sie nicht brauche. Ihre zarten, sanften Finger an meiner Haut. Ihren frühlingshaften, frischen Duft in der Nase und ihre kitzelnde Stimme im Ohr. Ihre Worte in meinem Herzen.
Wer braucht sie schon? Sie, die sich nicht an mich erinnert, die aus der Versenkung aufgetaucht ist, nur um mich nicht mehr zu beachten. Zumindest nicht mehr so wie früher.
Gestern noch dachte ich, ich könnte es unter Umständen ertragen, nicht mehr mit ihr zusammen zu sein, als wir da auf dem Boden saßen, neben Charly. Als ich sie auf die Beine gezogen habe und mir ihr Duft in die Nase gestiegen ist. Vielleicht hatte ich sogar gehofft, dass wir wieder Freunde werden könnten, aber wenn ich sie hier sehe, mit Mike, der sie mit einem breiten Grinsen ins Wasser schmeißt, dann habe ich wohl nur mit der einen Hälfte meines Gehirns gedacht. Mit dem Teil, der sie nicht mehr alle hatte!
Seufzend lasse ich mich auf mein Handtuch fallen und komme mir vor, als hätte mich auf dem Weg, vom See hier her, ein Flugzeug überrollt. Vielleicht auch, als wäre ich ohne Fallschirm aus einer Dampfwalze gestoßen worden. Ich weiß es nicht. Bin mir nicht einmal sicher, dass mein Kopf noch richtig funktioniert.
Ich handle nur noch wie ferngesteuert. Während meine Ohren auf jedes Geräusch zu lauschen scheinen, das unter dem platschen von Wasser, dem johlen der Kinder, die in der Nähe Ball spielen und den vielen Stimmen der Badegäste zu hören ist, versuche ich Ricos Worten zu folgen, der uns mit seinem Fachwissen, das er sich angeeignet hat, während wir anderen im Wasser waren , zu belehren versucht.
In meinem Falle erfolglos. Ob bei Kiran was ankommt ist mir nicht klar, nur Liandra beteiligt sich angeregt an dem Gespräch. Kiran hingegen unterbricht ihn immer wieder mit Anekdoten aus seinen letzten beiden Semestern und Bella hat es sich auf ihrem Handtuch gemütlich gemacht und lässt die Seele baumeln. Ich weiß nicht, wie lange ich in diesem Dämmerzustand verbringe und mich innerlich um diesen wunden Punkt der Eifersucht winde, die mich durchströmt, als eine weibliche Stimme in meine Gedanken dringt.
"Kannst du mir den Rücken einschmieren?" Bella hält mir die Sonnenmilch hin und sieht mich mit gerunzelter Stirn an. Sicher hat sie mich schon mehr als einmal gefragt, doch stecke ich konzentriert meine Nase ins Buch, dessen Buchstaben irgendwie alle durcheinander tanzen.
Gleichgültig nehme ich ihr die Flasche ab und hocke mich neben sie, während sie sich auf den Bauch zurücklegt und ihr Oberteil öffnet.
Fahrig beginne ich, worum sie mich gebeten hat und nehme ihre sonnengewärmte Haut unter meinen Fingern kaum wahr. Lasse meinen Blick nur flüchtig über die Muskeln wandern, die für eine Frau wie sie, fast zu mächtig wirken.
Ich schiebe ihre langen, blonden Haare beiseite und massiere leicht die Creme in ihre Schultern ein, was sie mit einem wohligen seufzen quittiert.
"Hmm...das könntest du ruhig öfter machen", seufzt sie genüsslich und verschließt ihr Oberteil wieder, als ich fertig bin. Sie richtet sich auf. Unsere Blicke treffen sich. Ich halte dem ihren stand, weil ich Mias Stimme höre. Viel dichter als vorher. Ich sehe nicht auf. Spüre nur, wie sich in meiner Brust etwas verkrampft, und streiche Bella die Haare zurück auf den Rücken.
Ich sehe sie Lächeln. Nehme ihre Worte kaum wahr, die sie mir ins Ohr flüstert, nicke aber, bevor sie ihren Kopf auf meinen Oberschenkel legt und dann die Augen schließt.
Ich glaube es war so was wie: "Ich muss bald los. Weckst du mich, wenn ich einschlafe.", aber ganz sicher bin ich mir nicht.
Ich habe nur Ohren für sie und Augen für das Buch, in das ich meine Nase stecke. Was drin steht? Keine Ahnung! Möglich das es sogar auf dem Kopf steht, denn Ricardo blinzelt mich durch seine kreisrunden Brillengläser irritiert an. Doch ehe er dazu kommt, seine Meinung zum Besten zu geben, zieht Liandra das Buch aus meinen Händen und klappt es zu.
"Genug gelernt für heute!" Ihre Stimme ist bestimmt und Kiran klingt beinahe erleichtert, als er seufzend sein Buch im Rucksack verschwinden lässt.
"Wurde aber ach Zeit. Alter, wenn ich noch eine Minute länger in dieses Lehrbuch gestarrt hätte, dann hätte ich angefangen mein eigenes Grab zu schaufeln!"
"Stell dich nicht so an! Ein bisschen Lernen hat noch keinem Geschadet!" Liandra wühlt in ihrer Tasche nach etwas zu trinken und hält mir dann die Flasche hin.
"Machst du mal auf, bitte?"
Mit einem zischen löse ich den Deckel und reiche ihr die Sprite zurück. Durstig nimmt sie einen Schluck und auch ich muss schlucken, als sich Mia dichter in mein Blickfeld schiebt.
"Darf ich mich zu euch setzten?", fragt sie doch tatsächlich und lässt sich neben Liandra aufs Handtuch sinken, als diese nickt.
"Wer ist denn dein Freund?", Unsere Studienkollegin blickt zu dem blonden Wixer hinüber, der sich angeregt mit Luke unterhält. Kathy, Rike und Mel stecken die Köpfe zusammen und liegen brutzelnd in der Sonne. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Mike begeistert davon ist, das Mia zu uns kommt, doch bis auf, das seine Schultern etwas breiter wirken als sonst lässt er sich nichts anmerken. So gut schauspielern würde ich auch gerne, aber ich habe schon mühe ruhig zu atmen und das obwohl ich Bellas zierlichen Finger kitzelnd über meinen Oberschenkel streichen spüre.
Das Gefühl lenkt mich etwas von meiner inneren Anspannung ab und auch, das Mia ganz entspannt mit Liandra spricht, bringt meine zum zerreißen gespannten Nerven etwas zur Ruhe. Rico stellt sich ihr nochmal vor. Er scheint sich nur vage an sie zu erinnern. Aus dem Treppenhaus, wie er erklärt.
Im Grunde weiß ich nicht, warum ich überhaupt so angespannt bin. Nur weil er hier ist? Das sollte mir nichts ausmachen. Immerhin hängt Mia nicht an seinen Lippen. Sie redet mit mir ganz genauso wie mit ihm. Also, was solls! Verdammt! Wenn ich nur so ungezwungen sein könnte, wie er, doch fällt es mir schwer, überhaupt meine Gedanken zu ordnen.
"Ihr Studiert also alle Medizin?", erkundigt sich Mia bei Liandra, die nickt und dann belustigt zu Kiran schaut.
"Manche länger als andere, aber wenn alles gut läuft, sind wir in einigen Jahren Ärzte." Ihre Augen strahlen beim Gedanken daran und auch ich kann mir ein warmes Gefühl nicht verkneifen, wenn ich an das Ende der Studienzeit denke.
"Und du? Was machst du, wenn du dein Abi in der Tasche hast?" Kiran fährt sich lässig über die millimeterkurzen, hellbraunen Haare und grinst sie dann schelmisch an, "Willst du Marathonläuferin werden?"
Liandra verpasst ihm eine Kopfnuss und verdreht stöhnend die Augen.
"Er ist so ein Trampel! Sorry Mia. An ihm ist der Typ mit dem Anstand leider vorbeigerannt, als er seine Gaben verteilt hat."
Mia scheint von seinen Worten nicht gerade beeindruckt zu sein, denn sie grinst belustigt, bevor sie lässig: "Schon möglich!", sagt, was mich zu einem echten Lächeln verleitet. Ich weiß, wie gern sie früher gelaufen ist und ich weiß, in ein paar Wochen wird sie vielleicht nur noch eine Krücke brauchen. Und schon bald gar keine mehr. Das haben uns die Ärzte versichert. Mechanisch ist alles in Ordnung. Die Brüche sind komplikationslos verheilt. Es fehlen nur die Muskeln. Und am Gleichgewicht muss sie Arbeiten. Meine Gedanken sind so von ihrer Gesundheit eingenommen, das ich gar nicht mitbekomme, zu welchem Thema sich das Gespräch weiterentwickelt, doch fällt ein breiter Schatten auf uns und Mikes Stimme übertönt alles.
Wenn ich ihn nicht so hassen würde, würde ich ihn vielleicht sogar mögen. Aber da Mia zwischen uns steht, ist das leider nicht der Fall.
"Kommst du, Baby? Es ist halb vier. Wir müssen los." Bei seinen Worten verkrampft sich alles in mir und das nicht nur, weil auch Bella gleich los muss, sondern, weil Mike Mia die Hand hinhält.
"Was? Schon? Können wir nicht noch bleiben? Es ist so schön hier." Sie ignoriert die Hand, die er ihr hinhält und blickt zu ihm auf. Macht einen bettelnden Schmollmund, der es mir schwer macht nicht zu schmunzeln. Wie oft hat sie mich nicht so angesehen, wenn sie etwas von mir wollte. Diese Geste weckt schmerzhaft Erinnerungen, aber auch schöne. Schon scheiße, das sie ihn jetzt so ansieht und nicht mich. Ich wende mich von den Beiden ab. Tue teilnahmslos und beuge mich zu der kleinen Blonden in meinem Schoß hinunter. Streiche ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und puste ihr kitzelnd ins Ohr: "Zierfisch? Hey, Zierfisch! Zeit aufzuwachen. Du musst zum Training."
Bella rührt sich nur wenig, dreht sich leicht auf meinem Oberschenkel um und schaut dann zu mir auf. Ihre Augen glitzern schalkhaft, bevor sie sich aufsetzt und mir die Arme um den Hals legt.
Ihre Nähe verwirrt mich etwas, doch lenkt sie mich auch von dem Geschehen neben uns ab. Denn Mia lässt sich mal wieder von Mike auf die Beine helfen. Dicht an seinen breiten, gut gebauten Körper gepresst führt er sie siegessicher zu Mel und Jason, wo ihre Krücken auf dem Boden liegen. Ich höre sie leise reden, doch nimmt Bella meine ganze Aufmerksamkeit ein, als sie mich plötzlich auf die Wange küsst.
Überrascht lasse ich sie gewähren und sehe sie nur irritiert an, als sie schließlich aufsteht. Ihr Grinsen unterstreicht sie noch mit einen kleinen Zwinkern, während sie ihr Top überzieht und in ihre Hose steigt.
"Kommst du nachher noch in den Club? Oder soll ich zu dir kommen? Wir könnten einen Film schauen? Wenn du Lust hast.", schlägt sie vor und von Mias Worten abgelenkt stimme ich ihr beiläufig zu.
"Sicher. Ja. Warum nicht."
"Super! Ich freue mich!" Ihre Stimme klingt fröhlich, als sie sich ihre Tasche über die Schulter wirft und ein lockeres: "Ciao Leute!", in die Runde wirft.
"Tschüß Bella."
"Man sieht sich, Kleine."
"War cool, dass du auch mit da warst."
Tönen Abschiedsworte aus allen Richtungen, während Bella die Runde verlässt. Doch auch Mikes Stimme ist nicht zu überhören, als er leicht angesäuert: "Ich musste deiner Mutter versprechen, dich nach Hause zu bringen. Also komm jetzt.", vor sich hinmurmelt.
"Ist schon gut, Mike. Mia kann auch mit uns fahren. So weit ist es ja nun auch wieder nicht", erklärt Melanie. Mike sieht jedoch nicht begeistert aus.
"Und dann darf ich mir von ihrer Alten wieder anhören, dass ich mich nicht an Absprachen halte. Vergiss es Mel. Mia kommt mit!"
"Mike. Jetzt sei doch nicht so kleinkariert! Dann rufen wir eben bei Mara an. Ich bin sicher, sie hat nichts dagegen, wenn Mia noch bei uns bleibt."
Mike gibt ein gereiztes Schnauben von sich, während Mia ihre Hand von seinem Rücken nimmt und ihn mit gerunzelter Stirn mustert.
"Gibst du mir mal die Krücken Mel?" Mia hält ihr die Hand hin. Sie schwankt kurz, doch schon im nächsten Augenblick hat sie sich wieder gefangen und nimmt von ihrer Freundin die roten Stützen entgegen.
"Du musst nicht mit ihm gehen Mia. Wenn du bleiben willst, dann bleib. Wir fahren dich." Melanie legt ihre Hand leicht an Mias Bein und sieht zu ihr auf. Ihre Blicke treffen sich. Sie lächeln, dann ergreift Mia das Wort.
"Ich bin gleich zurück. Ich bring Mike nur zu seinem Motorrad." Sie blickt ihn nicht an, doch sehe ich, wie sehr ihm ihre Worte gegen den Strich gehen. Wie mir. Ich würde sie am liebsten hier festbinden, als zuzusehen, wie sie mit ihm mitgeht, doch liegt das wohl kaum ihn meiner Macht. Mikes Abschiedsworte sind bestenfalls brummig, auch wenn er gute Miene zum bösen Spiel macht und Mia lässig den Arm um die Schulter legt. Sie scheint allerdings was dagegen zu haben und entwindet sich ihm. Was mir irgendwie gleich viel bessere Laune macht.
Ich sehe den beiden nach. Weiß aber nicht so recht, was ich denken oder fühlen soll. Klar, sie bleibt und er geht, aber sie ist mit ihm gekommen. Sie war vielleicht vorher schon mit ihm irgendwo. Aber vielleicht hat er sie auch von zu Hause abgeholt und ist direkt mit ihr hier her gekommen.
Woher soll ich das auch wissen. Das einzige, was ich weiß, was ich hier gesehen habe ist, dass Mike lange noch nicht so weit mit ihr ist, wie er es sicher gerne hätte. Oder?
Ich weiß, ich sollte es lassen, doch ich kann nicht anders, als sie zu beobachten. Ich kann sie nicht verstehen, doch sieht Mia nicht gerade fröhlich aus, wie sie ihm am Ende des Parks gegenüber steht. Sie scheint ihn regelrecht anzufahren. Sein Blick wird weich, soweit ich es sehe. Er scheint ihr irgendwas zu sagen, das sie beruhigt. Sie lächelt und kurz darauf legt er seine Hand an ihre Wange.
Voller Wut und Schmerz schließe ich die Augen. Ich wende mich ab, in eben dem Moment, wo seine Lippen ihre Wange streichen. Seine Hand über die bloße Haut in ihrem Rücken fährt. Nur knapp über ihrem blau weiß gemusterten Bikinislip.
Allesverzehrende Eifersucht schießt erneut durch meine Adern und es fällt mir schwer, nicht aufzuspringen, ihm nicht die Faust in sein grinsendes Gesicht zu schlagen und Mia nicht übers Knie zu legen. Doch ich muss es. Ich muss mit ansehen, wie sie einen Arm um ihn, wie sie ihre Wange an seine legt und sich von ihm verabschiedet. Geschmeichelt den Blick abwendet und ihm nachsieht, wie er geht.
Aber auch wenn sie jetzt zu uns zurück kommt, sich auf ihre Decke legt und mit Mara Telefoniert, gelingt es mir nicht, mich zu beruhigen. Meine Stimmung bleibt unterirdisch. So schwarz wie der tiefste Punkt des Sees, in dem ich mich zu ertränken versuche, kaum das Mia das Telefon beiseitelegt und es sich auf ihrer Decke in der Sonne bequem macht. Sie wirkt glücklich. Zufrieden im Kreise ihrer Freunde.
Nur ich werde die Bilder nicht los und springe auf. Stapfe wütend zum Wasser und springe hinein. Mit weitausholenden Zügen teile ich die Wellen und schiebe mich hindurch. Ich wünschte mir, sie würden mich auf den Grund hinab ziehen und verschlucken, doch das tun sie nicht. Sie spucken mich einfach wieder aus, als meine Arme schmerzen, meine Lungen brennen, weil ich so weit getaucht bin. Leider ohne zu ertrinken.
Und so kehre ich ans Ufer zurück. Keine Ahnung wie lange ich weg war. Mich allein in der Wellen zu ertränken versucht habe, doch steht die Sonne schon deutlich tiefer als noch zuvor. Rico und Kiran sind schon weg und Liandra packt gerade ihre Sachen zusammen.
"Ich dachte schon, du kommst da gar nicht mehr raus." Sie grinst breit und bückt sich nach ihrem Handtuch um es auszuschütteln.
"Ich musste mich abkühlen", erwidere ich lahm, "Mir war einfach viel zu heiß." Ich versuche Mia nicht zu beachten, doch entgeht mir nicht, dass sie in unsere Richtung sieht. Sie fährt sich mit der Hand durch die Haare und streicht sie sich aus der Stirn. Ich sehe, wie ihre rosige Zunge über ihre Lippen gleitet und schlucke unbewusst. Ich spüre, wie mein Puls in die Höhe schießt und habe große Mühe sie nicht geradewegs anzustarren. Wie macht sie das verdammt noch mal? Sie macht mich noch wahnsinnig mit ihren Gesten, dabei bewegt sie sich ganz natürlich. Nicht übertrieben, wie ich es von einer meiner früheren Bekannten kannte. Mia ist einfach unvergleichlich. Schön, anmutig, sanft und unheimlich anregend!
Ich muss hier weg!
"Warte Liandra. Ich komm mit. Mir reicht es für heute!" Sie sieht mich lächelnd an und wartet, bis ich meine Sachen in den Rucksack gestopft habe, dann verabschiede ich mich von Jason, Mel und Rike. Die Mädchen mit einer Umarmung. Jason mit Handschlag und Mia...
"Man sieht sich", sage ich schlicht und drehe mich weg. Mels zusammengekniffene Lippen sehe ich nur am Rande, doch ist es mir egal. Ich fasse neben Liandra Schritt und gehe mit ihr bis zum Kiosk, wo sie den Park verlässt. Ich hingegen gehe weiter den sandigen Weg entlang. Die Sonne scheint jeden Tropfen Wasser aus meinem Körper zu saugen und fügt ihre Hitze der Flammen hinzu, die in meinen Eingeweiden wüten.
Ich werde diese Bilder einfach nicht los! Bilder von Mia und Mike. Sie auf seiner Schulter. Sie in seinen Armen. Ihre Wangen dicht aneinander. Lippen auf der Haut. Seine auf ihrer und noch viel schlimmer ihre auf seiner.
Schweiß rinnt über meinen Rücken. Mein Herz hämmert selbst dann noch, als ich schon über eine halbe Stunde in meiner Wohnung auf und abgehe. Ich weiß nicht wohin mit mir. Wenn ich mich setzte, steigt die Wut. Gehe ich herum, habe ich Bilder im Kopf. Bleibe ich stehen, habe ich das Gefühl, mein Kreislauf würde versagen. Also gehe ich. Auf und ab und auf und ab und dann, dann sehe ich sie. Die Handschuhe, die Bella mir am Donnerstag geschenkt hat und stürme in mein Schlafzimmer.
Ich kippe den Inhalt meiner Sporttasche auf den Boden und stopfe sie mit frischen Sportsachen voll. Viel brauche ich nicht. Nur eine Sporthose. Ein Shirt ist viel zu warm bei den Temperaturen. Dazu ein Handtuch und die Handschuhe, dann fahre ich zu Bella in den Fightclub.
Sie bemerkt mich nicht. Ist vollauf mit ihrem Training beschäftigt. Konzentriert schlägt sie auf die Schlagpolster ein, die Tiger hält. Ihr Vater höchst persönlich daneben. Ich gehe nicht zu ihr. Störe sie nicht, sondern gehe mich einfach umziehen. Und wärme mich auf. Seilspringen, Liegestützen, Kniebeugen und was mir sonst noch alles so einfällt. Doch irgendwann habe ich vom Krafttraining die Nase voll und ziehe mir die Handschuhe über. Der Sack schwingt viel zu sehr hin und her, als dass ich gleichmäßig auf ihn einschlagen kann, zumindest so lange, bis ihn jemand fest hält.
Es ist nicht Bella. Sondern Krümel, der mir zunickt und meine Haltung korrigiert. Er redet nicht viel, was gut ist. Lässt mich einfach machen und gibt mir nur hin und wieder einen Tipp, wie ich meine Schlage verbessern kann. Das es mir gerade darauf jetzt so gar nicht ankommt, behalte ich für mich und lasse einfach meine Wut raus. Meinen Kummer und den Schmerz. Schmerz, der durch mein Schienbein zieht, wenn ich gegen den Sack trete. Schmerz, der viel zu leicht durch meine Finger die Arme hinaufkriecht, wenn ich mir vorstelle in Mikes grinsende Visage zu schlagen. Schmerz, der so verzehrend durch meine Brust lodert, das ich ihn nicht zu beseitigen, nicht zu vernichten vermag.
Pumpend lasse ich schließlich die Arme sinken. Meine Beine zittern. Mein ganzer Körper schmerzt, wie Bellas vermutlich, die inzwischen mit Tiger im Ring steht und immer wieder eine von ihm verpasst bekommt. Aber ich gehe nicht zu ihr. Ich will sie nicht stören. Ob sie mich inzwischen gesehen hat weiß ich nicht, doch ist es mir auch egal.
"Komm. Ich spendier dir ein Wasser." Krümel ruckt mit dem Kopf Richtung Büro und wendet sich von mir ab. Ich folge ihm, noch immer Atemlos, und lasse mich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch fallen, als er mir das Wasser gibt.
"Danke", sage ich ehrlich und trinke die Hälfte in einem Zug leer. Wische mir mit der Hand den Schweiß von der Stirn und stoße seufzend die Luft aus.
"Passt schon. Ich wollte sowieso mal mit dir reden."
"Also wenn es um Bella geht, also da..." Ich sehe ihm fest in die Augen und will ihm versichern, dass er sich um sie nun wirklich keine Sorgen machen muss, als er mich unterbricht.
"Wieso um Bella? Die kann schon auf sich alleine aufpassen. Nein. Ich wollte dich was wegen der Party fragen."
"Die Party? Was ist damit?"
Krümel setzt seine Wasserflasche an die Lippen und nimmt einen großen Schluck, dann fährt er sich seufzend durch die Haare.
"Da war so ein Mädchen. Klein, quirlig, blond. Ein echt scharfer Feger und ich wollte dich fragen, ob du sie kennst?"
Vor Staunen verschlucke ich mich leicht an meinem Wasser und muss erst mal husten. Die Hand vorm Mund und mit tränenden Augen stelle ich mein Wasser auf den Tisch und gehe in Gedanken meine Besucher durch, doch weiß ich nicht, wen er meint. Nur Mia schließe ich aus. Sie ist nicht Blond.
"Möglich, aber ich weiß nicht, wen du meinst." Ich hatte auch nicht gerade großes Interesse an irgendwelchen Mädchen, die an diesem Abend da waren und das er Bella meint, davon gehe ich jetzt mal nicht aus.
"Sie hat die ganze Zeit getanzt. Mal mit nem Typen, mal alleine. Auch wir haben getanzt, doch wie sie heißt, hat sie mir nicht gesagt. Sie war einfach...", leicht überwältigt stockt er und scheint in Erinnerungen zu versinken. Er sieht fast so aus, als würde er sie sich bildlich vorstellen. Seine Hände fahren fast ihren Körper nach, sie ballen sich leicht zu Fäusten und in sein Gesicht tritt ein verträumtes Grinsen, bevor er aus seiner Versunkenheit wieder auftaucht und ein überwältigtes "Wow", von sich gibt.
"Also ich muss gestehen, das hilft mir jetzt auch nicht besonders weiter. Aber ich kannte sowieso nicht alle, die da waren. Ein Freund von mir hat allerhand Gesindel angeschleppt!" Seufzend verdrehe ich die Augen und könnte Kiran mal wieder den Hals umdrehen, für die Kerle, die Rico die Drogen untergejubelt haben.
"Sie schien mit ihren Freundinnen da zu sein. Hat immer bei dieser Brünetten gesessen. Die mit den Krücken. Und dann war da noch so eine mit feuerroten Haaren. Ganz niedlich, aber sie hatte einen Freund. Ich glaube, Jason oder so. Er stand am Grill." Krümel fährt sich mit der Hand übers Kinn, runzelt die Stirn und zuckt schließlich mit den Schultern.
"Möglich, dass ich doch weiß, wen du meinst", knurre ich angespannt. Mädchen mit Krücken gab es nur eines und gerade das will ich im Augenblick vergessen. Doch von ihren Freundinnen war nur Mel da und Rike und auf sie könnte Krümels Beschreibung durchaus passen.
"Wirklich?" Bellas Bruder klingt erstaunt. Gleichermaßen aber auch begeistert. "Kannst du mir ihre Nummer geben?"
"Ne."
"Warum nicht? Willst du was von ihr, oder was spricht dagegen?"
"Ich will Nichts von ihr. Aber ich hab ihre Nummer nicht. Sorry, man."
"Ach verdammt!"
Resigniert schnaufend wirft Krümel seine Wasserflasche in einen Korb neben dem Kühlschrank und kratzt sich an der Brust: "Da hab ich wohl Pech gehabt. Na macht ja nichts."
Ich schmeiße meine leere Flasche zu seiner und stehe auf. Werfe ihm einen kurzen Blick zu und murmele angespannt in meinem Bart, bevor ich zum Duschen gehe: "Ich guck mal, was ich machen kann. Jason ist ein Freund von mir, vielleicht kann er dir Rikes Nummer besorgen. Aber beschwer dich nicht, wenn sie nicht die Richtige ist."
"Keine Panik. Ich hau dir schon keine rein", sagt er grinsend und hält mir seine Faust entgegen, gegen die ich meine stoße.
"Ich geh jetzt Duschen. Richte Bella schöne Grüße aus." Nickend verabschiede ich mich von ihm und gehe zu den Umkleideräumen hinüber. Die Dusche rauscht. Ich ziehe mich aus und gehe hinüber, doch schon in der Tür bleibe ich überrascht stehen.
Ich hatte angenommen, einer der Sportler würde hier stehen, doch ist es Bella, die splitterfasernackt, mit dem Rücken zu mir dasteht und den Kopf in den Nacken gelegt hat. Mit den Händen fährt sie sich immer wieder durch die Haare und spült sie aus.
Ich kann nicht anders als sie anzusehen. Ihre Schultern sind schmal, wie ihre Taille. Doch ist jeder Muskel unter ihrer gebräunten Haut klar definiert. Das wöchentliche Training ist ihr deutlich anzusehen. Auch ihre Oberschenkel und Waden sind kräftig ausgebildet. Ihr Hinterteil herzförmig und wirklich nett anzusehen.
"Wenn du genug geglotzt hast, kannst du unter die kalte Dusche verschwinden, denn mehr als gucken kannst du dir abschminken!", faucht Bella mich energisch an und reißt mich damit aus meinen Gedanken. Dabei hat sie sich noch nicht einmal umgedreht.
"Ich hatte ohnehin nichts anderes vor", erwidere ich schlicht und komme jetzt auch noch in den Genuss, mir ihre Vorderseite anzusehen, als sie sich erstaunt zu mir umdreht.
"Ian. Was machst du denn hier?" Ihr Blick gleitet über meinen Körper. Nimmt jede meiner Bewegungen wahr, als ich zu einer der Duschen gehe.
"Duschen. Was sonst."
"Ich meine nicht hier! Idiot. Sondern hier!" Mit einer Geste verdeutlicht sie, dass sie nicht die Dusche, sondern den Club meint, was mich belustigt mit den Augen rollen lässt.
Weiteres Rauschen erfüllt den Raum, als ich das Wasser einschalte und mich, mit dem Rücken zu ihr unter den Wasserstrahl stelle.
"Ich hatte Langeweile und jetzt will ich duschen."
"Na dann, viel Spaß." Ich höre ihre Füße leise platschende Geräusche machen, als sie den Raum durchquert, doch das laute Klatschen, das kurz darauf ertönt, lässt mich zusammenzucken.
"Das wollte ich schon immer mal machen", kichert sie belustigt und lässt mich sprachlos, mit kribbelnder Kehrseite zurück. Doch meine Überraschung hält nicht lange an und ich grinse dümmlich vor mich hin.
"Na, wenn du sonst keine Träume hast!", rufe ich ihr nach und gebe mich dem Wohltuenden Wasserstrahl hin der auf meine angespannten Schultern fällt. In meinen Gedanken schüttele ich belustigt über dieses freche Weib den Kopf. Bin mir aber nicht sicher, was ich von ihr halten soll. Ist ihre Flirterei nur Spaß? Oder steckt da mehr dahinter?
Da sie mir nicht mehr antwortet, komme ich dem ganzen nicht auf die Spur und auch als ich aus der Dusche trete, klärt sich das nicht auf, denn sie ist schon weg.
Auch ich mache mich auf den Heimweg. Nicke Tiger kurz zu, der mir auf dem Weg nach draußen über den Weg läuft und atme tief die frische, aber auch warme Nachtluft ein, die mich vor der Halle empfängt.
Autos rollen holpernd über das Kopfsteinpflaster der Straße. Vogelgezwitscher ist zu hören, dabei ist weit und breit keines dieser gefiederten Tiere zu sehen. Eine leichte Brise streicht durch mein noch feuchtes Haar und lässt die Anspannung noch weiter von mir abfallen.
Ich habe diesen Tag überstanden. Meine Glieder sind schwer. Und ich kann mir gerade nichts Schöneres vorstellen, als in mein Bett zu fallen.
Und so mache ich mich auf den Heimweg. Parke meinen Wagen in einer kleinen Seitenstraße ganz in der Nähe meiner Wohnung und will es mir gerade in Shorts auf meinem Sofa gemütlich machen, als es an der Tür klingelt.
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4900 Worte
21.08.17
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