Chapter 19: Fünftes Jahr: Die Woche danach

Keine spezifischen CWs, aber das Kapitel ist nicht besonders fröhlich. Falls du es im Moment schwer hast, tu dir selbst etwas Gutes und lies erst später weiter.--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Anyone who ever had a heart

Wouldn't turn around and break it

And anyone who ever played a part

Wouldn't turn around and hate it.

Sonntag, 13. Juni 1976

Alles tut weh, war Remus' erster Gedanke beim Aufwachen. Der nächste Gedanke war – wo sind sie? Niemand war gekommen. Es war warm, zu warm für Juni, und sein Herz wollte nicht aufhören, mit den Überresten der Frustration des Wolfes zu pochen. Er stand auf und taumelte blutüberströmt zum Bett.

Es hätte ihr letztes Hurra sein sollen, dachte er kläglich. Sie wollten Einhörner jagen. Was war passiert?

Sofort begann er sich Sorgen zu machen – etwas Schreckliches musste geschehen sein, etwas wirklich Schreckliches, das dafür gesorgt hatte, dass keiner der Rumtreiber hatte kommen können. Selbst einzeln hätte einer von ihnen kommen können, um ihm wenigstens ein bisschen Gesellschaft zu leisten. Sogar Wormtail.

„Guten Morgen, Liebes", sagte Madam Pomfrey und betrat eilig den Raum. Sie war nervöser als sonst, das konnte er an ihr riechen. Es war etwas passiert. Nur konnte er sich schlecht danach erkundigen, ohne etwas zu verraten.

„Oh, du armes Ding, es war rundum eine ziemlich aufregende Nacht, was?" Sie begann seine tiefsten Wunden zu heilen.

„Was meinen Sie mit ‚rundum'?", fragte er und versuchte nicht zu angespannt zu klingen.

„Oh... nichts, Liebes, überhaupt nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste."

Im Krankenflügel hätte er gerne versucht wach zu bleiben, aber Madam Pomfrey stellte sicher, dass er seinen Schlaftrank austrank und er fiel augenblicklich in einen tiefen Schlaf.

„Remus? ... Psst... Bist du wach?"

Remus öffnete trüb seine gereizten Augen und ein verschwommenes Bild von James kam in Sicht. Nur James' Kopf.

„Prongs?", krächzte er.

„Shh", murmelte James und bewegte kaum seine Lippen. „Pomfrey lässt niemanden herein, um dich zu sehen. Ich musste mich unter dem Umhang hineinschleichen. Bist du okay?"

„Nicht wirklich". Er konnte seine neuen Narben bereits fühlen, ohne sich zu bewegen. „Was ist passiert? Ihr seid nicht gekommen."

Sein Freund hatte einen ungewohnten Ausdruck im Gesicht. Zumindest ungewohnt für James' Gesicht. War es Scham?

„Es tut mir wirklich leid, Moony."

„Warum?! Was ist passiert?", fragte Remus erneut, seine Stimme wurde härter. „Ich kann mich an nichts erinnern."

„Es war ... Godric, ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll."

„Versuch es."

Wo war Sirius? Warum war er nicht hier?! Remus wollte es schreien.

„Schau, bitte sei nicht zu böse auf ihn, okay? Er ist ein Idiot, ein verdammt dummer Idiot, aber ich glaube nicht, dass er nachgedacht hat, ich glaube nicht, dass er wollte..."

Ah. Es dämmerte Remus allzu schnell.

„James. Was hat Sirius getan?"

James war noch nie unehrlich gewesen, seit Remus ihn gekannt hatte. Und doch, als die Geschichte aus ihm herausströmte, war sie immer noch mit kleinen Notlügen gemildert – ob er damit Remus oder Sirius beschützen wollte, war nicht klar. Sirius hatte nicht nachgedacht. Er war rücksichtslos gewesen. Er hatte ihm keinen Schaden zufügen wollen.

Aber er hatte viel Schaden angerichtet, ob er wollte oder nicht – und es hätte noch viel schlimmer ausgehen können.

„Er... hat es Snape erzählt", wiederholte Remus und versuchte die Situation in den Griff zu bekommen. Er fühlte ein schreckliches, krankes, stacheliges Gefühl, das in seinem Magen begann und sich nach oben schlich.

„Nicht... nicht so richtig", blinzelte James und benetzte seine Lippen. „Er hat ihm nur gesagt, wie die peitschende Weide funktioniert und Snape... du weißt, wie Snape ist."

„Ich weiß, wie Sirius ist."

James nickte, als würde er akzeptieren, dass dies fair genug war.

„Niemand wurde verletzt. Sirius hat in letzter Minute Angst bekommen und es mir gesagt. Ich habe es geschafft, Sniv – Snape – davon abzuhalten, zu nahe zu kommen, aber ..."

„Er hat mich gesehen." Remus hatte ein Gefühl, als ob er krank würde. In seinen Ohren dröhnte es schrecklich, als würde er in eine dunkle Grube fallen, eine verzweifelte Schlucht. Er schloss die Augen. „Kannst du bitte gehen, James?"

„Wir wären gerne gekommen, Pete und ich, wir wären gekommen, aber Snape ist zu Dumbledore gegangen und du warst so aufgewühlt..."

„James! Ich will, dass du gehst", zischte er und schloss die Augen.

„Aber Moony..."

„Bitte."

„...Okay Kumpel. Okay. Aber ich komme wieder."

Remus sagte nichts, öffnete nicht einmal wieder seine Augen, bis er den Vorhang rascheln hörte und wusste, dass er allein war. Schließlich steckte Madam Pomfrey den Kopf um die Ecke.

„Hallo, Liebes", sagte sie leise, „ich habe hier noch einen Schlaftrank... ich weiß, dass du ihn nicht willst, aber..."

„Geben Sie her", krächzte er und streckte sofort einen schmerzenden Arm aus. Er würde alles tun, um seine Gefühle verschwinden zu lassen. Alles, um nicht mehr nachdenken zu müssen.

Er hätte so etwas kommen sehen müssen, auch wenn James es nicht getan hatte. Sirius befand sich seit Weihnachten im freien Fall und die einzige Frage war gewesen, wen er vernichten würde, wenn er letztendlich aufschlug.

* * *

Montag, 14. Juni 1976

Remus Lupin würde Sirius Black niemals vergeben.

Diese Entscheidung traf er in dem Moment, als er das zweite Mal nach diesem schrecklichen Mond aufwachte. Das Gewicht des Ganzen fiel auf ihn herab und er fühlte eine Wut, die so rein war, dass sie wie Fieber brannte. So fühlte sich Verrat an.

Er war schon lange nicht mehr so wütend gewesen. Am Ende seines vierten Jahres hatte Remus leise beschlossen, seine Abwehr zu senken, sich zu öffnen und zu entspannen – zumindest um seinen Freunde herum. Alle auf Distanz zu halten – allen ein wenig Angst einzujagen – hatte sich als zu anstrengend erwiesen, um es lange durchzuziehen.

Aber jetzt. Jetzt fand Remus es wirklich sehr einfach. Er sprach kaum mit Madam Pomfrey, außer um zu verlangen, ein paar zusätzliche Nächte im Krankenflügel zu verbringen.

„Wirklich, Remus, Ruhe ist wichtig, aber den ganzen Tag im Bett zu bleiben ist nicht gesund. Du brauchst Bewegung."

„Ich fühle mich nicht gut", wiederholte er immer wieder unter der Decke. Es war kindisch, aber sie ließ ihn kindisch sein. Sie wusste, was passiert war. Sie hatte Mitleid mit ihm. Also gab sie nach und meldete ihn für eine weitere Nacht ab.

Dumbledore war der Schlimmste. Der Bringer der schlechten Nachrichten war wie immer am Abend danach angekommen, um seine eigene nutzlose Perspektive auf die Situation zu bieten. Remus setzte sich mit verschränkten Armen, unerschütterlich und unbeweglich im Bett auf.

„Du wirst erfreut sein zu hören, dass Mr. Snape sich erheblich beruhigt hat", sagte Dumbledore. „Er hatte sicherlich einen Schreck, aber er wurde überzeugt, im besten Interesse seiner Schule und seiner Mitschüler zu handeln."

Remus schnaubte. Dumbledore reagierte nicht.

„Es ist also kein Schaden entstanden. Ihr Freund, Mr. Black–"

„Nicht mein Freund", sagte Remus, ohne Dumbledore anzusehen. Er starrte nach vorne.

„Remus..."

„Wird er rausgeworfen?"

„Nein", sagte Dumbledore leise. „Was Sirius getan hat, war unglaublich dumm, unglaublich gefährlich. Aber es war ein Fehler. Ich habe keinen Zweifel, dass er es wirklich bereut. Er hat gestern eine wertvolle Lektion gelernt."

„Oh, großartig", schnaubte Remus erneut und festigte seine Arme, als ob sie alles wären, was ihn zusammenhielt. „Solange der Black-Erbe eine gute moralische Lektion gelernt hat. Solange es seiner persönlichen Entwicklung zugutekommt."

„Remus..."

„Solange wir alle darauf zurückblicken und denken können, ah, was für ein ausgezeichnetes Gleichnis! Gott sei Dank wissen wir jetzt alle genau, was passiert, wenn man seinen Feind einem tödlichen verdammten Monster hinterher schickt!"

„Remus!"

Er verstummte, sein Gesicht war heiß und er sah schließlich Dumbledore an. Kühle, vergissmeinnicht-blaue Augen starrten ihn an. Remus wurde an ihr erstes Treffen erinnert. Er war damals auch unhöflich und wütend gewesen. „Du hast jedes Recht dich so zu fühlen", sagte Dumbledore ruhig wie immer. „Und sei versichert, Sirius wird bestraft."

Remus wollte etwas Sarkastisches über die Wirksamkeit von Nachsitzen murmeln, wenn es um Sirius Black ging. Aber er tat es nicht. Dumbledore fuhr fort. „Ich werde dich jetzt warnen, wie ich es schon einmal getan habe, als ein kindischer Streich außer Kontrolle geriet. Leidenschaft ist eine wichtige Eigenschaft, aber wir müssen alle lernen, Kontrolle auszuüben."

„Etwas spät dafür."

„Du wurdest von jemandem, der dir nah steht, schrecklich enttäuscht und es tut mir sehr leid. Aber du kannst nicht zulassen, dass dieser Vorfall..."

„Leute in meiner Nähe haben mich im Stich gelassen, seit ich fünf Jahre alt war", sagte Remus bitter. „Ich bin daran gewöhnt. Wie auch immer." Er bückte sich in seinem Bett und wünschte, Dumbledore würde weggehen und ihn in Ruhe lassen. „Wir waren uns nicht wirklich nahe."

„Das ist schade", antwortete Dumbledore. Er stand auf. „Weil wir uns alle bald mehr denn je brauchen werden. Vergib und vergiss, Remus."

Remus verabschiedete sich nicht, er rollte sich einfach zurück und versuchte zu schlafen.

* * *

Madam Pomfrey ließ ihn nicht drei Nächte hintereinander bleiben. Er ging stattdessen direkt zu Professor McGonagall. Er klopfte zweimal an die Tür und stürmte dann direkt hinein.

„Remus! Geht es dir wieder gut?"

„Schicken Sie mich zurück."

„Wie bitte?", erwiderte seine Hauslehrerin und stand hinter ihrem Schreibtisch auf.

„Schicken Sie mich zurück", wiederholte er mit geballten Fäusten. „Nach St. Edmunds. Die Prüfungen sind durch, es gibt keinen Grund mehr für mich hierzubleiben."

„Remus, das Schuljahr ist noch nicht beendet. Wenn es dir nicht schlecht geht, kann ich dich nirgendwohin schicken."

„Also bin ich ein Gefangener?"

„Natürlich nicht, du dummer Junge. Setz dich."

Er dachte darüber nach, sich zu weigern oder sogar aus dem Raum zu stürmen. Aber sie war so streng und ihm war schon in jungen Jahren eingeflößt worden, den erhobenen Stimmen älterer Frauen zu gehorchen. Sie setzte sich ebenfalls und etwas Farbe wich aus ihrem Gesicht. Sie schwang ihren Zauberstab und eine Teekanne erschien, zusammen mit zwei Tassen und Untertassen. „Tee, Mr. Lupin?"

„Nein, danke."

„Komm schon", missbilligte sie und schenkte ihm trotzdem eine Tasse ein. „Ich finde, dass die unangenehmsten Gespräche mit den richtigen Erfrischungen einfacher gemacht werden können. Bedien dich an einem Keks." Sie nickte zu einem Teller, der einen Moment zuvor noch nicht dort gewesen war.

„Mir geht es gut. Ich will nur gehen", sagte er, seine Stimme so leise wie er konnte.

„Ja, so viel wurde klargestellt." Sie nippte an ihrem Tee. „Aber ich werde dich nicht zurück nach St. Edmunds schicken."

„Dann sagen Sie Madam Pomfrey, dass ich im Krankenflügel schlafen darf."

„Das werde ich nicht tun. Du hast ein hervorragendes Bett im Gryffindorturm."

„Ich kann dorthin nicht gehen."

„Wir Gryffindors laufen nicht vor unseren Problemen davon, Mr. Lupin."

„Ja, aber Slytherins rennen vor Werwölfen davon", spie er zurück. Er sah sie an und fixierte sie mit einem Blick, von dem er glaubte, er hätte ihn fast perfektioniert. „Ich wäre verhaftet worden. Nach Askaban geschickt oder oder oder... oder exekutiert! Ich hätte nicht einmal gewusst, was ich getan habe – und es ist alles seine Schuld!"

Oh nein, er musste aufhören. Er befand sich in ernsthafter Gefahr in Tränen auszubrechen, und das durfte nicht passieren. Unter keinen Umständen würde Remus anfangen zu weinen.

McGonagall war nett und wartete, bis er sich wieder im Griff hatte. Er holte ein paar kurze Atemzüge und ließ seine Locken in sein Gesicht fallen, bevor er ihr schließlich wieder in die Augen sehen konnte. „Ich kann nicht in einem Raum mit der Person schlafen, die das getan hat."

„Das ist völlig nachvollziehbar", sagte sie sanft.

Er blinzelte. „Was?"

„Ich bin nicht ganz herzlos, Mr. Lupin", lächelte sie. „Glauben Sie mir, ich weiß, wie Sie sich fühlen müssen – oder ich kann es mir zumindest vorstellen. Und ich kann Ihnen sagen, dass ich selbst ernsthafte Worte mit Mr. Black gesprochen habe – er ist raus aus dem Quidditchteam, hat für den Rest des Jahres Nachsitzen, hat hundert Punkte verloren... Aber wir können keine drastischen Änderungen an euren Schlafarrangements vornehmen, ohne dass jemand nach dem Grund fragt."

Es klickte. In den letzten Tagen hatte Remus seinen Schmerz in den Mittelpunkt des Universums gestellt. Er hatte vergessen, dass niemand in der Schule etwas wusste.

„Oh", war alles, was er aufbringen konnte.

„Es tut mir leid, Remus", sagte McGonagall. „Es ist eine schreckliche Grausamkeit. Aber es muss so sein."

„Das erinnert mich an etwas." Er fischte in seiner Tasche nach seinem Vertrauensschülerabzeichen. Er hatte den Verwandlungszauber gebrochen und es in Seidenpapier eingewickelt, aber es fühlte sich trotzdem heiß in seiner Hand an. Er legte es auf den Schreibtisch. „Nehmen Sie das zurück. Geben Sie es... Ich weiß nicht, James oder so. Ich kann es nicht mehr tun."

„Remus", McGonagall klang jetzt traurig und plädierte, „lass dich davon nicht zurückwerfen. Rede mit deinen Freunden."

Er zuckte nur mit den Schultern. „Kann ich gehen?"

* * *

Er ging in die Bibliothek. Wohin sonst? Es wäre für die Rumtreiber einfach genug ihn zu finden, wenn sie wollten, aber sie hatten auch die Karte. Es gab keinen Ort, an dem er sich verstecken konnte, außer vielleicht der heulenden Hütte und Remus wäre verdammt, wenn er sich jemals dort länger aufhalten würde als unbedingt notwendig.

Glücklicherweise schienen alle anderen draußen zu sein und den Frühsommersonnenschein zu genießen, sodass die Bibliothek so gut wie leer war. Er las – oder versuchte es jedenfalls. Es war nicht leicht, sich zu konzentrieren, wenn sein eigenes Gehirn ihn immer wieder unterbrach.

Hättest ihn nich' knutschen soll'n.

Hey, verpiss dich, ich bin nicht in Stimmung.

Oh, wie charmant! Du bist der, der immer wieder versucht, mit mir zu reden.

Ich will mit Grant sprechen, nicht mit dir. Du bist ein scheiß Ersatz.

Nun, du musst dich fragen, was das über dich aussagt, oder nich'. Find jemand realen, mit dem du dich unterhalten kannst, wenn dir das lieber ist.

... Was hat das mit dem Kuss zu tun?

Ooooh, hört, hört, jetzt ist es ein „Kuss"! Knutschen ist gut genug für Grant, aber für den großartigen und glorreichen Sirius Black ist es "küssen"?

Sei entweder hilfsbereit oder lass mich in Ruhe.

Ich hab's dir gesagt – oder der echte Grant hat es dir gesagt – du sollst ihn nicht küssen. Du dachtest, du seist damit davongekommen, als er sich entschieden hat, es zu ignorieren, aber jetzt musst du zahlen.

Also meinst du, ich bin Schuld.

So hört's sichs wohl an.

Das ist nicht sehr nett.

Sollt' ich's sein?

Ich vermisse Grant.

Pech.

Schließlich wurde es dunkel. Er verpasste das Abendessen – er glaubte sowieso nicht, dass er vor den Rumtreibern etwas essen hätte können. Also wartete er. Bis zum Ende des Schuljahres waren es nur noch zwei Wochen. Er konnte sie so lange meiden, er hatte es schon einmal getan. Bleib in der Bibliothek, steh früh auf, geh spät ins Bett. Kein Problem.

Er wurde um neun Uhr aus der Bibliothek geschmissen und machte – inzwischen hungrig – einen Umweg in die Küche. Die Hauselfen dort waren zu glücklich zu dienen und bauten einen Teller mit Sandwiches, Chips und Süßigkeiten, genug, um eine ganze Klasse zu ernähren. Remus verspeiste alles und hätte sogar noch einen Nachschlag vertragen können, aber es war Zeit, in den sauren Apfel zu beißen.

Er ging langsam, als ob das helfen würde und traf auf Lily, die auf Vertrauensschülerpatrouille war.

„Hey", lächelte sie, „fühlst du dich besser?"

„Ja, viel besser", nickte er. „Wie geht's dir?"

Sie sah nach unten und spielte mit ihren Haaren.

„Oh, du weißt schon. Ganz gut. Zumindest hat Sev mittlerweile aufgehört, vor dem Gemeinschaftsraum zu lungern."

„Tut mir leid wegen all dem..."

„Es war nicht deine Schuld", winkte sie ab. „Ich dachte wirklich, dass... oh, es ist dumm, aber ich dachte, dass er vielleicht eines Tages seine Meinung über all diesen reinblütigen Unsinn ändern würde und wenn so weit ist, dann wäre ich immer noch da. Als ob sich alles zum Besten ändern würde, wenn ich einfach weiter mit ihm befreundet wäre. Wie dumm von mir." Sie schüttelte den Kopf.

„Nicht so dumm", antwortete er, weil es eine nette Sache zu sein schien.

„Nun ja. Hätte mir viel Herzschmerz ersparen können", zuckte sie stoisch mit den Schultern. „Wieso wanderst du hier überhaupt noch herum? Geh ins Bett, es ging dir nicht gut!"

Er lächelte sie an – er hatte seit Ewigkeiten nicht mehr gelächelt. Er wollte sich gerade umdrehen und weitergehen, als ihn etwas dazu brachte, seine Meinung zu ändern. Er bückte sich, schlang seine Arme um Lily und drückte sie. Sie umarmte ihn zurück, was ihn nur noch fester zupacken ließ, bis er sie von ihren Füßen gehoben hatte und sie quietschte und lachte.

„Gott, du bist stärker als du aussiehst, Remus!"

„Sorry", er errötete und setzte sie ab.

„Nein, es war schön", lächelte sie ihn an und tätschelte seine Schulter. „Geht es dir gut?"

„Ja."

Doch er fühlte sich nicht gut, als er den Gemeinschaftsraum betrat. Zum Glück war es sehr ruhig. Einige Schüler hatten noch Prüfungen, andere waren nach einem langen Tag in der heißen Sonne ermüdet. Die Rumtreiber waren nicht da, aber sie waren es noch vor kurzem gewesen.

Remus wusste genau, was er tun würde. Es hatte sich in der Bibliothek einen Plan gemacht, als er über die erste Konfrontation nachdachte, wie ein Stück, das er proben musste.

Er ging die Treppe hinauf. Es war albern, das wusste er, aber seit seinem Geburtstag hatte er – nur für eine Sekunde – auf dieser einen Stufe der Treppe verweilt, jedes Mal, wenn er ins Bett oder zum Frühstück hinunter ging. Dieses Schloss bewahrte Erinnerungen – die Karte der Rumtreiber hatte ihm so viel beigebracht. Und dieser Schritt hatte Remus' süßeste Erinnerung von allen bewahrt. Er trat jetzt entschlossen darüber.

Er stieß die Tür mit einiger Kraft auf und erschreckte die drei Jungen im Zimmer. Sie saßen auf ihren Betten. Peter war in seinem Pyjama und sah bedrückt aus – Remus konnte nur annehmen, dass dies bedeutete, dass es mit Desdemona keine Veränderung gab. James war halb ausgezogen und raschelte in seinem Nachttisch nach etwas. Sirius lehnte sich zurück und wollte gerade einen sarkastischen Kommentar abgeben. Als Remus eintrat, setzte er sich gerade auf.

Remus ging direkt zu seinem eigenen Bett und hob seinen Pyjama auf. Er sprach nicht, sondern ging direkt ins Badezimmer, das er abschloss und mit einem Schweigezauber abschirmte. Er wollte sie nicht hören. Er war sich nicht sicher, wie er darauf reagieren würde.

Er wusch sich. Er putzte sich die Zähne. Er zog seine Nachtsachen an. Remus war sich mehr als bewusst, dass er etwas von seiner Autorität verlor, wenn er eine weite, blau-weiße Pyjamahose und eine graue Weste trug, aber er hatte einige neue Narben und wollte sich nicht vor ihnen ausziehen.

Er holte tief Luft. Er ging hinaus und eilte schnell zu seinem Bett.

„Moony, ich...", begann Sirius.

Remus ignorierte ihn und wandte sich an James.

„Danke, dass du Severus aufgehalten hast, James", sagte er emotionslos. „Du hast uns beiden das Leben gerettet."

„Äh...", begann James, aber Remus war schon ins Bett geklettert und schloss seine Vorhänge mit einer ruckartigen Bewegung.

Gut, dachte er sich. Das war's also.

-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Das Lied ist der Anfang von ‚Sweet Jane' von The Velvet Underground. Es gibt einige verschiedene Versionen, aber die Beste ist auf ‚1969 Vol.1'.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top