Chapter 7: Der Krieg: Das Rudel

Once upon a sunshine,

Before the final bell,

I told my story to a big boy,

With connections straight from hell.

His fiddle was his sweetheart,

He was her favorite beau,

And hear me saying was all he playing

Them songs from long ago.

And then i told my story to the cannibal king

He said baby, baby, shake that thing

Samstag, 13. Januar 1979

Erster Mond

„Ich hasse das", sagte Sirius, als er eine Zigarette nach der anderen rauchte.

„Ich weiß", entgegnete Remus. Er rieb seine Schläfen. Er bekam Kopfschmerzen, was nicht ungewöhnlich bei einem Vollmond war.

„Ich meine ich hasse das wirklich." Sirius atmete aus und starrte aus dem Fenster. Er stand dort, einen Arm um seine schmale Taille gelegt und den anderen am Ellenbogen abgeknickt, sodass er die Zigarette an seine Lippen halten konnte. Er musste sich die ganze Zeit auf die Zehenspitzen stellen um den Rauch durch den schmalen Spalt am Fenster zu pusten – es war zu kalt, um es ganz auf zu machen. Jedes Mal wenn er sich streckte hob sich sein T-Shirt fast bis zum Bauchnabel an und zeigte weiche Haut und eine Linie feiner dunkler Haare.

Remus lag auf der Couch, einen kalten Waschlappen auf der Stirn und beobachtete Sirius wie er inhalierte, sich strecke und den Rauch ausblies. Schönes, hübsches Wesen. Wie konnte Remus so viel Glück haben?

„Es ist verdammt verrückt, dich alleine hinzuschicken. Warum kann ich nicht mit dir kommen? Ich könnte als Padfoot gehen."

„Nein", seufzte Remus. „Du riechst immer noch menschlich. Sie würden dich zerfetzen."

„Was wenn sie dich zerfetzen?", gab Sirius scharf zurück. Er sah ausgelaugt aus, seine Wangen waren rosa, was unglaublich für den ‚Ich-bin-aus-Porzellan'-Teint war.

„Mich?", schnaubte Remus und versuchte unbesorgt zu klingen. „Greybacks verlorenen Sohn? Sehr unwahrscheinlich."
„Was ist ein verlorener Sohn?"

„Oh richtig, äh...es heißt nur dass ich ein warmes Willkommen kriegen werde. Gaius sagte ich werde nicht verletzt. Livia hat mich ihren Bruder genannt."

„Könnte ich ein Stückchen mit dir kommen? Bevor die anderen auftauchen?"

„Es ist nicht sicher, Padfoot", sagte Remus sanft.

Sirius drückte wütend seine Zigarette auf dem Fensterbrett aus. Remus wünschte wirklich, er würde damit aufhören – sie würden es bald neu streichen müssen – aber jetzt war nicht die Zeit, um ihn dafür zu rügen.

„Warum gehst du nicht zu den Potters?", schlug er vor. „Verbringe nicht die Nacht alleine hier drin."

„Mir ist es egal wo ich die Nacht verbringe." Sirius schwang sich in einen Sessel.

„Aber mir nicht", sagte Remus missbilligend. „Ich muss wissen wo ich hingehe nachdem der Mond untergegangen ist."

„Scheiße, ja." Sirius setzte sich auf und warf sein Haar zurück. „Okay, ich werde zu den Potters gehen – wenn du dann zusammen geflickt werden musst, ist Euphemia da. Fuck, was ist wenn du nicht apparieren kannst? Was wenn du—"

„Ich schicke einen Patronus."

„Aber wenn du nicht stark genug bist..."

„Ich werde stark genug sein", entgegnete Remus fest. Laut den Koordinaten die Moody geschickt hatte, würde er in einen verzauberten Wald gehen. Wenn dort auch nur halb so viel Magie wäre wie im Verbotenen Wald, sah Remus keine Schwierigkeiten, sich dort raus zu holen. Außer jemand mit gleicher Stärke versuchte, ihn zu stoppen, aber er versuchte, nicht darüber nach zu denken.

Ein leises klingelndes Geräusch drang durch die Wände. Sie hatten ihre Nachbarn noch nicht wirklich getroffen, nur schüchterne „Hallos" gewunken im Flur – aber sie wussten dass sie eine Wanduhr hatten, weil sie jede Stunde so laut schlug dass man es in ihrem Wohnzimmer hören konnte. Es war 16 Uhr und in den Tiefen des Winters stand der Sonnenuntergang bevor.

Remus setzte sich langsam auf und legte den Waschlappen beiseite. Sein Rücken schmerzte, ein frühes Anzeichen, dass der Mond auf dem Weg war.

„Ich gehe besser", sagte er.

Sirius starrte ihn gequält an. Remus schnalzte mit der Zunge und stand auf. Er ging zu ihm und küsste Sirius' Stirn. „Geh zu den Potters. Mir wird nichts passieren. Ehrlich, du gehst dauernd auf Missionen."

„Nichts wie das hier! Verteidigungszeug, Aufpasserpflichten, Nachrichten überbringen, nicht..."

„Jemand muss es tun", zuckte Remus die Schultern. „Es ist mir lieber wenn ich dieser jemand bin."

Er dachte erneut an Danny und zuckte zusammen, schüttelte dann seinen Kopf um die negative Erinnerung weg zu kriegen. Sie kam immer wieder hoch, seit Remus wusste warum Danny verwandelt worden war. Gott, die McKinnons hatten jedes Recht ihn zu hassen.

Er zog seine Schuhe an, band sie sorgfältig, obwohl er wusste dass er sie bald wieder abnehmen müsste. Er trug Muggelklamotten – das war Ferox' Empfehlung gewesen. Die Werwölfe hatten keine Ahnung, wo Remus wohnte oder wie er wohnte. Wenn Remus sie überzeugen konnte, dass er sich von der Zaubererwelt abgewandt hatte, war es besser.

Sie umarmten sich an der Tür, Remus' Haut schon heiß, Sirius klammerte sich so eng an ihn, dass Remus dachte er müsste ihn doch mitnehmen.

„Ich liebe dich", sagte Sirius an seiner Schulter. Sie hatten es nicht mehr seit Hope's Beerdigung gesagt, aber Remus hatte keine Probleme sofort zu antworten.

„Ich liebe dich auch. Mir wird nichts passieren. Ich sehe dich bald wieder, ich verspreche es."

Dann ging er, apparierte und als er die Augen öffnete, war er sehr alleine.


***

Er war irgendwo in Derbyshire. Zumindest dachte er das. Es wurde schnell dunkel und das dichte Blätterdach machte es noch dunkler. Die Nachtluft war sehr kalt und klar, aber Remus war schon zu warm und er begann sofort sich auszuziehen. Er war schließlich alleine, es gab keinen Grund, schüchtern zu sein. Abgesehen von der Tatsache, dass er nicht alleine war; nicht ganz. Dies war definitiv ein magischer Wald, er konnte es in der Brise schmecken, es in den dürren Bäumen knarzen hören.

Der Mond ging auf und Remus fühlte wie sein Körper sich veränderte. Er klammerte sich an an eine Eiche, kratzte die Rinde mit seinen Nägeln, seine Zehen gruben sich in den modrigen Waldteppich.

Die Bäume schienen zu verstehen. Die kühle Erde hob sich um seine fiebrige Haut abzukühlen, Eulen, Füchse und Fledermäuse und alle nächtlichen Kreaturen des Waldes heulten mit ihm als er schrie, seine Haut riss, seine Knochen knackten und seine Zähne sich verschärften, bis er nicht mehr Remus war und mit ihnen zusammen heulte.

Der Wolf knurrte und wedelte mit dem Schwanz. Er wusste nicht wo er war oder warum er alleine war. Wo waren die anderen? Wo war der Schwarze? Er schnüffelte in der Luft, roch etwas in der Nähe. Er warf seinen Kopf zurück und heulte erneut, sang den Mond an.

Zum ersten Mal in seinem Leben sang der Wolf nicht alleine. Ein Kanon von vielen wunderschönen Stimmen trat bei, antwortend, und er rannte voller Elan zu ihnen. Mit jedem Herzschlag sagte es: Zuhause, zuhause, zuhause. Ich bin zuhause.


***

Sonntag, 14. Januar 1979

Hustend und keuchend kam Remus wieder zu sich. Er kam Stück für Stück zurück, verwirrt, mit kratzendem Hals und ausgelaugt. Er öffnete seine Augen und blinzelte der kalten Morgensonne entgegen, die durch die Bäume schien. Um ihn herum wachten die anderen auf, gebrochene Schluchzer, raue Huster und weibliches Lachen. Ihr Geruch war so gut, so sicher und wohlgeborgen.

Remus hievte sich auf die Ellenbogen, Laub hing an seiner klammen Haut. Er hatte eine lange klauenartige Wunde auf seinem rechten Oberschenkel, drei blutsickernde Streifen. Um ihn herum lagen sechs oder sieben andere, die langsam wach wurden.

„Bruder!", gackerte eine vertraute Stimme.

Remus drehte sich um und sah Livia auf allen vieren zu sich krabbeln, ihre Hüften schwangen, ein ausrangiertes Grinsen auf ihrem Gesicht. Im Tageslicht sahen ihre Tattoos aus wie Tiernarben; sie bedeckten jeden Zentimeter ihres Körpers in großen ausschweifenden Spiralen. „Ich wusste, du würdest kommen!"

Sie kniete sich neben seine Füße und er versuchte seine Knie anzuziehen, weg von ihr, aber ihre Hand schoss vor und griff seinen Knöchel.

„Du warst wunderschön, Remus Lupin, wunderschön", schnurrte sie, lehnte sich nach vorne, ihre Hand fuhr sein Bein hoch.

„Geh weg von mir, Livia!", grollte er und versuchte sie zu treten, aber sie hielt ihn fest.

„Shhhh", sagte sie verspielt und lehnte sich noch näher, ihre Hand fuhr noch weiter sein Bein hoch. „Entspannt dich mein Liebster, mein geliebter Bruder..."

Sie streckte ihre Hand aus und fuhr mit drei Fingern über die Wunden auf seinem Bein. Es fühlte sich seltsam an. Sein ganzer Körper schien zu kribbeln und brennen, er fühlte sich warm und – besorgniserregenderweise fast erregt. Er zog sich zurück, krabbelte auf allen vieren rückwärts wie eine Krabbe. Livia lachte ihn aus, hielt ihre drei blutigen Finger hoch und leckte sie dann ab, jeden einzeln und mit Zufriedenheit murmelnd.

Angeekelt stand er schnell auf und sah, dass was auch immer Livia getan hatte, seine Wunden verschlossen hatte. Er hatte nur eine silberne Narbe.

Die anderen waren auch wach, kamen näher, liefen durch die Bäume auf Remus zu und ihre Augen brannten vor Neugier. Sie schnüffelten in der Luft. Manche von ihnen hatten Kratzer oder Schnitte, aber sie hatten sich gegenseitig geheilt, nur durch Berühren und mit der natürlichen Magie die sie umgab. Viele von ihnen hatten kahl rasierte Köpfe und dieselben Tattoos die Livia hatte. Andere hatten ein einprägenderes Aussehen, mit langen Haaren und sauberer Haut.

Remus wollte seine Kleidung und idealerweise auch seinen Zauberstab einsammeln, aber es erschien ihm ein bisschen frech da jeder andere auch im Adamskostüm war. Außerdem war ihm nicht kalt, noch nicht zumindest. Er hatte auch keine Angst, was ihm komisch vorkam. Er sah den anderen ins Gesicht. Immer noch diese tiefe Stimme in ihm die sagte: Rudel, Rudel, zuhause.

„Gaius", sagte Livia plötzlich und stand auf. Gaius war fast sofort an ihrer Seite. Er lächelte Remus an und leckte sich die Lippen.

„Willkommen, Bruder."

„Willkommen, Bruder!", wiederholten die anderen, einer nach dem anderen, wie ein Kanon. Remus fühlte einen Adrenalinstoß, eine starke, unbestrittene Verbindung.

„Wir sind so froh dass du zu uns kommen konntest", sagte Gaius. Livia drehte sich zu ihm und begann seine Wunden abzulecken, als wäre es das normalste in der Welt.

Castor war auch da, aber er hielt sich zurück. Seit Remus ihn das letzte mal gesehen hatte, hatte er eine neue Wunde, die sich quer über sein Gesicht zog, ein langer Riss auf der Nase. Es war schon geheilt, aber es ruinierte sein einst wunderschönes Gesicht.

Remus kam zurück zur Realität und fand seine Stimme wieder.

„Ich hatte genug", sagte er und hob sein Kinn. „Ich hatte genug von den Menschen, ich wollte sehen was es noch gibt."

Gaius' Grinsen weitete sich und auch Livia schaute auf, Blut auf ihren Lippen und Zähnen.

„Unser Vater wird sehr erfreut sein", sagten sie gleichzeitig.

„Sehr erfreut!", wiederholte das Rudel.

„Ich will ihn treffen!", sagte Remus. „Werdet ihr ihm das sagen?"

„Mit der Zeit", sagten Livia und Gaius. „Mit der Zeit..."

Etwas passierte, das Rudel zog sich zurück. Sie liefen weg, zurück zu den Bäumen und verteilten sich in der Landschaft. Remus fühlte ein Ziehen in der Brust. Er wollte ihnen folgen; er wollte ihre Gesellschaft noch nicht verlieren.

„Wo geht ihr hin?", fragte er Livia als auch sie anfing, wegzulaufen.

„Wir sehen dich nächsten Monat, Remus Lupin", sagte sie, ihr Gesicht irgendwie sanft – sie sah fast freundlich aus, wenn man das Blut in ihren Mundwinkeln ignorierte. „Es ist nicht so lange."

„Aber ich..."

Die beiden drehten sich um und schauten nicht zurück.

Jetzt wurde Remus kalt. Die Kälte schien von innen heraus zu kommen und sich ihren Weg nach außen zu arbeiten. Er fühlte sich sehr alleine, was vorher nie so gewesen war. Ihr Geruch war weg, ihre Vertrautheit, die Sicherheit die sie präsentierten. Mein Gott, Moony, zischte er zu sich selbst, Reiß dich zusammen, du bist nicht wirklich einer von ihnen!

Er zog sich schnell an und hielt seinen Zauberstab nahe an sich. Es fühlte sich seltsam an, irgendwie jämmerlich. Es war viel einfacher die Kraft aus seinem eigenen Körper zu ziehen, mit seinen Fingerspitzen, man brauchte diesen dummen Stab nicht. Er runzelte die Stirn. Er kam sich selbst fremd vor. Es war wohl besser er würde zurück apparieren, bevor er etwas richtig Dummes tat.

Er apparierte vor die Hintertür und klopfte schwach an die Fensterscheibe. Er fühlte sich jetzt viel müder, wahrscheinlich die Nebenwirkung des Apparierens, oder aber die Abwesenheit vom Wald und die Menschlichkeit. Mrs Potter war bereits in der Küche und kam sofort rüber um die Tür zu öffnen.

Sie strahlte ihn aus faltigen Augen an.

„Remus, mein Lieber", sagte sie leise – die anderen mussten noch schlafen. „Ich frage dich besser was...lass mich sehen...oh, ich bin nicht gut darin...ah; wo waren du und die Jungs im Urlaub vor eurem siebten Jahr?"

„Cornwall", entgegnete Remus prompt und war froh, an diesen wunderbaren Sommer erinnert zu werden. „In der Nähe von Truro."

„Sehr schön", sie öffnete die Tür. „Bist du in Ordnung? Irgendwas verletzt?"

„Nein, mir geht's gut", sagte er, ging in die Küche und streckte die Arme aus, um es ihr zu zeigen. Oh Gott, jetzt wo er im Haus war konnte er Sirius riechen und alles in ihm wollte ihn suchen und finden.

„Sehr schön", lächelte Mrs Potter müde. „Na, ich denke ich werde zurück ins Bett gehen, es dauert noch Stunden bis zum Frühstück. Die Jungs schlafen, Sirius ist in seinem Zimmer, aber wenn du ein bisschen Ruhe und Abstand brauchst hab ich das übrige Bett auch hergerichtet."

„Danke, Mrs Potter!", sagte Remus und rannte quasi die Stufen zu Sirius' Zimmer hoch. Er sammelte sich nochmal bevor er die Tür aufstieß, stattdessen öffnete er sie sanft und schlich hinein.

Es war ziemlich dunkel, die schweren Vorhänge schützten vor dem frühen Sonnenaufgang.

„Bist du wach?", wisperte er – unnötig, weil er wusste dass er wach war.

„Moony!" Sirius setzte sich sofort auf.

Remus eilte rüber zum Bett, riss sich nochmal zusammen, weil nein, er war kein Wolf mehr, sondern menschlich und er musste sich auch so benehmen.

„Ist alles okay?!"

„Ja", nickte er einfühlsam. „Es war okay, es war nichts. Wir waren nur jagen."

„Jagen?!" Sirius' Augen weiteten sich.

„Hasen", spezifizierte Remus. Er konnte immer noch das zähe Fleisch zwischen seinen Zähnen schmecken. Sein Magen drehte sich und ihm wurde wieder warm. „Ehrlich, es war okay. Einfach."

„Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht, ich hab nicht mal geschlafen...willst du nicht reinkommen?" Er zog die Decke zurück.

„Äh...", stammelte Remus, immer noch da stehend. „Ich bin ein bisschen...angespannt."

Sirius runzelte verwirrt die Stirn. Remus räusperte sich.

„Du weißt schon. Wie letztens?"

„Oh!" Sirius streckte seinen Arm aus und berührte Remus' Arm leicht. Er biss sich auf die Lippe, schauerte leicht, bekam einen Vorgeschmack von dem Gefühl. „Also bist du...uhm..."

Er streckte sich und legte seine Hände auf Remus' Hüften, seine Finger schlichen sich in den Bund von seiner Hose. Er zog ihn an sich. „Das ist okay, ich kann später schlafen..."
Sie schliefen wirklich nachher, alle beide, und glücklicherweise ließen Lily und James und die Potters sie ungestört. Als sie um fünf Uhr nachmittags aufwachten fühlte Remus sich wie der schlechteste Gast der Welt, obwohl Sirius natürlich hier fast zuhause war.

Remus versuchte Sirius zu erklären was in der Nacht passiert war, aber konnte nicht anders als manche Sachen auszulassen. Wie Livia ihn in diese intimen Weise geheilt hatte. Das Verlangen, mit ihnen zu gehen. Es war kein Lügen, er war so ehrlich wie er dachte, dass es sicher war.

Später erzählte er Moody und Ferox ein noch kürzere Version. Sie fragten nicht viel nach Details um fair zu sein und Remus sah keinen Grund darin, ihnen alles zu erzählen. Er wollte die Identitäten der anderen Werwölfe so lange wie möglich geheim halten und momentan waren sie nur in Greyback interessiert.

Für Remus war das das Näheste was er sich seit seiner Kindheit wünschte. Er würde den Mann treffen, der sein Leben zerstört hatte. Und er würde ihn töten.


***

Sonntag, 11. Februar 1979

Zweiter Mond

Während des zunehmenden Monds versuchte Remus ein bisschen Normalität zu erreichen. Er besuchte Sitzungen und traf sich mit seinen Freunden – oft sah er die Mädchen in ihrer Mittagspause, Lily und Marlene in St. Mungos, Mary war nur eine kurze Busfahrt entfernt in Kensington. Er rief Grant an wenn Sirius weg war, und er sich einsam fühlte und er hörte Platten und las Bücher.

Aber er konnte nicht ignorieren wie anders er sich fühlte. Manchmal traf es ihn aus dem Nichts; eine Erinnerung kam ihm oder ein Geruch, seine Zehen spreizten sich und er leckte sich über die Zähne. Seine Träume handelten fast nur noch von dem Wald und heulen und dem kühlen Mondlicht.

Er war das zweite Mal besser vorbereitet. Aber genauso nervös. Er apparierte zu genau denselben Punkt wie zuvor, für den Fall dass sie ihn treffen wollten – aber das taten sie nicht und er verwandelte sich alleine.

Der Wolf fand das Rudel sogar schneller dieses Mal. Sie japsten freundlich als Begrüßung, das Alphaweibchen nibbelte an seinem Ohr und rieb sich an ihm, die jüngeren Wölfe senkten die Köpfe als Zeichen der Unterwerfung. Die Jagd begann. Der Wolf konnte sich nicht erinnern jemals so viel Spaß gehabt zu haben, auch mit seinem anderen Rudel nicht. Die Wut, die Angst und der Hunger schienen mit dem Wind weggeweht zu werden, der Geruch nach der Herde die sie verfolgten.

Als sie endlich ein Reh einholten, Remus, Gaius, Livia und Castor waren die ersten, vernichteten sie es gemeinsam. Die anderen folgten langsamer, schlossen den Kreis um das windende Tier. Der Wolf sprang und grub seine Klauen in das Fleisch, stoppte den panischen Herzschlag seiner Beute. Er vergrub seine Zähne im Fleisch und das heiße Blut floss seine Kehle herunter.

Als Remus aufwachte war er nicht hungrig.

Er erlaubte Livia diesmal seine Wunden sauber zu lecken, er war zu high und zufrieden um über irgendwelche Folgen nachzudenken.

„Werde ich Greyback nächsten Monat treffen?", fragte er, bevor Castor und Livia zurück in den Schatten verschwinden konnten.

„Unser Vater freut sich schon drauf, dich zu treffen, Remus Lupin", sagte Livia. „Du musst nur noch ein bisschen geduldiger sein, mein Bruder."

„Hab ich mich bewiesen?"

„Es liegt nicht an uns, das zu entscheiden."

Er blieb länger als sonst im Wald – wahrscheinlich nur aus Faulheit. Selbst alleine fühlte er sich besser als sonst wo er je gewesen war. Er würde sich gerne zusammenrollen und unter den Bäumen schlafen. Als Remus endlich vor der Hintertür der Potters apparierte, waren sie gerade mitten beim Frühstück.

Lily, James und Sirius waren da, ihre Gesichter ängstlich und dunkel, an großen Tassen mit milchigem Tee schlürfend. Mrs Potter stand am Fenster und schaute raus, sprang erschrocken auf als Remus ankam. Sie stieß die Tür auf.

„Da bist du ja!"

„Sorry", murmelte er, ein bisschen wackelig auf den Beinen.

„Oh mein Gott, Moony, bist du okay?!" Lily war jetzt auch an der Tür und deutete entsetzt auf ihn. Er schaute runter und sah das Blut – es war sein Kinn und seinen Hals runter gelaufen, sammelte sich in oberhalb seines Schlüsselbeins und trocknete da ohne dass er es merkte.

„Scheiße", er rieb schuldbewusst über seinen Mund. „Es ist nicht meins, es ist nicht—"

James kam als nächstes zur Tür und Remus fühlte sich plötzlich sehr mulmig, mit Hirschblut bedeckt, hatte vor wenigen Stunden Hirsch gegessen. Er lehnte sich mit einem Arm an die Wand, ihm wurde schwindelig.

„Komm schon, Moony." Sirius duckte sich zwischen James und Lily durch und berührte Remus' Hand leicht. „Lass uns dich sauber machen..."

Dankbar ließ Remus sich nach oben ins Badezimmer führen. Sirius ließ ein warmes Bad ein und lehnte sich gegen das Waschbecken während Remus sich einseifte, blinzelnd die unterschiedlichen Farben des Wassers wahrnahm.

„Es ist nicht menschlich", sagte er zittrig.

„Ich weiß", sagte Sirius. „Es ist Reh, ich kann es riechen."

„Echt?" Remus sah zu ihm auf. Sirius zog die Nase kraus.

„Ich muss mich konzentrieren, aber ja. Ich habe mit Prongs drüber gesprochen, je länger wir Animagi sind, desto mehr Sachen bemerken wir. Hoffentlich werde ich nicht farbenblind demnächst, hm?"

Remus versuchte über den Versuch, die Spannung zu brechen, zu lachen, aber er war noch zu aufgewühlt.

„War es schlimm?", fragte Sirius sanft, senkte seine Stimme als wäre Remus ein Invalide.

Nein, dachte Remus für sich. Es war wundervoll. Ich war glücklich, ich war normal. Er war angewidert von sich selbst. Was passiert mit mir?

Er sah Sirius an und nickte. „Ja. Es war schlimm."


***

Dienstag, 13. März 1979

Dritter Mond

„Ich will dieses Mal nicht zu den Potters gehen", sagte Remus, bevor er zum dritten Mond mit dem Rudel aufbrach.

„Was?" Sirius kam aus der Küche, wo er abgewaschen hatte. Er wurde stetig stolzer, was das Haus anging – oder vielleicht war es auch nur nervöse Energie; der Krieg spitzte sich für jeden zu, nicht nur für Remus.

Er trug ein Paar leuchtend gelber Putzhandschuhe, die Remus ihm als Spaß gekauft hatte, aber er liebte sie so sehr dass er sie jedes Mal trug. Sie waren nass und glänzend, hinterließen Tropfen auf dem Teppich.

„Ich sagte ich will dieses Mal nicht zu den Potters gehen", wiederholte Remus. „Morgen früh. Du kannst natürlich da bleiben, aber ich...ich nicht, okay? Ich weiß nicht wie sicher es ist, ich will nicht dass mich jemand verfolgt."

„Bis jetzt war es auch immer okay..."

Sirius tat das oft, ‚wir' zu sagen wenn es doch wirklich nur um Remus ging.

„Ich denke wir waren leichtsinnig." Remus zuckte die Schultern. „Ich werde sie nicht weiter in Gefahr bringen."

„Ok", nickte Sirius. Er nahm langsam die Handschuhe ab. „Wo willst du denn hingehen?"

„Ich weiß nicht. Ich dachte vielleicht Cornwall? Die Burgruine die wir besucht haben, erinnerst du dich?"

„Natürlich erinnere ich mich. Soll ich dich da treffen?"

„Warte auf mein Signal. Ich will dass es sicher ist." Remus trat von einem Bein aufs andere. Er wollte rennen, sein Rücken schmerzte schon wieder und er würde bald gehen müssen, aber er hielt still, damit er Sirius nicht beunruhigte.

„Moony, wenn es da nicht sicher ist, wäre es mir lieber ich wäre da, um dir zu helfen. Ich weiß Prongs und Wormtail und Evans werden auch—"

„Nein", hob Remus seine Stimme. „Nein, bitte."

„Aber Moony—"

„Ich muss gehen." Er floh praktisch aus der Tür, zog nicht mal seinen Mantel an.

Er hatte kein ordentliches ‚Tschüss' gesagt. Er hatte nicht mal „Ich liebe dich" gesagt, was sie jedes Mal gesagt hatten, wenn sie getrennt waren, nur für den Fall. Aber natürlich dachte Remus er würde zurückkommen. Er konnte ja nicht wissen was das Rudel geplant hatte.


***

Dieses Mal war es eine Erleichterung, seine menschliche Form fallen zu lassen und für ein paar Stunden nicht verantwortungsbewusst zu sein. Sie rannten und spielten und heulten durch die Nacht, schreckten Feen unter Büschen hervor, verfolgten Gerüche die sie wahrnahmen.

Als der Mond zu verschwinden begann, verlangsamte sich der Wolf, wimmerte als sein Körper zurück schrumpfte in die schreckliche Menschenform. Die anderen stoppten auch und kamen näher.

Livia war die erste die zuschlug und Remus, halb Wolf, halb Mensch an dieser Stelle, wand sich. Aber sie hielt ihn fest, ihre Pfoten wurden klauenartige Hände. Castor und Gaius hielten ihn fest, drückten ihn auf den Boden, als Remus vor Schmerz stöhnte und die Zähne fletschte.

Dann war er wieder menschlich, wurde auf den Boden gedrückt, wehrte sich gegen die heißen, starken Griffe. Er hob seinen Kopf.

„Was macht ihr? Lasst mich los!"

Livia lachte neben ihm, warf ihren Kopf zurück und dann passierte es. Das seltsame, saugende Gefühl als sie alle vier apparierten, Remus, hilflos in ihren Fängen, betete nur, dass er nicht splitterte.

Plötzlich war den Boden unter ihm hart, kalt wie Stein, Steine drückten in seinen nackten Rücken. Die anderen ließen ihn endlich los und er sprang auf seine Füße, schaute wütend umher. Sie waren drinnen, in einer Kammer mit einer hohen Decke, wie eine – war es eine Kirche?! Es war kalt und es roch nach dem Rudel und alter Magie. Die anderen standen um ihn rum, grinsten verrückt.

„Wo zur Hölle bin—", fing Remus an, brach aber abrupt ab, als Livia zur Seite trat und eine große, dunkle Figur zum Vorschein kam. Remus kannte diesen Geruch, er kannte diese stechend gelben Augen. Er fror ein, gelähmt von Furcht. Greyback trat auf ihn zu, den Mund zu einem schrecklichen Lächeln verzogen.

„Willkommen zuhause, Junges."

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Song am Anfang ist ‚Shake that thing' von The Sensational Alexander Harvey Band

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