Chapter 13: Der Krieg: Später Frühling 1979
CW: In diesem Kapitel befindet sich eine kurze Anspielung auf Alkoholabhängigkeit, sowie eine Erwähnung von Krebs und dem Tod von nahen Familienmitgliedern.---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
I would say I'm sorry
If I thought that it would change your mind
But I know that this time
I have said too much
Been too unkind
I try to laugh about it
Cover it all up with lies
I try and laugh about it
Hiding the tears in my eyes
Because boys don't cry
Boys don't cry
Sie blieben für zwei weitere Nächte im Zimmer über dem Pub. Marlene kam am ersten Abend zurück, wie sie gesagt hatte, und brachte einen Trank gegen Remus' Lungeninfektion mit. Sie verschrieb ihm Bettruhe, aber am nächsten Tag wurde Remus beinahe verrückt davon, so lange eingesperrt zu sein. Also nahmen er und Sirius den Bus zum Strand.
Da es April war, war es zum Schwimmen zu kalt, also gingen sie einfach spazieren. Außerhalb der Hauptsaison war es hier sehr ruhig, also konnten sie sogar für eine Weile Händchen halten.
Remus schloss die Augen und atmete lächelnd die Meeresluft ein. Der Himmel war grau und es drohte zu regnen, doch der Wind blies ihm frisch ins Gesicht und er fühlte sich besser.
„Wenn wir nach Hause kommen", sagte Sirius freudig, „gehen wir zu Ollivanders und holen dir einen neuen Zauberstab."
„Schön", nickte Remus. Er hatte nicht mehr gezaubert, seit er zurück war. Er vertraute sich selbst noch nicht.
„Natürlich nur, wenn Mary mit deiner Willkommensparty noch ein bisschen warten kann", kicherte Sirius. „Sie ist beinahe verrückt geworden vor Sorge. Ich glaube, sie hat immer noch was für dich übrig."
„Ha", gab Remus zurück.
„Und Lily natürlich. Sie will dir unbedingt etwas sagen, doch sie wollte warten bis wir alle zusammen sind."
„Mm."
„Ich kann's kaum erwarten, bis alles wieder wie vorher ist. Die Rumtreiber wieder vereint, hm?"
„Ja."
„Erinnerst du dich an den Zauberstab, den Lyall hatte? Vielleicht kannst du dir auch so einen holen?"
„Nope."
„Moony?"
„Mm?"
„Alles okay?"
„Klar."
Sirius schwieg danach und Remus fühlte sich schuldig. Nach seinem schroffen Nachgespräch mit Moody war Remus nicht wirklich gesprächig gewesen. Er war zu nervös, um viel zu sagen – er wusste nicht, was Sirius von ihm halten würde. Und dazu kam noch, dass Remus sehr viel mehr damit zu kämpfen hatte, vom Rudel getrennt zu sein, als er erwartet hatte. Natürlich war er überglücklich, wieder bei Sirius zu sein. Doch gleichzeitig fühlte er sich, als fehlte ihm etwas.
Er wollte nicht, dass Sirius sich sorgte, also tat er so, als wäre alles in Ordnung.
„Es ist so schön, draußen zu sein", bemerkte er, während sie weiter spazierten.
„Bist du auch wirklich ok, Moony?", stichelte Sirius und tat so, als wäre er geschockt. „Mein Moony hasst es, draußen zu sein..."
„Verbring mal selbst eine Woche eingesperrt in einem Kerker und dann sag mir, wie du frische Luft findest", murmelte Remus.
Sirius hielt an und sah zu ihm auf, mit leicht offenem Mund und verletztem Blick. „Sorry", sagte Remus schuldbewusst. Er nahm Sirius' Hand wieder in seine. „So hab' ich das nicht gemeint."
Es passierte ihm in letzter Zeit häufiger, dass er die Beherrschung verlor. Die nichtigsten Dinge entfachten seinen Ärger und Sirius musste es ausbaden.
„Schon ok", gab Sirius zittrig zurück. „Ich sollte mich nach all dem nicht über dich lustig machen."
„Nein, ich will nicht... du solltest mich nicht mit Samthandschuhen anfassen müssen. Ich muss einfach darüber hinweg kommen, es ist meine Schuld."
Sirius sagte danach für eine ganze Weile nichts mehr. Remus stämmte sich gegen das Verlangen, seinen Verstand anzuzapfen, wie es ihm von den Werwölfen gezeigt wurde. Er wusste nicht, ob es auch bei Nicht-Werwölfen funktionierte, doch was er mit Sicherheit wusste, war, dass Sirius eine sehr klare Einstellung zur Invasion seiner privaten Gedanken hatte.
„Du musst nicht ‚darüber hinweg kommen'", sagte Sirius schließlich. „Aber ein Gespräch würde vielleicht helfen."
„Worüber?"
„Was im Rudel passiert ist."
„Darüber habe ich schon geredet; ich habe Moody alles erzählt. Du warst dabei."
„Remus." Sirius hob leicht die Stimme. „Komm schon. Du hast ihm nicht alles erzählt. Ich kenne dich doch."
„Alles was für den Krieg wichtig ist", sagte Remus streng.
„Dann ist sonst also garnichts passiert?!" Sirius ließ Remus' Hand los um mit seinen eigenen Händen wild zu gestikulieren. „Sie haben dich einfach eingesperrt, dich dann wieder freigelassen und es war alles gut??"
„Natürlich nicht." Remus verschränkte die Arme, denn auf einmal wurde ihm die Kühle bewusst. „Aber solche Dinge will keiner wissen."
„Vielleicht will ich es wissen."
„Jetzt geht das wieder los." Remus verdrehte die Augen, „Also? Was willst du hören?!"
„Warum bist du überhaupt gegangen? Warum bist du nicht zu mir zurückgekommen?"
„Ich wusste es", sagte Remus und schloss seine Arme fester um seinen Körper, „Du bist sauer auf mich!"
„Bin ich nicht, es ist nur..."
„Das hast du doch gemeint, oder?! In der Nacht, in der ich zurückgekommen bin!"
„Wovon redest du?!"
„Du weißt schon! ‚Du bist zurückgekommen' das hast du gesagt! Du dachtest, das würde ich nicht! Du dachtest, ich wäre für immer gegangen!" Auf einmal schrie Remus ihn an und er war sich nicht sicher wie er so wütend geworden war, doch jetzt brannte es in ihm, wie Feuer.
„Natürlich nicht!" schrie Sirius zurück. „Es war nur...ich wusste nicht, was ich denken soll! Hast du eine Ahnung, wie das für mich war? Du bist einfach verschwunden und niemand ließ mich nach dir suchen und Scheiß-Ferox wollte mir auch nichts sagen und James hatte den Kopf voll, wegen seinen Eltern und die verdammten Prewetts..."
Sirius schrie nicht oft, zumindest nicht so oft wie Remus, und seine Stimme wurde schnell sehr spitz und klang plötzlich sehr vornehm und hochmütig. Das machte Remus nur noch zorniger.
„Oh, du Ärmster! Himmel, ich dachte diese Verwöhnter-Schnösel-Einstellung hättest du jetzt mal hinter dir! Wir sind keine zwölf mehr, Black!"
Sirius stand der Mund offen, völlig vor den Kopf gestoßen. Remus hatte sich seit Tagen nicht mehr so lebendig gefühlt, doch das würde er wohl niemals zugeben. Er schrie einfach weiter und zerschmetterte den Frieden des leeren Strandes, seine Stimme schallte gegen den dunklen, nassen Sand.
„Tut mir leid, dass ich nicht bin wie du, ich will nicht über alles Unangenehme rumheulen, was in meinem Leben passiert!"
„Wie zum Beispiel?!", schrie Sirius mit roten Wangen und hellen Augen, sodass sich Remus für einen Moment fragte, ob Sirius das hier genauso genoss wie er. „Mach schon, wenn ich so egoistisch und furchtbar bin, dann klär mich auf über wahres, nobles Elend, Remus, das ist ja deine Spezialität!"
„Ach, leck mich doch!"
„Also? Warum bist du nicht zurückgekommen?!"
„Wegen der scheiß Gehirnwäsche, die sie mit mir abgezogen haben!" Remus brüllte schon fast, die Wellen schienen heftiger gegen den Strand zu schlagen und über ihren Köpfen schrien die Möwen noch lauter.
Er glühte förmlich, erfüllt von Worten, die aus ihm herausstürzten, sobald sie ihm in den Kopf kamen.
„Weil ich mich noch nie zuvor so gefühlt habe – sie waren meine Familie und wir waren alle gleich, wir waren dort alle zu Hause und es war...es hat sich angefühlt wie der einzige Ort, an den ich hingehörte! All das, außer..." jetzt kamen die Tränen, kochend heiß, „außer das er auch da war, dieser verdammte...dieses Monster. Er war so böse, so... und ich hatte Angst, ich wollte nach Hause kommen, zu dir, das wollte ich wirklich, aber ich konnte sie doch nicht einfach mit so einem Mann alleine lassen. Und sie konnten...sie konnten Dinge tun, von denen ich nicht mal wusste, sie haben mir so viel beigebracht...Und ich wusste einfach nicht mehr, wer ich bin."
Er wischte sich übers Gesicht, während die Tränen von seinem Kinn tropften. Er sah Sirius in die Augen. „Ich weiß nicht mehr, wer ich bin."
Sie starrten sich an, während das Echo verhallte. Remus atmete schwer, seine Wangen glühten, doch er fühlte sich gut. Erleichtert.
Endlich sagte Sirius etwas. Er vergrub die Hände in den Taschen und blickte umher und in die Ferne. Er lächelte.
„Warum ist es immer dieser Strand, hm?"
„Was?" Remus blinzelte, vor den kopf gestoßen. Sirius sah ihn mit glitzernden Augen an.
„Warum haben wir immer an diesem Strand unsere großen Enthüllungen?"
„Vielleicht sind wir einfach nur dramatisch."
„Wie kannst du es nur wagen!" Sirius grinste und Remus lachte außer sich. „Also?", fragte Sirius, „Geht's dir besser?"
„Ja. Ey, warte kurz, hast du mich gerade absichtlich angestachelt??"
„Nein..." Sirius sah lammfromm weg, „Anfangs nicht..."
„Du Hund."
„Es hat funktioniert."
Remus gab keine Antwort, weil es ihm wirklich besser ging und er nicht schon wieder streiten wollte. Sie gingen weiter und erreichten bald den Platz, an dem sie zwei Jahre zuvor Campen waren. Der Wind wurde stärker und strich über die grasigen Sanddünen und den leeren Campingplatz. Es sah nicht aus wie derselbe Ort.
„Glaubst du, wir werden je wieder hierher zurückkommen?", fragte Remus mit den Händen tief in den Taschen, damit sein Mantel nicht umherwehte.
„Ich hoffe doch", antwortete Sirius. „Dieser Ort ist meine Patronuserinnerung."
„Wirklich?" Remus sah ihn überrascht an.
„Einen schöneren Sommer hatte ich noch nicht."
„Macht Sinn."
„Hey, schau mal!" Sirius tappte zu ein paar Felsen, beugte sich runter und nahm einen langen Stock. Er schwenkte ihn in Remus' Richtung und grinste, „Willst du Stöckchen werfen spielen?"
Remus lachte,
„Na dann los."
Sirius blickte sich schnell um, um sicherzugehen, dass sie allein waren, dann verwandelte er sich in Padfoot. Remus war dankbar – er hatte jetzt genug geredet und es war eine Erleichterung, für einige Stunden mit dem Hund-Sirius zu spielen. Der große, schwarze Hund rannte den Strand auf und ab, jagte die Wellen, spielte fangen und hatte eine rundum gute Zeit. Im Bus zum Pub schliefen sie beide ein.
Sirius sprach es erst wieder an, nachdem sie nur einige Zeit später zu Abend gegessen hatten (oh, wie Remus richtiges Essen vermisst hatte! Kartoffelbrei! Würstchen! Soße!), und sich für's Bett fertig machten.
Remus gähnte, während er unter die Laken kroch und Sirius legte sich leise neben ihn und knipste die Nachttischlampe aus. Das Bett war so schmal, dass Remus mit dem Rücken an der Wand liegen musste, einen Arm um Sirius' Hüfte geschlungen und das Gesicht voll von seidigem, schwarzem Haar, was ihn nicht wirklich störte.
„Ich weiß, wer du bist", wisperte Sirius in die leere Stille des dunklen Schlafzimmers.
„Hm?", fragte Remus schläfrig und verwirrt. Sirius zog Remus' Hand zu seinen Lippen und küsste seine Finger.
„Du sagtest, du weißt nicht mehr, wer du bist. Aber ich weiß es. Du bist mein Moony. Das wirst du immer sein. Ok?"
„Ok, Padfoot."
Für den Moment, war das genug.
***
Moody ließ sie wissen, dass sie zu ihrer Wohnung zurückkehren konnten, vorausgesetzt, dass Remus sich für eine Weile bedeckt hielt – er hatte nicht klargestellt für wie lange. Das bedeutete keine Ordenstreffen und keine Missionen – es war ihm nicht einmal erlaubt die Potters zu besuchen. Zum Wohle aller war Remus Lupin vor einem Monat vom Erdboden verschluckt worden und seitdem nicht mehr aufgetaucht.
„Ich wette, er will nur den nächsten Vollmond abwarten, um sicherzugehen", schlug Sirius vor. „Wie auch immer, du verdienst eine Pause."
Remus zuckte nur die Schultern.
„Jetzt habe ich ja meinen Nutzen erfüllt, schätze ich. Sie wissen nichts mehr mit mir anzufangen."
„Rede nicht so über dich", schnappte Sirius genervt. Sie waren zu lange in diesem selben, winzigen Zimmer gewesen.
Sie apparierten zurück und Remus fühlte sich wieder ein bisschen mehr wie er selbst, als sie endlich zuhause waren. Die Wohnung war herausragend ordentlich – anscheinend hatte Sirius eine ganze Menge nervöser Energie loswerden müssen, während Remus fort war – doch sonst war alles wie gehabt.
Niemand sollte wissen, dass Remus zurück war, aber natürlich hatte James es Lily und Peter erzählt und Marlene hatte es Mary erzählt, also kamen am ersten Abend alle gleichzeitig vorbei. Glücklicherweise besaß Lily die geistige Anwesenheit, Essen mitzubringen, denn Sirius hatte rein gar nichts im Haus.
„Hab bei den Potters gegessen", murmelte er verlegen.
Remus und Lily gingen in die Küche und bereiteten Schinkenbrötchen, Käse, Ananas-Sticks und Sandwiches auf Tellern vor. Lily stellte ihre Taschen auf den Küchentisch und warf sich ihm an den Hals, mit den Armen um seiner Hüfte und dem Kopf in seiner Schulter. Remus tätschelte sie sanft, als er mitbekam, dass sie weinte.
„Argh, Lily, bitte nicht..."
„Tut mir leid!", schluchzte sie, ihre Stimme schwer und gedämpft an seinem besten Wollpullover. „Es ist nur...Ich dachte, ich sehe dich nie wieder!"
„Gott, du bist ja noch schlimmer als Padfoot."
„Unwahrscheinlich", lachte sie, trat zurück und wischte sich ihre Wangen ab, „Er war ein komplettes Wrack, als du weg warst – du hättest ihn nicht wiedererkannt. Ich glaube, er hat sich nicht mal die Haare gekämmt."
Remus spürte einen stechenden Gewissensbiss. Vor Lily wollte er nicht Trübsal blasen, also schenkte er ihr nur ein verwegenes Lächeln und sagte, „Also, du wolltest mir was erzählen?"
„Oh! Ähm...wenn alle hier sind..." Lily wurde rot und konzentrierte sich auf einmal sehr darauf, Karotten für die Dips zu schneiden, die sie mitgebracht hatte.
Es dauerte nicht lange, da erschienen auch Marlene und Peter, frisch von der Arbeit. Peter hatte sogar eine Aktentasche mit seinen Initialen. Anscheinend ging es ihm ziemlich gut beim Ministerium und Remus versuchte, es nicht zu schwer zu nehmen.
Marlene bestand darauf, Remus nochmal im Schlafzimmer zu untersuchen. Sie überprüfte seinen Knöchel, der schon wieder so gut wie neu war, und seine Lunge, der es wieder viel besser ging.
„Mal ehrlich, ich kann nicht fassen, dass du immer noch rauchst", rügte sie ihn, als er sich eine anzündete und sein Hemd zuknöpfte. „Du weißt schon, das Muggel daran sterben."
„Wenn man jung stirbt gibt's ne hübsche Leiche." Er zwinkerte ihr zu und versuchte den Gedanken an Hope's Lungenkrebs zu verdrängen. Tatsächlich waren Rauchen und Trinken die einzigen Dinge, für die er in letzter Zeit in Stimmung war.
Mary brach in Tränen aus, sobald sie ankam und sprang Remus in die Arme,
„Du verdammter Bastard!" flüsterte sie an seinem Hals, „Ich könnte dich umbringen!"
„Ich hab dich auch vermisst", sagte Remus und drückte sie.
Sobald sie alle beieinander waren, übernahmen James und Sirius die Rolle der Gastgeber, was eine Erleichterung war. Remus war auf einmal sehr müde und setzte sich auf die Couch, wie ein Geist, der seine Freunde beobachtete wie sie schnatterten und lachten und sich für einen Abend wie normale Neunzehnjährige verhielten. Er lächelte nur über sie alle. Er lächelte und trank.
Irgendwann waren vom Essen nur noch Krümel übrig und der Alkohol wurde ebenfalls knapp. James, Sirius und Peter hatten die Idee, durch das Fenster von den Nachbarwohnungen Biere zu beschwören und die Mädchen versuchten, sie zu überzeugen es bleiben zu lassen, als Remus sich erinnerte, was Lily in der Küche zu ihm gesagt hatte.
„Was ist denn deine Neuigkeit?"
„Oh!" Lily riss den Kopf herum. Sie stand am Fenster, mit den Armen um James' Schulter und versuchte ihn von seinen kriminellen Raubversuchen abzuhalten. James drehte sich nun ebenfalls um und sie tauschten einen verlegenen Blick.
„Also, ihr alle," James räusperte sich, „Ähm. Lily und ich müssen euch etwas—"
„Oh, Himmel!", sagte Mary auf einmal, von ihrem Platz im Lehnsessel gegenüber von Remus, mit den Beinen über die Lehne gestreckt. „Lily, ich dachte du nimmst die Pille!"
„Mary!" Lily wurde noch röter als zuvor. „Doch nicht das!"
„Puh!", lachte Mary und schloss die Augen, „Weil wir noch nicht mal zwanzig sind, wir sind viel zu jung um darüber nachzudenken—"
„Wir wollen heiraten!", fuhr Lily schnell dazwischen, bevor Mary noch weitersprechen konnte.
Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.
Remus blinzelte einige Male und prüfte James' Gesichtsausdruck um sicherzugehen, dass es nicht alles ein Scherz war. Doch er strahlte auf Lily herab, mit so viel Stolz und Liebe in seinen braunen Rehaugen, das Remus einfach Lächeln musste. Ja, dachte er. Natürlich. Remus' zweiter Gedanke war Sirius, der sich halb aus dem Fenster lehnte, als die Ankündigung ausgesprochen wurde. Jetzt fuhr er so schnell herum, dass er sich den Kopf am Rahmen stieß.
„Ihr wollt was?!" Er starrte James an. In seinem Gesicht zeichnete sich eine seltsame Mischung aus Überraschung und Verstimmung.
„Jep," grinste James, völlig ungeniert und schlang seine Arme um Lily. „Sie hat mich gefragt – und wie konnte ich da nein sagen?"
„Du hast gefragt?" Marlene stupste Lily an, „Verdammte Feministenheldin, Evans."
„Es war schon etwas einvernehmlicher," lachte Lily, „Wir haben uns unterhalten und—"
„Aber wir sind doch gerade erst aus der Schule", sagte Sirius mit tonloser Stimme.
„Seit einem Jahr", erinnerte Peter und strich die Aufschläge auf seinem grün-karierten Blazer glatt.
„Ihr wohnt doch noch nicht mal zusammen." Sirius verschränkte die Arme. Remus fühlte sich gefangen – Black zeigte alle Warnzeichen für einen Streit – außer natürlich, dass er sich diesmal nicht mit Remus streiten wollte.
„Ich werde für eine Weile zu James' Familie ziehen", sagte Lily und ihr Lächeln verblasste, als sie merkte, dass Sirius ihre Freude nicht teilte.
„Ja, du weißt doch, wie sehr sie Lily lieben", sagte James. Seine Stimme war härter und er hielt Lily weiter im Arm, als würde er sie beschützen. „Sie war unglaublich, während sie krank waren."
„Aber habt ihr euch das auch wirklich überlegt?!"
„Das haben sie sicherlich Black, komm mal runter", sagte Mary und versuchte, die Stimmung zu halten. Sie stand auf, „Soll ich los und schauen ob wir einen billigen Sekt erwischen? Das schreit nach einem Toast!"
„Ja!" Marlene erhob sich ebenfalls. Sie umarmte Lily und gab James einen Kuss auf die Wange.
„Herzlichen Glückwunsch, ihr Beiden!"
„Glückwunsch!" Peter hob betrunken seine Bierdose.
„Habt ihr alle den Verstand verloren?!" Sirius schrie beinahe. Remus bemerkte den bestürzten Blick in Lilys Gesicht und entschied, dass es nun genug war. Er stand auf.
„Padfoot", sagte er mit strenger Stimme. „Nein."
Sirius funkelte ihn an. Sein Mund schloss sich plötzlich und er warf den Kopf zurück wie ein launischer Teenager, bevor er sich an ihnen vorbeidrängte und den Raum verließ. Die Schlafzimmertür knallte zu.
„Alberner Sack", sagte Mary kess. „Ich geh mal zum Laden – kommst du mit, Marls?"
„Ich werd mal..." Remus nickte in Richtung Schlafzimmer und ging Sirius hinterher.
Er klopfte nicht, sondern ging einfach hinein. Schließlich war dies auch seine Wohnung. Sirius war schon bereit für ihn und wetterte los, sobald Remus die Tür hinter sich schloss.
„Du kannst mir nicht im Ernst erzählen, dass du das für ne gute Idee hältst!", zeterte er und schritt durch den Raum.
„Prongs ist völlig übergeschnappt! Wir sind zu jung, wir stecken in 'nem verdammten Krieg, seine Eltern sind krank und er will 'ne scheiß Hochzeit abhalten?!"
„Klingt alles für mich nach reichlich guten Gründen um 'ne scheiß Hochzeit abzuhalten."
Remus seufzte und setzte sich aufs Bett.
„Du willst mich wohl verarschen! Wir sind Kinder!"
„Sie lieben sich", versuchte Remus zu beteuern. Sirius lachte – ein gemeines, unbarmherziges Lachen.
„Oh, und du willst mir jetzt also was über Liebe erzählen, oder Moony?!"
„Pass bloß auf." Remus stand drohend auf und nutzte seine Größe um über Sirius hinweg zu ragen. „Ich weiß nicht, warum du dich gegenüber James und Lily so idiotisch benimmst, aber ich werde sicher nicht hier sitzen und mir deine Sticheleien anhören."
Sirius wollte gerade etwas erwidern, als die Tür wieder aufschwang und dieses Mal trat James ein, wütender als Remus ihn je erlebt hatte.
„Du Arsch!", schrie er. „Was zum Teufel stimmt mit dir nicht?! Moony, versuch nicht, ihn zu verteidigen!"
„Werd ich nicht!", sagte Remus, trat zur Seite und kreuzte die Arme, „Ich sehe es doch genauso!"
„Also?!" James wandte sich wieder zu Sirius, „Willst du dich erklären?!"
„Nein, ich will, dass du dich erklärst!", schnappte Sirius „Was zur Hölle?! Du heiratest einfach so? Ich weiß, dass du in sie vernarrt bist, seit wir zwölf sind, aber heilige Scheiße! Warum so eilig?!"
„Ich bin nicht ‚vernarrt'!", schrie James, „Ich liebe sie! Ich liebe sie schon seit Ewigkeiten, wie du verdammt nochmal weißt!"
„Also musst du sie ganz plötzlich heiraten?!"
„Ich will sie heiraten und es ist nicht plötzlich! Wir reden schon seit langem darüber."
„Ich höre das zum ersten Mal!"
„Na, ich muss dir ja schließlich nicht alles sagen! Ich wollte nichts verkünden, bis Moony zurück war."
„Was ist mit deinen Eltern?! Was halten sie davon?" Sirius kühlte langsam ab, war aber offenbar noch nicht bereit, nachzugeben.
„Sie sind begeistert, zu deiner Information! Sie lieben Lily! Und ich dachte, das tust du auch! Du bist mein bester Freund, ich dachte du freust dich für mich!"
„Oh!" Sirius' Augen glühten, „Weil du meine Beziehungen ja immer unterstützt hast!"
James' Augen flackerten zu Remus, dann wieder zurück – es dauerte nur eine knappe Sekunde, aber Remus entging es nicht. Was zur Hölle meinten sie damit?
„Du weißt, das ist nicht...", sagte James wütend, sein Kiefer zusammengepresst.
Remus nahm das als sein Zeichen, zu gehen. Was auch immer zwischen den beiden vorging, Remus wollte sich daran nicht beteiligen. Er ging geradewegs in die Küche und sah unter das Waschbecken. Dort stand eine Flasche Feuerwhiskey, die er nach der letzten Party versteckt hatte. Er zog den Korken und nahm einen tiefen Schluck.
„Remus?"
Er verschluckte sich, als Lily plötzlich die Küche betrat. Sie lachte, und streckte die Hand aus,
„Dann gib uns halt was ab! Mum sagt, man soll nie allein trinken."
Er lachte, wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab und reichte ihr die Flasche. Sie trank ohne abzusetzen und verzog nicht das Gesicht – Remus beobachtete sie beeindruckt und dachte, wenn man schon ein Mädchen heiratete, dann musste es auf jeden Fall Lily Evans sein.
„Sorry, dass ich deine Willkommensparty ruiniert habe", sagte sie trist.
„Hast du nicht," Remus schüttelte den Kopf, „Tut mir leid wegen Sirius."
„Oh, sei nicht albern – du bist ja nicht sein Vormund."
„Er benimmt sich wie ein Volltrottel."
„Er ist nur eifersüchtig, das habe ich geahnt." Sie lachte und bemerkte Remus' Blick, „Doch nicht so, Moony, er ist ganz offensichtlich unsterblich in dich verliebt, ich meine nur, dass er Angst hat, seinen besten Freund zu verlieren."
„Wahrscheinlich hast du recht."
„Das habe ich für gewöhnlich." Sie hob eine Braue und er musste wieder lachen.
„Herzlichen Glückwunsch", sagte er, diesmal von Herzen. „Ich finde es wundervoll."
„Danke, Süßer", sie lächelte sanft. „Es geht ein bisschen schnell, das ist mir klar – meine Eltern sind total ausgerastet; Pet hat erst letztes Jahr geheiratet und sie ist drei Jahre älter als ich. Aber... du weißt ja, dass es Euphemia und Monty nicht so gut geht?"
„Ja, ich wünschte ich könnte sie besuchen gehen aber...du weißt ja, Moody's Anweisungen."
„Sie verstehen das." Sie berührte sanft seinen Arm, „Wie auch immer, sie sind wirklich...ich meine, sie leiden nicht, oder sowas aber sie sind trotzdem sehr alt. Ich wusste, wie viel es James bedeutet – dass sie mich mit ihm sehen können. Sie wollen sicher sein, dass es ihm gut geht, wenn sie fort sind."
Vielleicht hatte er zu viel getrunken aber auf einmal brannten Tränen in seinen Augen. Er bedeckte sein Gesicht und knurrte,
„Himmel, Evans, bekomme ich mal fünf Minuten ohne einen emotionalen Zusammenbruch?!"
Sie lachte und umarmte ihn noch einmal,
„Du bist wundervoll."
„Wir sind zurüü-hüück!", trällerten Mary und Marlene, als sie erneut in die Wohnung stolperten und dabei fröhlich kicherten.
„Schnell, versteck das!" Lily gab Remus die Flasche zurück und er verstaute sie wieder unter dem Waschbecken hinter einer Schachtel Waschpulver.
Sobald Mary jedem ein Glas (oder eher eine Tasse) Piccolo eingeschenkt hatte („Es war das nächste an Champagner, was man nach Mitternacht in Soho bekommt"), waren James und Sirius wieder aus dem Schlafzimmer erschienen, immer noch mit roten Gesichtern aber offenbar wieder halbwegs versöhnt. Sirius machte zumindest beim Toast mit und gab Lily sogar einen freundlichen Kuss auf die Wange.
Trotzdem hatte sich die Atmosphäre verändert und innerhalb der nächsten Stunde, gingen alle nach Hause – Marlene schlief bei Mary in Croydon, Peter ging mit James und Lily. Als sich die Tür um ein Uhr morgens zum letzten Mal schloss, wollte Remus sich nur noch auf der Couch einkugeln, seinen Kopf bedecken und eine Woche schlafen.
Sirius sagte nicht viel, räumte nur ein wenig halbherzig auf und ging dann ins Badezimmer. Remus hörte das Schloss zuschnappen und nutzte die Gelegenheit für ein letztes Glas Whiskey und einer Zigarette vor dem Schlafen gehen. Er fühlte sich schmutzig, seine Zähne waren pelzig, seine Kehle rau und seine Augen juckten, doch es passte alles zu seiner Stimmung.
Er wollte sich nicht mehr unterhalten; besonders, wenn sie dann wieder streiten würden. Er zog sogar in Betracht, einfach auf der Couch einzuschlafen. Aber das führte wahrscheinlich nur zu einem Streit am Morgen und er wusste jetzt schon, dass er dann verkatert sein würde. Also entschied er sich dagegen.
Sirius entriegelte die Tür und Remus hörte ihn ins Schlafzimmer tappen. Vielleicht würde Sirius einschlafen, wenn er sich mit dem Zähneputzen Zeit ließe – schließlich hatten sie beide einiges getrunken. Er erhob sich von der Couch und ging ins Badezimmer.
Remus wusch sich Gesicht und Nacken in kaltem Wasser und beäugte sich im Medizinschrankspiegel über dem Waschbecken. Seit er zurückgekehrt war, hatte er sein Spiegelbild gemieden. Er sah aus wie Scheiße; immer noch zu hohl in den Wangen und seine Augen waren aus irgendeinem Grund noch dunkler und weiter. Vom Trinken war er bleich und seine Narben waren wie ein Netz aus Silberdraht unter seiner Haut.
Besaß er jetzt den selben gehetzten Ausdruck wie sie; das Rudel? Hatte er sich das gleiche wilde Funkeln und das wölfische Lächeln eingefangen? Oder sah er nur das zornige, ängstliche Heimkind, das schon immer da gewesen war?
Er seufzte niedergeschlagen und knipste das Licht aus, um endlich zu Bett zu gehen.
Das Licht war noch an und Sirius lag unter der Decke, nur sein seidiges, schwarzes Haar war zu sehen, über das Kissen drapiert. Er schlief immer so; versteckt. Mit einem Gedankenblitz erinnerte sich Remus an das Kind, das Sirius einst gewesen war; allein in einem großen Haus mit einer Familie, die ihn nicht verstehen konnte, und der Schwere der Erwartung, die von allen Seiten auf ihn eindrückte.
Remus versteckte seine Einsamkeit, das hatte er schon immer. Aber Sirius – er schob seine Einsamkeit nach außen und ließ sie andere Leute ihm abnehmen. Dann wurde er eben manchmal etwas besitzergreifend, etwas panisch – was soll's? Niemand war perfekt. Mit sanftem Blick legte sich Remus neben ihn und strich Sirius zärtlich übers Haar.
„Alles klar?", flüsterte er.
Sirius nickte unter der Decke und er streckte die Arme aus um sie um Remus' Hüfte zu schlingen. Remus seufzte erleichtert. Es fühlte sich so gut an, wieder in seinem eigenen Bett zu sein. Sie konnten das Streiten auch einfach bleiben lassen, dachte er für sich. „Lieb dich," murmelte er und küsste Sirius' Kopf.
Sirius' Arme schlossen sich fester um ihn und bald schliefen sie beide ein.
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Der Liedtext ist ‚Boys Don't Cry' von The Cure.
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