Chapter 14: Der Krieg: Sommer 1979
CW: schlimmes Kriegs-Zeug, Black Familientrauma---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ride the blue wind, high and free
She'll lead you down through misery
Leave you low, come time to go
Alone and low, as low can be.
Lily und James' Hochzeit war für Ende September geplant. Es sollte eine ziemlich kleine Feier werden – Mitglieder des Ordens und Schulfreunde, hauptsächlich – und auf dem Anwesen der Potters stattfinden. Sie hofften, dass das Wetter gut genug werden würde, um sie im Garten zu veranstalten, aber auch wenn es regnete, war drinnen genug Platz.
Nachdem Sirius an dem Abend, an dem Remus heimgekehrt war, so einen Aufstand gemacht hatte, war er offensichtlich beschämt darüber, wie er sich benommen hatte, und machte es wieder gut, in dem er so ziemlich alles tat, was James und Lily von ihm verlangten. Er bestellte Anzüge für die Jungs bei Madam Malkins, holte die Ringe vom Juwelier und bot seine gesamte Plattensammlung für die Feier an.
Remus, der noch nie auf einer Hochzeit gewesen war, hielt sich im Hintergrund. Soweit er wusste, war es seine Aufgabe, als Trauzeuge einfach da zu sein, Sirius' Kopf davor zu bewahren, zu explodieren und sicherzugehen, dass niemand aus Lilys Muggelfamilie etwas zu Beängstigendes sah.
Sirius verrücktester Teil seiner Reue war, alle Einladungen mit der Hand zu schreiben. Sein Talent für Kalligraphie war noch immer eines Sirius' dunkelster Geheimnisse (und Remus' liebste Sache, mit der er ihn aufziehen konnte), aber er war fest entschlossen, der perfekte Trauzeuge zu sein, also saß er eines Nachmittags über den Esstisch gebeugt da und war für mehrere Stunden am Werk.
„Achtundfünfzig!", sagte Sirius triumphierend, als er die letzte Einladung mit einem Schwung seiner Feder fertigstellte.
„Gratuliere", sagte Remus über den Rand seiner Zeitung hinweg. „Ahh, sieh dir diese hübsche Handschrift an! So zierlich!"
„Besser als deine Sauklaue!" Sirius streckte ihm die Zunge heraus.
„Sag einfach keinem, dass du sie gemacht hast", riet Remus ihm, „sonst bekommst du noch Anfragen dafür."
„Denkst du wirklich, dass sie so gut sind?", fragte Sirius und hielt eine ins Licht, um die feinen Schwünge aus schwarzer Tinte zu begutachten.
„Sie sind wunderschön. Echt", sagte Remus liebevoll.
„Nun, das ist das erste und letzte Mal, dass ich das mache", schnaubte Sirius und schob den Stapel ordentlich zusammen, „Das ist die einzige Hochzeit, die ich je unterstützen werde."
„Was ist, wenn Mary heiratet? Oder Pete?"
„Ich werde hingehen und mich betrinken, aber im Geheimen jede Minute davon hassen."
„Sehr vernünftig", nickte Remus.
„Eine weitere Sache, wofür du dem kack fürnehmen und gar altem Haus der Blacks die Schuld geben kannst", sagte Sirius. „Weißt du, auf wie vielen Verlobungsessen und Hochzeiten ich schon war? Ugh." Er schauderte sichtlich. „Also, es tut mir leid Moony, aber du wirst nie einen ehrenwerten, anständigen Mann aus mir machen."
„Oh, und ich war schon kurz davor, einen Antrag zu machen", sagte Remus trocken und stand auf. „Tee?"
„Bitte", nickte Sirius und rieb seine wunden Fingerknöchel.
Remus ging in die Küche und klopfte mit dem Zauberstab auf den Wasserkocher – sie hatten ihn am selben Tag gekauft wie die Anzüge. Es hatte Remus ein wenig daran erinnert, wie er als kleiner Junge seine ersten Schuhe für die Schule bekommen hatte; Ollivander hatte ihn gemessen und dann ‚ahh' und ‚ohh' gemurmelt und leise mit sich selbst gesprochen. Er hatte im Lager herumgekramt und Schachtel nach Schachtel gebracht, mit Zauberstäben, die Remus ausprobieren konnte. Schlussendlich hatte er sich für ein flexibles Zypressenmodell entschieden, mit einem Kern aus Einhornhaar.
Er hatte versucht, sich daran zu gewöhnen. Es war nicht das gleiche wie mit Lyalls Zauberstab (der, wie er herausgefunden hatte, aus Schwarzdornholz mit einem Kern aus Kelpiehaar war) – er fühlte sich weniger starr an, machte mehr das, was Remus wollte. Was bedeutete, dass Remus nicht vergessen durfte, die Magie nicht zu kraftvoll zu nutzen, so wie er es gewöhnt war.
Er beobachtete den Dampf gedankenverloren, der von Wasserkocher aufstieg.
„Es würde sie aber richtig schön nerven", rief Remus durch die dünne Wand.
„Was? Wen?"
„Deine Familie", sagte Remus und hing zwei Teebeutel in zwei Tassen, „wenn du einen Typen heiraten würdest. Einen halbblütigen, Werwolf-Mann."
„Vergiss arm nicht!", lachte Sirius. „Merlin, stell dir nur vor, meiner Mutter zu so etwas eine Einladung zu schicken."
„Stell dir vor, irgendjemandem zu so etwas eine Einladung zu schicken", schnaubte Remus. „Jesus, ich kann James schon hören, wie er schlechte Witze über unsere Honeymoon macht." Er trug die Tassen ins
Wohnzimmer und stellte sie auf den Couchtisch. „Ich war schon einmal verlobt, ich habe nicht wirklich nochmal Lust darauf", sagte Sirius, mit einem Anflug von Endgültigkeit.
„Oh ja, gern geschehen dafür", zwinkerte Remus.
* * *
Well, if I had a nickel, I'd find a game
If I won a dollar, I'd make it rain
If it rained an ocean, I'd drink it dry
And lay me down dissatisfied.
It's legs to walk and thoughts to fly
Eyes to laugh and lips to cry
A restless tongue to classify
All born to grow and grown to die
Die Planung der Hochzeit war sogar eine sehr willkommene Ablenkung, während sich der Sommer vor ihren Augen entfaltete. Sirius, James, Peter und Lily wurden oft zu dringenden Missionen des Ordens gerufen und die Liste der Vermissten, die am Beginn jedes Treffens vorgelesen wurde, wurde länger und länger.
Benjy Fenwick, der in den letzten Jahren für Moody gearbeitet hatte, war auf schreckliche Weise ermordet worden – sie hatten für sein Begräbnis nicht einmal einen Sarg; es war nicht genug von ihm übrig. Darius Barebones – den Remus nie gemocht hatte, der aber trotzdem ein engagierter Agent war – wurde bei lebendigem Leibe gehäutet in seinem Büro im Ministerium vorgefunden. Es waren schreckliche Zeiten.
Remus durfte schließlich auch wieder offiziell zum Orden zurückkehren, nachdem zwei Monde ohne Zwischenfall vorüber waren. Ferox glaubte, dass die Spaltung, die Castor initiiert hatte, bedeutete, dass Greybacks Rudel zu schwach war, um Voldemort zu nutzen – und irgendwie waren alle der Meinung, dass Remus dafür verantwortlich war.
Dumbledore schüttelte seine Hand und sage: „Du hast uns alle stolz gemacht, Mr. Lupin."
Danny McKinnon hatte sich sogar bei ihm entschuldigt – Remus dachte, dass das wahrscheinlich auf Marlenes Mist gewachsen war.
Im Juli waren die Mitgliederzahlen des Ordens so weit gesunken, dass sogar Remus auf Missionen geschickt wurde – oft mit Mary zusammen, was es erträglicher machte. Ihre Aufträge bestanden meist daraus, Auroren zu unterstützen, indem sie Wache standen oder die Überwachungssysteme der besser bekannten Todesser zu verwalten. Remus und Mary verbrachten viel Zeit miteinander in Cafés oder hinter Büschen versteckt.
Eine dieser Missionen beinhaltete die Beschattung eines gewissen Todessers namens Travers, der dafür bekannt war, sich in einem Zaubererpub nahe Stoke Mandeville zu betrinken. Sie sollten nur nachsehen, wohin er ging, wie er seine normalen Tage verbrachte. Caradoc Dearborn, ein Held des Orden des Phönix, wurde zuletzt gesehen, wie er den Pub betrat, danach hatte niemand mehr von ihm gehört.
„Du bist zurück", flüsterte Mary, als sie auf dem Rücksitz eines uralten Ford Cortina warteten, der gegenüber geparkt war. „Also wird es Caradoc vielleicht auch tun."
„Ich hoffe", antwortete Remus.
„Ich halte es nicht aus, dass ich es nicht weiß", Marys Bein zitterte nervös, „Ich stelle mir all diese Dinge vor... und was sie den Prewetts angetan haben!"
„Denk nicht darüber nach." Er legte eine Hand auf ihr Knie um sie zu beruhigen und suchte nach einer Ablenkung, „Hey, hat sich Lily schon für Blumen entschieden?"
„Alles außer Lilien oder Petunien", sagte Mary mit einem dankenden Lächeln, „Ich und Marls ziehen etwas Lavendelfarbenes an, also müssen sie dazu passen."
„Klingt gut", nickte Remus, auch wenn er sich bei Gottes Willen nicht vorstellen konnte, wie die Farbe Lavendel aussah – war sie violett? Oder eher blau?
„Ich bin so froh, dass du hier bei mir bist, Remus", sagte Mary. „Ich habe meine Abwehrzauber immer nur in deinen Lernstunden richtig gemacht."
„Wir sind nur hier, um zu beobachten. Alles wird gut."
Sie warteten stundenlang und als Travers endlich herauskam, torkelnd und nach Spirituosen stinkend, war er nicht allein. Remus musste Mary anstupsen, die eingenickt war und gegen seine Schulter gelehnt dasaß.
„Oh scheiße!", flüsterte sie, ihre Stimme heiser vor Angst. „Es sind sechs, Remus!"
Remus hielt sich einen Finger an die Lippen, um ihr zu signalisieren, dass sie leise sein sollte. Er beobachtete, wie die Todesser aus dem Pub auf die leere Landstraße strömten. Er erkannte ein paar von ihnen anhand von Bildern, die Moody dem Orden gezeigt hatte – Karkaroff, Dolohov, und Alecto Carrow. Zwei von ihnen erkannte er am Geruch.
„Fuck", sagte er leise, „Das sind Mulciber und Snape."
„Nein!" Mary schnappte seinen Arm und spähte hinaus, „Oh mein Gott! Wir müssen hier weg!"
Das Problem war, dass das Auto nur als Tarnung da war, keiner von ihnen konnte fahren.
„Beruhige dich", sagte Remus, „wir warten, bis sie weg sind – ich wette sie appar—"
„Oooh, Muggel!" Alecto Carrow, eine gedrungene Frau mit einem Gesicht, das einem Pferd glich, zeigte fröhlich auf den Cortina, „Lass uns spielen!"
„Fuck", sagte Remus wieder. Die sechs Zauberer in dunklen Roben glitten auf sie zu und zogen ihre Zauberstäbe. Remus zog seinen ebenfalls hervor. Mary tat es ihm nach. „Schnell", sagte er „Lass uns hier raus, vielleicht können wir—"
„APERIO!" Travers zeigte mit seinem Zauberstab auf das Auto und die Türen flogen zur Seite, aus ihren Angeln gerissen, mit einem schrecklichen, knarzendem metallischen Geräusch.
Mary schrie, aber sie hielt ihren Zauberstab auf sie gerichtet. Remus schubste die zurück und schirmte sie mit seinem Körper ab, hoffend, dass sie auf der anderen Seite hinauskonnten. Er würde sich viel besser fühlen, wenn ein Auto zwischen ihnen und den sechs gefährlichen Mördern stehen würde.
„Sie sind keine Muggel!", sagte einer der Todesser fröhlich – war es Mulciber? „Sie sind Schlammblüter!"
„Ahh, noch besser!", kicherte Alecto böse.
„Impedimenta!", schrie Remus, als Mary und er sich aus dem Auto befreit hatten.
„Loony Lupin, bist du das?!" Das war Snape. „Was für ein Glück! Sectumse—"
„LANGLOCK", rief Mary, so emotional, dass Remus das Klicken hörte, als Snapes Zähne zuschnappten und er hielt sich sein Kiefer mit beiden Händen, unfähig zu sprechen.
„Crucio!", rieb Mulciber an Mary gerichtet, doch Remus sprang schnell mit einem Abschirmzauber dazwischen.
„Stupor!" Mary erwischte Mulciber, aber die anderen kamen immer näher, sogar Snape, auch wenn er noch immer beeinträchtigt war.
„Schnell Mary!" Remus schnappte ihre Hand und sie disapparieren. Sie landeten gerade so auf ihren Füße mitten im Stadtzentrum von Cardiff. Glücklicherweise war es so spät, dass keine Muggel unterwegs waren – außer einem sehr betrunken aussehenden Streuner, der sich die Augen rieb, als er sie entdeckte.
„Wo sind wir?", fragte Mary zitternd, ihre Augen weit aufgerissen.
„Tut nichts zur Sache", schnaufte Remus, „Wir müssen es noch einmal machen – sechs Mal, um sicher zu sein, erinnerst du dich?"
„Stimmt, richtig, ok", nickte sie, offensichtlich geschockt. Remus erkannte, dass er es noch einmal für sie tun musste. Er drückte wieder ihre Hand und sie waren in Essex, nur ein paar Kilometer von St. Edmunds entfernt. Die Landung war diesmal härter und Remus musste sich nach vorne beugen, um seinen Kopf davon abzubringen, sich zu drehen.
„Noch einmal", murrte er.
„Ich mache es." Mary nahm seine Hand und zog ihn mit sich durch leeren Raum, schon wieder. Als nächstes erreichten sie ein Gewerbegebiet irgendwo im nirgendwo, LKWs und andere Fahrzeuge parkten rund um Lagerhallen und glänzten im schwachen, gelben Licht der Straßenlaternen. „Ugh", Mary presste eine Hand gegen ihre Stirn und verzog das Gesicht, „ok, noch einmal."
Beim vierten Mal mussten sie sich gegenseitig festhalten, um nicht vorne über zu kippen. Beim fünften Mal landeten sie auf ihren Rücken – zum Glück in einer weichen Wiese irgendwo im Lake District. Remus rappelte sich auf, seine Beine praktisch aus Wackelpudding, sein Kopf drehte sich. Er zog Mary hoch und sie stolperte benommen gegen ihn.
„Mir wird schlecht", sagte sie und drehte sich plötzlich um, um sich zu übergeben. Remus strich ihr sanft über den Rücken und blinzelte Schweiß aus seinen Augen,
„Du machst das gut", sagte er erstickt, „nur noch einmal..."
Es dämmerte schon als sie zurück in London ankamen, erschöpft und voller Übelkeit, mit pochenden Köpfen. Mary blieb in seiner Wohnung, sie sagte, ihre Mutter dürfte sie so nicht sehen. Sirius rief durch den Kamin nach Moody und er kam sofort und befragte Remus und Mary, die zitternd auf der Couch saßen, in Decken gewickelt und schwach an Tee nippend.
„Großartige Arbeit, ihr zwei", nickte er ihnen zu, bevor er ging. „Weiter so, und ihr werdet es beide bis ans Ende schaffen."
Mary brach in Tränen aus.
* * *
Alles wurde schlimmer. Remus und Marys knappes Entkommen in dieser Nacht war nicht ihr letztes; sie waren auch nicht die einzigen, die sich in brenzligen Situationen befanden. Remus musste öfter den Raum verlassen, wenn James und Sirius von ihren eigenen missglückten Missionen erzählten und Peter fing immer ein wenig an zu stottern, wenn jemand Todesser erwähnte.
Damit fühlte sich die Hochzeit wie der einzige, helle Punkt in ihrer Zukunft an, die sich rapide zu verkürzen schien. Von Begräbnissen hatten sie jedenfalls genug.
Also, als Remus und Sirius Ende August einen unerwarteten Besuch von Lily bekamen, die panisch aussah, rechneten sie mit dem Schlimmsten.
„Oh, Gott sei Dank bist du da!", sagte sie, als sie in ihr Wohnzimmer stürmte. Ihr Haar war zu einem unordentlichen Pferdeschwanz gebunden und sie sah übermüdet und überarbeitet aus.
„Was ist los?!" Remus stand schnell auf.
„Nicht du", sie schob ihn abweisend zur Seite und wandte sich Sirius zu, „Ich brauche dich!"
„Worum geht's?" Sirius sah genauso verwirrt aus wie Remus. Lily brauchte nie seine Hilfe. „Geht es um Prongs?"
„Ja, der Idiot."
Die Sorge wich aus Sirius' Gesicht und er grinste.
„Schau, wenn es wegen der Hirsch-Sache ist..."
„Oh, mich interessiert es nicht, was ihr so in der Freizeit macht", schnalzte sie ungeduldig, „das ist viel, viel wichtiger."
„Dann schalte ich mal den Wasserkocher an...", sagte Remus und verschwand in der Küche. Er konnte sie noch immer durch die Wand hören.
„Also, worum geht es?", fragte Sirius.
„Ich kann nicht tanzen."
„Was?!", höhnte er, „Ich hab dich schon tanzen gesehen."
„Ja, ich kann meine Hüften zu Popmusik schwingen, aber ich rede von richtigem Tanzen. Mit Schritten und James führt mich und man zählt ‚eins, zwei, drei' und dieser ganze Kram!"
Sirius lachte jetzt.
„Es ist also diese Art von Hochzeit? Prongs hat mir praktisch versprochen, dass es moderne Musik geben wird!"
„Wird es auch!", entgegnete Lily verteidigend. „Aber... naja, es ist Tradition, einen ersten Tanz zu haben; ich denke, seine Mum wünscht sich das. Ich habe schon vor Ewigkeiten zugestimmt; ich habe gedacht ‚gut, wir werden einfach irgendwas Kitschiges aufdrehen und für ein paar Minuten umschlangen hin- und herschwingen', aber dieser Idiot hat nebenbei erwähnt, dass er Gesellschaftstanz-Unterricht hat, seit er laufen kann!"
Sirius schnaubte,
„Jap, klingt nach ihm. Schau, Evans, du bist die Verrückte, die einen Reinblüter heiratet, mit den Konsequenzen musst du klarkommen."
„Aber du musst mir helfen!"
„Ohhhh nein..."
Remus kam wieder in den Raum, mit einem Tablett und drei Teetassen.
„Komm schon", sagte er verschmitzt, „ich würde das gern sehen."
„Ganz bestimmt nicht." Sirius verschränkte entschlossen die Arme. „Frag doch Pete! Der ist auch Reinblüter!"
„Er ist zu klein", Lily schüttelte den Kopf, „und... naja, ich will nicht gemein sein, aber er ist sehr tollpatschig und ich will nicht, dass er mir auf die Füße tritt, während ich meine Hochzeitsschuhe eingehe. Sie sind aus weißem Satin. Bitte, Sirius? Ich lerne schnell, ich schwöre, du musst mich nur durch einen Tanz bringen."
„Moony!", flehte Sirius, als Remus sich neben ihn setzte, „rette mich!"
„Ich denke, du solltest es tun", antwortete Remus und nippte an seinem Tee, „für James."
„Ja!", nickte Lily enthusiastisch. „Für James!"
„Er verdient mich nicht", grummelte Sirius. „Also gut. Eine Stunde. Ein Walzer ist leicht. Moony, geh weg."
„Ganz bestimmt nicht." Remus machte es sich auf der Couch für die Show bequem. „Ich habe dich noch nie Walzer tanzen sehen; das lasse ich mir nicht entgehen."
Sirius zeigte ihm den Mittelfinger, drehte seinen Kopf dramatisch weg und wandte sich Lily zu.
„Na dann", sagte er hochmütig, „gib mir deine Hände..."
Wie belustigend es anfangs scheinen mochte, nach fünfzehn Minuten der Unterrichtsstunde war Remus komplett verzückt.
Sirius bemühte sich meistens, seine Reinblüter-Art zu verstecken. Schon seit sie Kinder gewesen waren, hatte Remus bemerkt, wie Sirius seinen Akzent nachgeahmt hatte, und manchmal sogar seine Angewohnheiten, in der Bemühung, weniger privilegiert zu wirken. Er saß gekrümmt, er fluchte, er trug zerrissene Jeans und Lederjacken. Aber hier war der Beweis, dass Sirius Orion Black, Erbe der prestigeträchtigsten und schonungslosten magischen Familie Großbritanniens, seine Wurzeln nicht komplett vergessen hatte.
Zu diesem Zeitpunkt fand Remus es charmant – so wie er fast alles an Sirius charmant fand. Er stand da, mit hoch erhobenem Kopf, stellte seinen langen, blassen Hals und sein königliches Kiefer zur Schau. Er nahm Lily in seine Arme wie ein echter Gentleman – wie ein höflicher Prinz. Wenn er sich bewegte, schwebte er; kein einziger Schritt war am falschen Platz. Er war das Sinnbild unzerstörbarer Nobilität. Es machte Remus verrückt.
„Danke, vielen Dank!", schwärmte Lily, ihre Wangen gerötet von zwei Stunden Tanzunterricht. „Ich muss dann zurück, er wundert sich sonst noch, wo ich bleibe, aber du hast echt was gut bei mir, Black."
„Oh, nur dein Erstgeborenes reicht." Sirius winkte galant ab und grinste. Er sah aus, als ob es ihm auch Spaß gemacht hatte.
Lily schnappte sich ihre Tasche, küsste sie beide auf die Wange und verschwand durch den Kamin. Sirius drehte sich zu Remus, der ihn noch immer von der Couch aus beobachtete. Er verzog das Gesicht,
„Na komm, mach dich über mich lustig..."
„Niemals", grinste Remus, stand auf und trat auf ihn zu. „Ich liebe es, wie elegant du bist."
Er schlang seine Arme um Sirius' Schultern und küsste ihn. Sehr lange. Sirius drückte sich an ihn, anfangs zärtlich, aber dann mit mehr Eifrigkeit, als sie den Kuss vertieften. Seit Remus aus dem Rudel zurückgekommen war, war dieser Bereich etwas außer Acht gelassen worden – natürlich hieß das nicht, dass sie wie Mönche lebten, aber in den seltenen Momenten, in denen keiner von beiden zu erschöpft gewesen war, war Sex eine ziemlich zweckmäßige Sache geworden.
Sirius grinste gegen Remus' Lippen und neigte seinen Kopf zurück. Remus' Hände waren an Sirius' Hüfte und seine Daumen fanden ihren Weg unter den Bund seiner Jeans, wo sie im Kreis um seine Hüftknochen streichelten, sodass Sirius erschauderte.
Remus grinste ebenfalls und löste sich kurz,
„Lust zu tanzen?"
* * *
So tell my baby, I said so long.
Tell my mother, I did no wrong -
Tell my brother to watch his own
And tell my friends to mourn me none
Drei Tage nach der Tanzstunde fanden sich Sirius und Remus in einem auf wundersame Weise freien Sonntag wieder. Es gab keine Missionen, es gab keine Treffen, es gab keine Hochzeits-Katastrophen, die gelöst werden mussten. Und soweit Remus wusste, war keiner von ihnen in Lebensgefahr. Also verbrachten sie den Tag mit der besten Sache, die ihnen einfiel – Schlaf.
Sie schliefen so lange, wie sie es zuletzt in Hogwarts getan hatten und es musste schon fast zwölf gewesen sein, als Sirius aufstand, um die Posteule hereinzulassen – sie hatte bereits fünfzehn Minuten verärgert gegen ihr Schlafzimmerfenster gepickt.
Die Eule krächzte empört, flog eine Runde durch den Raum, warf den Tagespropheten auf Remus' Beine, während Sirius im Nachttischchen nach einem Knut suchte, den er ihr geben konnte. Remus rollte sich stöhnend herum. Er überlegte, ob er seinen Kopf unter der Bettdecke und wieder schlafen gehen sollte.
„Soll ich uns Frühstück machen?", fragte Sirius und hob die Zeitung auf. „Frühstück im Bett?"
„Hab ich dir je gesagt, wie sehr ich dich liebe?", lächelte Remus und blinzelte. Er streckte sich ein wenig und gähnte, „Aber ich denke die Eier sind alle, also—"
„Remus!" Sirius schnappte seinen Arm, so fest, dass er am nächsten Tag Abdrücke davon haben würde. Er hielt ihm die Zeitung unter die Nase, und Remus – erschrocken und half wach – kniff die Augen zusammen, als er die Schlagzeile las.
TOD DES BLACK-ERBEN BESTÄTIGT
„Hä?", Remus kratzte sich verwirrt am Kopf, „Das ist verrückt, du bist nicht—"
Dann traf es ihn wie der Blitz. Oh. Er fühlte sich so dumm. Er sah zu Sirius auf, der weiß wie ein Blatt Papier geworden war, Augen weit und voller Schmerz.
„Oh", sagte Remus und nahm ihn hilflos in den Arm, „oh nein, Sirius..."
I'm chained upon the face of time
Feeling full of foolish rhyme
There ain't no dark till something shines
I'm bound to leave the dark behind
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Der Liedtext in diesem Kapitel ist ‚Rex's Blues', was 1977 von Townes Van Zandt geschrieben/performt wurde, also passt das Lied in die Ära dieser Fanfiction – aber die Version, die die Autorin als erstes gehört hat und beim Schreiben im Kopf hatte, ist die Version von Jolie Holland.
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