Chapter 3: Der Krieg: Heimatfront
Spätsommer, 1978
Er rollte sich zum ungefähr hundertsten Mal herum, das Bettlaken klebte an seiner heißen Haut. Seit dem Vollmond ging es ihm nicht gut. Vielleicht auch schon davor. In der Nacht schlief er nur ein paar Stunden, jetzt war es schon beinahe vier Uhr früh und er war immer noch nicht weggedämmert.
„Kannst nicht schlafen?" Sirius drehte sich zu ihm um.
„Nein", seufzte Remus und setzte sich auf. „Sorry, ich sollte ins Nebenzimmer gehen."
„Bitte nicht", sagte Sirius und rieb sich die Augen. „Ist schon in Ordnung, jetzt bin ich ja wach. Ich leiste dir Gesellschaft."
„Ich bin wirklich nicht in der Stimmung zum Reden."
„Das passt schon. Ich kann reden, ich bin immer in Stimmung, zu Reden."
Remus lächelte, obwohl er es nicht wollte. Dieser verdammte Black.
„Na dann", grummelte er und legte sich langsam wieder hin. Sein Rücken schmerzte vom letzten Vollmond. Vor dem Schlafen hatte er etwas von Marlenes Salbe draufgerieben, doch die Wirkung ließ bereits nach. Sirius drehte sich auf die Seite, legte einen Arm um Remus' Körper und redete ihm schläfrig ins Ohr.
„Ich kann morgen kaum erwarten," murmelte er, „Ich kann nicht erwarten, dass du endlich die Wohnung siehst. Ich hatte noch nie ein Zuhause, das nur mir gehörte."
„Ich auch nicht", gab Remus zurück und schloss die Augen.
Sirius hatte die Wohnung in der vorigen Woche gekauft, während Remus sich vom Vollmond erholte. Es war – natürlich – ein Impulskauf gewesen, aber das fand Remus nicht schlimm – ihm selbst ging zu viel durch den Kopf, als das er eine große Hilfe hätte sein können und es war ja Sirius' Geld.
Sie war in London, in einer Muggel-Nachbarschaft. Nach der anfänglichen, überraschten Reaktion der Potters, hatte Fleamont darauf bestanden, alle Standard-Sicherheits- und Alarmzauber in Stand zu setzen, bevor sie einziehen würden. Also hatte Remus die Wohnung noch nicht einmal gesehen.
„Erzähl mir, wie sie ist", sagte Remus und kuschelte sich an Sirius' Körper. Er machte sich nicht oft klein – weil er sowieso größer war als Sirius kam es ihm unsinnig vor. Aber in diesem Moment, mit Schlaflosigkeit und von Angst zermürbt, fühlte es sich schön an, sein Gesicht in Sirius' Nachthemd zu vergraben.
„Sie ist klein," sagte Sirius und legte sein Kinn auf Remus' Kopf, „Nur ein Schlafzimmer, ein Bad und eine Küche."
„Klingt ja riesig", antwortete Remus und meinte es auch so. Er hätte sich nie vorstellen können, einmal so zu leben, nicht in einer Millionen Jahren.
„Wir können sie einrichten, wie wir wollen; Möbel, Tapete, einfach alles."
„Das Innendesign überlasse ich dir."
„Na schön. Du kannst die Bücherregale aufbauen."
„Bücherregale?" Remus hob den Kopf. Daran hatte er gar nicht gedacht.
„Jep, Bücherregale," gab Sirius zurück, ein Lächeln lag in seiner Stimme, „Wir haben natürlich auch Platz für die Plattensammlung. Außerdem gibt es in der Nähe Garagen, vielleicht kann ich eine mieten..."
„Wir kaufen ein Auto?!" Remus war von dieser Neuigkeit ein wenig alarmiert; er hatte gerade erst zugestimmt, James' alten Besen für Ordensangelegenheiten zu behalten, jetzt auch noch Auto fahren zu lernen, war nicht in seinem Sinn.
„Kein Auto..." meinte Sirius abwehrend, „Ich habe nur überlegt... ich meine, es wäre doch ziemlich sinnvoll ein zweites Transportmittel zu haben."
„Es gibt die U-Bahn", sagte Remus, „Busse. London ist ziemlich berühmt dafür, weißt du."
„Ja..."
„Hast du es schon gekauft?" Remus sah Sirius ins Gesicht.
„Äh..."
„Sirius!"
„Was?!" Sirius grinste schelmisch, „Es ist ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk an mich selbst."
„Dein Geburtstag ist erst in vier Monaten!"
„Dann eben zur Feier der Wohnung. Dir schenke ich auch was!"
„Mal ehrlich," lachte Remus und schloss Sirius wieder in seine Arme, „du bist eine Zumutung. Verwöhnter Schnösel."
„Heimkind", lachte Sirius zurück, seine Stimme gedämpft in Remus' Schulter. So lagen sie eine Weile still da. Remus entspannte sich ein wenig, doch er konnte immer noch nicht schlafen. Bald würde es hell sein. Dann und wann glaubte er, im Garten einen Vogel singen zu hören. Das bekam man in London nicht. Nur klappernde Milchwagen und Müllautos und zischende Busse und vielleicht eine verirrte Taube. Er konnte es kaum erwarten.
Er hielt Sirius ein wenig fester. In letzter Zeit umarmten sie sich viel. Körperkontakt schien überlebenswichtig zu sein; er erinnerte Remus an seine Menschlichkeit.
„Alles ok?", fragte Sirius leise.
„Alles gut. Kann nur nicht schlafen."
„Willst du immer noch nicht drüber reden?"
„Nein."
„Ok." Sirius seufzte ein wenig. Dann bewegte er seinen Kopf an Remus' Schulter und küsste die empfindlichste Stelle seines Halses. Langsam strich Sirius' Hand hinunter zu seiner Hüfte. „Hast du auf irgendwas anderes Lust?"
* * *
Irgendwie hatte Remus erwartet, seine neue Wohnung zum ersten Mal mit Sirius allein zu besichtigen. Wie naiv von ihm; er hatte vergessen, dass es Sirius und James selbst außerhalb von Hogwarts nur im Doppelpack gab. Und wo immer James war, waren typischerweise auch Peter und Lily. Also waren es schlussendlich alle fünf von ihnen, die am nächsten Morgen in den Zug nach London stiegen.
Sirius war hibbelig vor Aufregung und konnte die ganze Fahrt nicht stillsitzen. Er streunte durch ihr Abteil, rannte in Waterloo die Rolltreppen runter und hüpfte in der Metro von einem Fuß auf den anderen. Sie alle trugen Muggel-Kleidung und Sirius seine Lederjacke, schwarze Jeans und Springerstiefel. Es waren diese Details, auf die Remus sich fokussierte, denn wenn sie heute Muggel waren, betraf der Krieg sie nicht.
Die Wohnung war nahe des Leicester Square in Chinatown. Es war ein schäbiger Stadtteil, doch das machte Remus nichts aus und Sirius schien es ebenso wenig zu stören. Es war überfüllt und laut und in der Luft lag ein Geruch von chinesischem Essen, Zigaretten und Abflüssen. An den Telefonzellen klebten Werbeplakate für Escort-Damen und sie passierten mindestens zwei Peepshow-Kinos.
„Ich liebe London." Remus lächelte in sich hinein. Sirius grinste ihm zu.
Ihr Gebäude betraten sie durch eine Tür in der Hintergasse einer Kneipe. Sie gingen einzeln hindurch, während Peter sich laut beschwerte wie klein alles schien und wie seltsam Muggel doch waren. Dann ging es eine kleine Treppe hoch bis zu einem Betonabsatz mit einer leuchtend gelben Tür. Nummer 9.
„Zuhause!", sagte Sirius, während er die Schlüssel ins Schloss stieß und aus dem Lächeln nicht mehr herauskam.
Sie war klein. Die Wohnung war profan und spärlich eingerichtet. Sie war einfach. Und sie war absolut perfekt. Sie schritten direkt ins Wohnzimmer, welches sehr modern war, ohne Eingangskorridor. Auf der linken Seite gab es eine Tür, welche in die sonnige, offene Küche führte, über dem gleißenden, metallenen Waschbecken, gab es ein kleines Fenster. Lily ging schnurstracks zum Kühlschrank – sie hatte netterweise eine Flasche Sekt zum Anstoßen mitgebracht.
Remus ging zurück ins Wohnzimmer und einen Korridor hinunter an dessen Ende es zwei Türen gab – eine führte zum Badezimmer – grüne Sechzigerjahrefliesen mit pinker Fassung – die andere zum Schlafzimmer. Zwei Koffer – die Sachen die sie eingepackt und vorausgeschickt hatten – standen Seite an Seite beim Schrank. Ein Bett gab es auch schon, ordentlich bezogen mit einer kastanienbraunen Decke.
Kein Pfostenbett; keine geheimnisvollen, dunklen Vorhänge. Nur ein ganz einfaches Bett für zwei.
„Nun?" fragte Sirius nervös, während er hinter ihm das Zimmer betrat. „Ich weiß, es ist sehr mugglehaft, aber ich wollte es mit dem Geld nicht übertreiben... und es lässt sich so auch viel einfacher schützen, Monty hat sogar Moody bei ein paar der Schildzauber um Hilfe gebeten...."
„Es ist...toll", nickte Remus. Er war so glücklich. Er lächelte nur und starrte umher. „Es ist..." Er fand keine Worte.
Glücklicherweise lächelte Sirius auch, während er ihn beobachtete.
„Immer, wenn du keinen sarkastischen Kommentar abgibst, weiß ich, dass es wirklich gut sein muss." Er zwinkerte, „Komm, du hast dir ja kaum das Wohnzimmer angesehen!"
Remus folgte ihm wieder zurück. Lily goss gerade Sekt in ein paar Becher („Wir hätten euch richtige Sektgläser schenken sollen!"), dann stießen sie an und jubelten laut.
„Kumpel, du musst mir mal zeigen, wie dieses elektische Ofen-dings funktioniert," sagte James mit großen Augen. „Und die Haut-zung."
„Heizung." Lily verdrehte die Augen, „Mal ehrlich, wie hast du in Mugglekunde ein Annehmbar bekommen?!"
Peter beäugte den kleinen Ziegelkamin, der in dem zeitgenössischen Wohnzimmer mit dem cremefarbenen Teppichboden und den Jalousien sehr fehl am Platz wirkte.
„Seid ihr mit dem Flohnetzwerk verbunden?", fragte er.
„Jep," nickte Sirius. Für Orden-Kram natürlich. Und für euch. Moody hat ihn unauffindbar gemacht. Die ganze Wohnung ist außerdem fluchsicher."
Remus konnte nicht anders, als sich mit dem Kamin etwas unwohl zu fühlen. Selbst wenn er essenziell war, er mochte die Vorstellung nicht, dass Mitglieder des Ordens Tag und Nacht Zugang zu ihrer Wohnung hatten. Der Gedanke an Alastor Moodys Kopf, der im Feuer erschien, ließ ihn erschaudern.
Sirius, der immer noch Remus' Gesicht beobachtete, gab ihm einen Stups,
„Ich habe noch etwas," er deutete zur Couch.
Sie alle drehten sich um.
„Ihr habt ein Feleton!" rief James plötzlich und verschüttete vor Aufregung beinahe seinen Drink, als er zu dem Gerät auf dem Tisch am Ende des Sofas deutete.
„Beruhig dich!" schelte Lily ihn.
„Ein Telefon!" Remus starrte es bewundernd an. „Ist es angeschlossen?"
„Jep," Sirius nickte stolz, „Nimm es einfach und wähle – dann muss ich nicht mehr vor Telefonzellen rumhängen—"
Er wurde unterbrochen, weil Remus ihn beinahe umwarf, als er ihm in die Arme fiel und dann – denn jetzt waren sie ja in ihrem eigenen Zuhause, nahm er sein Gesicht in die Hände und küsste ihn lang und fest.
Lily und James jubelten wieder, Peter stürzte seinen Drink hinunter und suchte nach der Flasche.
* * *
„Seh' ich ok aus?" Sirius beäugte sich im Badspiegel. Immer wieder knöpfte er sein Hemd auf und zu. „Sollte ich eine Krawatte tragen?"
„Nein," lachte Remus, der hinter ihm stand und sich gerade ein schlichtes, graues T-Shirt über die feuchten Haare streifte.
„Lass das Getue, du siehst gut aus."
„Nur gut?!"
„Sorry", meinte Remus trocken, „du siehst umwerfend aus."
„Danke." Sirius lächelte ihm durch den Spiegel schelmisch zu. „Ich will dich einfach nicht enttäuschen. Ich hab' noch nie jemandes Mum kennengelernt."
„Was ist mit Mrs. Potter?"
„Die Potters zählen nicht, sie sind wie meine eigenen Eltern, die muss ich nicht beeindrucken."
„Du wirst neben mir stehen", Remus streifte einen Cardigan über seine Arme, „dagegen kann sie nur beeindruckt sein."
„Sag sowas nicht", schnalzte Sirius. „Ich wette, sie denkt, die Sonne scheint dir aus dem Arsch."
„Bist du bereit?"
„Wie noch nie."
Sie verließen das Badezimmer und später die Wohnung. Sie waren erst vor eineinhalb Wochen eingezogen und immer noch standen Kisten überall herum, doch schon jetzt fühlte sich Remus zuhause. Er liebte die klimpernden Schlüssel in seiner Tasche; das Gefühl mit der Wohnungstür die Welt ganz auszusperren; einen Ort zu haben, an dem er ganz er selbst sein konnte. Die vollgestellte Soho-Wohnung war nicht mal annähernd so groß wie Hogwarts, doch schon jetzt gefiel sie Remus besser als alles, was er bisher gekannt hatte.
(Grant hatte es am besten formuliert – Remus hatte ihn angerufen, sobald sich die Chance dazu bot – „Eine feste Adresse, hm? Himmel, du bist ja ganz schön aufgestiegen.")
Sie apparierten von der Türschwelle draußen, was schon zur Gewohnheit geworden war; es war geschützt genug, dass niemand sie sehen würde. In wenigen Augenblicken fanden sie sich auf einer ruhigen Straße in Cardiff wieder, wo es – natürlich – gerade zu regnen anfing.
„Sorry, ich hätte dich vorwarnen sollen." Remus lachte als Sirius aufjaulte und hastig sein Shirt hochzog um seine Haare zu schützen, „Walisische Sommer sind nicht viel besser als schottische."
Den kurzen Weg zum Krankenhaus brachten sie schnell hinter sich und Remus führte Sirius zur Sparrow Station mit mehr Selbstvertrauen als beim ersten Mal, als er Hope besucht hatte. Er lächelte und winkte der Krankenschwester zu, die gerade Schicht hatte, bevor er zum Zimmer seiner Mutter am Ende der Station ging.
Der Vorhang war zur Hälfte zugezogen, also lugte er dahinter, um zu sehen, ob sie schlief. Aber nein, sie saß aufrecht im Bett und blätterte durch ein Modeheft. Er räusperte sich und sie sah auf. Ein riesiges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, das jeden, ihrer weißen Zähne zeigte,
„Remus!"
„Hi", sagte er, duckte schüchtern den Kopf und ging herum, um sie zu begrüßen.
Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Das machte er jetzt schon zum dritten Mal, nachdem sie den Handkuss hinter sich gelassen hatten. Es war ein langsamer Prozess, doch jeder Meilenstein fühlte sich gigantisch an.
„Ich hatte gehofft, du würdest mich heute besuchen!", strahlte sie, hielt fest seine Hand und begutachtete ihn, während er sich auf dem orangenen Plastikstuhl niederließ, der neben ihrem Bett stand.
„Tut mir leid, dass es so lang gedauert hat", entschuldigte er sich, „Ich wurde mit der Schule fertig und dann bin ich umgezogen...ähm. Ich habe jemanden mitgebracht," er blickte zu Sirius auf, der immer noch hinter dem Vorhang stand und Hope nervös ansah. „Mum," (das zweite Mal, dass er sie so nannte), „das ist Sirius Black."
Sirius kam hervor und stellte sich ans Bettende, die Hände vor sich gefaltet. Er sah aus, als täte er sein Bestes, nicht herumzuzappeln.
„Schön, sie kennenzulernen, Ms. Lupin", sagte er höflich.
Sie korrigierte den Namen nicht, sondern lächelte ihm gütig zu,
„Hallo Sirius. Bist du ein Freund von Remus aus der Schule?"
„Genau", er nickte.
"Sirius und ich wohnen zusammen, in London", sagte Remus vorsichtig. Er sah ihr ins Gesicht, doch sie war unergründlich. Sie könnte ohne Probleme ein Auror sein.
„Das klingt schön", sagte sie mit glasigem Blick, „Dein Dad hat mich immer mit nach London genommen, ich bin gerne mit den Doppeldeckern gefahren."
Ah. Sie war in der Stimmung über Lyall zu reden. Diese Besuche waren ihm nicht die liebsten, doch er ließ sie erzählen, weil es sie glücklich zu machen schien. Sie begann eine lange, faselige Geschichte über all die Male, die Lyall sie mit nach London genommen hatte, wo sie alle Sehenswürdigkeiten besucht hatten und all die anderen Orte, die er ihr gezeigt hatte – Edinburgh und Blackpool und Aberystwyth. Remus versuchte, nicht so sehr zuzuhören. Er wollte nicht anfangen, sich zu fragen, ob Lyall sie beide zu diesen Orten gebracht hätte, wenn die Dinge anders wären.
Nach einer Weile, in der Hope kein Anzeichen einer Pause machte, bedeutete Remus Sirius Platz zu nehmen und er holte sich einen Stuhl vom nächsten Bett, das frei war. Als er sich setzte, bemerkte Remus den Koffer am Fußende. Der stand sonst nicht da. Durfte sie endlich nach Hause gehen?
"...und mein allererstes Curry hatte ich in einem kleinen Restaurant in Wembley...", sagte sie gerade.
„Wir wohnen in Chinatown", sagte Remus.
„Wie schön." Sie lächelte, obwohl sie eindeutig nicht wusste, wo das war. Sie wurde immer kindlicher, fand er. Musste wohl die Medizin sein, die sie ihr gaben. Vielleicht wirkte es nervig, aber es half ihm tatsächlich, sie besser zu verstehen. „Und bekommst du auch bald deine Prüfungsergebnisse?"
"Haben wir schon", antwortete Remus, „Ich habe alles bestanden."
„Er war der Beste der Schule in drei Fächern", sagte Sirius unerwartet. „Geschichte, Pflege magischer Geschöpfe und Arithmantik – und Topnoten in allem anderen!"
Remus wurde rot. Das stimmte nicht ganz. Ok, er hatte in den meisten Fächern ein ‚Ohnegleichen' bekommen, doch in Verwandlung hatte er nur ein ‚Erwartungen übertroffen'.
„Das ist mein cleverer Junge", sie lächelte dösig, „Genau wie sein Dad."
„Gehst du irgendwo hin, Mum?", fragte Remus, den der Koffer immer noch störte.
„Oh ja", nickte sie und lehnte den Kopf gegen ihre Rückenlehne aus Kissen, „Ja, morgen gehe ich ins Hospiz."
Remus wurde schlagartig eiskalt. Seine Kehle wurde trocken. Nein, dachte er, nein, ich brauche mehr Zeit.
„Morgen?", krächzte er. Sie drückte wieder seine Hand, ihre Augen wurden scharf.
„Ich bin bereit, Liebes. Es ist Zeit."
„Aber...", er wusste nicht, was er sagen sollte. Er glaubte, er müsste weinen, doch er wollte sie nicht aufwühlen.
Sirius sah verwirrt aus. Er wusste nicht, was es bedeutete.
„Ich bringe vorher alles in Ordnung", sagte Hope sachlich und klang plötzlich sehr viel reifer als sonst, „Wenn du mir deine Adresse aufschreibst, wird alles ankommen, wo es hinsoll. Und die Beerdigung natürlich – ich habe Gethin gesagt, dass du so bald wie möglich informiert werden sollst und dass du vorne sitzt. Lass nicht zu, dass sie dich nach hinten verfrachten, wie die entfernte Verwandschaft. Du bist mein Sohn und dafür schäme ich mich nicht im Geringsten, hast du verstanden?"
„Mum, bitte...", Remus sah weg, schockiert davon, wie bestürzt er war. „Ich bin nicht... bitte noch nicht jetzt, ok?"
Ihre Züge wurden weicher. Sie seufzte.
„Es tut mir leid, mein Liebling."
Wer zur Hölle ist Gethin?! Wollte er schreien. Wie viele Überraschungen gibt es noch, wenn du nicht mehr da bist? Er hatte gewusst, dass dies kommen würde aber es war trotzdem die furchtbarste Nachricht seines Lebens. Er wurde das Gefühl von Verrat einfach nicht mehr los. Sie hatten sich gerade erst gefunden.
Sirius wurde unruhig in der Stille die nun folgte. Er verstand Remus und Hope's gemeinsame Unfähigkeit, die Dinge beim Namen zu nennen nicht; Sirius konnte nie verstehen, warum Menschen nicht einfach sagten was sie fühlten, sobald sie es fühlten. Doch er respektierte ihre Privatsphäre und stand auf,
„Ich hole mir eine Tasse Tee, Remus", sagte er zaghaft, „Möchtest du auch eine?"
Remus nickte,
„Die Mensa ist den Gang runter", sagte er und starrte zu Boden, während er immer noch Hope's Hand hielt. „Ich komme gleich nach."
„Kann ich Ihnen was bringen, Ms. Lupin?"
Sie schüttelte den Kopf,
„Nein danke, mein Lieber. Es war schön dich zu treffen."
Er neigte galant den Kopf und lächelte freundlich – Gott, er konnte auch in den schlimmsten Situationen charmant sein – dann ging er zügig.
Remus ließ Hope's Hand los und vergrub das Gesicht in den Händen. Fuck. Konnte er nicht einmal etwas genießen, ohne dass sich eine Tragödie anbahnte?
„Er ist ein netter, junger Mann", sagte Hope strahlend.
„Ja", antwortete Remus mit einem heiseren Lachen und rieb sich nervös den Hinterkopf.
„Ich verstehe, warum du ihn magst", versuchte sie.
Sie wollte eindeutig die unwohle Stimmung hinter sich bringen. Vielleicht wollte sie noch einmal über Lyall sprechen. Nun, das würde er nicht zulassen. Sie war nicht die Einzige, die schockieren konnte. Er sah sie an und versuchte, ihren Blick einzufangen.
„Hör mal, es gibt da etwas, dass ich wahrscheinlich erklären sollte, äh. Über Sirius. Über Sirius und mich."
Hope schloss mit einem sanften Lächeln die Augen und schüttelte zaghaft den Kopf.
„Ist schon gut, cariad", sie nahm seine Hand und tätschelte sie, „Ich hab es gewusst, sobald ich euch zusammen gesehen habe."
„Du...wirklich?" Remus starrte sie an. Er hatte noch nie mit jemandem darüber gesprochen, der älter war, als er.
„Ich hatte schon eine Weile so ein Gefühl. Aber ich werde nicht so tun, als würde es keinen Unterschied machen", gab sie zurück und wählte ihre Worte mit Bedacht. „Aber es ändert nichts daran, wer du bist, mein lieber Junge."
Sie griff wieder nach seiner Hand und hielt sie fest. Mit ihrem Daumen strich sie sanft über seine Knöchel.
„Du liebst ihn, nicht wahr?"
„Ich..." Remus fühlte, wie die altbekannte Panik in ihm aufstieg, als er dieses Wort hörte, doch gerade gab es nur sie beide und er hatte das Gefühl, dass er es ihr schuldete, ehrlich zu sein. Und so nickte er. „Ja."
„Und er liebt dich."
„Ich denke schon. Ja, das tut er."
„Das ist alles, was ich wissen muss." Sie lächelte wieder. Dann seufzte sie sehr tief. „Liebe. Sie ist das einzige, das dir bleibt, weißt du."
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cariad [walisisch] - Liebling
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