-𝟻𝟹-

Und Signorina, war deine Reise mit Erfolg gesegnet?"
Wenn er sonst so grinste und einem damit das Gefühl gab, ihm gehöre die ganze Welt, fühlte ich mich verunsichert. In diesem Moment feuerte er nur meine Wut an.

Ich löste mich aus Roels Umarmung, wobei er einen Arm fest um meine Hüfte behielt.
„Nur wenn Glück bedeutet, seine beste Freundin zu verlieren."
Hätte er Leontes nicht Bescheid gegeben, dann wären er und Fiamma niemals dort aufgetaucht. Ich schloss meine Hände zu Fäusten zusammen.

„Inka Huaman hätte seine Unendlichkeit niemals an einen Menschen vererbt, der danach strebt andere um ihr Leben zu bringen.
Er war wie ich, ein Forscher.
Die Unendlichkeit hatte für ihn ein doppeltes Maß an Weisheit bedeutet. Die Immunität hatte er genutzt, um Krankheiten an seinem eigenem Körper zu untersuchen. Inka sollte ein Held werden, doch seine Gefühle und die Einsamkeit hatten ihn gestürzt."
Mich hätte nicht gewundert, wenn Feliz seine Notizen auswendig gekannt hätte. Sie waren keine Forscher, eher Verrückte.
Zum Glück schien Doktor Jannis Amstein deren Ideologie nicht zu teilen. Gut, ich kannte den Mann auch nur seit wenigen Stunden.

„Schön, dass Sie so an einen Mann glauben, den Sie niemals kennenlernen durften. Ich wusste nur nicht, dass sie so sehr darauf vertrauen, dass auch Leontes und seine beste Freundin den friedlichen Weg wählen." Als ich es sagte, begann sein rechtes Auge zu zucken.
Eine Weile schwieg er.
„Kindchen, was redest du da?
Ich habe diesem Narren versprochen, dass Fos Infinitum vermehrfachen zu können, um einen Meilenstein in der Krebsbekämpfung zu erreichen... Überraschung, das geht noch nicht. Das Fos Infinitum gibt es nur einmal und zwar im Blut des Weltenwandlers. Ich weiß nicht mal, ob ich es extrahieren kann, aber sobald ich den Unendlichen bei mir habe, werde ich alles versuchen. Leontes hätte es mir nie einfach so gegeben und da dachte ich, der Weg über dich, wird der einfachere sein." Wollte er mir damit sagen, dass es nicht seine Absicht war, dass Leontes es wusste? Ich war verwirrt und schockiert. Mein Gehirn drehte zu viele Runden, eingeschlossen in meinem Kopf, der drohte zu explodieren.

„Falsch gedacht. Der Doktor ist tot.
Ich habe ihn erschossen, bevor er in seinem eigenen Haus mit meiner Freundin und einem Dutzend anderer Vampire zu Asche geworden ist.
Es war meine Mission den Krieg und das Leid zu beenden.
Das Fos Infinitum existiert nicht mehr", log ich.

Seine Augenlider zuckten wieder, doch diesmal vor Nervosität.
Er versuchte es mit einem abschätzigem Grinsen zu verbergen, doch in der Tiefe hinter seiner Netzhaut, blinkten Funken der Angst. Sein roter Blazer aus Samt leuchtete im künstlichen Licht der Neonröhren, als er uns umkreiste.

Roel drückte meine Hand in seiner.
„Feliz, es ist vorbei. Ich bin mir sicher, du erreichst deine Ziele auch ohne das Fos Infinitum. Schau mal, was das synthetische Infinitum alles kann. Lass mich und Nivia einfach gehen", bat Roel in einem versöhnlicherem Ton. Wie ich es hasste, wenn er sich ihm gegenüber so liebenswert und respektvoll zeigte. Und hatte ich richtig verstanden, dass Feliz bereits eine synthetische Version dieses Elixiers erschaffen hatte? Mir blieb keine Zeit genauer darüber nachzudenken.

„Mein anerzogener Sohn, mein größter Stolz... Du hast dich wahrlich verliebt. Ich kann es dir nicht verübeln. Sie ist etwas Besonderes. Nivia sieht und fühlt Dinge, die keiner von uns jemals verstehen wird.
Ihr Leben ergründet den Ursprung. Wenn sie es nur zulassen würde..." Feliz blieb während er sprach,
kurz vor mir stehen. Dabei bohrten sich seine Blicke in meine Seele.
Es fühlte sich nicht gut an.
Mein eher ausgeglichenes Temperament brodelte.

Zum Glück setzte er seine Beine ein weiteres Mal in Bewegung und stellte sich somit direkt vor seinen selbst ernannten Sohn.
„Du hast gesagt, dass dir am wichtigsten ist, dass aus mir was wird und ich bin glücklich. Mit Nivia an meiner Seite, kann ich alles erreichen." Wenn Roel so von mir schwärmte, verwandelte er sich in einen naiven, unglaublich süßen Teenager. Kaum zu glauben, dass in ihm ein Killer schlummerte.

Als sie sich gegenseitig so intim anlächelten, musste ich wegsehen.
Da war keine Liebe! Es war falsch, nicht echt, wie Zuckerwatte, die bitter schmeckte.

„Komme was wolle, du solltest dich für mich entscheiden. Es tut mir leid, dass es so weit kommen musste."
Feliz Stimme wurden zum Ende hin leiser, als die Atemzüge der Anwesenden.

Mir verging das Atmen gänzlich, als Roel von mir weggerissen wurde und sich im nächsten Moment Eiskristalle anstelle von Erythrozyten und Leukozyten durch meine Blutbahnen bewegten.

Der Augenblick war gekommen.
Der Augenblick, vor dem ich mich mein halbes Leben lang gefürchtet hatte. Die Angst, die in Panik mündete bekam eine Ursache und ich wünschte, ich hätte nie nach dem Grund gesucht.
Die schwarzen Augen, die mir den Hals zuschnürten waren nicht Roels, in der Nacht, in der wir uns das erste Mal trafen. Die Nacht, in der er Drogen an meinen Bruder verkaufte und ich zum ersten Mal einen Vampir zu sehen bekam.
Es waren diese schwarze Augen, die ich genau jetzt zu sehen bekam, die sich in mein Unterbewusstsein gebrannt hatten. Eine Vision aus der Zukunft, keine Erinnerung aus der Vergangenheit spukte in mir.

Zwei Wachleute hatten Roel gehalten, damit Feliz ihm in Ruhe etwas injizieren konnte. Er pumpte ihm über eine große Spritze irgendeine durchsichtige Flüssigkeit mitten in die Brust. Mein Geist verließ meinen Körper, als ich Roel schreien hörte. Ich wollte fliehen, oder mir zumindest die Ohren zuhalten, doch ich schaffte es nicht, mich zu bewegen.

„Als du damals meinen Zellentrakt in Schutt und Asche gelegt hast, hast du nebenbei eine der größten Forschungen betrieben.
Da es gewöhnlich verboten ist reines Rizin als Waffe gegen Vampire zu nutzen, hatte ich mir niemals Gedanken darüber gemacht.
Dann habe ich die Überwachungskameras geprüft und gesehen, wie du meine Vampire leidenschaftlich mit Rizin attakiert hast. Ich war erstaunt von der Wirkung...", posaunte er, als seine Hände ausladend durch die Gegend flogen.

Was er sagte drang ohnehin nicht gänzlich zu mir durch. Ich fiel auf die Knie und schleifte sie über den Boden zu Roel. Sobald Feliz Männer von ihm abließen, beugte er sich unter Schmerzen vor. Dabei schloss er seine Arme fest um seine Brust. Direkt vor seinem Gesicht blieb ich stehen.
Mit meinen Händen umschloss ich seine Wangen. "Roel?" Seine Lider zuckten unkontrolliert und offenbarten nur, dass sich das Schwarz noch nicht verzogen hatte. Mich überkam die Angst, dass der Mensch in ihm sterben würde, dass ich ihn nie wieder erreichen könnte. „Roel?" Meine eigene Stimme hörte sich seltsam fremd an, schwach und zittrig.

Feliz streichelte über Roels schwarzen Locken.
Die Dunkelheit verbreitete sich,
wie ein Virus. Ich spürte, wie sie mein Herz vergiftete und das einzige, was sich erträglich anfühlte, war der Zorn.
„Fass ihn nicht an!" Meine kurzen Nägel zogen Spuren über dem Handgelenk des Teufels, als ich ausgeholt hatte und die einzigen schwachen Waffen nutzte, die mir noch zur Verfügung standen.

Feliz ging sofort einen Schritt zurück und auch wenn er wieder so überheblich lachte, wusste ich das die Stelle schmerzte, die er sich rieb. Seine Wachleute gingen auf mich zu, doch er hob sogleich seinen Arm. „Wir werden doch keine wehrlose Frau und einen zum Tod geweihten Mann angreifen", ließ er die Ironie grüßen. Ich drückte meine Zähne zusammen, kurz davor ihm mit meinem menschlichen Gebiss die Halsschlagader heraus zu reißen.

Mein Gemüt kühlte allerdings sofort ab, als Roel neben mir auf die Knie sackte. Ich schaffte es gerade noch seinen Körper auf meinen Schoß zu lenken, als er gänzlich umfiel.
Immer wieder prüfte ich seine Brust und atmete erst selbst weiter, wenn ich die Bewegung seiner Brust entdeckte.

„Gegen diese Menge an Rizin wird sein Organismus nicht ankommen, aber er wird kämpfen.
Eine Versuchsperson hatte so über achtzig Stunden überlebt, der Durchschnitt liegt allerdings bei dreiundfünfzig. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie sehr es schmerzen muss, wenn das menschliche Fleisch abstirbt und der Vampir in dir jede Zelle wiederbelebt, nur damit es dann wieder zu faulen beginnt."
Allein die Worte taten weh.
Ich drückte Roels bebenden Körper enger an meinen. Mir waren die Hände gebunden, aber ich hätte alles getan, um ihn zu erlösen.
„Ich bin bei dir." Das war das einzige, was ich sein konnte.

„Er hat alles für dich getan. Wie kannst du ihm sowas antun?",
wollte ich wissen, in der leisen Hoffnung, irgendwie Feliz schlechtes Gewissen aktivieren zu können.
Er ging in sicherem Abstand in die Hocke.
„Wie kannst du ihm sowas antun?
Das Fos Infinitum kann ihn retten, vielleicht sogar mein synthetisch hergestelltes. Ich werde es ihm aber erst geben, wenn ich das einzig wahre besitze. Nivia, entweder du bringst mir sofort diesen Weltenwandler, oder deine große Liebe ist tot.
Die Zeit läuft."
Und damit stand er auf und ging.

Die seelenlosen Gorillas rissen mir Roels schlaffen Körper aus den Armen. Ich wäre gerne in dem Wissen gegangen, dass sie ihn in ein weiches Bett legen, welches seine Schmerzen abfängt. Ich hätte seine kalte Haut gerne mit einer Decke bedeckt und seine Hand gehalten. Stattdessen sah ich nur dabei zu, wie sie ihn abtransportierten, so grob, wie einen wertlosen Gegenstand.
Ein letztes Mal öffnete er seine Augen und ein letztes Mal sah ich ihn.
Roel und seine braunen Augen, die, an die ich dachte, wenn meine Hände ihn erwürgen wollten. Die, an die ich immer dachte, ob ich wollte, oder nicht.

Halte durch, flehte ich im Geiste. Und das galt nicht nur ihm. Uns stand beiden die schwerste Herausforderung bevor.




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