Chapter 24: Sechstes Jahr: September
Mittwoch, 1. September 1976
„Heuer ist das Jahr, Jungs. Heuer ist das Jahr, in dem es endlich passiert. Sechs Jahre des Wartens, und sie werden sich auszahlen."
„Du kannst unmöglich davon reden, wovon ich denke, dass du redest." Remus hob über den Rand seines Buches hinweg eine Augenbraue.
„Oh, ja." James strahlte wie ein Betrunkener. „Lily Evans wird definitiv erkennen, dass sie verrückt nach mir ist. Ich kann es fühlen."
„Bist du dir wirklich sicher?" Sirius schmunzelte. „Du hattest dieses Gefühl schon einmal."
„Hatte ich." James nickte respektvoll. „Du hast Recht, Padfoot. Aber dieses Mal ist etwas anders. Ich kann es quasi schmecken. Liebe liegt auf jeden Fall in der Luft."
„Oder Lust", murmelte Remus und blätterte um. „Die rasenden Hormone dieser beiden Idioten färben wahrscheinlich auf dich ab." Er nickte in Richtung Sirius und Peter, die beide aus dem Zugfenster schauten und nach ihren jeweiligen Freundinnen Ausschau hielten.
„Wen nennst du hier einen Idioten, Moony?", entgegnete Sirius. „Ich kann nichts dafür, dass die Frauen bei mir wild vor Verlangen werden."
„VERDAMMT, SIRIUS BLACK, ICH KÖNNTE DICH UMBRINGEN!" Marys wütendes Kreischen hätte Glas zersplittern können. Sirius sprang praktisch einen halben Meter aus seinem Sitz.
Remus schenkte ihm ein zufriedenes Nicken.
„Zumindest wild vor irgendetwas."
James lachte laut und verschluckte sich fast an einer Bertie Botts Bohne jeder Geschmacksrichtung, die er gekaut hatte.
Niemand war glücklicher über Remus und Sirius' Versöhnung als James. Er hatte nicht direkt etwas gesagt, aber sobald er bemerkt hatte, dass seine beiden besten Freunde sich nicht länger voneinander fernhielten, grinste er von einem Ohr zum anderen, als hätte er zurückgefunden zu seinem üblichen schelmischen Selbst. Und daher hatte er auch zurückgefunden zu seinem Geseufze über Lily Evans.
Lily betrat das Abteil in diesem Augenblick, gleich hinter Mary, die wie ein Wirbelwind hineingeplatzt war. Lily lächelte Remus an und nahm den freien Sitz neben ihm, er lächelte zurück und sie lehnten sich zurück, um der Show zuzusehen.
„Was habe ich gemacht?!", fragte Sirius beleidigt.
„Du weißt es wirklich nicht, oder?!" Mary stand mit ihren Händen in die Hüften gestemmt und einem angewiderten Blick im Gesicht da. Sie sah spektakulär aus, wenn sie wütend war, ihre goldenen Creolen klirrten und ihre mit Kajal umrandeten Augen waren weit aufgerissen und feurig. „Winkelgasse?!" Sie stampfte mit dem Fuß.
Sirius' Augen weiteten sich.
„Scheiße."
„Fick dich, Black!" Mary drehte sich um und stürmte hinaus. Sirius sprang auf, um ihr in den Gang zu folgen, gerade als der Zug begann, abzufahren.
„Hey, Mary, warte! Es tut mir leid...!"
Remus drehte sich zu Lily.
„Was hat er getan?"
„Er hat ihren Geburtstag vergessen." Lily grinste. „Anscheinend haben sie geplant, sich in der Winkelgasse zu treffen und sie hat zwei Stunden lang gewartet..."
„Oh, scheiße." James schlug sich auf die Stirn. „Ich hätte ihn daran erinnern sollen..."
„Du bist genauso schlimm wie er", schnaubte Lily. „Godric schütze die Mädchen, die dumm genug sind, einen von euch zu heiraten."
„Hat irgendjemand Desdemona gesehen?", fragte Peter abgelenkt. Lily schüttelte ihren Kopf und die Jungs zuckten mit den Schultern. Peter stand auf, „Ich sehe euch dann später...", und wanderte aus dem Abteil.
„Verdammte Scheiße", sagte James, „was ist mit den Rumtreibern passiert?"
„Hey, ich bin hier", sagte Remus und wandte sich wieder seinem Buch zu.
„Mein einzig wahrer Freund!" James lächelte. „Du wirst mich nie für ein Mädchen verlassen, oder Moony?"
„Auf keinen Fall", erwiderte Remus und blätterte um.
„Warte!", rief Lily und packte Remus' Schulter. „Deshalb nennen sie dich Moony?!"
Remus schenkte ihr ein schiefes Grinsen und nickte ganz leicht. Lily sah verblüfft aus.
„Ich kann nicht glauben, dass ich es nicht früher rausgefunden habe!"
„Warte mal." James runzelte die Stirn. „Was rausgefunden? Es ist nur ein Insiderwitz, oder Remus? Irgendein dummes Ding, das wir uns als Kinder einfallen lassen haben, kein großes Geheimnis oder ein–"
„Prongs", Remus schüttelte lachend seinen Kopf, „es ist in Ordnung; sie weiß es."
James' haselnussbraune Augen weiteten sich und er starrte sie beide an. Lily kicherte, ihre Augen spöttisch, und Remus verstand plötzlich genau, warum sie James so verrückt machte.
„Du bist ein Idiot, Potter. Aber wenigstens kannst du ein Geheimnis bewahren."
„Ja, natürlich." James richtete seinen Rücken gerade und streckte seine Brust heraus. „Wir würden alles für Moony tun."
Remus war ziemlich gerührt davon und musste sein Buch heben, um sein Gesicht zu verdecken. Er hoffte, dass Lily wusste, dass James es wirklich ernst meinte und nicht prahlte, um ihre Anerkennung zu bekommen. Die Abteiltür glitt auf und Marlene trat ein. Sie hatte ihre Haare über den Sommer in einen eleganten Bob schneiden lassen, wie Mia Farrow. Es stand ihr sehr gut. Sie lächelte, nickte ihren Freunden zu und setzte sich neben James.
„Sirius und Mary liefern sich ein ordentliches Schreiduell da draußen, es ist verrückt." Sie sah Lily, dann James, dann Remus an. „Was hab ich verpasst?"
* * *
Mary vergab Sirius, als sie Hogwarts erreicht hatten, mit dem Versprechen, dass er mit ihr einen Tag in Hogsmeade verbringen würde, um es wiedergutzumachen. Remus war zufrieden – er konnte das wirklich ehrlich und aufrichtig sagen, ohne Bitterkeit. Er spürte, dass Sirius im Badezimmer der Potters einen Strich unter ihren Kuss gezogen hatte, und es lag an ihm, Remus, diesen Strich zu ehren und zu respektieren.
Sirius mochte Mary. Remus würde einfach darüber hinwegkommen müssen, das war alles. Und ja, in Ordnung, manchmal fantasierte Remus darüber, die Vertiefung bei Sirius' Schlüsselbein zu küssen oder eine Linie von der Kuhle seines Halses bis hinunter zu seinem Nabel zu ziehen – na und?! Das war rein Remus' Problem. Er würde seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes fokussieren müssen. Vielleicht war Christopher über den Sommer ja wahnsinnig attraktiv geworden.
Das Festessen und die Zuordnungszeremonie waren so großartig und beruhigend vorhersehbar wie immer. Die Freunde quatschten über ihre neuen Stundenpläne (Lily war extrem enttäuscht, als sie von Remus' Entscheidung erfuhr, Zaubertränke abzuwählen, aber er versprach, ihr in Zauberkunst weiterhin einen harten Wettkampf zu liefern), ihre Sommer (und vermieden dabei diskret Marys Geburtstag) und den drohenden Druck der NEWTs. Alles war schön normal, dachte Remus, als sie ihren Nachtisch aufaßen und gähnend aufstanden, bereit fürs Bett.
„Ich bin erledigt", sagte James und streckte sich. „Früh ins Bett heute, eh Marlene? Training als Erstes– –"
„Oh nein, tust du nicht, Potter, du kommst mit mir", sagte Lily streng. Er blinzelte, als könnte er sein Glück nicht fassen. Sie sah ihn finster an. „Wir müssen die Erstklässler hinaufführen – hast du jetzt schon vergessen, dass du Vertrauensschüler bist?!"
„Oh scheiße, ja – – ich meine, verdammt – – ich meine... ups."
Lily stieß einen missbilligenden Laut aus und stand auf.
„Wir werden an deiner Sprache auch noch arbeiten. Komm." Sie sah die anderen an. „Passwort ist ‚Löwenherz'."
Sie dankten ihr und gingen voraus, ließen James zurück, der verwirrt, aber dankbar aussah.
Sirius schmiss sich in den größten, bequemsten Polstersessel im Gemeinschaftsraum und nahm genug Platz für drei Leute in Anspruch. Mary schloss sich mit einem gutmütigen Lächeln an und legte ihre kleinen Füße über seine Beine. Peter und Marlene begannen ein Schachspiel am Teppich vor dem Feuer und Remus nahm sein Buch. Alles so, wie es sein sollte, lächelte er friedlich.
Nach einem Kapitel wurde Sirius offensichtlich langweilig.
„Wann ist denn unsere erste Party?", fragte er in den Raum.
„Unser erstes Match ist im November", sagte Marlene vom Boden her, ihre Augen auf das Spiel gerichtet. Man konnte nicht für einen Moment wegschauen, wenn man mit Peter spielte – niemand wusste, wie er es anstellte. „Du kannst eine Siegesfeier organisieren, wenn du willst, Black."
„Das ist Eeewigkeiten entfernt", schnurrte Mary. „Halloween? Kurz vor deinem Geburtstag. Wir könnten sie nach dem Festessen veranstalten."
Remus' Magen knurrte bei der Erwähnung eines Festmahls. Er legte sein Buch weg.
„Denkt ihr, es ist noch genug Zeit, um hinunter zu den Küchen zu gehen..."
„Du kannst unmöglich hungrig sein." Sirius hob eine Augenbraue. „Du hattest drei Portionen von der Nachspeise!"
„Du hast wahrscheinlich recht." Remus seufzte und lehnte sich wieder zurück in seinem Polstersessel. Er rutschte zur Seite, ließ seine langen Beine über das Ende baumeln, kickte seine schmutzigen Tennisschuhe weg und wandte sich wieder seinem Buch zu. Es war Dickens – Die Pickwickier - und lustig, aber trocken, sodass man sich wirklich konzentrieren musste, um die lustigen Stellen überhaupt zu finden. Leider waren ein voller Magen, ein langer Tag und ein warmer Kamin nicht förderlich für die Konzentration und Remus dämmerte bald weg.
Es musste nur eine halbe Stunde vergangen sein, als Remus von lärmendem Gelächter geweckt wurde.
„Halt still, Potter!"
„Ich versuche es!"
Remus blinzelte ein paar Male, verwirrt und verschlafen. Er blickte umher und sah Peter und Marlene am Kaminvorleger kichernd herumrollen. Mary stand neben Lily in der Nähe des Portraitlochs, wo James einen sehr komplizierten und dynamischen irischen Jig vorzuführen schien. Remus lächelte verschlafen und setze sich auf, sein Rücken wund, weil er wie ein Klappstuhl zusammengefaltet geschlafen hatte. Er drehte sich nach links, nur um die Knorpel in seinem Nacken zum Knacken zu bringen, und ertappte Sirius dabei, wie er ihn mit einem sanften, unbewussten Lächeln ansah. Remus hob eine Augenbraue, was den Zauber zu brechen schien, denn Sirius blinzelte und sah dann schnell weg.
„Was ist passiert?", fragte Mary mit ihren Händen in die Hüften gestemmt.
„Dieser dumme Idiot wollte angeben, wie üblich. Sein Zauber hat eine Rüstung getroffen und ist reflektiert." Lily lachte und versuchte gleichzeitig, James lange genug zu bedrängen und ihn still halten zu lassen, um den Gegenspruch auszuführen.
„Wen hast du versucht zu verhexen?!" Sirius stand jetzt auf und überquerte den Raum.
„Den verdammten Mulciber", sagte James mit einem lächerlich finsteren Blick im Gesicht, während seine Beine energetisch unter ihm herumflogen.
„Petrificus Totalus", sagte Sirius mit einem Gähnen. James fror ein und fiel steif wie ein Brett zu Boden.
„Black!" Lily seufzte.
„Was?!" Sirius grinste. „Ich wollte nur helfen!"
Remus kicherte, während er sich noch immer streckte. Es war wahrscheinlich Zeit fürs Bett. Er stand langsam auf, als Sirius, Mary und Lily über James standen und darüber stritten, welcher Spruch als Erstes gebrochen werden sollte – der tanzende oder der versteinernde – und Sirius war dafür, ihn einfach in sein Bett schweben zu lassen, so wie er war.
Gerade als Remus in Richtung der Jungenschlafsäle ging, erspähte er Christopher. Der Fünftklässler kam die Treppe hinunter, mit einem schimmernden, silbernen Vertrauensschülerabzeichen stolz auf seine Brust gepinnt. Leider war Christopher nicht unglaublich gutaussehend über den Sommer geworden – eigentlich eher im Gegenteil. Er war offensichtlich irgendwo gewesen, wo es sehr heiß und sonnig gewesen war, und seine blasse, englische Haut war hellrot verbrannt und schälte sich grotesk an der Nase ab.
Sie starrten einander einen Moment an, bevor Christopher auf seine Füße blickte und dann ohne ein Wort wegging. Remus spürte einen schuldbewussten Stich. Er würde sich irgendwann entschuldigen müssen.
* * *
Mittwoch, 8. September 1976
„Nun, da ihr die OWLs hinter euch gebracht habt und eure NEWTs über ein Jahr entfernt sind, tappt nicht in die Falle zu glauben, das wäre ein einfaches Jahr. Euer sechstes Jahr legt den Grundbaustein für eure vertiefenden Prüfungen und die Arbeit, die ihr leistet, wird ausschlaggebend dafür sein, eure vorhandenen Möglichkeiten zu bestimmen, sobald ihr die Schule verlasst..."
Remus kämpfte gegen ein Gähnen an. Er hätte sich vielleicht nervös, besorgt, zum Handeln angespornt fühlen sollen – und das war er gewesen. Das erste Mal, als er diese Rede gehört hatte. Sie waren zur Hälfte durch ihre erste Woche des sechsten Jahres und bis jetzt hatte jeder Lehrer eine Variation dieser Ansprache vorgeführt. Diesen Morgen wurde der Vortrag von Professor Flitwick gegeben und das machte es nur wegen seiner quietschenden, kleinen Stimme ein wenig interessanter.
Remus sah aus dem Fenster. Es war Vollmond heute Nacht und er war ruhelos. Er hatte ein schreckliches Gefühl deswegen, sowie seine üblichen frühen Stiche und Adrenalinwogen. Es war der erste Vollmond, den er seit dieser furchtbaren Nacht im Juni mit den Rumtreibern verbringen würde. Es war der erste Vollmond nach dem Werwolfangriff im August – seit er von St. Edmunds weggelaufen war.
Die Morde lasteten schwer auf seinen Gedanken. Die Familie hatte Munday geheißen – beide Eltern waren muggelstämmig gewesen. Es war in den Zeitungen gewesen und Remus hatte alles, das er konnte, darüber gelesen, während er bei den Potters war. Er hatte hinauf und hinunter nach einer Erwähnung von Greyback gesucht, nach einem Foto, einer Beschreibung – irgendetwas. Wenn dieser... Mann hinter ihm her war, dann musste er mit Informationen bewaffnet sein. Aber da war nichts. Die Presse veröffentlichte nichts, das Moody ihm nicht schon erzählt hatte.
Der Brief an Ferox war schon vor fast einer Woche geschrieben worden. Dieser war in Remus' Hosentasche nun erpicht darauf, verschickt zu werden. Er hatte darauf gewartet, eine Chance zu bekommen, allein in die Eulerei zu schleichen.
Lieber Professor Ferox,
[Er wusste, dass Ferox kein Professor mehr war, aber er wusste nicht, wie er ihn sonst nennen sollte und er konnte sich nicht überwinden, ihn so vertraulich wie ‚Leo' anzusprechen.]
ich hoffe, es ist okay, dass ich Ihnen schreibe. Ich hätte ein paar Fragen und mir fiel niemand sonst ein, der sie vielleicht beantworten könnte. Ich habe mit Alastor Moody gesprochen, während ich bei den Potters über den Sommer war, und er sagte, Ihnen gehe es gut. Ich hoffe, Sie sind nirgendwo, wo es zu gefährlich ist.
Moody hat mir erzählt, dass die Munday-Familie von Greyback ermordet wurde. Er sagte, dass Greyback vielleicht versuchen würde, mich zu finden, um mich dazu zu bringen, mich ihm anzuschließen. Ich hoffe, Sie wissen, dass ich mich niemals dieser Seite anschließen würde. Ich will allerdings vorbereitet sein, wenn er kommt, um mich zu holen. Können Sie mir irgendetwas Nützliches erzählen? Ich weiß nicht einmal, wie er aussieht.
Es tut mir leid, Sie damit zu stören, aber Sie sind die einzige Person, die ich fragen kann, weil Sie meinen Vater gekannt haben und mich kennen.
Vielen Dank,
Remus J. Lupin
Er wusste, dass man Briefe mit ‚mit freundlichen Grüßen' oder ‚hochachtungsvoll' oder etwas in der Art abschließen sollte, aber es schien so dumm und formell. Er machte sich Sorgen darüber, dass Ferox vielleicht denken würde, er versuchte zu sehr erwachsen zu wirken.
„Moony? Aufwachen!" Sirius schüttelte ihn an der Schulter.
„Was?!" Remus sah auf, blinzelnd und benommen. Sirius stand über ihm und alle anderen packten ihre Sachen zusammen.
„Stunde ist vorbei, Dummchen. Wohin bist du abgedriftet?"
„Nur abgelenkt", erwiderte Remus. Er stand auf, schaufelte seine Auswahl an Feder und Pergament in seine Schultasche und stand auf.
Sirius' Züge wurden weich. Er lehnte sich zu ihm und sagte sehr gedämpft,
„Ist es wegen heute Nacht? Bist du nervös?"
Remus gab ihm eine Art halbes Schulterzucken, halbes beruhigendes Lächeln.
„Nicht mehr als sonst."
„Wir haben jetzt eine Freistunde", sagte Sirius munter – er genoss seinen NEWT-Stundenplan sehr, da er vier Fächer abgewählt hatte. „Willst du bei den Gewächshäusern vorbeischauen?"
„Nah", Remus grinste, „is' okay. Ich, eigentlich... Ich muss zur Eulerei gehen. Muss einen Brief absenden."
„Oh, ja? Ich komm mit dir, James hat noch ein dummes Vertrauensschülertreffen. Ich schwöre, du bist nie zu so vielen Treffen gegangen."
„Nah, ich hab das irgendwie alles Evans überlassen, um ehrlich zu sein." Remus schmunzelte. „Natürlich habe ich ja auch nicht versucht, sie zu beeindrucken."
Sirius lachte.
„Zu verdammt richtig – zumindest du weißt, wo deine Prioritäten liegen, Moony. Für wen ist der Brief?"
„Ähh... ist es okay, wenn du nicht nachfragst?" Remus sah hinunter, als sie das Klassenzimmer verließen und er mit einem leicht größeren Schritt ging als sonst, sodass Sirius schneller gehen musste, um mitzuhalten. Es war ein billiger Trick, aber es musste ein paar Vorteile geben, so groß zu sein.
„Oh, klar, Kumpel." Sirius nickte respektvoll. „Lass dich nicht stören, mir ist nur langweilig, weißt du."
Er war extrem nachgiebig gewesen in letzter Zeit, eifrig, Remus mit allem zu versorgen, worum er bat. Remus dachte, er könnte vielleicht damit davonkommen, mit Sirius' Zustimmung Mary beim Abendessen auf dem Gryffindortisch zu knutschen, so wie die Dinge standen.
Sie marschierten schnell hinauf zur Eulerei – mit dem zunehmenden Mond schossen Remus' Energielevel durch die Decke – dann gingen sie im Gänsemarsch die letzte schmale Wendeltreppe hinauf.
Die Eulerei war ein schöner Ort, nach jedermanns Geschmack (sofern man den Geruch nach Vogelscheiße ignorierte), mit dem besten Ausblick über das restliche Schloss. Es war ein heller und luftiger Ort mit hohen Dachsparren, erfüllt von den sanften Geräuschen der schlafenden Eulen. Sirius hielt sich pflichtbewusst in respektablen Abstand zurück, während Remus die am robustesten aussehende Eule auswählte (er hatte keine Ahnung, wo Ferox war oder wie weit er weg war, und er wollte einen Vogel, der dem Job gewachsen war), seinen Brief anhing und sie durch das riesige Panoramafenster entließ.
Sirius lehnte sich aus dem Fenster an der gegenüberliegenden Seite und starrte hinunter auf den verbotenen Wald.
„Wie weit denkst du, dass wir gekommen sind, letztes Jahr?", fragte er. „Einige Meilen mindestens..."
„Mindestens", stimmte Remus zu und gesellte sich zu ihm ans Fensterbrett.
„Denkst du, wir könnten diese Berge erreichen? Da sind Höhlen, wette ich. Ich hab früher den Gedanken ziemlich gemocht, in einer Höhle zu leben, als ich klein war. Reggie und ich wollten von Zuhause weglaufen und Höhlenbewohner werden."
„Spinner." Remus schüttelte den Kopf. „Es wäre eiskalt."
„Ja, nun, man denkt nicht an solche Sachen, wenn man sieben ist, oder?"
„Vermutlich. Ich habe nie wirklich daran gedacht, wegzulaufen, um ehrlich zu sein. Viele Jungs haben es wirklich gemacht, aber die Polizei hat sie normalerweise zurückgebracht. Die Hausmutter hat immer gesagt, dass es ihr gleich wäre, wenn einer von uns vermisst werden würde – sie würde am Ende der Woche trotzdem bezahlt werden."
„Moony, das ist..."
Remus lachte und rückte weg.
„Komm, lass uns hier verschwinden, ich bin hungrig."
Sie begannen einen etwas langsameren Abstieg die Wendeltreppe hinunter, aber mussten nach der Hälfte stehen bleiben, da sie Schritte heraufkommen hörten. Remus' Magen sank, als er sah, dass es Christopher war. Er hatte sich ein wenig von seinem Sonnenbrand erholt, aber er glühte noch immer rot auf seinen Wangen und seiner Nase. Er erstarrte, als er Sirius sah und Remus gleich hinter ihm.
Die beiden Jungs drückten sich gegen die Wand, so weit sie konnten, um ihn vorbeizulassen.
„Hi Chris." Remus lächelte höflich.
„Hi", erwiderte Christopher ohne Augenkontakt aufzunehmen. Ah. Er war definitiv noch immer verärgert darüber, wie Remus mit ihm am Ende des letzten Semesters gesprochen hatte. Remus war darüber besorgt – aber er vermutete, er verdiente die kalte Schulter ein bisschen. Der Silberanstecker glänzte auf Chris' Roben und Remus versuchte, nicht zusammenzuzucken. Er konnte es in seinen Zähnen fühlen, eine schwindelerregende, kranke Empfindung.
„Glückwunsch zum Vertrauensschüler", sagte er und versuchte dabei freundlich und ermutigend zu klingen.
„Ja... danke." Christopher nickte. Er sah noch immer nicht wirklich auf, sondern blickte irgendwie auf eine Stelle über Remus' linker Schulter und schenkte ihm ein schwaches Lächeln, als er vorbeiging.
Die Nähe zum Silber war extrem unangenehm und Remus' Kopf schwamm, es ließ ihn schwindeln. Als Christopher sich an den beiden vorbeidrückte, schwankte Remus nach vorne und er musste nach Sirius' Schulter greifen, um sich im Gleichgewicht zu halten. Er musste sich auf seine Atmung konzentrieren, um zu verhindern, dass er vollends das Bewusstsein verlor, bis Christopher die Eulerei erreicht hatte und bemerkte kaum, dass Sirius als Unterstützung einen starken Arm um seinen Rücken geschoben hatte.
Als er seine Augen öffnete und die Benommenheit vorüberging, dachte Remus, es mussten nur ein paar Sekunden gewesen sein, dass sie so dastanden, aneinander geklammert in dem düsteren Treppenhaus. (Ich muss aufhören, mit ihm in engen Räumen stecken zu bleiben, schimpfte der logische Teil von Remus' Gehirn.) Er erkannte, dass er Sirius' Schulter ziemlich hart gepackt hatte und ließ schnell los, trat zurück und richtete seine Roben.
„Entschuldigung", sagte er. „Hat mich überrumpelt."
„Is' okay." Sirius lächelte, drehte sich weg und ging die Treppe weiter hinunter. „Ein weiterer Grund, Vertrauensschüler zu hassen, hm?"
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