Kapitel Neunundzwanzig

"Ich verstehe dieses Mädchen nicht", seufzte Amalia theatralisch auf und holte mich somit aus meinen tiefen Gedanken, die sich natürlich nur wieder um Louis gedreht hatten.

Nun war ich schon eineinhalb Jahre in Neuseeland und konnte ihn trotzdem nicht vergessen, obwohl er sich nicht mal bei mir meldete. Trotzdem versuchte ich den Gedanken zur Seite zu schieben und mich auf Amalia zu konzentrieren, die mich dazu gezwungen hatte, diese neue Netflix-Serie 'Thirteen Reasons Why' anzufangen. Ich hatte es von Anfang an nicht für eine so gute Idee gehalten, da Amalia ja selbst mit Selbstverletzendem Verhalten zu kämpfen gehabt hatte, doch sie ließ sich nicht davon abbringen und so habe ich ihr klar gemacht, dass sie es nur mit mir zusammen gucken darf. Klingt vielleicht kindisch, aber ich hatte einfach zu sehr Angst davor, dass sie in ein altes Muster zurückfallen könnte.

"Was meinst du?", fragte ich also nochmal nach und sah sie an

"Ich verstehe einfach nicht, wieso sie Clay für alles verantwortlich macht. Wieso hätte er ihr vorher sagen müssen, dass er sie liebt? Wieso hat sie es denn nicht einfach getan, es war ja wohl offensichtlich."

Es bewunderte mich immer wieder, wie sehr sie sich in solche Serien hineinsteigern konnte und sie fast zu ihrem eigenen Leben machte. Deswegen nahm sie das auch alles so Ernst.

"Vielleicht hat sie ihn ja nie geliebt?", murmelte ich, woraufhin Amalia auf Pause drückte und mich genervt ansah.

"Natürlich hat sie das!"

"Na, vielleicht.. vielleicht wollte sie das alte Klischee bedienen, dass Jungs so was immer zuerst sagen sollen?"

"Ich hatte sie schlauer eingeschätzt...", nuschelte Amalia betrübt, biss sich auf ihre Unterlippe und ließ die Folge weiterlaufen, während ich stattdessen sie ansah.

Wir hatten seit ihrem Aus mit Toni, nie mehr darüber gesprochen, was bei ihr in der Liebe so los gewesen ist und ich wusste nicht, ob es einfach nur nie zur Sprache kam oder ob sie absichtlich versucht, mich davon abzuhalten, auf dieses Thema zu kommen.

"Was ist daran denn so unschlau?", fragte ich nach und sie schien zu überlegen, ohne ihren Blick vom Laptop zu nehmen. Kurze Zeit war Stille und lediglich die Stimmen der Serie zu hören, als Amalia nachdachte.

"Ich denke, man sollte es einer Person immer sagen, wenn man sie liebt, ohne zu erwarten, dass der andere es zuerst sagt. Man weiß nie, wann es dafür mal zu spät ist."

*****

Zu spät.

Ich änderte meine Wegrichtung schneller als der Gedanke zu Ende gedacht war und war nun stattdessen dabei, zu Louis' und Luke's Wohnung zu gehen, um mit ihm zu sprechen.

Ich hatte ihn zu lange nicht gesehen, musste ihn einfach wieder vor mir haben und sicher sein, dass es ihm einigermaßen gut geht. Natürlich musste ich ihm auch von dem Gespräch erzählen, welches Luke und ich gerade geführt hatten und dann könnte ich ihm sagen, dass ich ihn liebe und das er nun endlich Meins sein soll. Ich habe wirklich lange genug gewartet und Amalia hatte Recht damit, ich sollte nicht warten, bis er damit bei mir ankommt.

Als ich vor der Tür stand, klingelte ich Sturm und Louis musste schon davon ausgehen, dass irgendwelche Kids einen Klingelstreich spielen, weswegen er genervt die Tür öffnete, ich ihn direkt hoch hob und lachend in die Wohnung trug, während er vor Schreck seine Beine um meine Hüfte geschlungen hatte.

Mit meinem Fuß schmiss ich die Tür zu und setzte Louis auf dem Küchentisch ab, welcher immer noch am Kichern war, da ihn mein Auftritt offenbar sehr gefallen hat und auf jeden Fall überraschend für ihn war.

"Harry, was machst du hier? Und warum bist du so gut drauf?", fragte er irgendwann lachend, nahm seinen Blick nicht von mir und ich platzierte meine Hände neben seinem Körper auf der Tischplatte.

Ich fing an wie ein kleines Kind zu grinsen, als die Schmetterlinge in meinem Bauch auf und ab flogen, weil er sich freute mich zu sehen und offensichtlich schon besser aussah, als vor einer Woche. Das er mir so nahe war, war dabei nur die Krönung.

"Ich musste dich einfach sehen. Ich habe dich vermisst und.. ich konnte es einfach nicht länger ohne dich aushalten." Seine Wangen wurden Rosa, nachdem mein Geständnis bei ihm angekommen war und er senkte den Blick, um das offensichtliche vor mir zu verbergen. "Außerdem habe ich mich gerade eben mit Luke getroffen und wir haben geredet."

Nun sah er doch wieder auf, das Rot immer noch auf seinen Wangen, aber seine Augen vor Schreck geweitet.

"Wie? Jetzt schon?"

"Ja, wir haben uns noch nie wirklich gestritten und diese Funkstille war für uns beide einfach nicht das Richtige."

"Und dann hat er dir einfach so verziehen?" Louis klang beleidigt. Es hätte nur noch gefehlt, dass er die Arme vor der Brust verschränkte und wie ein bockiges Kind die Wangen aufplusterte.

"Nein, das hat er nicht", widersprach ich, legte meine Hände auf seine Knie und kam ihm mit meinem Gesicht noch etwas näher. "Er hat gesagt, dass er es manchmal geahnt hat, es aber nicht wahrhaben wollte. Und dann meinte er, dass er hofft, dass er uns irgendwann alles Glück auf der Welt wünschen kann." Zum Ende des Satzes wurde meine Stimme immer leiser und bald befand sich meine Nasenspitze fast an seiner.

"Das will er?" Louis' Augen huschten zu meinen und ich sah die Unsicherheit darin, die ich so unbedingt verscheuchen wollte.

Ich kam ihm noch etwas näher und sah auf seine Lippen, während ich so tat, als würde ich gerade intensiv über diese Frage nachdenken. Dabei wollte ich einfach noch etwas Zeit schüren, bevor ich diese Lippen hoffentlich wieder auf meinen spüren könnte. Man könnte meinen, es sei zu früh, aber besser zu früh als zu spät, oder?

"Ja, das will er", bestätigte ich und flüsterte die nächsten Worte gegen seine Lippen. "Er weiß, dass ich dich liebe und das so sehr, dass es weh tut."

Als seine Lippen tatsächlich wieder meine berührten, nach über zwei Jahren und mit dem Wissen, dass er nun frei war und wir niemanden betrogen, fühlte sich mehr als unglaublich an. Seine Arme fanden schneller den Weg um meinen Hals, als man denken mag und so wurde ich noch näher zu ihm gezogen, als ich ihm sowieso schon war, während meine Hände sich an seinen Rücken legten.

Wir küssten uns, bis wir keine Luft mehr bekamen und lösten uns so langsam voneinander, das man meinen könnte, wir wären immer noch in eben diesem gefangen. Doch unsere Herzen schlugen auch nach dem Ende des Lippenkontaktes im gleichen Takt, schneller als gewohnt und doch im genau richtigem Tempo.

Louis biss sich vorsichtig auf die Unterlippe, hatte erneut rote Wangen bekommen und es sah so unglaublich süß aus, da er sich sogar seinen Bart abrasiert hatte und nun gar nicht mehr aussah, wie der erwachsene Mann, den ich vor über einer Woche nach den zwei Jahren in Neuseeland wiedergesehen hatte. Nein, er sah wieder aus wie der Junge, in den ich mich verliebt hatte. Doch ich mochte beide dieser Seiten, wollte noch viel mehr von ihm kennen und lieben lernen und ich musste nun einfach hoffen, dass er mich sich lieben lassen würde.

Meine Hand legte sich vorsichtig an seine Wange und ich küsste seine Lippen noch einmal, um mich zu vergewissern, dass dies nun wirklich passiert war und nicht nur irgendein Traum von mir.

"Es fühlt sich gut an, das jetzt zu tun", murmelte Louis und fuhr mit beiden Händen durch meine Haare. "Ohne schlechtes Gewissen, einfach nur das Bauchkribbeln genießen."

"Gib mir eine Chance."

"Aber das tue ich do-"

"Nein, eine richtige Chance", unterbrach ich ihn und da ich mich ein Stück entfernte, spürte ich, wie sich auch seine Hände aus meinen Haaren entfernten. "Ich weiß, du denkst, es sei zu früh. Aber ich liebe dich seit über drei Jahren und in all dieser Zeit habe ich mir nichts mehr gewünscht, als dich stolz meinen Partner nennen zu dürfen. Wir haben das ganze doch bereits durch, warum noch einmal so lange warten?" Ich sah die Unsicherheit in seinen Augen und auch, dass er etwas sagen wollte, doch ich war noch nicht fertig. "Wir müssen es ja nicht an die Große Glocke hängen und erst Recht nicht Luke unter die Nase reiben. Aber worauf möchtest du warten? Was sollte noch anders werden?"

[...]

Guten Morgen Freunde der Sonne und des Mondes, habt ihr gut geschlafen?:)

Was denkt ihr, wird Louis zustimmen? Oder ist es tatsächlich zu früh dafür?

Ich muss heute den ganzen Tag arbeiten, verspreche aber, wie immer, natürlich auf jeden Kommentar zu antworten :)

Die Geschichte wird nicht mehr so viele Kapitel haben, aber eine neue ist bereits in Planung. Ich hoffe, dass ihr mich dort so tatkräftig unterstützt wie hier :)

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag ❤️

xoxo Michelle

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