Chapter 26: 1983

These people 'round here

Wear beat down eyes sunk in smoke dried faces

They're resigned to what their fate is.

But not us, (no never) no not us (no never)

We are far too young and clever.

06. Juni 1983

"Manchmal frage ich mich, ob du mich nur benutzt", sagte Grant eines Nachmittags im Sommer 1983.

„Jeder benutzt jeden", antwortete Remus trocken. „Das ist was wir denken, dass Liebe ist."

„Mein Gott. Man kann nicht mit dir reden, wenn du so bist", seufzte Grant schwer und griff nach einer Packung Zigaretten auf dem Nachttisch.

„Und?"

„So ein mürrischer Idiot."

Grant holte mit seinen Zähnen einen der langen, weißen Zigaretten aus der Packung und Remus zündete sie mit der Spitze seines Zauberstabs an. Grant zog genießerisch daran und machte es sich wieder in Remus Arm gemütlich. Remus strich gelassen über Grants Schlüsselbein, bis er mit Rauchen dran war. Sie hatten das Rauchen beinahe aufgegeben und teilten sich als Belohnung nur noch von Zeit zu Zeit die eine oder andere schnelle Zigarette nach dem Sex.

„Sorry", sagte Remus, „Ich will nicht mürrisch sein."

„Pfft", antwortete Grant fröhlich, „Sei so mürrisch wie du willst, ich zieh dich nur auf."

Grant machte alles so leicht. Remus konnte sich kaum daran erinnern, wann sich ihre Beziehung zu dem entwickelt hatte, was sie jetzt war.

* * *

Es hatte mit regelmäßigen Besuchen begonnen, nach der ersten Intervention. Sie wurden immer häufiger und schließlich war Grant einfach die ganze Zeit da – schlief zuerst auf der Couch, dann nicht mehr und sie verloren kein Wort darüber.

In der Mitte des Sommers 1982 war er dann mit all seinen Sachen eingezogen – einfach so.

„Ich reise immer mit leichtem Gepäck", zwinkerte er und schüttelte einen Rucksack aus, der ein paar gewaschene Unterhosen und ein T-Shirts enthielt. Eine Socke. Um Himmels Willen.

„Ich gebe dir etwas Geld", sagte Remus monoton. „Du kannst shoppen gehen." Er hatte noch immer ein der paar hundert Pfund, die Sirius in Muggelgeld für Notfälle in Muggelgeld umgetauscht hatte. Remus fühlte sich nicht schuldig dabei es auszugeben; es lag sonst eh nur rum.

„Ich bin nicht hier, um mich bei dir durch zu schnorren", beharrte Grant.

„Ich weiß. Aber du brauchst Kleidung."

„Ja, Mum. Ich borg mir einfach von dir was, bis ich mich eingelebt hab."

„Na gut."

Also ging Remus an diesem Nachmittag allein zu Debenhams und kaufte so viel er konnte in Grants Größe. Jeans und T-Shirts und Unterwäsche und Socken und Pullover, Pyjamas und sogar ein billiges Paar Turnschuhe, die im Angebot waren. Strahlende Farben, denn Grant war eine strahlende Person und Remus hatte genug schwarz für den Rest seines Lebens gesehen. Er faltete alles in die Schubladen seiner Kommode. Es fühlte sich gut an, sie zu füllen, sie waren seit über einem Jahr halb leer gewesen.

Grant zog die Sachen an, doch sie sprachen nie darüber.

Es gab aber Dinge, die sie nicht einfach ignorieren konnten.

Remus hatte die ersten paar Monate keine Magie benutzt – genau genommen hatte er bemerkt, dass er es oft einfach nicht zustande brachte, auch wenn er es versuchte. Vielleicht war es die Trauer. All diese Begräbnisse. Oder vielleicht hatte es auch mit seinem Trinken zu tun - er war sich nicht sicher. Es war eine Blockade, als ob eine Wand gebaut worden war. Er konnte für die Vollmonde apparieren, aber das war's. Dann, eines Tages, kam die Magie einfach zurück, als ob sie nie weg gewesen wäre.

Sie hatten vergessen, die Stromrechnung zu bezahlen und die Lichter gingen aus. Ohne nachzudenken, ließ Remus seinen Zauberstab erleuchten, „ Lumos ."

„Was zum verdammten Fick ist das?!", rief Grant und sprang zurück, so als ob Remus sich selbst angezündet hätte.

„Äh...", Remus schluckte, dann gab er auf. „Es ist ein Zauberstab."

„Bist du high?"

Remus lachte, ein schroffes, fremdes Geräusch.

„Ich denke, ich sollte dir mal so einiges erklären. Die Schule, auf der ich war, war etwas...anders..."

Er begann, zu erzählen. Er wusste, wie schräg sich alles anhören musste und er musste einige Dinge auslassen. Fast zwanzig Minuten später saß Grant da und starrte ihn an, sein Gesicht war blass im schwindenden Zauberstablicht.

„Du verarscht mich", lachte er nervös. „Was soll das, warum denkst du dir so einen Scheiß aus?!"

„Grant...schau..." Remus ließ seinen Zauberstab Funken sprühen. Er ließ den Wohnzimmertisch schweben und dann – etwas angeberisch, weil er es endlich wieder konnte – verwandelte er seine Tasse in einen Frosch.

„Ist ja gut!", kapitulierte Grant, als der Frosch auf den Teppich hüpfte, „Ok, ich glaube dir! Mein Gott!"

„Oh, Remus Lupin reicht." Remus streckte ihm die Zunge raus.

Dann hielt er inne, als er bemerkte, was er gerade tat.

Er hatte einen Moment lang aufgehört zu trauern und züchtigte sich sofort selbst dafür. Deine Freunde sind tot und du führst Zaubertricks für einen Muggel auf? Lächerlich.

Er ging zum Kühlschrank auf der Suche nach einem Drink.

„Oh nein, nicht...", sagte Grant und klang enttäuscht.

Remus kam mit eine Flasche Vodka und zwei Gläsern zur Couch zurück. Er mochte Vodka am liebsten, der ließ am einfachsten runterspülen.

„Ich will keinen", sagte Grant und ließ das zweite Glas unberührt. „Ich kauf dir keinen mehr."

Remus zuckte die Schultern und trank das erste Glas aus.

Grant seufzte. „Also du bist ein Zauberer, hm? Heißt das... Sirius war auch ein Zauberer?"

Remus verschluckte sich fast an seinem zweiten Glas, aber brachte es so gerade noch hinunter. Seine Augen füllten sich mit Tränen und er nickte.

„Ja. Wir sind alle welche. Waren."

Als er weitertrank, erzählte er Grant vom Krieg. Er ließ die schmerzvollsten Details weg, aber Grant war clever und konnte sich den Rest denken.

„Ist das der Grund, weshalb du jeden Monat verschwindest?", fragte Grant. „Irgendein Magie-Treffen?"

„Oh...nein. Es gibt da noch was anderes."

„Heilige Scheiße, Remus, weiß ich eigentlich irgendwas über dich?!"

„Sorry", sagte Remus. „Ehrlich, ich bin es nicht wert... sobald du alles weißt, wirst du es verstehen."

„Das will ich sehen", sagte Grant.

Also hatten sie das Werwolfgespräch. Remus erklärte, was ihm an Vollmonden passierte und wie gefährlich er war und wohin er ging.

„Seit du fünf bist?!", sagte Grant fassungslos.

„Ja", nickte Remus nervös.

„Du armes Ding", Grant schüttelte seinen Kopf und streichelte seine Hand. „Du hattest es echt nicht leicht, oder?"

Remus akzeptierte das Mitleid und sprach nicht zu viel über Castor, weil er sich über sich selbst schämte.

Nicht, dass Grant eifersüchtig wäre. Nicht wie Sirius, nicht wie...oh nein, oh nein, nein, nein, nein...

* * *

„Hey!"

Zurück in der Gegenwart schnippte Grant mit den Fingern. Er hielt die halb gerauchte Zigarette hoch. „Du bist dran, Hübscher."

„Sorry." Remus nahm sie und atmete tief ein. Ah. Sie waren noch immer im Bett. Es war alles okay. Alles ist okay.

„Du bist in deine Gedanken abgedriftet", kommentierte Grant ohne Anschuldigung.

„Sorry", sagte Remus wieder.

„Woran denkst du?"

„Oh, nichts. Ich denke einfach." Er drückte die Zigarette aus. Verdammt, er hatte Rauchen vermisst.

„Na dann", Grant rollte sich herum, sodass er halb auf Remus lag, sein Gesicht nur Zentimeter von seinem entfernt, „ Das ist nicht gut, hm? Ich wollte dich eigentlich davon abhalten , zu denken."

„Tust du", lächelte Remus. Sie küssten sich, zuerst freundlich, dann tiefer. Remus ließ seine Hand Grants langen Körper entlang wandern. „Willst du es noch einmal versuchen?"

Grant lächelte gegen seine Lippen und murmelte: „Du willst doch nur noch eine rauchen, hab ich recht?"

„Ich will dich auch..."

„Naja, Pech gehabt", Grant löste sich von ihm und stand auf. „Spätschicht im Pub beginnt in vierzig Minuten, sollte mich echt beeilen."

„Musst du da wirklich hin?", Remus ließ sich gereizt zurück aufs Bett fallen.

„Oh, jammer nicht, Prinzessin, es ist nur mehr ein Abend. Hey, sei brav und bleib weg vom Alk, dann tu ich dir was richtig Gutes, wenn ich wieder da bin."

„Ich schlafe dann schon längst."

„Ich weck dich."

Remus grinste. „Na dann."

Grant machte alles so einfach.

Er versuchte, an diesem Abend nichts zu trinken, er versuchte es wirklich. Aber er brauchte etwas , wie sollte er sonst je einschlafen? Und er rauchte nicht mehr, das war doch schon etwas. Er wollte brav sein für Grant und seine letzte Nacht im Pub.

Nachdem er drei A-Levels in Sozialpolitik, Politik und Bildung gemacht und dann monatelang für weitere Prüfungen gelernt hatte, hatte Grant die Ausbildung zum Sozialarbeiter geschafft. Er fing nächste Woche in einer Jugendstrafanstalt an. Remus wusste nicht, woher er den Mut dazu nahm.

„Es wird wieder wie in St. Edmunds sein!"

„Nein, wird es nicht", lächelte Grant. „Es wird anders sein, weil ich es anders machen werde."

* * *

Sie waren ziemlich glücklich zusammen. Sie hatten ihre Momente, aber Freundschaft stand immer an erster Stelle und keiner der beiden war treu.

Grant hatte viele andere Freunde in seinem nie endendem Streben nach Varietät. Es waren Künstler, mit langem Haar und übertriebenem Getue. Oder ernste, Politik-Typen, in lockeren Khaki-Outfits und dicken, gestrickten Pullis, die gegen die Atomkraft oder für Rechte von Homosexuellen kämpften, oder die Rechte von Minenarbeiten oder so etwas. Remus beobachtete immer wenig interessiert, wie sie alle kamen und gingen. Er nahm es Grant nicht übel – er wusste, dass er selbst nicht unbedingt interessant war.

Remus schaffte es exzellent, sein Leben in ordentliche Segmente zu teilen, mit rasiermesserscharfen Kanten. Castor war eine schlechte Gewohnheit; Grant war alles andere. Dann war da das Sirius-Segment, das bedrohlich über allem hing und sicherging, dass er nie wirklich glücklich mit beiden war.

„Du könntest bleiben, Bruder", sagte Castor jedes Mal.

„Kannst du mich nicht ‚Bruder' nennen, gleich nachdem wir gefickt haben?", schnappte Remus. Er war oft gemein zu Castor und Castor war genauso. Remus war sich nicht sicher, ob es ein Wolf-Ding oder ein Selbstbestrafungs-Ding war, aber er versuchte, das Ganze nicht zu sehr zu analysieren.

„Dann eben Remus Lupin", antwortete Castor.

„Nur Remus ", schnaubte er und stand auf, um sich anzuziehen. „Und du weißt, dass ich nicht bleiben kann. Ich habe ein Leben in England."

„Das sagst du", Castor hob eine Augenbraue, „Aber davon sehe ich nichts. Wir würden uns hier um dich kümmern."

„Ich vertraue keinem von euch in meiner Nähe", sagte Remus flach und knöpfte seine Hose zu.

„Und trotzdem kommst du jeden Monat zurück..."

„Ja, nur dafür", Remus zeigte auf Castors nackten Körper, der sich gegen graue Felle lehnte – er war in jeder Hinsicht absolut perfekt, eine griechische Statue, geschmeidig und muskulös und herrlich. „Lass uns nicht so tun, als ob hier irgendwelche Gefühle im Spiel sind."

„Aber wir sind dein Rudel!", protestierte Castor.

„Schau, ich werde nicht mehr kommen, wenn du nicht damit aufhörst." Remus biss die Zähne zusammen. Er kam zwei Monate lang nicht mehr, nur um Castor leiden zu lassen.

Remus brauchte kein Rudel und er brauchte sicherlich keine Freunde.

Manchmal versuchte Mary, sich nach ihm zu erkundigen und manchmal ließ er sie. Aber es war schwer, so schwer. Er verbrachte lieber sein einfaches, muggelmäßiges Leben mit Grant.

Und wirklich, auch wenn ihr Leben nicht das war, was er sich je vorgestellt hatte, war es fast nie ohne Inhalt. Remus nahm verschiedene, sonderbare Jobs an – meistens putzte er irgendetwas oder trug etwas aus, denn dafür bekam man bares Geld und niemanden interessierte es, wenn er aufhörte, zur Arbeit zu erscheinen.

Grant lernte für seine Lizenzen und lud immer Studenten ein, die im Wohnzimmer debattierten oder sich für einen weiteren Protest gegen die Poll Tax oder für die atomare Abrüstung vorbereiteten. Sie verursachten Chaos im Wohnzimmer, wenn sie Plakate malten und zusammenhämmerten, aber Remus machte ein wenig Chaos nichts aus.

Er mochte die Mädchen, die Grant einlud, lieber als die Jungen – sie waren alle so lebhaft, so leidenschaftlich, mit grünen Haaren und jungenhaftem, schelmischem Verhalten. Er interessierte nicht sehr für ihre Projekte, aber Gespräche mit ihnen waren immer spannend. Manchmal fühlte es sich an, wie mit Mary zu reden, oder Marlene, oder Lily. Immer wenn das passierte, redete er weniger und sehnte sich nach einem Drink. Er stand dann leise in der Küche, bis alle weg waren.

„Oh, Remus. Du kannst nicht immer wegrennen und dich betrinken, wenn du traurig bist", seufzte Grant eines Nachts, als er Remus über den Küchentisch gebeugt vorfand, Stunden nachdem alle gegangen waren.

„Ich bin traurig", schluchzte Remus.

„Ich weiß." Grant bückte sich und zog Remus' Arm über seine Schulter, zog ihn hoch und Richtung Bett. „Und du hast ein Recht dazu, traurig zu sein. Es ist das Trinken, mit dem wir ein Problem haben, okay?"

"Niemand schuldet dir ein glückliches Leben", plapperte Remus traurig die Hausmutter in St. Edmunds nach, als sie durch den Flur taumelten.

„Nein", schnaufte Grant, als er ihn ins Bett legte. Er sah Remus mitleidig an, „Aber du schuldest dir selbst eins, mein Lieber."

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Das Lied am Anfang ist ‚Come on Eileen' von Dexys Midnight Runners.

Debenhams: britisches Kaufhaus, wo Mütter gerne hingehen.

Poll Tax: von Margaret Thatcher und der konservativen Regierung in den 80er Jahren eingeführte Steuer. Vor 1979 bezahlte jeder Haushalt je nach Wert des Hauses die Steuer, die Poll Tax wurde aber pro Person verrechnet – besser für reiche Hauseigentümer, schlechter für arme Mieter. Führte zu landesweiten Protesten und Ausschreitungen.

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