Chapter 15: Fünftes Jahr: Der Morgen danach

CW für Drogenmissbrauch (Gras)---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Dienstag, 11. März 1976

Hallo Grant.

Was geht, Remus.

Wie geht's dir?

Wie's mir geht? Wie geht's dir, du alberner Trottel, du bist derjenige, der eine ausgedachte Unterhaltung mit mir führt.

Ja, das tut mir leid.

Alles gut, hab nichts zu tun. Bin ja nicht mal echt.

Du bist echt, ich kann nur nicht im echten Leben mit dir reden. Ich weiß nicht mal, wo du bist.

Da kann ich nichts machen. Was gibt's?

Ich habe Sirius geküsst.

Ach du Scheiße.

Was soll ich machen?

Woher soll ich das wissen? Hab ich dir nicht gesagt du sollst es lassen?

Ja, aber...er hat mich zurückgeküsst. Für eine Minute wenigstens.

Sicher, dass du dir das nicht nur einbildest?

Ja...

Remus gab an diesem Punkt auf. Er hatte seit mindestens fünf Uhr morgens wach in seinem Bett gelegen, abwechselnd panisch und himmelhoch jauchzend.

Er musste verrückt sein. Übergeschnappt. Wahnsinnig. Bescheuert. Er hatte seinen Verstand verloren. Er dachte, dass es helfen würde, mit jemand anderem darüber zu reden – aber mit wem konnte er so früh am Morgen reden?

Vor allem, wenn es um ein Geheimnis ging, für das man gut und gerne rausgeschmissen werden könnte, soweit Remus wusste.

Nicht im Stande eine Lösung zu finden, indem er mit einer eingebildeten Person sprach (oder wenigstens mit einer eingebildeten Version einer richtigen Person), kehrte er zu seiner vorherigen, weniger konstruktiven Ablenkung zurück – er versuchte die drei Minuten auf der Treppe mit Sirius im Geiste erneut zu erleben, ohne den Teil, bei dem sie beide voneinander weggerannt waren.

Bereute er es? Es war zu früh, um das zu entscheiden. Einerseits könnte Remus gerade die beste Freundschaft, die er je gehabt hatte – oder je haben würde – ruiniert haben. Andererseits war es ein verdammt guter Kuss gewesen.

Mit Remus' begrenzter Erfahrung dachte er, dass es wahrscheinlich Sinn ergab, dass nur weil man wirklich verrückt nach jemandem war, es nicht bedeutete, dass, wenn man die Person endlich küsste, es so gut sein würde, wie man sich es vorgestellt hatte.

Und Remus wusste, dass er manchmal sehr lebhafte Vorstellungen hatte – aber Sirius war Sirius. Es war alles andere als enttäuschend gewesen. Es war tatsächlich perfekt gewesen.

Solange er so tat, als ob der letzte Teil nicht passiert war.

Er unterdrückte ein Stöhnen, schalt sich selbst und versuchte, rational zu denken. Geh wie an einen Aufsatz an die Sache heran, dachte her. Leg alle Fakten dar, dann ziehst du dein Urteil.

Also, die Fakten:

a. Remus Lupin hatte Sirius Black auf den Mund geküsst.
b. Sirius Black hatte ihm nicht direkt eine reingehauen.
c. Sirius Black hat Remus Lupin sogar zurückgeküsst (egal was Grant in seiner Vorstellung dazu sagte).
d. Sirius Black hatte auch Mary Macdonald geküsst, sofort danach und das mit ziemlich Nachdruck.
e. Sirius Black war nicht zu Bett gegangen. Die ganze Nacht nicht.

Mist. Verdammter, verfluchter Mist.

Remus kletterte aus dem Bett; es half nichts, sich hin und her zu wälzen. Er musste aus dem Turm raus. Sirius' Bett stand leer neben seinem. Wenn er nicht darin war, dann war er höchstwahrscheinlich im Gemeinschaftsraum. Um sicher zu gehen, nahm Remus James' Umhang.

Er war gut darin, leise zu sein und sich ohne einen Mucks zu bewegen, aber er hätte sich keine Sorgen machen müssen. Sirius war absolut unbeweglich – er lag auf der Couch, sein Kopf über der Lehne hängend, so dass der perfekte Schwung seines Kiefers zur Geltung kam. Mary hatte sich an seiner Brust zusammen gerollt, eine Patchwork Decke bedeckte ihre Körper. Remus ging schnell weiter, um so weit wie möglich wegzukommen.

Das Badezimmer der Vertrauensschüler war vermutlich einer der seltsamsten Orte im Schloss. Remus dachte die älteren Schüler hätten ihn damit aufgezogen, als sie ihm das Passwort letzten September im Zug gaben. Er war einmal dort gewesen, und nur einmal, in der ersten Jahreshälfte, doch er konnte sich nicht überwinden, sich in so einem großen und offenem Zimmer auszuziehen. Was, wenn jemand hereinkam?

Trotzdem, an diesem besonderen Morgen war es der einzige Ort, an dem er sicherlich nicht gefunden werden konnte – selbst wenn die Rumtreiber sich entschieden, die Karte zu benutzen, konnten sie nicht kommen und ihn finden, wenn sie das Passwort nicht hatten.

Er erreichte den vierten Stock und flüsterte „glänzend sauber" am Eingang, bevor er hineinschlüpfte. Niemand war hier; es war viel zu früh. Er hatte sich oft gefragt, ob es eine Art Mechanismus gab, der andere davon abhielt, hereinzukommen, während man selbst im Bad war – bis jetzt hatte er keinerlei Hinweise dafür gefunden und entschied, auf Nummer sicher zu gehen.

Er zog sich bis auf seine Boxershorts und Unterhemd aus, drehte den Hahn auf und pumpte eine Menge Seifenblasen in die Badewanne, die die Größe eines olympischen Swimmingpools hatte; dann stieg er, noch in seiner Unterwäsche, hinein.

Das Badezimmer war eines der schönsten Räume im Schloss, gestand Remus sich ein. Alles war sauber, weiß, marmorn und die Hähne waren aus schimmerndem Gold. Die Fenster aus buntem Glas zeigten eine Reihe wunderschöne, schimmernde Meereskreaturen. Ein liebreizender Geruch nach Orangen stieg von dem weißen Schaumgestöber auf, und Remus fing endlich an sich zu entspannten.

Er hatte nie gelernt zu schwimmen – die St. Edmund Jungen hatten Schwimmstunden unten im lokalen Schwimmbad für umsonst angeboten bekommen, aber die Hausmutter hatte ihn nicht hingehen lassen. Er hatte nichts dagegen gehabt – er wollte nicht, dass die anderen Jungs seine Narben sahen. Aber nun, da er älter war, würde er es gerne lernen. Sirius hatte einmal von seinem Familienurlaub in Südfrankreich erzählt, wo das Wasser warm genug war, um darin zu baden.

Remus konnte sich das nicht vorstellen. Das einzige Meer, das er je gesehen hatte war bei Southend – und einmal Margate. Es war verdammt kalt gewesen und hatte eine schmutzige grün-graue Färbung gehabt. Nicht das kristalline azurblau, das Sirius beschrieben hatte.

Trotzdem konnte Remus im Wasser treiben. Er lag auf dem Rücken und starrte an die gekammerte Decke.

Haste Spaß?

Nicht wirklich.

Also, wenn er deinen Kuss erwidert hat und dann weggerannt ist, um Mary zu küssen, was sagt uns das?

Das weiß ich nicht, oder?! Das sollst du mir doch helfen herauszufinden!

Ist ja gut, ist ja gut, komm mal runter.

So etwas sagst du nicht. Sirius sagt das.

Schau mal, ich geb' hier mein Bestes. Ich hab dir gesagt, ich bin nicht mal echt.

Vielleicht war ich ein sehr schlechter Küsser.

Vielleicht.

Der echte Grant ist viel netter als du, weißt du.

Ja, tja, wessen Schuld ist das? Du bist derjenige, der mit sich selbst redet, du Spinner. Finde jemand Echtes zum reden.

Remus seufzte und runzelte die Stirn. Konnte man ein schlechter Küsser sein ohne es zu wissen? Wahrscheinlich. Er hatte nicht genug Erfahrungen, um es zu wissen. Es hatte sich nicht schlecht angefühlt – es hatte sich so angefühlt, als ob sie zusammenpassten.

Er hat den Kuss erwidert.

Remus wusste, ganz tief in seinem Herzen, dass es nichts damit zu tun hatte, wie er es getan hatte. Es war einzig und allein der Fakt, dass er es überhaupt getan hatte.

Er wusste es – aber er wollte es noch nicht zugeben. Nicht mal gegenüber einer ausgedachten Person. Wenn er wirklich ehrlich war, wusste Remus, dass Sirius jedes Recht hatte, davonzurennen – geschockt, verwirrt oder sogar ängstlich zu sein. Und es war eine irrwitzige Sirius Black Logik, direkt mit dem beliebtesten Mädchen, das er finden konnte, rumzuknutschen, nach so einer Aktion.

Wieder war Remus mit dem Bild von Sirius konfrontiert, wie er Mary gegen den Kaminsims drückte, diese Hände an ihrer Taille, die nur Augenblicke zuvor auf seiner Taille gelegen hatten...und er trat mit seinem Bein unfreiwillig im Wasser, wobei er vergaß, mit dem Gesicht über Wasser zu bleiben.

Hustend und würgend sank er unter die Oberfläche; als er wieder an den Rand des Beckens krabbelte hustete er orange riechenden Schaum aus.

„Remus, bist du das?!", hallte eine Mädchenstimme im Badezimmer wieder.

Er mühte sich damit ab, sein Haar aus seinem Gesicht zu kriegen, blinzelte und konnte gerade so die verschwommene Gestalt von Lily Evans in einem pinken Stepp-Morgenrock wahrnehmen. Er rieb sich die Augen, seine Füße fanden den Boden wieder und er hustete.

„Hi Lily."

„Oh Gott, geht es dir gut? Dachte schon ich muss hier reintauchen und dich retten."

„Hab meine Balance verloren."

„Ich kann nicht glauben, dass du das Bad in Beschlag genommen hast, ich dachte ich wäre die Erste, die auf ist. Hab üble Kopfschmerzen." Lily rieb ihre Stirn mit schmerzverzerrtem Gesicht.

„Ja, der Punsch war ziemlich stark", antwortete Remus, obwohl er sich okay fühlte. „Ich wollte gerade raus...ähm...stört es dich, wenn du dich umdrehst?"

„Oh, ok, sorry!" Lily lächelte und drehte sich um.

Remus drehte sich zur Seite und zog sich mit einigem Widerwillen aus dem Wasser. Er fühlte sich albern und mädchenhaft, sie um so etwas zu bitten – James oder Sirius wäre es vermutlich egal gewesen. Er nahm sich ein Handtuch und schlang es um seine Schultern, statt um seine Taille. Das war auch nicht sehr männlich, aber er wollte nicht auch noch, dass Lily ihn wegen seiner Narben befragte.

„Ok", sagte er und ging schnell in eine Umkleidekabine.

Er hörte, wie Lily erneut die Hähne aufdrehte und ein süßer Lavendelduft erfüllte den Raum, als er sich abtrocknete und in seine Schuluniform schlüpfte.

„Also, wohin bist du gestern Nacht verschwunden?", rief Lily über das Geräusch des fließenden Wassers hinweg, „wir haben bestimmt bis zwei Uhr weitergemacht. Potter war stockbesoffen."

„Muss wohl ein bisschen zu viel getrunken haben", rief Remus zurück, „bin um Mitternacht ins Bett."

„Leichtgewicht!", zog ihn Lily auf. Er hörte, wie die Hähne versiegten und ein sanftes Platschen, als sie in das Bad stieg. „Trotzdem", sagte sie, „wenigstens haben sich Sirius und Mary wieder vertragen, nicht wahr?"

„Ja, welch ein Glück", antwortete er glatt und verließ die Kabine.

Lily schwamm am hinteren Teil des Pools, ihr rotes Haar war auf ihrem Kopf zu einem Haufen aufgetürmt und sie war von lila Schaum umgeben. Sie lächelte ihn an.

„Bibliothek", sagte er und fühlte sich unbehaglich und klebrig, voll angezogen in einem warmen, dampfenden Badezimmer.

„Natürlich", lachte sie, „wohin sonst? Oh, hast du die Ankündigung im Gemeinschaftsraum gesehen?"

„Nein." Er schüttelte den Kopf. Er hatte sich nichts außer Sirius im Gemeinschaftsraum angesehen.

„Berufsberatung mit McGonagall wurde angekündigt – Mitte April."

„Oh gut." Remus' Körper fühlte sich immer schwerer an. „Danke."

Es war eine Erleichterung, aus dem heißen Badezimmer heraus zu kommen, und anstatt in die Bibliothek entschied Remus, ein bisschen nach draußen zu gehen. Zu den Gewächshäusern und zurück, vielleicht. Manchmal hingen dort ein paar Hufflepuffs rum die mit Gras dealten, und obwohl es ein Schultag war und er noch nicht mal Frühstück gehabt hatte, erschien ihm das wie eine sehr gute Idee.

Das ist alles deine Schuld, weißt du.

Wie?

Wenn du mich letzten Sommer nicht geküsst hättest, wäre ich noch...

Unbehelligt? Verwirrt?

Normal.

Das ist eine verdammte Lüge und das weißt du. Es mit jemandem treiben zu wollen ist das einzige Normale an dir.

Schön und gut.

Du bist dankbar, dass ich dich geküsst habe. Du fandest es verdammt gut.

....Ja.

Du bist nur genervt weil Sirius nicht so wie du reagiert hat.

...Ja...

Die Frage ist doch – warum zur Hölle würdest du von Sirius erwarten, sich wie du zu verhalten?

Warum, in der Tat.

Das war das erste bisschen nützlicher Rat, den Grant in seiner Vorstellung hervorgeholt hatte und Remus klammerte sich daran. Sirius musste tun, was auch immer er tun musste. Es lag nicht an Remus, das zu entscheiden. Er beglückwünschte sich selbst dafür, so erwachsen mit dieser Sache umzugehen. Immerhin, dachte er, wenigstens war es jetzt geschehen. Wenigstens weißt du jetzt, wie es ist. Konnte man für immer überleben, fragte er sich, mit diesem einen Kuss?

Glücklicherweise, saßen tatsächlich drei Hufflepuffs auf der Wiese hinter den Gewächshäusern, zwei Mädchen und ein Junge. Sie lächelten ihn auf diese freundliche, dämliche Weise an, die ihm verriet, dass sie früh begonnen hatten, und sie gratulieren ihm in langsamer und sanfter Weise zu der exzellenten Party. Er setzte sich so lange zu ihnen bis er seinen quälenden Hunger nicht länger ignorieren konnte und taumelte zurück ins Schloss, schwindlig auf das Frühstück hoffend.

„Da ist er ja!", dröhnte James, als Remus seinen Platz am Tisch einnahm.

Peter, der seinen Kopf in den Händen hatte und etwas grün um die Nase aussah, stöhnte.

„Nicht so verdammt laut, Prongs, ich flehe dich an."

„Oh iss deine Eier, dann geht's dir besser." James grinste. Remus belud seinen eigenen Teller mit zwei gebratenen Eiern, zwei Würsten, einem Haufen gebackener Bohnen, drei Scheiben Toast, zwei Scheiben gebratener Tomaten und drei gerösteten Speckscheiben. Er fühlte sich inzwischen sehr ruhig und entspannt. Er könnte sich selbst vormachen, dass es am Bad lag. Tat es aber natürlich nicht.

„Ich kann nicht sagen ob du verkatert bist, oder ob es einfach dein unglaublicher Kreislauf ist." Marlene schnitt eine Grimasse in Richtung seines Tellers.

„Bisschen von beidem." Remus zuckte mit den Schultern und begann zu essen.

„Und noch etwas anderes", James wedelte mit seinem Finger, „du warst jetzt schon bei den Gewächshäusern, Moony? So willst du also dein siebzehntes Lebensjahr anfangen?"

„Ja", sagte Remus mit vollem Mund.

Sirius war auch da, natürlich, aber er hatte noch nichts gesagt. Er stützte verschlafen seinen Kopf auf einen Ellbogen und nippte an einem großen Becher milchigen Tees. Remus starrte ihn mit Absicht an, gewillt seinem Blick zu begegnen, doch er sah nicht auf. Mary war nirgends zu sehen.

„McDonald ist so ein Schlappschwanz", erklärte Marlene, „tut so als ob sie krank sei, obwohl jeder gesehen hat wie sie ne ganze Flasche Hexengebräu alleine runtergekippt hat."

„Hat sie?", sagte Remus. „Wow, beeindruckend, dann verdient sie vermutlich auszuschlafen." Er meinte es aufrichtig.

„Allerdings fühlen wir uns alle nicht so gut", sagte Marlene, „Evans hat sich bestimmt ne Stunde übergeben vor dem Schlafengehen."

„Geht's ihr gut?!", fragte James aufgebracht.

„Ja, ich habe sie heute morgen im Badezimmer der Vertrauensschüler gesehen", sagte Remus und schluckte seinen Bissen runter. „Ihr geht's gut."

„Im Badezimmer, hm?" James zog eine Augenbraue hoch. „Du musst deine Liebeleien einstellen, Remus, und dem Rest von uns auch eine Chance geben."

„Oh ja, so bin ich", schnaubte Remus, „der Casanova vom Gryffindorturm..."

Er hatte es nur gesagt, um James zum lachen zu bringen, aber Sirius' Kopf fuhr endlich hoch und seine Augen ruhten auf Remus. Er zog fast unmerklich die Stirn in Falten und seine Augenbrauen zusammen. Er sah Remus an, als ob er eine Zauberformel wäre, die er noch nicht auszusprechen gelernt hatte. Remus erwiderte seinen Blick ruhig, ließ seinen überprüfenden Blick zu – er würde Sirius alles erlauben. Noch ein Moment und es war vorbei. Sirius sah weg und sagte nichts.

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