Chapter 57: Siebtes Jahr: Instinkt
„Du hast es ihm gesagt !" Remus küsste Sirius, sobald sie allein waren.
„Naja, er hat es herausgefunden...", sagte Sirius lachend, als er nach hinten in ihren Schlafraum gedrückt wurde. Lily und James waren bei einem Vertrauensschülertreffen und Peter musste noch nachsitzen. Remus hatte Sirius die Treppe hinaufgezogen, so schnell er konnte, alle Sorgen und Schmerzen vergessen.
„Aber du hast es ihm gesagt ", beharrte Remus und zog mit seiner Zunge eine Linie an Sirius Hals entlang, vom Schlüsselbein zum Ohr. Sirius schauderte und seine Kniekehlen stießen gegen die Bettkante. Remus schubste ihn, halb drängend, halb spielerisch und sie fielen gemeinsam zurück.
„Merlin", keuchte Sirius, als Remus seinen Angriff fortführte und auf ihn kletterte, ein Knie auf je einer Seite von Sirius Hüften, „Wenn ich gewusst hätte, dass du so reagierst, dann hätte ich es Prongs schon vor Ewigkeiten ges—"
„Halt den Mund." Remus küsste ihn hart auf die Lippen, seine Hände an Sirius Gürtel. Sirius ließ es zu.
Remus war auch ein wenig überrascht. Wer hätte gedacht, dass Geständnisse so anturnend waren? Wenn er nicht vorsichtig war, würde er es noch jedem erzählen, dem er begegnete.
„Also," sagte er, eine halbe Stunde später, als er in Boxershorts auf dem Fensterbrett saß und eine Zigarette anzündete. Sirius lag im Bett, noch immer vage überwältigt und starrte ihn an. „Lief es gut?"
„Hm?!" Sirius blinzelte sehr langsam, so als ob seine Augenlider zu schwer wären. Remus grinste und atmete Rauch aus, den er aus dem Spalt im Fenster zu manövrieren versuchte,
„ James . Was hat er gesagt?!"
„Ich glaube das erste war ‚Was zur Hölle soll das', aber von da an wurde es besser", schnaubte Sirius.
„Hat er viele Fragen gestellt?"
„Schon. Nichts, das ich nicht erwartet hätte, denke ich. Wie war's mit Evans?"
„Sie hat ungefähr einhundert Mal ‚Oh mein Gott' gesagt, aber dann hat sie sich schnell wieder beruhigt."
„Prongs auch. Außer, dass der Arsch sich weigert, es in unserem Namen Wormtail zu erzählen. Er sagt, wir müssen es selbst machen."
„Naja. Er hat ja recht." Remus zog wieder an seiner Zigarette und blies den Rauch in den Raum, während er beobachtete, wie er den Raum zwischen ihnen füllte. „Welche Fragen hat er gestellt?"
Sirius schloss seine Augen und atmete ein.
„Nichts Skandalöses. Wie lange das schon geht, wann es begonnen hat, warum ich es ihm nicht schon gesagt habe... diese Sachen eben."
„Was hast du gesagt?"
„Ich hab die Wahrheit gesagt. Rollst du mir eine Kippe?"
Das hatte Remus bereits. Er hielt sie ihm hin. Sirius rollte sich auf den Bauch und streckte seinen langen, blassen Arm durch den Rauch, um sie entgegenzunehmen, platzierte sie zwischen seinen gespitzten Lippen und schnippte mit den Fingern. Er atmete ein, dann rollte er sich wieder zurück und atmete mit einem Seufzen wieder aus.
„Wie fühlst du dich?", fragte Remus, der seine Augen nicht abwenden konnte. Es fühlte sich noch immer so unglaublich magisch an. Sirius Black, nackt, in meinem verdammten Bett.
„Jetzt gerade? Verdammt fabelhaft." Sirius zwinkerte frevlerisch. „Wegen Prongs? Okay. Gut, denke ich." Er streckte sich und seine Hand verschwand unter einem der Kissen. „Was ist das?"
„Oh!" Remus lief rot an und sprang von der Fensterbank. „Ich hab ein paar Briefe bekommen. Ferox geht's ganz gut. Und, äh..."
„Grant." Sirius Lippe kräuselte sich als er die Postkarte aufhob, die Grant aus Brighton gesendet hatte. Es hatte ein farbenfrohes Bild des Piers vorne drauf, das Meer sah blau aus und die Sonne schien. Remus war so froh, dass er sie gesandt hatte. Es war schön, sich Grant an so einem hellen, fröhlichen Platz vorzustellen. Sirius rauchte weiter, während er sie las. „Er trifft jemanden mit schönem Körper, aber er vermisst dich?"
Remus hüpfte auf das Bett und schnappte sich die Karte; er hielt sie so hoch, dass Sirius nicht drankam.
„Er trifft jemanden mit schönem Körper und er vermisst mich. Separate Sätze."
„Naja." Sirius verschränkte die Arme und legte sich wieder hin, immer noch schnaubend. „Dann hoffe ich mal du schreibst ihm über meinen umwerfenden Körper."
„Aber natürlich." Remus lachte und legte sich neben ihn. Sie starrten gemeinsam hinauf an die roten Samtvorhänge. „Du bist aber nicht wirklich eifersüchtig, oder?", fragte Remus zögernd.
„Pfft, nein." Sirius stieß ihn sanft mit seinem Ellbogen an. „Neugierig, vielleicht..."
„Worüber...?"
„Was glaubst du denn? Du und er! Du hast mir nie Details erzählt..."
„Wir waren fünfzehn, es gab keine Details. Nur Knutschen." Remus machte ein schnalzende Geräusch, „Mal ehrlich, was du für Fragen stellst."
„James hat das auch gefragt, über uns."
„Hat er nicht!"
„Naja, hat er nicht, aber ich wusste, dass er wollte ."
„Nein, wollte er nicht, du bist nur eitel." Remus lehnte sich herüber, um seine Zigarette in der kalten Tasse Tee auf seinem Nachtkästchen auszudrücken. Sirius schnappte ihn an der Hüfte und drehte ihn herum. Remus schloss seine Augen und ließ sich mitziehen.
– – „Godric sei Dank, dass ich die Karte hatte, ich wäre schon fast in die Biblioth– –BEI MERLINS ARSCH!" Die Tür flog auf und Peter stand gaffend im Türrahmen, bevor er sich die Hände vor die Augen schlug.
Remus sprang aus dem Bett, als ob Sirius Feuer gefangen hätte und begann hastig, seine Hose auf dem Boden zu suchen, während er rief: „Sorry Pete, sorry Pete! Scheiße! Scheiße! Scheiße!"
"Was zur Hölle?", schrie Peter zurück, noch immer die Hände vor den Augen.
Sirius riss die Bettdecke hoch, während er die beiden anstarrte, bevor er in Gelächter ausbrach. „Wormy, wir müssen dir was sagen."
* * *
Freitag, 20. Januar 1978
Peter brauchte eine Weile, um damit klarzukommen, aber schließlich hatten sie sich wirklich alle daran gewöhnt – sogar Remus und Sirius. Sie vergaßen regelmäßig, dass die Rumtreiber Bescheid wussten; sie waren es so gewohnt, sich absichtlich aus dem Weg zu gehen, dass sie merkwürdig schüchtern waren, wenn es darum ging, irgendeine Art von Zuneigung vor den anderen zu zeigen. Natürlich war es sowieso besser, vorsichtig zu sein, rief sich Remus laufend in Erinnerung; sie mussten sich noch vor dem Rest der Schule in Acht nehmen.
„Du könntest es aber Christopher erzählen", sagte Sirius, als sie die Bibliothek das letzte Mal vor dem Ausflug nach Hogsmeade verließen. Es war fast Mitternacht und sie waren von Madam Pince hinausgescheucht geworden, die sie keine Minute länger bleiben ließ, auch nicht, als Lily und James ihre Schulsprecheranstecker zur Schau stellten.
„Oh, jetzt erinnerst du dich plötzlich an seinen Namen", gähnte Remus, seine Bücher an die Brust gepresst – eigentlich nur, um etwas zu haben, an dem er sich festhalten konnte.
„Ich sag ja nur", Sirius versuchte ein Gähnen zu unterdrücken und hielt sich die Hand vor den Mund, während er weitersprach, „er weiß ja schon die Hälfte, da macht es jetzt auch nichts, ihm den Rest zu erzählen. Nicht ganz fair, wenn er dir weiter hinterherschmachtet, obwohl er sowieso keine Chance—"
„Sirius Black, bist du eifersüchtig?!", gackerte Lily, kichrig vor Übermüdung.
„Nein", schnaubte Sirius, Nase in die Luft gestreckt, „ich will nur keine Missverständnisse."
„Naja, wenn ich morgen überlebe, dann überleg ich's mir." Remus gähnte schon wieder.
Alle verstummten mit einem Mal und er bereute es, so etwas gesagt zu haben. Sie gingen in ernster Stille zurück in den Gemeinschaftsraum. Der Gryffindorturm war friedlich und größtenteils leer – ein paar vereinzelte Zweitklässler, die nach ihrer Sperrstunde noch wach waren, flohen in ihre Schlafräume, sobald sie James und Lily sahen, und die Rumtreiber nahmen ihre üblichen Plätze beim Kamin ein. Remus machte es sich in seinem Polstersessel gemütlich und wandte sich sofort wieder dem Buch zu, das er gelesen hatte, bevor Pince sie so unsanft unterbrochen hatte.
Sirius schnippte seinen Zauberstab in Richtung des Kessels, der über dem Feuer hing und Lily beschwor ein paar saubere Tassen aus dem Schrank herbei, aber niemand sprach bis das Wasser kochte und der Tee im Topf kochte.
„Moony", sagte Sirius leise, „leg das Buch weg, hm? Wir haben schon so viel getan."
„Es fühlt sich nicht genug an", antwortete Remus, der sich gereizt und empfindlich fühlte. „Ich weiß, dass ich etwas übersehe."
Jeder starrte ihn an und mittlerweile wusste er nicht mehr, ob sie fasziniert (oder angewidert) wegen der ganzen Sirius-Sache waren, oder ob sie davon überzeugt waren, dass er kurz davor war, wegzulaufen und sich den Werwölfen anzuschließen.
„Wir haben haufenweise Infos" sagte James, der jetzt Tee in die Tassen goss und Remus eine Untertasse gab, „ehrlich jetzt, du weißt jetzt genug, um jedes Verteidigung-gegen-die dunklen-Künste-Examen zu bestehen. Du könntest dir genauso gut den Rest des Jahres freinehmen."
„Das ist kein Examen", schnappte Remus. Die Tasse samt Untertasse zitterte in seinen Händen, also stellte er sie am Arm seines Sessels ab. Er hatte das Gefühl, dass Sirius das bemerkt hatte, aber hoffentlich niemand sonst.
„Aber Moony", Peter schlürfte geräuschvoll seinen Tee, „Du hast das schon einmal gemacht. Letztes Jahr."
„Genau", nickte James ermutigend.
Remus seufzte und sagte nichts mehr. Es hatte keinen Sinn; jammern würde ihn nicht weiterbringen. Er nippte an seinem Tee und befahl seiner Hand immer wieder, stillzuhalten. Er konnte nicht anders, als zu denken, dass es potenziell der schlechteste Zeitpunkt des Monats für eine Mission war. Nur noch vier Nächte bis zum Vollmond, und seine Magie fühlte sich stärker an als sonst, aber auch weniger vorhersehbar. Er war ruhelos, seine Haut kribbelte, seine Sinne geschärft und sein Gemüt heiß. Er wusste, dass er irgendetwas vergessen hatte. Er wusste es einfach. Ein dunkles Gefühl der Vorahnung, das ihm sagte, dass all die Flüche der Welt nicht genug waren.
Er stand auf, plötzlich, und stieß die Teetasse vom Ohrensessel. Sirius war schnell und stoppte sie mitten in der Luft mit einem Wink seines Zauberstabs. Remus ignorierte es.
„Ich geh ins Bett", sagte er und knackte seine Fingerknöchel.
„Ok, Moony", nickte James strahlend. Er warf Lily einen Blick zu, „Ich denke, wir werden noch etwas hierbleiben."
Peter sah Sirius an, dann Remus, mit einem Ausdruck von milder Angst. Remus schnalzte.
„Es ist ok, Wormtail, ich geh wirklich einfach nur ins Bett. Ich seh euch dann alle morgen."
Er schlief nicht. Sein Gehirn ließ ihn nicht. Er hasste Dumbledore und er hasste Greyback, er hasste den Krieg, und als die Stunden dahinschmolzen, hasste er Peter auch.
Er hasste aber nicht den anderen Werwolf; der, der nicht Greyback war. Genauso wie er Livia nicht gehasste hatte, auch wenn sie ihm Angst machte. Je mehr Remus darüber nachdachte, was vor ihm lag, desto unsicherer war er sich über seine Vorbereitung.
Ja, er kannte jetzt mehr Flüche als Regulus und Severus zusammen (wahrscheinlich), aber je mehr er an sein Treffen mit Livia zurückdachte, desto weniger nützlich schienen diese Dinge. Hatte sie es nicht selbst gesagt? „Du kannst diese Uniform tragen und dein albernes kleines Stöckchen schwenken, aber du weißt, dass du mit mir viel mehr gemeinsam hast, als mit irgendjemandem in diesem Schloss." Er wusste, dass sie stärker war als er; sie hätte ihn verletzen können, wenn sie wollte – aber das hatte sie nicht, nicht wirklich. Stattdessen erinnerte er sich an das Mitleid, das er gefühlt hatte, sofort nach dem Treffen. Er erinnerte sich an den Wunsch, ihr zu helfen, und an seine Gespräche mit Ferox und Dumbledore.
Bei Sonnenaufgang lag Remus hellwach da, seine Gedanken rasten wie mit einer Million Kilometer pro Stunde, sein Herz klopfte und sein Bauch grummelte mit aufgeregter Erwartung. Wenn er in den Krieg ziehen müsste, dann wäre das in Ordnung. Aber das war sein Kampf und er würde zu seinen Bedingungen ausgetragen werden.
* * *
It was an April morning when they told us we should go
As I turned to you, you smiled at me
How could we say no?
Oh, the fun to have
To live the dreams we always had
Oh, the songs to sing
When we at last return again
Slipping off a glancing kiss
To those who claim they know
Below the streets that steam and hiss
The devil's in his hole
Samstag, 21. Januar 1978
Das Frühstück an diesem Morgen war trostlos. Remus hatte einen Riesenhunger, aber die anderen schienen keinen Bissen hinunterzubekommen. Sirius trank schwarzen Kaffee, der ihn schon jetzt zittrig machte; er wippte an seinem Platz immer wieder auf und ab. Mary und Marlene waren die einzigen, die sich einigermaßen normal verhielten, weil keine der beiden von diesem Auftrag wusste,
„Drei Besen, später?", fragte Mary strahlend.
Lily und James nickten, versuchten zu lächeln und schafften es, nicht komplett geisteskrank auszusehen. Sie hielten unter dem Tisch schon wieder Händchen und Remus versuchte, nicht darüber nachzudenken. Stattdessen griff er nach dem Teller mit Schinken, um sich eine zweite Portion zu nehmen.
„Kann ich Yaz mitbringen?", fragte Marlene an Mary gewandt.
Mary hob eine Augenbraue, „Wenn du meinst..."
„Großartig", grinste Marlene. Marys verzog ihren Mund, sagte aber nichts.
Der Gang nach Hogsmeade fühlte sich länger an als sonst. Glücklicherweise hatten Lily und James Pflichten zu erfüllen, also folgten sie Remus wenigstens nicht und warteten einfach nur. Unglücklicherweise war Sirius nervös für drei und Remus konnte die Nervosität in Wellen fühlen, wie sie von ihm abstrahlte.
„Wohin sollen wir gehen?", murmelte er, leise genug, sodass es nur Peter und Remus hören konnten.
„Überallhin, denke ich."
„Hilft es dir, wenn ich Padfoot bin?"
„Wenn du willst."
„Soll ich mich auch verwandeln?", fragte Peter.
„Wenn du willst."
Remus war nicht dazu imstande, Interesse zu zeigen. Er war zu beschäftigt damit, herauszufinden, ob Hogsmeade wirklich anders roch oder ob es einfach nur deswegen war, weil er als Mensch normalerweise Düfte ignorierte.
Sie duckten sich in einer Gasse zwischen zwei Geschäften und Peter und Sirius verwandelten sich hinter einigen Mülltonnen. Wormtail kletterte in Remus Hand und er setzte ihn auf seine Schulter. Das Gewicht war ein kleiner Trost, auch wenn seine Schnurrhaare Remus' Hals kitzelten. Es war auch ganz gut, Padfoot zu haben, groß und schwarz und anregbar, wie er neben ihm hertrottete wie ein loyaler Gefährte. Ja. Viel besser, wenn deine Freunde keine Menschen waren, Remus' Meinung nach. Zumindest jetzt.
Sie gingen umher. Remus vermied absichtlich die Hauptstraße und wanderte stattdessen hinter den Häusern herum. Wie viele Menschen lebten in Hogsmeade? Wie viele waren in potenzieller Gefahr, ohne es zu wissen? Er versuchte, in der Luft zu schnüffeln und es war, wie wenn er einen Muskel trainieren würde, den er verkümmern lassen hatte.
Manche Gerüche waren stärker als andere. Padfoot, logischerweise, und Wormtail. Restmüll in den Tonnen, Kompost in den Gärten und Magie – dieser schwere, metallische Geschmack, der auf seiner Zunge zerging wie Sirup, wenn der Vollmond nahte. Andere Schüler, die fast schon widerliche Süße von Honeydukes und der wohltuende Geruch von Pergament, der aus Scrivenshafts kam.
Der Wald. Er konnte den Wald riechen, wenn er sich anstrengte. Er schloss für einen Moment die Augen und atmete ein. Grün, satt, dicht, voller Leben... und Magie. Anfangs schien sie wie ein flüchtiges Lüftchen, nur ein Konzept, dessen Geruch er mochte und dem er sich annähern wollte. Aber je weiter sie gingen, je näher sie kamen, desto wichtiger kam sie ihm vor. Remus hatte den Eindruck, dass etwas ihn schon eine ganze Weile in diese Richtung gelockt hätte.
Der Verbotene Wald türmte sich über dem kleinen Dorf auf, Kilometer um Kilometer Dunkelheit und Gefahr, vor ein paar blaugrauen, beschneiten Bergen im Hintergrund. Das erste Mal (zumindest als Mensch), verspürte Remus das Bedürfnis, hineinzugehen – zu erforschen.
Padfoot wimmerte neben ihm als sie Hogsmeade und die Straße hinter sich ließen. Er fragte sich, ob Sirius es auch riechen konnte, aber es war unmöglich, mit ihm in Hundeform sinnvoll zu kommunizieren. Remus versuchte, den rationalen Teil seinen Gehirns für einen Moment abzuschalten – war da wirklich etwas, oder dachte er einfach nur viel zu sehr darüber nach?
Die Magie im Wald war anders als in Hogwarts; sie war nicht menschlich, sie hatte nicht diesen metallischen Schießpulvergeruch, den Remus mit den meisten Hexen und Zauberern verband. Sie war natürlicher; weniger präzise; ein berauschender, mulchiger Geruch voller Erde und Moder. Dort drinnen war Kraft. Er wusste das instinktiv – schwindelerregende, riesige, weltbewegende Kraft. Es sollte erschreckend sein. Aber je näher Remus kam, desto sicherer war er – diese Kraft gehörte ihm, wenn er sie wollte. Alles das er tun musste, war, sie hineinzulassen. Ein weiterer Geruch offenbarte sich; ein Tier, Blut. Remus fühlte die Aufruhr des Wolfes in sich, und sein Wunsch, den Wald zu betreten wuchs, es war fast unmöglich zu widerstehen.
Padfoot bellte scharf und rannte, um sich ihm in den Weg zu stellen. Der riesige, schwarze Hund sah Remus an, das Fell in seinem Nacken stellte sich auf und er knurrte tief. Remus blinzelte, als er wieder zu sich kann. Wormtail quiekte und zitterte auf seiner Schulter – möglicherweise bereits minutenlang.
„Sirius." Remus runzelte die Stirn. „Geh weg."
Padfoot knurrte weiter. Wormtail quiekte noch einmal, bevor er Remus' Roben entlangkrabbelte und in seiner linken Tasche verschwand. Remus fühlte sich heiß und wütend – als ob ihm etwas genommen worden wäre, das er wollte. Das der brauchte . Er versuchte, einen Schritt nach vorne zu machen und Sirius verwandelte sich zurück.
„Wohin gehst du?!", sagte er, während er noch immer Remus blockierte. „Kannst du es nicht riechen?!"
Remus hörte auf mit den Versuchen, an Sirius vorbeizukommen und sah ihm in die Augen,
„Du riechst es?", flüsterte er ungläubig.
„Da ist etwas Schlimmes drin. Es muss der Wolf sein."
„Ja, das ist es", nickte Remus ungeduldig. Das war doch sicherlich offensichtlich ?!
„Ich bin mir aber nicht sicher." Sirius runzelte die Stirn.
„Ich bin mir sicher", antwortete Remus. „Lass mich vorbei."
Sirius stellte sich ihm wieder in den Weg.
„Nein", sagte er. „Du hast getan, was du gesagt hast, das du tun würdest. Wir wissen, dass der Wolf hier ist. Lass uns zurückgehen."
„Ich..." Remus starrte über Sirius' Schulter in die Dunkelheit, die winterliche Wildnis dahinter. Er wollte es so sehr. Mehr als er je etwas gewollt hatte; außer – vielleicht – den Jungen, der vor ihm stand. „Ich muss", beendete er. Es war keine genügende Erklärung, aber es war alles das er hatte.
„Da seid ihr ja! Wo ist Pete?"
Sirius und Remus' Deadlock wurde durch James' fröhliches Rufen unterbrochen. Sie drehten sich beide um und sahen, wie er aus dem Dorf auf sie zuschritt, Lily neben ihm. „Was macht ihr so weit draußen? Ich dachte du solltest deinen Geruch im ganzen Dorf verteilen oder so."
„Ja, wir gehen nur gerade wieder zurück", sagte Sirius, was in Remus' Augen ziemlich frech war, und ziemlich anmaßend.
„Ihr könnt zurück", sagte Remus. „Ich nicht."
„Wie jetzt?", fragte Lily verwirrt. „Wo ist Peter?"
Remus konnte das Gewicht Wormtails kleinen, felligen Körpers in seiner Tasche spüren, aber er sagte nichts. James quälte sich schon seit Monaten damit, wie er seiner Freundin diese Animagus-Sache beibringen sollte und jetzt war definitiv nicht der richtige Moment.
„Ich gehe nicht mit euch zurück. Ich muss hier rein." Er zeigte auf den Wald, sich bewusst, wie das klang.
„Du was?!" James sah besorgt aus. Seine Augen huschten automatisch zu Sirius, was Remus nur noch mehr nervte. Sirius war nicht sein Aufpasser, um Gottes Willen.
„Der Wolf ist da drin", erklärte Sirius, „und Moony ist komplett verrückt geworden und hat entschieden er muss da rein und sich ihm genau jetzt stellen."
Remus Kopf schnellte zurück in Sirius Richtung, entrüstet und hintergangen.
„Ich bin nicht verrückt geworden, du Idiot!", sagte er scharf. Wie sollte er erklären, dass das einfach das war, was passieren sollte? Dass er es wusste , in seinen Knochen, tief im Inneren. „Geht zurück, oder wartet hier. Ihr könnt es nicht verstehen."
„Hilf uns, es zu verstehen", Lily trat einen Schritt vor, sanft, „das bist nicht du, sich so in einen Kampf zu stürzen..."
Remus lachte ihr fast ins Gesicht. Hatten sie alle vergessen, wer er war? Was er war?
„Ich werde niemanden bekämpfen ", sagte er, „ich will nur mit ihnen reden. Das ist, was ich tun soll."
Sie starrten ihn alle an, wenig überzeugt. Seine Wut kochte erneut auf und er hatte einen sehr unschönen Gedanken – dass er einfach an ihnen vorbeikommen könnte, wenn er wollte. Die Magie im Wald war mehr als genug; sie ließ ihn sich so stark fühlen. Er könnte seine Freunde dazu zwingen, still stehen zu bleiben, und es wird ihn nicht einmal erschöpfen, er würde womöglich nicht einmal seinen Zauberstab brauchen. Diese Vorstellung brannte so hell, dass es ihm Angst einjagte.
Er sah wieder Lily an, er weigerte sich in Sirius oder James' Richtung zu sehen. „Wir lagen falsch – das ist kein Kampf. Und ich bin keine Waffe gegen die Werwölfe", versuchte er zu erklären, „ich bin ein...ich weiß nicht, ein Weg hinein. Sie müssen wissen, dass ich ihnen nichts Böses will."
„Aber Remus, wenn sie auf der Seite von Du-weißt-schon-wem sind..."
„Das sind sie nicht!", schnappte er. „Nicht alle."
Lily sah unsicher aus und Sirius brannte vor Empörung förmlich ein Loch in Remus Hinterkopf. Remus fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Sie würden es nicht verstehen. Wie sollten sie auch? Er verstand es selbst kaum. „Schaut", sagte er, „das ist wichtig, und ihr müsst mir vertrauen."
Es war keine Bitte und wurde auch nicht als solche verstanden. James und Lily sahen einander an, dann Sirius. James nickte.
„Okay Moony."
Sirius machte ein protestierendes Geräusch, aber Remus war schon so fertig, dass es ihm egal war. Er würde es später wieder gut machen, wenn er klar denken konnte; wenn jeder Instinkt in ihm nicht mehr sagen würde, mit voller Geschwindigkeit in den Wald zu sprinten.
„Okay", er nickte zurück, „bleibt hier." Er fühlte ein Ziehen im Bauch, als die Magie die Oberhand gewann – er würde nie sicher sein, ob er es absichtlich getan hatte und zu dem Zeitpunkt war es ihm auch egal.
Er drehte sich um und begann Richtung Wald zu laufen, schnelle Schritte mit seinen langen Beinen, seine Freunde hinter ihm, still, unfähig, ihm zu folgen.
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Der Songtext in der Mitte ist aus ‚Achilles Last Stand' von Led Zeppelin.
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