Chapter 14: Fünftes Jahr: Sweet Sixteen

Dienstag, 9. März 1976

Es war ein gewaltiges Wunder, dass niemand von ihnen erwischt worden war – und sogar noch wunderbarer, dass ihr Streich am nächsten Tag reibungslos ablief, was zu einen Vormittag ohne Unterricht führte, während Filch mit dem schrecklichen Gestank fertigwerden musste. Der restliche Unterricht fand draußen am Gelände im Vorfrühlingssonnenschein statt, was zumindest für die Rumtreiber ein Gewinn war.

Zusätzlich konnte Sirius seine Freude kaum zügeln, als sie diesen Abend in ihren Gemeinschaftsraum zurückkamen und einen Aushang an der Pinnwand fanden, der die Schüler daran erinnerte, dass Hunde nicht auf der Liste der in Hogwarts genehmigten Haustiere standen. Das verursachte natürlich eine riesige Menge an Verwirrung unter den restlichen Schülern.

„Ich habe nie einen Hund gesehen! Wer hat einen Hund?"

„Wenn einer der Slytherins einen Hund hat, dann will ich meinen Hasen von daheim mitbringen!"

„Ich glaube, ich habe wirklich schon mal einen auf dem Gelände gesehen – vielleicht ein Streuner?"

Es war nicht nötig zu erwähnen, dass Sirius und James ganz in ihrem Element waren.

„Ich werde ihn aufspüren!", verkündete Sirius.

„Ich wette, er ist direkt vor unserer Nase!", lachte James.

„Könnte näher sein, als wir denken!"

Remus lachte ebenfalls und versuchte sein Unbehagen zu verbergen. Sirius hatte bis jetzt noch nichts zu der halben Stunde in der Besenkammer gesagt. Remus konnte nur vermuten, dass

a) Sirius nichts außergewöhnlich gefunden hatte und Remus sich wieder einmal zu viele Gedanken machte (wahrscheinlich) oder b) Sirius jetzt alles über Remus wusste, seine dunkelsten Sehnsüchte und tiefsten Geheimnisse – und bevorzugte es nicht anzusprechen, weil die ganze Sache zu peinlich war (weniger wahrscheinlich, aber beängstigender).

Wie dem auch sei, Remus stürzte sich in seine Schulaufgaben, seine Verpflichtungen als Vertrauensschüler und allgemein in die Rolle des Musterschülers. Das sorgte zumindest dafür, dass er Sirius aus dem Weg gehen konnte – Sirius hatte sich offenbar dafür entschieden, das komplette Gegenteil zu tun.

Er war natürlich nie wirklich der Beste darin gewesen, sich an die Regeln zu halten. Aber sogar James gab zu, dass Sirius dieses Jahr zu versuchen schien, eine Art Rekord aufzustellen. Er war fast jede Nacht nachsitzen, machte kaum seine Hausaufgaben (obwohl er sie mit einem Arm hinter seinen Rücken gebunden machen könnte, wenn er wollte) und teilte seine restliche Zeit zwischen Unruhe stiften und sehen, wie weit er seine Zunge in Mary MacDonalds Hals stecken konnte, auf. Nicht dass es Mary sehr zu stören schien.

Das war in Ordnung. Das war genau so, wie es sein sollte.

Es war aber nicht einfach. So sehr es eine Erleichterung war, von der einen Person weg zu sein, in deren Anwesenheit er nicht vernünftig sein konnte – Remus fand es auch sehr bedauerlich, von der einen Person weg zu sein, in deren Anwesenheit er nicht vernünftig sein konnte. Marlene und Lily waren großartig – sie waren nett und lustig und clever und großzügig. Aber sie waren ein schlechter Ersatz für die Rumtreiber.

Er hatte sogar versucht, ein bisschen mehr Zeit mit Christopher zu verbringen und mit ihm zu reden – ihm Fragen über sein Zuhause zu stellen, oder die Musik, die er mochte. Es war schlimmer, als er erwartet hatte. Christopher war ein reinblütiger Zauberer, der keine Muggelmusik kannte und nicht daran interessiert schien, welche zu hören. Darüber hinaus hatte er erkannt, dass es ein Fehler gewesen war, Remus die Geburtstagsüberraschung zu verderben und wollte nicht aufhören, sich zu entschuldigen, was unglaublich nervig war.

Remus hatte James schon versprochen, dass er überrascht spielen würde, wenn die Party zu seiner Ehre enthüllt wurde. Er hatte natürlich versucht, sie ihnen auszureden – aber er hatte sie seit seinem ersten Jahr um Mäßigung gebeten und wusste,wie unwahrscheinlich dies war.

„Macht bitte keine große Sache daraus!", sagte er beim Abendessen am Tag davor. „Lily wird verrückt werden..."

„Falsch", sagte James selbstgefällig. „Lily hat die Hälfte der Einladungen versendet!"

„Einladungen?!"

„Ja, wir hatten eine Menge Interessenten. Wir haben sogar in Betracht gezogen, Eintritt zu verlangen", erklärte Sirius mit glitzernden Augen über den Tisch.

Remus blickte schnell auf sein Essen. Er hatte entschieden, nie wieder Augenkontakt mit Sirius aufzunehmen. Es würde nicht einfach sein, aber es war der einzige Weg; davon war er überzeugt.

„Deine kleine Bibliotheksgang wollte kommen", fuhr James fort, "und sie sind nicht alle Gryffindors, also mussten wir auch andere Häuser einladen... und dann ist da diese seltsame Gruppe von Siebtklässlern, die sagen, du wärst eine ‚totale Legende' – keine Ahnung, was das heißt, hast du ein geheimes Doppelleben oder so, Moony?"

Remus zuckte mit den Schultern. Es gab noch immer einige Schüler, die nach Zigaretten fragten, obwohl er sie nicht mehr verkaufte. Ihm machte es aber üblicherweise nichts aus, Kippen zu verleihen, solange sie ihm irgendwann zurückgezahlt wurden.

„Naja, egal." James schob seine Brille auf der Nase hinauf. „Du hast einfach zu viele Fans, Moony und wir können sie ja wohl nicht alle kurzfristig im Stich lassen, oder?"

„Okay. Aber kein Alkohol." Remus seufzte. „Es ist eine Schulnacht."

* * *

Mittwoch, 10. März 1976

Es regnete am Morgen von Remu' Geburtstag, aber es machte ihm nichts im Geringsten aus. Er wachte auf und sah sofort den Haufen Geschenke von den Potters – alle Arten von wundervollen Dingen wie Süßigkeiten und ein selbstgebackener Geburtstagskuchen, außerdem ein feines, ledergebundenes Notizbuch und eine dazu passende Feder. Er bekam Karten von allen – einschließlich von Professor Ferox, was Remus von oben bis unten erröten ließ.

Beim Frühstück dirigierten die Rumtreiber die ganze Schule bei einer Vorführung von ‚Happy Birthday', inklusive fünf Zugaben, bis Remus versuchte, unter den Tisch zu kriechen, um dem zu entkommen. Die Slytherins zogen versteinert mürrische Gesichter und in einem Anfall von Geburtstags- joie de vivre streckte Remus Snape die Zunge heraus.

Die Rumtreiber stapelten dann eine Scheibe Toast mit jedem verfügbaren Aufstrich auf seinen Teller und reichten ihm ihre eigenen Geschenke. Sirius und James trugen ihre Quidditchroben, bereit für das frühmorgendliche Training vor dem Unterricht.

Müssen wir, Potter?", jammerte Marlene und blickte hinauf zur verzauberten Decke, die grau war und nieselte.

„Ja, wenn wir den Pokal wollen", versicherte James und schenkte ihr eine weitere Tasse Kaffee ein. „Und noch einmal, nach dem letzten Glockenläuten, vor der... du weißt schon was." Er zwinkerte Marlene so auffällig zu, dass Remus fast in Lachen ausbrach.

„Sehr unauffällig, Potter." Marlene hob eine Augenbraue.

„Okay, ich muss in die Bibliothek", sagte Mary fröhlich und kletterte von Sirius Schoß. „Ich muss noch dieses Wahrsagen-Buch zurückgeben, bevor Pince verlangt, dass ich gehängt, gestreckt und gevierteilt werde."

„Sehe ich dich nach dem zweiten Quidditchtraining?", fragte Sirius und hielt Mary noch immer an den Hüften.

„Neh." Sie schüttelte ihren Kopf und ihre Locken hüpften. „Ich hinke wirklich hinterher in Geschichte, ich dachte, ich schaue mal bei einer von Remus Unterrichtsstunden vorbei."

Lernsstunden ", verbesserte Remus schnell und achtete sorgsam darauf, das Paar nicht zu lange anzusehen.

„Wie auch immer, Professor Lupin." Sie grinste ihn frech an.

„Hey!" Sirius zupfte an ihr, um ihre Aufmerksamkeit wiederzuerlangen. „Ich dachte, du würdest auf den Quidditchtribünen sitzen und deine Hausaufgaben machen?"

„Naja, ich sagte vielleicht." Mary befreite sich. „Aber es ist heute verdammt kalt draußen und Remus kann wirklich gut erklären– "

„In Ordnung", sagte Sirius wütend, warf sein Haar zurück und verschränkte seine Arme. „Mach, was du willst, ist mir egal."

„Hey, fang mit mir nicht so an, Black", sagte Mary finster. „Du wirst verlieren, das verspreche ich dir."

Sirius sah nicht auf. Mary legte eine Hand auf ihre Hüfte. „Küsst du mich zum Abschied?"

Sirius bewegte sich nicht. Marys Gesicht verdunkelte sich. „Okay", fauchte sie und stampfte leicht mit ihrem Fuß auf. „Bis irgendwann verdammt noch mal." Und sie marschierte davon.

Alle anderen am Tisch schauten unbehaglich umher und jetzt war Remus nicht der Einzige, der Sirius Blick auswich. Glücklicherweise war Sirius einmal im Einklang mit den Gefühlen anderer und stand auf.

„Bis später am Platz", murmelte er James zu, als er aus dem Raum stolzierte und seine roten Roben wehten hinter ihm her.

„Also", sagte Marlene, „ich kann es nicht erwarten, die nächsten zwei Wochen darüber zu hören. Hoffentlich versöhnen sie sich bald."

Jeder am Tisch stimmte zu.

* * *

„Das Ding ist", sagte Mary zu Remus später am Abend, als sie sich ihre Fingernägel in einem dunklen, abgefahrenen Rotton lackierte, „Sirius und ich haben einfach beide so feurige Persönlichkeiten, weißt du? In Witch Weekly steht, das bedeutet, unsere Beziehung ist sehr leidenschaftlich."

„Mm", erwiderte Remus und versuchte es auszublenden, als er sehr nachdrücklich begann, die Linien für seine Astronomiekarte zu zeichnen.

„Und selbstverständlich ist Leidenschaft wirklich gut in einer Beziehung", fuhr sie fort, als sie ihre Fingernägel trocken blies. „Ich meine... es ist wirklich gut in diesen Sachen." Sie lächelte auf diese schreckliche, eingebildete, zufriedene, glückliche Art, wie sie immer tat, wenn sie über Sirius redete. „Aber er muss lernen, dass ich mein eigenes Leben habe, weißt du? Ich meine, es sind die Siebziger!"

„Ja, großartig." Remus nickte, aber sah nicht auf.

„Remus?" Christopher tauchte neben ihm auf. „Zeichnest du eine Sternkarte? Kann ich zusehen?"

„Ich bin wirklich nicht so gut in Astronomie, Chris", erwiderte Remus und versuchte sich auf seine Linien zu konzentrieren. „Du wärst besser dran, einfach im Schulbuch nachzulesen–"

„Oh nein, ich wette, du bist großartig !"

„Bin ich wirklich n—"

„Remus", sagte Mary, lehnte sich über den Tisch, rüttelte an seinem Lineal und schmierte den winzigsten Fleck roten Nagellacks auf sein Pergament. „Hörst du mir zu? Ich habe dich gefragt, warum Sirius—"

„Lupin, Lupin!" Ein Drittklässler kam durch das Portraitloch gerannt. „Ich habe deine Mitschrift über Einhörner verloren, es tut mir so leid, aber—"

„Hey Lupin, kann ich eine Kippe borgen?" Ein Sechstklässler tauchte auf.

Remus verzog sein Gesicht. Ein dumpfer Schmerz begann hinter seinen Augen.

„Nur – könnt ihr alle bitte leise sein?!", sagte er viel schroffer, als er beabsichtigt hatte. Er blickte auf und sah, dass ihn alle anstarrten, mit leicht geweiteten Augen. „Äh... ich habe Kopfschmerzen, ich werde mich hinlegen." Er stand auf.

„Oooh!", sagte Mary und stand ebenfalls auf. „Das kannst du nicht! Sorry, Remus, aber die Jungs sind oben und planen... äh... ich meine, machen... äh... ich meine..." Sie biss sich auf die Lippe. „Ich sollte dafür sorgen, dass du hier unten bleibst..."

Remus nahm einen tiefen Atemzug.

„Okay. Dann gehe ich in den Krankenflügel."

Er lehnte alle Angebote ihn zu begleiten ab und hastete so schnell wie möglich weg. Sein Schädel pochte bei jedem Schritt. Das war nicht gut, er würde anfangen müssen, unhöflich zu Leuten zu sein – für seine eigene Vernunft, wenn nichts anderes. Seit wann war er überhaupt jedermanns bester Freund? War er nicht nur irgendein dürres, gemeines Kinderheimbalg, das er immer gewesen war?

Die kühle Stille des Krankenflügels war so beruhigend, dass Remus in Tränen ausbrechen hätte können. Sosehr er sich normalerweise in der warmen, roten Atmosphäre des Gryffindor-Gemeinschaftsraumes zuhause fühlte, es war in den ruhigen, sanften Grautönen des Krankenflügels, wo Remus sich erinnerte, das erste Mal wahrhaftig friedlich in Hogwarts gewesen zu sein. Er stand da und genoss es für einen Moment mit geschlossenen Augen. Wenn er nur die ganze Nacht hierbleiben könnte.

„Hallo, Remus, mein Lieber." Madam Pomfrey lächelte, als sie aus ihrem Büro kam. „Alles in Ordnung?"

„Ich äh..."

Oh nein. Er würde wirklich weinen. Er schluckte hilflos und hob eine Faust an seine Stirn.

„Remus?" Die Heilerin kam ein wenig schneller hinüber, ihre Brauen zogen sich vor Besorgnis zusammen. Sie war immer noch ein Stückchen größer als er, aber sie waren so gut wie auf Augenhöhe.

„Sorry", keuchte er, seine Stimme eng und eigenartig, als er die Tränen bekämpfte. „Ich... ich habe Kopfschmerzen."

„Setz dich", sagte Madam Pomfrey sanft und deutete auf den nächsten Polstersessel neben einem leeren Bett. „Ich habe genau das Richtige."

Sie zauberte eine kleine Zinnphiole aus ihrem Büro herbei. Sie flog in ihre Handfläche und die Heilerin entkorkte sie und gab sie ihm. „Nimm zwei gute Schlucke davon – keine Sorge, es ist schön süß." Ihre Augen glitzerten ein wenig.

Remus schüttete den Trank hinunter und spürte, wie all die Spannung und der Schmerz seinen Hals und Kopf unmittelbar verließen, wie wegfließendes Wasser.

„Danke." Er neigte seinen Kopf, seine Stimme noch immer belegt. „Entschuldigung. Bisschen überreagiert."

„Remus, mein Lieber", Madam Pomfrey schnalzte mit der Zunge, „ich kenne dich seit fünf Jahren und du hast nicht ein Mal überreagiert. Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?"

„Ja, jetzt ist es besser, danke."

„Ich meine... generell?", drängte sie weiter. „Ich habe gehört, dass du dich wirklich übernimmst – die langen Stunden in der Bibliothek – und du hast deine Pflichten als Vertrauensschüler und deine... naja, deine Gesundheit."

„Mir geht's gut." Remus rieb sich fest die Augen. „Ehrlich. Nur... vielleicht nur müde. Ich werde jetzt ins Bett gehen."

„Alles Gute zum Geburtstag, Remus", sagte die Heilerin, als er aufstand, um zu gehen.

„Danke." Er nickte höflich. Aber dann tat sie etwas sehr Seltsames. Sie streckte ihre Armen aus und umarmte ihn. Sehr eng und nicht sehr lange. Es war schön.

„Pass auf dich auf", sagte sie, als er ging.

Er ging langsam zurück und wünschte, er hätte den Tarnumhang dabei. Er könnte darauf verzichten, von Severus verfolgt zu werden, oder eine Pause davon gebrauchen, ein Zauberduell zwischen zwei sehr unfähigen Erstklässlern abzubrechen. Als er endlich das Portraitloch hinauf zum Gryffindorturm erreicht hatte, hatte er wirklich Lust, früh ins Bett zu gehen. Aber natürlich hatten die Rumtreiber andere Pläne.

„ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG, REMUS!", explodierte der ganze Gemeinschaftsraum, sobald er erschien.

Sie hatten unglaubliche Arbeit geleistet. Luftschlangen hingen von allen Dachsparren, Portraits und Bilderschienen – und Konfetti war großzügig über alles andere verstreut. Schüler und Freunde von Remus aus allen Häusern und Jahrgängen grinsten ihn an, eine Schar echter, lebendiger Feen schwirrten über ihren Köpfen. Die Tische waren beladen mit Sandwiches, Kuchen, Pasteten und Gebäck, sowie einer riesigen Schüssel mit sehr verdächtig aussehendem Punsch.

Er lächelte so breit er konnte, als er den Raum betrat.

„Oh mein Gott!", sagte er, in der Hoffnung, dass er ein gutes ‚überraschtes' Gesicht machte. „Ihr seid alle verrückt!"

Sie lachten und zogen ihn eifrig in den Raum, wo er sich von Jubel, Schulterklopfen und Geburtstagswünschen umgeben fand. Der Plattenspieler begann zu spielen und Remus sechzehnte Geburtstagsparty begann ernsthaft.

„Ich glaube, das ist größer als Sirius Party", sagte James und reichte Remus einen Becher mit dem violetten Punsch. „Sag ihm aber nicht, dass ich das gesagt habe."

„Ich weiß nicht, warum all diese Leute da sind...", erwiderte Remus und starrte staunend herum. Alle Mitschüler aus jedem seiner Fächer; seine Lerngruppe – einige Leute, mit denen er nur ein paar Male zuvor geredet hatte.

„Weil du Moony bist, selbstverständlich. Das akzeptable Gesicht der Rumtreiber." James stupste ihn an. „Wow, sieh dir Evans an..."

Lily sah wundervoll aus, in einem bordeauxroten Minirock und hohen Keilsandalen. Sie tanzte mit Marlene und Mary in einer kleinen Dreiergruppe, lachte und hob ihre Arme über ihren Kopf.

„Bitte sag mir, jemand hat heute Abend deinen Besen konfisziert", sagte Remus zu James, der gutmütig lachte.

„Keine Sorge, ich habe nicht vor, in nächster Zeit wieder so betrunken zu werden. Ich werde heute Nacht versuchen, mich unnahbar zu geben."

„ Das wird sie zu schätzen wissen."

Er scannte den Raum nach Sirius, der zu fehlen schien. Peter war da, mit Desdemona auf einen Polstersessel gekuschelt. Christopher war da, führte ein sehr ernstes Gespräch mit einer Ravenclaw-Drittklässlerin und sah gelegentlich auf, um Remus zuzulächeln. Der Rest des Gryffindor-Quidditchteams drängelte sich um den Punsch und forderte sich gegenseitig heraus, stärkere und stärkere Drinks hinunterzukippen. Kein Sirius.

James musste ihn beim Suchen gesehen haben.

„Er bläst irgendwo Trübsal wegen Mary", erklärte er. „Ich habe ihm gesagt, wenn er nicht verdammt noch mal aufmuntert, soll er nicht runterkommen und alle anderen runterziehen. Ich habe ihm ein paar Drinks raufgebracht, aber es funktioniert nicht."

„Oh, okay. Also haben sie sich noch nicht versöhnt?" Remus sah Mary zu, die noch immer tanzte und den Blick fast jeden Jungen im Raum auffing.

„Sieht nicht danach aus. Ich dachte, harte Liebe würde vielleicht helfen, aber ich bin darin nicht so gut wie du. Also schmollt er. Mach dir nichts draus, Moony, genieß die Party!"

Er versuchte es. Der Kuchen, den Mrs. Potter geschickt hatte, war herrlich – schwere, reichhaltige Schokolade mit weißem Zuckerguss und bunten Streuseln. Die Kerzen waren verzaubert, sodass sie den ganzen Abend brannten, ohne Wachs zu tropfen und nur für ein paar Momente ausgingen, wenn Remus sie ausblies. Er tanzte nicht , obwohl Marlene und Lily ein paar Mal versuchten, ihn mitzuziehen, aber er mischte sich unter die Menge, dankte Leute fürs Kommen und hatte mit den Siebtklässlern ein ziemlich nettes Gespräch über NEWTs und welche er nehmen sollte.

„Du solltest Lehrer werden", sagte einer von ihnen und Remus dachte, das war sehr nett, aber komplett irrsinnig.

Es musste fast Mitternacht gewesen sein, als er in seiner hinteren Hosentasche nach einer Packung Zigaretten griff und bemerkte, dass sie fehlte. Seufzend erwog er, es zu lassen – aber er hatte jetzt genug zu trinken gehabt und wollte mehr als alles andere einfach nur rauchen. Da war noch immer eine Schachtel am Boden seiner Truhe, falls Sirius sie nicht gestohlen hatte. Er entschied hinaufzugehen und nachzusehen.

Die halbe Treppe hinauf stieß er wieder in James.

„Sorry, Moony", sagte der schwarzhaarige Junge, der ein bisschen betrunken und ein bisschen genervt aussah. „Er kommt jetzt runter."

Remus sah über James Schulter und sah einen mürrisch aussehenden Sirius, der ihm die Stufen hinunter folgte.

„Du gehst nicht ins Bett, oder?"

„Nein." Remus schüttelte seinen Kopf, fast sprachlos. „Zigaretten."

„Schlechte Angewohnheit", sagte James mit einem schiefen Lächeln. Er schielte über seine Schulter. „Komm schon, Black."

„Nur eine Sekunde", sagte Sirius und sah Remus an. „Ich will Moony nur alles Gute zum Geburtstag wünschen."

„Okay, aber beeil dich", lallte James. „Remus, sag ihm er soll seinen blöden Stolz hinunterschlucken, runterkommen und Mary knutschen, eh?"

„Okay, Prongs."

James drückte die Tür auf und für ein paar Sekunden drangen Licht und Lärm in das Treppenhaus, bevor es wieder gedämpft wurde, als er die Tür hinter ihm schloss. Sirius und Remus waren allein.

„Alles Gute zum Geburtstag, Moony", sagte Sirius, und kam ein paar Stufen hinunter, um gleichauf mit Remus zu stehen.

„Danke." Remus lächelte so gelassen, wie er konnte. „Bist du äh... bist du okay?"

„Ja, in Ordnung", sagte Sirius, obwohl es eindeutig eine Lüge war. Er spielte mit einem leeren Becher. „Sorry, falls ich deine Party ruiniert habe."

„Hast du nicht. Es war großartig."

„Gut."

Stille. Sirius sah hinunter, dann wieder hinauf zu Remus. „James meint, ich soll derjenige sein, der zu Mary gehen sollte, um sich zu versöhnen."

„Wahrscheinlich eine gute Idee."

„Findest du?"

„Naja... ja?" Remus war verwirrt. „Du... äh. Du magst Mary, dachte ich."

Sirius zuckte mit den Schultern und sah Remus wieder an, seine Augen dunkelblau, gefleckt mit scharfem, eisigem Silber. Seine Lippen waren glänzend und rot vom Trinken und er hatte diesen leicht launischen Ausdruck, den er bekam, wenn er nicht lächelte. Remus wollte fast wegschauen, so wunderschön war er. Es konnte nicht richtig sein, sich so anzustarren. Es konnte unmöglich gut enden.

„Ich mag Mary", sagte Sirius und lehnte sich leicht nach vorne. Remus konnte seinen Atem auf seiner Haut spüren.

„Dann geh und knutsch mit ihr, du dummer Idiot", sagte Remus eilig und versuchte einen Schritt zurück zu weichen, aber er stieß gegen die Wand hinter ihm. Es war wirklich so ein dummerweise enger Treppenaufgang – wie die Besenkammer noch einmal.

„Werde ich", sagte Sirius und biss sich leicht auf die Lippe. Oh Gott , dachte Remus. „Werde ich, in einer Minute."

Remus schluckte.

„Hast du jemals jemanden geküsst, Remus?"

„Nein, du weißt, dass ich das nicht habe." Die Lüge kam ganz einfach.

Sirius nickte und sah ihn wieder mit diesem vorwärts drängenden, wissenden Blick.

„Es ist wirklich nicht so beängstigend, wie du denkst", sagte Sirius.

Remus hielt es nicht aus.

Er würde vielleicht nie wissen, was in diesem Moment über ihn gekommen war. Es war alles einfach z u viel und er griff nach dem Nacken des anderen Jungen und zog ihn nach vorne, presste seine Lippen gegen Sirius. Es war furchterregend – und wundervoll. Sogar noch mehr, als Sirius begann zurückzuküssen, seine Lippen öffnete und Remus erlaubte, mit seiner Zunge hineinzugleiten. Es war alles auf einmal; erschütternd, unglaublich und vertraut. Er konnte nicht denken – als ob jeder Transmitter in seinem Gehirn gleichzeitig kurzgeschaltet hätte; zischend und knallend, Funken sprühend. Ja , war der einzige zusammenhängende Gedanke, den er hatte; ja ja ja ja .

Sie kamen gleichzeitig zur Besinnung und zogen sich beide zurück. Remus riss seine Hand weg, Sirius starrte ihn mit geweiteten Augen an. Remus sah als Erster weg.

„Ich gehe besser—" Sirius drehte sich zum Gemeinschaftsraum.

„— ja, ich war nur..." Remus wich zurück, die Treppe hinauf.

Sirius verschwand zur Party und Remus atmete tief aus, fühlte sich, als ob er zu Boden sinken würde. Er fuhr sich mit den Fingern durch seine Haare und wischte sich über seinen Mund. Er rieb seine Augen und bekämpfte den Drang, gegen die Wand zu schlagen. Was hatte er sich dabei gedacht?! Sirius würde denken, er wäre komplett verrückt – oder schlimmer. Er hatte noch nie so etwas gemacht. Vielleicht war er verrückt.

Er musste sich entschuldigen. Er musste es wieder gutmachen, bevor Sirius es James erzählte – bevor sie es alle wussten .

Remus strich sein Shirt glatt und steuerte die Stufen hinunter, in der Hoffnung, Sirius einzuholen, um sich zu entschuldigen – um es irgendwie zu erklären. Er betrat den Gemeinschaftsraum wieder, der noch immer mit Licht und Musik pulsierte, und sah etwas, das ihn erstarren ließ. Er schreckte zurück, unfähig wegzuschauen.

Sirius knutschte mit Mary.

Er hatte sie gegen den marmornen Kaminsims gedrückt und sie sah aus, als würde sie mit gleicher Wildheit zurückdrücken, ihre Körper aneinandergepresst, Köpfe wippend. Ihre Arme waren um seinen Hals geschlungen, ihre dünnen, dunklen Finger kräuselten sich in seinen Haaren. Alle jubelten und johlten fröhlich.

Remus machte auf dem Absatz kehrt und marschierte geradewegs zurück in den Turm. Er ignorierte James und Peter, die planten, in die Küchen zu gehen, um mehr Vorräte zu holen. Er schüttelte nur stumm seinen Kopf und stieg die Treppe zu ihrem Schlafzimmer hinauf. Er zog die Vorhänge um sein Bett zu und legte sich hin, fühlte sich fremd.

Er bedeckte sein Gesicht mit seinen Armen und dachte an die beiden zusammen. Er dachte an Sirius Augen und die Kurven von Marys Hüften, bis er in einen unruhigen Schlaf fiel.

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