Chapter 18: Der Krieg: Frühling & Sommer 1980
Trauriges Ende und neue Anfänge
CW: Tod von Eltern---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
You know I'm born to lose,
and gambling's for fools.
But that's the way I like it baby
I don't wanna live forever
Diesen Januar, nur ein Jahr nach dem Begräbnis seiner Mutter, ging Remus zu einer weiteren Gedenkfeier – dieses Mal für Fleamont und Euphemia Potter.
Sie starben nur wenige Stunden nacheinander in den letzten, grauen Tagen im Dezember. Ihr Verlust schmerzte immens, nicht nur bei den Mitgliedern des Ordens. Das Anwesen der Potters war wochenlang voll mit Besuchern, Trauernden und alten Freunden, und alle von ihnen hatten eine Geschichte über die Güte, die James' Eltern an den Tag gelegt hatten, parat.
„Euphemia sagte immer, dass ich sie alles fragen kann, wenn ich sie in St. Mungos gesehen habe", schluchzte Marlene. „Sie war eine so brillante Heilerin, ich wünschte, ich hätte sie länger gekannt."
„Sie waren so freundlich zu uns, nachdem wir geflüchtet sind", sagte Andromeda, die Teds Hand hielt und ihre Tochter auf ihrem Schoß schaukelte. „Sie haben sich immer um uns gesorgt, gingen sicher, dass uns nie etwas fehlte... Ich kann einfach nicht glauben, dass sie weg sind..."
„Wenn unser Haus auch nur halb so einladend ist, wie ihres, würde ich stolz darauf sein", fügte Arthur Weasley hinzu und putzte seine Brille, die beschlagen war.
„Die allerbesten der Zauberergemeinschaft", intonierte Dumbledore in seiner Rede, die er am Begräbnis hielt. „Sie strahlten Verständnis, Toleranz, guten Humor und Gemeinschaft aus – all diese Werte, die wir für so wichtig halten."
„Irgendwie passend, dass sie nach Weihnachten von uns gehen", sagte eine faltige, alte Hexe bei der Nachtwache. „Ich habe es immer geliebt, zu ihrer Feier am 26. Dezember zu kommen."
„Ich vermisse Effies Mince Pies!", fügte ein alter Mann hinzu.
„Ich vermisse Montys selbstgebrautes Bier!", kicherte ein anderer. Ein paar liebevolle Lacher, gefolgt von zarter Stille, als sich alle an die grenzenlose Gastfreundschaft der Potters erinnerten.
Remus behielt seine eigenen Erinnerungen an die Potters für sich, weil er dachte, dass er sie am wenigsten beanspruchen durfte. Trotzdem, er würde nie vergessen, dass sie es gewesen waren, die ihn aufgenommen hatten, als er mit siebzehn obdachlos wurde und sie ihm geholfen hatten, seine Mutter zu finden.
Auf bestimmte Weise war es anders als die anderes Tode im Orden, weil die Potters in fortgeschrittenem Alter gestorben waren und nicht ermordet worden waren – also war mehr Platz für glückliche Erinnerungen.
Es fühlte sich trotzdem nicht fair an. Zeit bedeutete nichts, wenn es um die Menschen ging, die man liebte, überlegte Remus. Elf Monate waren nicht genug Zeit mit Hope gewesen – und zwanzig Jahre waren wahrscheinlich nicht genug für James gewesen.
Sirius, Peter und Remus entschieden sich still dazu, sich für James zusammenzureißen. Er war die Quelle der Kraft für die Rumtreiber gewesen, seitdem sie kleine Kinder waren; hatte sie alle in dem einen oder anderen Moment selbstlos verteidigt und unterstützt, und es war gar keine Frage, dass sie sich revanchierten, jetzt, in seiner dunkelsten Stunde.
Sie begrüßten so viele Besucher wie möglich und hielten sie von James fern, der schon genug zu tun hatte. Ganze zwei Wochen lang verbrachten sie ihre Tage damit, Blumensträuße und selbstgekochte Mahlzeiten entgegenzunehmen (was sehr nützlich war, denn Gully der Hauself war einfach nicht zu trösten gewesen und verbrachte seine Zeit zusammengekauert unter dem Ofen, wo er schluchzte und Butterbier trank). Lily kümmerte sich um alles Finanzielle und Rechtliche – während Alice und Molly ihr halfen, den Haushalt zu schmeißen und die Dinge zusammenzupacken, die verstaut werden mussten.
Es war grauenvoll passend, dass 1980 mit Tod begann. Jahre später würde es für Remus einen Wendepunkt im Krieg bedeuten, so als ob der Verlust der Potters alle Grundpfeiler der Realität erschüttert hätte. Nach ihrem Begräbnis begannen die Dinge immer weniger Sinn zu ergeben. Dinge, bei denen er sich anfangs sicher war, wurden ungewiss, und der – schon kleine – Kreis an Menschen, denen er vertraue und die er liebte, schrumpfte weiter.
Den restlichen Januar über lebten Sirius und Remus nur aneinander vorbei – einer würde lange aufbleiben, der andere mit Sonnenaufgang aufstehen und eine Mission für den Orden ausführen. Sie waren beide entschlossen, so viele Aufgaben von James zu übernehmen wie möglich, was sie so beschäftigt wie noch nie machte. Einer der beiden schlief manchmal bei den Potters oder blieb bei jemand anderem aus dem Orden, aus Sicherheitsgründen.
Die Trauer um Fleamont und Euphemia Potter führte dazu, dass sie die wenigen Stunden, die sie zusammen verbrachten, mit Stille gefüllt waren.
Sirius hatte geweint, an dem Tag, als er davon erfahren hatte. Das hatten sie beide, aber der Schmerz war für Sirius noch schlimmer.
„Es ist nicht fair! Es ist nicht fair!", hatte er immer wieder wiederholt, Augen wild und verzweifelt.
Remus schob seine eigene Trauer vorsichtig zur Seite, um für sie beide der Stärkere zu sein und bemerkte, dass alles leichter wurde, wenn er sich darauf fokussierte, Sirius zu helfen.
Es war sehr harte Arbeit, und für eine Weile schien es so, als ob es nie wieder etwas geben würde, für das es sich lohnte, glücklich zu sein. Ihre einzige gute Neuigkeit kam aus heiterem Himmel (wie es für gute Neuigkeiten üblich ist) an einem Sonntag im frühen Februar.
Sirius war mit James weg – ausnahmsweise nicht auf einer Mission. Als Kinder waren James und Sirius immer zueinander ins Bett gekrabbelt, wenn einer von ihnen traurig war. Als Erwachsene verbrachten sie lange Stunden auf Sirius' Motorrad, das durch die Landschaft preschte. Remus war nicht eifersüchtig – es war eher eine Erleichterung, dass er nicht mitfahren musste.
Er verbrachte den Nachmittag damit, Gegenflüche zu üben, was sich wenigstens so anfühlte, als täte er etwas Nützliches. Er hatte gerade beschlossen, sich eine kurze Pause zu gönnen und sich einen Tee zu machen, als eine Eule ans Küchenfenster klopfte. Es war eine Nachricht von Lily: Kannst du vor fünf vorbeikommen? Ich mach Abendessen. Und natürlich machte er sich sofort fertig, um zu ihr zu gehen. Es war eine gute Idee – seine eigenen Pläne für den Abend waren Bohnen auf Toast gewesen, was er schon drei Mal diese Woche gegessen hatte.
Es war noch immer sehr kalt, der Frost war diesen Februar schon wochenlang da und der Frühling brauchte Ewigkeiten, um endlich zu kommen. Remus schätzte es, dass er einfach durch den Kamin in ihrer Wohnung steigen konnte und im Wohnzimmer der Potters auftauchen konnte, ohne nach draußen gehen zu müssen. Er hoffte, dass Sirius gut eingepackt war; der Wind war so kalt, wenn er so schnell fuhr.
„Ich bin da!", rief Remus und wischte sich Asche und Flohpulver von seinen schäbigen Roben.
Hieronymus die Katze miaute ihn wütend an – er hatte seinen warmen Platz am Teppich gestört.
„Küche!", rief Lily zurück.
Remus ging zu ihr. Das Haus fühlte sich leer an, schon seit Wochen, aber die Küche war so warm und behaglich wie immer. Lily saß am breiten Eichentisch, über ein Kochbuch gebeugt, ihr Zauberstab hielt ihr Haar in einem unordentlichen Dutt zurück. Es stand ein selbst-umrührender Topf auf dem Herd und aus dem Ofen roch es herrlich.
„Hallo mein Hübscher", grinste sie und sah zu ihm auf.
„Hi", winkte er, „kann ich dir mit irgendetwas helfen?"
„Messer und Gabel wären super", sie nickte in Richtung der Anrichte an der Wand. „Wir werden hier drin essen, ich finde es gemütlicher."
„Nur wir beide?", fragte er, als der das Besteck hervorholte.
„Zu fünft", sie schüttelte den Kopf, „Peter kommt in ein paar Minuten und die Jungs sollten auch nicht mehr lange weg sein... naja, das hängt von Sirius ab."
„Hä?" Remus zog die Stirn in Falten. In der Nachricht hatte sie Sirius gar nicht erwähnt. Lily errötete.
„Äh... also ich habe dich hierher bestellt, weil ich dir etwas sagen muss..."
Remus' Hände begannen zu zittern und er ließ das Messer fallen, das er gehalten hatte. Es gab in letzter Zeit nie gute Neuigkeiten und er hatte eine gewissen Paranoia entwickelt, wenn es um Ankündigungen ging.
„Es ist etwas Gutes!", sagte Lily schnell, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte, „Ich verspreche es! Es ist nur so, dass äh... wir dachte es wäre vielleicht besser, James dachte es wäre besser, wenn er es Sirius alleine sagt, weißt du, nur zu zweit, nach dem was letztes Mal passiert ist..."
„Letztes Mal?", fragte Remus. Sie würden ja wohl nicht noch einmal heiraten. „Ihr trennt euch aber nicht, oder?!"
„Remus, ich sagte es ist etwas Gutes!", lachte Lily leicht. „Mal ehrlich, du gehst immer vom Schlimmsten aus..."
Sie stand auf und räumte ihre Bücher vom Tisch. Remus sah sie genauer an. Sie war ein wenig breiter um die Hüften – nicht, dass er so etwas je einer seiner ältesten und besten Freundin sagen würde. Und es stand ihr, sie war noch immer außergewöhnlich hübsch, seiner Meinung nach. Aber sie roch auch irgendwie anders.
Er blinzelte und schüttelte seinen Kopf, knallte die Schublade so fest zu, dass alles klirrte und Lily erschrak.
„Du bist schwanger!"
Sie wurde noch röter und nickte, das breiteste Lächeln im Gesicht, das Remus in den letzten Monaten an jemanden gesehen hatte. Sprachlos umrundete er den Tisch, um sie zu umarmen. „Großartig!", brachte er heraus, plötzlich sehr emotional, „Genial! Oh mein Gott, Lily!"
„Ich weiß!", quietschte sie. „Der Geburtstermin ist im Juli! Du glaubst nicht, wie schwer es war, nichts darüber zu sagen!"
Remus trat einen Schritt zurück, um ihr Raum zu geben und wischte sich über die Augen.
„Doch nicht wegen Sirius?"
„Nicht nur...", räumte sie ein, „Wir wollten eine angebrachte Trauerphase... Euphemia und Fleamont wussten natürlich davon. Es war herzzerreißend, es ihnen zu sagen. Aber ich muss zugeben, ich machte mir leicht Sorgen, wie Sirius es aufnimmt..."
„Wenn er auch nur ansatzweise etwas anderes sagt als Glückwunsch ziehe ich ihm die Ohren lang!", sagte Remus scharf. Lily lachte,
„Da musst du dich bei mir und James hinten anstellen."
Remus lachte und wischte sich erneut über die Augen, dann deckte er den Tisch. In dem Moment, als er den letzten Teller ablegte, war ein tiefes Brummen in der Ferne zu hören, das näherkam. Lily sah zu ihm auf und biss sich auf die Lippe. Er lächelte sie nur an,
„Alles wird gut."
Sirius parkte sein Motorrad immer auf der hinteren Terrasse. Remus hatte sich oft gewundert, was Euphemia dazu sagen würde – aber natürlich konnte sie ihrem blauäugigen Jungen nie einen Wunsch abschlagen und die schlammigen Reifenabdrücke im Garten mit mütterlicher Nachgiebigkeit übersehen.
Die Terrassentür ging auf und Sirius schritt herein, sein Haar noch zerzaust vom Wind und Fliegen, Nase und Wangen gerötet vor Kälte. Er lächelte, so breit, dass Remus' Herz einen Satz machte, und er fühlte dieses kindliche Verliebtsein wieder in sich aufkommen.
„Mrs. Prongs!" Sirius ging sofort auf Lily zu, Arme ausgebreitet, umarmte sie und küsste ihren Kopf. „Verdammt großartig!"
Remus seufzte erleichtert und ging auf James zu, um ihm die Hand zu schütteln, der hinter Sirius hereingekommen war, Haare und Schal wehend, windgezeichnetes Gesicht strahlend wie ein freudiger Leuchtturm.
„Ein Kind!", war alles was Remus einfiel, „Ihr bekommt ein fucking Kind!"
James lachte und drückte seine Hand,
„Verdammt richtig, Moony."
„Setz dich!" Sirius schob einen Stuhl für Lily heraus und bedeute ihr, sich zu setzen, „Merlin, Moony, was bist du für ein schlechter Gentleman, lässt Lily all die Arbeit machen, in ihrem Zustand?!"
„Hey", Remus sah ihn finster an, „ich habe den Tisch gedeckt..."
„Ehrlich, mir geht es gut", kicherte Lily. „Aber wenn ihr Jungs unbedingt das Abendessen servieren wollt, gerne. Lamm ist im Ofen, James, es sollte schon fertig sein."
Also werkten die drei in der Küche herum und machten ein wenig zu viel Lärm und Unordnung als vielleicht nötig gewesen wäre. Sirius, begann, ‚Kooks' zu pfeifen, James machte eine Flasche Champagner zum Anstoßen auf (mit Butterbier für Lily) und Remus grinste einfach nur bis seine Wangen wehtaten, als er seine Freunde beobachtete, wie sie alle glücklich zusammen waren.
Dann kam Peter und alles begann von vorne, ihre Freude multiplizierte sich nur noch, als sie sich zu einem perfekten Familienabendessen setzten. Es war genau das, was alle gerade brauchten.
„Wie ist das überhaupt passiert?!", rief Peter, der mit seinem letzten Stück Yorkshire Pudding seine Soße zusammenkratzte.
„Naja, Wormtail", grinste Sirius, „wenn zwei Zauberer sich ganz doll lieben..."
„Halt den Mund", lachte Peter und trat ihn unter dem Tisch, „Ihr wisst was ich meine..."
„Es ist eben passiert", James zuckte die Schultern. „Wir waren rund um Halloween womöglich etwas unvorsichtig..."
„James!" Lily gab seinem Arm mit ihrem Handrücken einen leichten Klaps, „Wir brauchen keine Details, ich bin mir sicher so etwas will Moony nicht hören."
„Warum ich? Remus hob eine Augenbraue.
„Naja...du weißt schon, ich weiß, dass du es vorziehst, diskret bei so etwas... äh...," Lily suchte nach den richtigen Worten. Remus verschränkte die Arme und starrte sie alle mit gespielter Entrüstung an.
„Ihr denkt alle ich bin prüde!"
Sie alle brachen in Gelächter aus und Sirius klopfte ihm liebevoll auf die Schulter,
„Keine Sorge, Moony – sie kennen dich nur nicht so wie ich dich kenne."
„Was soll das denn jetzt heißen—", fing Peter an, aber Remus – der erkannt hatte, wo diese Konversation hinführte – unterbrach ihn schnell,
„Habt ihr schon Ideen für einen Namen?"
„Nein, nicht wirklich", sagte Lily, noch immer kichernd, „Ein Name aus der Familie wäre nett, aber—"
„Wofür auch immer ihr euch entscheidet,", sagte Sirius, „gebt diesem armen Kind einen normalen Namen. Keine Konstellationen, um Godrics Willen."
„Darauf trinke ich", Remus hob sein Glas und trank es aus. Es war sein drittes, aber er dachte nicht, dass es jemandem aufgefallen war, und schließlich hatten sie etwas zu feiern.
„Wann werdet ihr wissen, was es ist?", fragte Peter.
„Wir lassen uns überraschen", neckte James ihn.
„Ich beanspruche die Rolle als Patenonkel!", rief Sirius.
„Du kannst das doch nicht beanspruchen", sagte Peter empört.
„Soeben geschehen", Sirius streckte ihm die Zunge heraus.
* * *
Und so, wie auch sonst immer, waren es James und Lily, die alle aus der düsteren Winterdepression holten, passend zu Frühlingsbeginn. Die Rumtreiber und ihre Freunde sahen dem restlichen Jahr mit frischen Gesichtern und einem neuen Lebenssinn entgegen. Denn im Krieg zu kämpfen war das eine – aber für die Zukunft des Potter-Kindes zu kämpfen ließ es jede Herausforderung wertvoll erscheinen.
Sie waren aber nicht die einzigen, die gute Neuigkeiten hatten. Arthur und Molly hatten im März einen weiteren, rothaarigen Sohn bekommen und Alice verkündete, dass sie und Frank auch diesem Sommer ein Kind erwarteten.
„Stell dir das vor!", sagte Mary, die Tee- und Kaffeetassen nach einem Treffen des Ordens wegräumte, „Ihre Kinder werden alle gemeinsam aufwachsen und gemeinsam nach Hogwarts gehen... das ist doch schön, oder?"
Remus nickte zustimmend. Er würde alles dafür geben, von diesen Menschen aufgezogen zu werden; alles für eine Kindheit umgeben von Magie und Liebe und Gelächter.
Er hatte sich noch nie wirklich über Kinder Gedanken gemacht – seine eigene Kindheit war so ein Desaster gewesen, dass er sich nicht bereit dafür fühlte, Vater zu sein. Aber wenn man James und Lily so zusah, hörte es sich doch ganz schön an.
Natürlich war Remus' Enthusiasmus für „Baby-Prongs" aber nichts im Vergleich zu Sirius' überwältigender Aufregung.
„Das wird so lustig, Moony!", plapperte er, als er eines Nachmittags im Mai von einem weiteren spontanen Shopping-Trip nach Hause kam, „Stell sie dir alle auf Besen vor! Das Quidditchteam des Orden des Phönix!"
„Äh... wie alt muss man sein, um einen Besen reiten zu dürfen?", fragte Remus, der die Einkäufe sorgenvoll begutachtete. Keines der Päckchen sah besenförmig aus, aber bei Sirius wusste man nie.
„Das sind vor allem Bücher und Kleidung", beruhigte Sirius ihn leicht lachend, „und ein paar Spielzeuge, nur Kleinigkeiten..."
„Dieses Kind wird so verwöhnt werden...", schnaubte Remus.
„Gut so." Sirius streckte ihm die Zunge heraus. „Bringt doch nichts ohne Freude aufzuwachsen, oder Moony?" Er hob eine Augenbraue und Remus senkte den Kopf, beschämt, und tadelte Sirius deswegen nie wieder.
* * *
Im Juni, nach dem Vollmond, war Remus zu einem weiteren Treffen mit Moody und Ferox eingeladen. Ein Jahr älter und weiser bat er darum, sich diesmal nicht im Aurorenbüro zu treffen. Sie stimmten zu – sie hatten keine andere Wahl. Remus hatte in letzter Zeit seine Rolle als inoffizieller Werwolfsbeziehungs-Beauftragte zu seinem Vorteil genutzt, und das merkten sie wahrscheinlich. Wenigstens kommandierte Moody ihn nicht mehr so herum.
Sie trafen sich in einem kleinen Pub der Arbeiterklasse in den Außenbezirken von Derby. Remus traf als erster ein, bestellte sich ein Bier und setzte sich mit seiner Zeitung, die er sich am Bahnhof gekauft hatte. Er nahm die Seite mit dem Kreuzworträtsel heraus, faltete sie ordentlich zusammen und steckte sie in seine Brusttasche. Sirius mochte Kreuzworträtsel.
Er hatte einen Platz im hinteren Teil des Pubs gewählt, nicht nur weil es dort ruhig war, sondern auch weil er eine hohe, hölzerne Lehne hatte, was seinem Rücken guttat. Nach dem Mond tat ihm noch immer alles weh, und er versuchte, sich aufrecht hinzusetzen.
Ferox kam ein paar Minuten später.
„Alles klar, Kev?", nickte er und setzte sich auf den dreibeinigen Stuhl gegenüber von Remus.
Sie hatten alle die Anweisung bekommen, Decknamen zu verwenden, wenn sie im Auftrag des Orden unterwegs waren, falls jemand zuhörte. Remus mochte den Namen ‚Kevin' nicht besonders, aber er musste zugeben, dass er wahrscheinlich besser war als sein eigener, lächerlicher Name. Als die Rumtreiber von den Codenamen erfuhren, wollten sie ursprünglich Paul, John, George und Ringo verwenden, aber Moody hatte ihnen gesagt, dass das zu offensichtlich war.
„Hallo, Norman", Remus nickte Ferox zu.
„Mr. Thompson ist auf dem Weg."
„Gut. Auch ein Bier?"
„Nein, ich arbeite."
Remus zuckte die Schultern und nahm selbst einen Schluck. Ferox sah ihn nüchtern an. „Also", fragte sein ehemaliger Lehrer, „wie geht's, wie steht's?"
„Oh, wie üblich", Remus zuckte wieder die Schultern. „Wir tun was wir können."
„Hab gehört du bist schwer beschäftigt – dir macht Wache stehen Spaß?"
„Ja, ich helfe Alice—äh... Steffi, sorry."
Ferox lachte rau, wegen Remus' Fehler,
„Keine Sorge. Ist eh alles Schwachsinn. Aber trotzdem, Bewachung ist ein sinnvolles Talent, oder? Etwas das du vielleicht später für das Ministerium machen könntest? Nachdem all das vorbei ist?"
„Zaubererwache?" Remus zog die Stirn in Falten. Er hatte darüber noch nie nachgedacht. „Weiß nicht, es ist nicht wirklich... ich meine, ich will natürlich den Leuten helfen, aber ich bin mir nicht sicher, ob...die Leute jemanden wie mich in ihrem Haus haben wollen."
„Kopf hoch, mein Junge", sagte Ferox freundlich, „Man darf nicht alles so schwarzsehen."
Remus trank noch einmal. Er war schon fast fertig und überlegte, ob er Zeit für ein zweites Bier haben würde. Wahrscheinlich nicht. Nicht sehr professionell. Obwohl, es war eigentlich medizinischer Natur – sein Rücken tat echt weh.
Moody – ‚Mr. Thompson' – kam ein paar Minuten später. Er sah hagerer aus als sonst. Der Krieg schien ihm körperlich zu Schaffen zu machen – er hatte mehr Narben gesammelt als niemand sonst (abgesehen von Remus vielleicht). Er hatte auch mehr Körperteile verloren – wenn Moody nicht vorsichtiger werden würde, dachte Remus, würde er enden als der alte Professor Kesselbrand.
„Kevin, Norman", Moody nickte beiden zu.
Er trug Muggelkleidung – oder zumindest etwas, das so aussehen sollte. Ein knallbuntes Hawaiihemd mit senfgelben Schlaghosen, die uralt aussahen. Remus musste sich konzentrieren, einen neutralen Gesichtsausdruck zu bewahren.
„Ich komme gleich zur Sache", sagte er und beschlagnahmte den dritten Stuhl um den Tisch. „Er wurde wieder gesehen. Unser gemeinsamer Bekannter."
Das bedeutete Greyback. Remus schluckte und nickte,
„Wo?"
„Am Rande von Dublin. Wir denken, dass er sich bedeckt hält, dass er seine Wunden leckt, aber er arbeitet noch immer für Ihr-wisst-schon-wen."
Remus nickte wieder. Er wusste, dass Greyback nicht so leicht zu bezwingen war, er hatte immer gewusst, dass sie sich wiedersehen würden, irgendwann.
„Die gute Neuigkeit ist", sagte Ferox und lehnte sich näher, „dass er niemand Neues rekrutiert – alle Quellen sagen, dass ihn der Großteil seines Rudels verlassen hat."
„Quellen?" Remus sah ihn spitz an.
„Nun" grinste Ferox, „Ich habe letzte Woche einen kleinen Ausflug auf die Emerald Isle gemacht."
„Du hast was?!" Remus war geschockt von dieser Neuigkeit. „Du hättest tot sein können!"
„Beruhig dich, Junge", sagte Moody und legte seine Hand auf den Tisch. „Norman hier ist an dem Fall dran seitdem du ein kleiner Knirps warst. Er weiß was er tut."
„Ach, er ist nur besorgt, stimmt's Kev?" Ferox stupste ihn an.
Remus antwortete nicht. Wie sollte er den beiden Männern sagen – die älter, erfahrener, weiser und wahrscheinlich mächtiger waren als er – dass sie komplette Idioten waren? Es war komplett absurd, dass das Ministerium sogar fünfzehn Jahre nach Lyall Lupins Tod Greyback so unterschätzte. Dass sie sich weigerten, aus ihren Fehlern zu lernen.
„Du hättest mir Bescheid sagen sollen", sagte er schließlich. „Ich hätte helfen können. Beraten, zumindest."
„Ich bin nicht alleine gegangen, keine Sorge", lächelte Ferox, „Ich habe den jungen Daniel mitgenommen - ich meine, äh... nein, verdammt, ich habe den Namen vergessen..."
„Danny?!", erschrak Remus, noch besorgter, „Aber..."
„Es war nichts Persönliches", sagte Moody, „Du weißt mehr über sie als jeder andere, aber nach einem Jahr bist du noch zu nahe, zu erkennbar für das Rudel. Wir konnten das nicht riskieren."
„Ich wünschte, ihr hättet mir Bescheid gesagt", wiederholte Remus, auch wenn er wusste, dass es zu nichts führte.
„Wir sagen es dir jetzt."
Remus schürzte die Lippen. Danny McKinnon! Greyback musste sie auslachen; sie hatten einfach keine Ahnung.
„Also, was jetzt?", fragte er. Er wusste, dass er jetzt offensichtlich wütend war. „Was braucht ihr von mir?"
„Naja, wir wissen, dass er unterwegs ist. Er hat nach dem letzten Vollmond Dublin verlassen, ohne einen Spur zu hinterlassen. Er und ein junges Weibchen."
„Livia", sagte Remus.
„Du weißt, wer sie ist?"
„Es ist sehr wahrscheinlich sie", nickte Remus, „Sie ist seine loyalste Untertanin, sie wird ihn nie verlassen."
„Kannst du sie beschreiben? Daniel hat einen Fährte aufgenommen, aber wir haben sie nicht zu Gesicht bekommen", sagte Ferox begierig.
Remus nickte.
„Ok. Aber ihr müsst mir Bescheid sagen, nächstes Mal—"
„Na schön, na schön", Moody schüttelte ungeduldig den Kopf, „Wir halten dich auf dem Laufenden, wo es möglich und sinnvoll ist. Kannst du uns jetzt etwas über diese Livia-Wölfin erzählen?"
Remus sagte ihnen alles, was er wusste. Er fühlte sich, als ob er Altes wieder aufwärmte, aber es hörte ihm ja sowieso nie jemand zu. Er erklärte, wie Livia aussah – das war einfach, sie sah alles andere als eine normale Hexe aus.
„Wir schnappen sie, mein Junge, keine Sorge", sagte Ferox, als er Remus Hand schüttelte, bevor er ging. Er hatte den Sinn dieser Unterhaltung nicht begriffen.
Sie hatten Castors Rudel nicht gefunden – wenn sie noch ein Rudel waren. Moody dachte, dass sie das Land verlassen hatten, und Remus hofften inständig, dass das stimmte. Er hoffe, dass sie nie wieder gefunden wurden. Als sie alle bereit waren, um zu gehen, hatte Remus das Verlangen nach einem Shot, oder gleich nach noch einem Bier – sein Rücken zwickte mit jedem Schritt, fast ein Krampf. Und er war schlecht gelaunt.
Er apparierte zurück nach London und stieß die Wohnungstür so wuchtig auf, dass der Türknauf gegen die Gipsplattenwand klatschte.
"Heilige Scheiße!" Sirius zuckte auf seinem Platz auf der Couch zusammen.
Remus sah ihn verlegen an.
„Sorry. Wusste nicht, dass du da bist."
„Was ist passiert?"
„Verdammter Moody! Verdammter Ferox!" Remus zuckte zusammen, als er seine Jacke auszog.
„Tut dein Rücken noch weh?" Sirius legte mitleidig den Kopf schief. „Komm her. „ Er rutschte auf der Couch zurück und zog seine Knie zu sich, sodass sich Remus vor ihn setzen konnte.
Remus tat dies und schloss die Augen, seufzte dankbar als Sirius fest seine Schultern rieb und den Schmerz mit seinen geschickten Fingern aus seinem Körper wrang.
„Was ist passiert?", fragte er. „Sie sagen doch nicht... du musst nicht wieder weg, oder?"
„Nein", sagte Remus, „Nein, nur... ich weiß nicht, hast du manchmal das Gefühl, dass alle denken du bist nur ein idiotisches Kind, das nichts weiß?"
„Niemand denkt das", beruhigte Sirius ihn.
„Ich weiß, dass du das nicht denkst, aber...ugh. Sie hören mir einfach nicht zu. Ich weiß mehr über die Werwölfe als jemand sonst im Orden. Ich bin Greybacks verlorener Sohn, verdammt noch mal!"
„Sag so etwas nicht." Sirius schlang plötzlich seine Arme um Remus' Taille, zog ihn näher zu sich und hielt ihn fest, so als ob er sonst gleich davonlaufen würde. „Wenn Moody und Ferox dich von diesem Monster fernhalten, gut so."
Remus lehnte sich an Sirius und sagte nichts mehr.
* * *
Will you stay in our lovers' story?
If you stay, you won't be sorry,
'cuz we believe in you.
Soon you'll grow, so take a chance
On a couple of kooks, hung up on romancing.
31. Juli 1980
"Remus, wach auf!" Sirius schüttelte ihn fest.
„Gib Ruhe", grunzte Remus und versteckte seinen Kopf unter der Decke, „Es ist mitten in der Nacht."
„Wen interessiert das?! Komm, es ist so weit! Baby Prongs ist auf dem Weg!"
„Was?!" Remus setzte sich kerzengerade im Bett auf. „Fuck!"
„Das gefällt mir schon besser!", jubelte Sirius, „Zieh dich an!"
Remus kletterte aus dem Bett und zog sich so schnell an, dass er zwei Mal über sein Hosenbein stolperte und sich dein Kopf an der Kommode stieß.
„Au", grummelte er und rieb sich die Stirn, als er zu Sirius ins Wohnzimmer ging.
„Du Armer", sagte Sirius liebevoll, „zum Glück ist Marlene da, hm?"
„Ich hab das Gefühl, dass sie beschäftigt sein wird..."
Sirius stieg in den Kamin und nahm ein wenig Flohpulver. Kurz bevor er es auf den Boden warf, sah er Remus belustigt an und neigte den Kopf, „Moony, dein Hemd ist verkehrt. Potter Anwesen."
Und mit einer wehenden, grünen Flamme war er verschwunden. Remus sah an sich hinunter. Die Knöpfe waren auf der Innenseite. Verdammt. Ach, was soll's, er war zu verschlafen und zu hibbelig, um daran jetzt etwas ändern zu können. Er nahm eine Handvoll Flohpulver und stieg in den Kamin.
Er kam in dem Wohnzimmer der Potters wieder heraus, die gerade einer Bahnhofshalle alle Ehre machte. Gully rannte vorbei, Arme voller Decken und Mary, Peter, Sirius und Arthur Weasley standen herum und redeten.
„Remus!", Mary umarmte ihn kurz. „Dein Hemd ist verkehrt", sagte sie und strich es an seiner Brust glatt.
„Gibt's was Neues?", fragte er.
James hat Marlene vor etwa zwei Stunden einen Patronus gesendet – sie war bei mir geblieben, sodass sie schneller in St. Mungos sein konnte, also bin ich auch gekommen. Sie sind seitdem oben, ich habe gefragt, ob ich etwas tun kann, aber du weißt wie Marls ist, wenn sie eine Aufgabe hat..."
„James ist auch oben?" Remus warf einen nervösen Blick Richtung Decke. Er würde es nie zugeben, aber er hatte eine Riesenangst vor Geburten. Er war sich nicht hundert Prozent sicher, was dabei passierte, außer, dass es sehr viel Geschreie und wahrscheinlich auch Blut beinhaltete.
„Glaubt ihr sie brauchen irgendetwas?", sagte Sirius und ging auf die Treppe zu.
„Ms. McKinnon hat alles unter Kontrolle", sagte Arthur fröhlich, „James wird nichts Nützlicheres tun können als Lilys Hand zu halten, das verspreche ich euch. Setzt euch, Leute, ich fürchte uns steht eine lange Wartezeit bevor."
Das taten sie, still. Die Atmosphäre war komisch – niemand außer Arthur hatte diese Art der Sorge zuvor gespürt und Remus war sehr froh, dass er da war. Mary stand auf und zog die Vorhänge zurück. Es war Hochsommer und die Sonne war schon am Himmel, Vögel sangen und der Muggel-Milchmann fuhr pfeifend seine Runden.
„Will jemand Tee?", fragte Remus, der das Bedürfnis verspürte, etwas Nützliches tun zu müssen. Er warf Peter einen Blick zu, der, auf seinen Ellbogen gelehnt, fast einnickte. „Oder vielleicht Kaffee?"
„Mein guter Moony", nickte Sirius. „Ich helfe dir."
In der Küche hatte Gully bereits alles für Tee bereitgelegt und Wasser in dem großen Kupferkocher auf dem Kochfeld zum Kochen gebracht, also mussten Remus und Sirius nur den Kaffee machen. Sie taten dies in Stille, auch wenn Remus Sirius' Blick manchmal streifte und nicht anders konnte, als zu lächeln, als er diese kindliche Freude sah.
Als sie gerade dabei waren, die Tabletts in das Wohnzimmer zu bringen sprang oben eine Tür auf und man konnte Schritte am Treppenabsatz hören.
„Padfoot?!" James' Stimme.
„Prongs?!" Sirius rannte durch den Flur, lehnte sich über das Treppengeländer und sah nach oben. Remus beeilte sich, ebenfalls zur Treppe zu gelangen und Peter kam gleich hinterher.
James blickte auf sie hinab, mit rotem Gesicht, feuchten Augen und mit einem Grinsen im Gesicht.
„Es ist ein Junge!"
Harry. Das war der Name, auf den sie sich laut Marlene geeinigt hatten, die jetzt herunterkam und dankbar eine Tasse Tee entgegennahm. Sie sank langsam aufs Sofa. Sie hatte dunkle Ringe unter ihren Augen, lächelte aber trotzdem alle an.
„Blitzschnell" murmelte sie und schlürfte langsam das heiße Getränk, „Zwanzig Minuten aktive Geburt!"
„Vielleicht wird er ein Jäger, wie James!", sagte Peter eifrig.
„Geht es Lily gut?", fragte Mary.
Marlene nickte, „Natürlich. Nichts hält Evans auf."
„Dann mache ich mich mal auf den Weg", sagte Arthur, stand auf und knöpfte seinen abgetragenen Mantel zu. „Ich bin schon viel zu lange von Molly und den Jungs weg – ich werde Dumbledore die guten Neuigkeiten natürlich zukommen lassen."
Sie verabschiedeten sich alle. Sobald er weg war, ging Sirius zur Treppe und sah wieder hinauf.
„Sirius, mein Lieber", rief Marlene spitz, „gib ihnen ein wenig Zeit allein, ok? Familienzeit."
„Oh, ok." Er nickte und drehte sich wieder in den Raum um, wo er sich an den Türrahmen lehnte. Er starrte für eine Weile ins Nichts und dieses eine Mal wusste Remus nicht, was er dachte. Sirius schüttelte langsam den Kopf und sagte, „Harry Potter", ganz leise.
„Es ist ein schöner Name, finde ich", sagte Mary strahlend. Sie warf Marlene einen Blick zu und hielt ein Kichern zurück, „Besser als Neville, oder?"
Marlene kicherte auch, schuldbewusst. „Oh, fang nicht damit an, ich konnte mich fast nicht zusammenreißen, als Frank mir das gesagt hat."
Remus stand auf und stellte sich zu Sirius. Er verflocht ihre Finger ineinander.
„Du bist ein Patenonkel", flüsterte er. Sirius drehte sich zu Remus und lächelte,
„Ja", nickte er, „... verdammt, ich hoffe echt, ich vermassle das nicht."
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Lied am Anfang: Ace of Spades von Motörhead
Lied in der Mitte: Kooks von David Bowie
Mince Pies: kleines, gedecktes Küchlein mit Füllung aus Dörrobst und Sirup
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