Kapitel Neun
Kommentiert schön mit, ich möchte eure Live-Reaction mitbekommen :3
Es war seltsam, in der Schule so zu tun, als wäre nichts vorgefallen. Einfach so hinter Luke und Louis zu laufen, die Händchen hielten und sich gegenseitig anstrahlen. Jeder blinde konnte den beiden ansehen, wie glücklich sie darüber waren, dass der Streit der beiden vorbei war und sie die ganze Sache geklärt hatten. Und ich sollte auch glücklich darüber sein. Ich sollte ebenfalls strahlen, weil zwei der wichtigsten Personen in meinem Leben glücklich sind, doch ich konnte nicht. Doch, äußerlich schon, aber innerlich war ich kurz davor zu platzen. Wieso musste Liebe nur ein so verdammt starkes Gefühl sein? Warum hatte Liebe eine so große Kontrolle über deinen Körper?
"Ich bin nochmal in der Bibliothek", sprach ich aus, als ich es einfach nicht mehr aushielt, wie nahe sich die beiden waren und sich alle paar Sekunden einen Kuss aufdrückten. Ich konnte mir ja nichtmal den Gefallen tun und wegsehen, weil es so schien, als würde mein Körper diesen Schmerz unbedingt haben wollen.
"Aber wir haben gleich Englisch", meinte Luke verwirrt und löste sich etwas von Louis, um meinen Blick besser erwidern zu können.
"Ja, ich muss noch schnell..", ich sah kurz zu Louis und dann auf den Boden, "noch schnell etwas besorgen. Wir sehen uns gleich im Unterricht."
Bevor Luke noch mehr sagen konnte, war ich auf den Fersen umgedreht und bewegte mich in die entgegengesetzte Richtung, während ich die Tränen zurückhielt. Ich konnte nicht in der Schule anfangen zu weinen. Das würde nicht gehen, soweit konnte ich die Gefühle nicht überhand gewinnen lassen.
Die Bibliothek war so gut wie leer, nur ein paar Schüler die gleich eine Freistunde haben würden, saßen hier rum und taten so als würden sie lernen, während jeder zweite Blick auf das Smartphone neben dem Buch ging. Ich ging einfach im Schnellschritt in die Geographie Abteilung, da dort nie jemand war und ich ein paar freie Minuten ohne Menschen haben könnte. Und die brauchte ich gerade mehr als alles andere.
Dort angekommen schmiss ich mich auf den Teppichboden und versuchte nicht darüber nachzudenken, was hier vor mir alles schon gewesen war, ehe ich mein Gesicht in meinen Händen vergrub und kurz darauf meinen Hinterkopf gegen das Bücherregal lehnte.
Ich hasste mich selbst so dafür, dass ich so ein Mensch geworden war. Ein Mensch, der seine eigenen Gefühle vor die eines anderen stellt und sich nicht einmal mehr für seinen besten Freund freuen konnte. Aber ich konnte nichts gegen diesen stechenden Schmerz tun, der sich jedes Mal in meiner Brust breit machte, sobald ich die beiden zusammen sah und es wurde immer schlimmer. Ich wusste nicht, wie lange ich dieses aufgesetzte Lächeln noch spielen konnte, ohne, dass ich platzen würde oder auf der Stelle anfange zu heulen.
Louis hatte so getan, als sei nichts gewesen. Als wäre dieser kurze Moment zwischen uns gar nicht passiert. Ich kann verstehen, dass er sich womöglich total schlecht deswegen fühlte und versuchte, es zu verdrängen, aber er konnte sich jetzt um meine Gefühle sicher sein. Oder sie vermuten. Doch es kam nichts; kein außergewöhnlich neuer Blick, lediglich unsere Umarmung war heute morgen kürzer ausgefallen.
"Du wirst zu spät in den Unterricht kommen", unterbrach mich eine bekannte Stimme und ich schaute zu Amalia nach oben, die mit einem Buch in der Hand und dem Rucksack halb hinter ihrem Rücken hervorschauend, vor mir stand.
Ich zuckte nur mit den Schultern und sah, wie sie ihre Tasche abstellte und dann neben mir Platz nahm. Während wir so nah aneinander saßen, dass ihr Oberarm meinen berührte, sah ich ihre Seitenansicht an und fragte mich, was sie hier wohl machte. Sie war in Louis' Klasse, dass wusste ich, weil Louis manchmal von ihr erzählte. Sie schien öfter ein paar Stunden einfach so zu verschwinden und tauchte dann wieder auf. Anscheinend war sie dann immer hier.
"Hast du denn keinen Unterricht?", fragte ich irgendwann und sie blickte von ihrem Buch auf, um dann nur mit den Schultern zu zucken.
"Wir haben gerade nur Mathe und das brauche ich später eh nicht. Da bilde ich mich lieber in anderen Sachen weiter, die auch wirklich wichtig für mein späteres Leben sind."
Mein Blick fuhr auf den Buchrücken des Buches, welches sie gerade lies und ein grinsen tauchte auf meinem Gesicht auf.
"Indem du 'Will & Will' liest?"
Ertappt biss sie sich auf ihre Unterlippe und zuckte wieder nur mit den Schultern.
"Indem ich meinen Wissensschatz erweitere und später selbst eine erfolgreiche Autorin werden kann. Dann brauche ich den ganzen Scheiß eh nicht mehr und kann all den Lehrern ins Gesicht lachen die meinten: 'Das ist wirklich wichtig für dein späteres Leben'." Beim zitieren ihrer Lehrer verstellte sie ihre Stimme und wir beide fingen an zu lachen. Ehrlich, was ich schon wirklich lange nicht mehr gehabt hatte. "Wieso sitzt du hier, wenn du nicht mal ein Buch in der Hand hast?"
"Ich wollte einfach mal kurz alleine sein", gab ich von mir und die Stimmung bei einem Gedanken an eben, direkt wieder unten.
"Diesen Plan habe ich dir wohl vermasselt, hm?" Sie sah nicht wirklich so aus, als würde sie sich deswegen schlecht fühlen, doch ich schüttelte trotzdem den Kopf.
"Nein, alles gut. Ich muss jetzt eh los. Danke für das Gespräch."
Sie nickte nur und lächelte dann, ehe ich meine Tasche schnappte und die Bibliothek sogar mit einem lächeln verließ.
*****
Am Ende des Schultages, liefen Luke und ich gerade den Schulflur entlang, als ich das Klavier-Spiel aus dem Musikraum hörte. Ich wusste, dass es Louis war, da ich nach der Schule schon öfter da gewesen war um ihm zuzuhören, da Luke arbeiten musste und nicht konnte. Dann hatte ich immer ein paar Minuten mit Louis alleine gehabt und mir kurz eingebildet, dass es Luke gar nicht gäbe.
"Ich bleibe noch kurz bei Louis, ich muss noch mit ihm sprechen", unterbrach ich Luke, der damit in seinem Redefluss gestört wurde, bei dem ich eh nicht wirklich zugehört hatte.
"Okay. Wir schreiben später", lächelte er und ich nickte, ehe wir uns kurz abschlugen und ich direkt kehrt in den Musikraum machte.
Sobald ich die Tür öffnete, stieg ich in diese Blase, die immer nur da war, wenn ich mit Louis alleine war. Eine Blase, in der kurz alles okay war und die guten Gefühle, die schlechten beiseite schoben und der Schmerz für einen Moment nicht mehr da war. Sein Klavierspiel ertönte noch lauter in meinen Ohren und ich legte meine Tasche neben der Tür ab, ehe ich mich auf einen Stuhl fallen ließ und ihm einfach nur dabei zusah, wie seine Finger über die Tasten tanzten und die wunderschönste Musik spielten, die ich je gehört hatte. Seine Augen geschlossen und sein Körper vor und zurück wippend, während er die Musik fühlte. Ach ja, wie ich diese Blase liebte.
Sobald er die letzten Töne spielte, gingen seine Augen auf und er erblickte mich; ein kleines lächeln auf seinen Lippen.
"Hey Harry."
"Hey. Das war wirklich wunderschön. Aber das weißt du natürlich schon."
"Danke, schätze ich", er unterbrach sich selbst und blickte auf seine Hände. "Was machst du hier?"
"Ich wollte dir zuhören, so wie damals immer. Und mit dir reden, über das, was am Wochenende war."
Das lächeln verschwand von seinem Gesicht und ein panischer, fast trauriger Ausdruck ersetzte es. Ich konnte förmlich sehen, wie seine Atmung ausgesetzt hatte.
"Was war denn da?", fragte er unschuldig und die Blase schien fast zu platzen, da sich Wut in mir aufstaute, die da nicht sein sollte. Die ich niemals in Louis' Gegenwart fühlen wollte.
"Wir haben uns fast geküsst, Louis."
"Aber nur fast", sprach er schnell und sah mich wieder an. Ich erkannte die Bitte in seinen Augen, einfach nicht weiter zu sprechen und es dabei zu belassen, doch ich musste das jetzt geklärt haben. Ich konnte es nicht noch länger im Raum stehen lassen.
"Wäre meine Mum nicht rein gekommen-"
"Aber sie ist rein gekommen!" Seine Stimme wurde laut und er stand auf, um mir ein paar Schritte entgegen zu kommen. "Was willst du von mir hören?"
"Wieso das fast passiert ist!"
"Ich weiß es nicht. Ich war traurig und du warst da. Du warst für mich da und.. und-"
"Ich war schon öfter für dich da, Louis. Ich bin immer für dich da, weil Luke es nie ist." Mittlerweile war auch ich aufgestanden, um ein paar Meter zwischen uns zu überbrücken.
"Natürlich ist Luke auch für mich da!", widersprach Louis, doch wir beide wussten, dass er sich und mich damit belog.
"Er ist nicht so für dich da, wie ich es bin. Ich frage dich immer wieder, wie es dir geht, was du machst und was du vorhast. Ich hole dich irgendwo ab, wenn Luke mal wieder zu faul ist. Ich-"
"Harry hör auf."
"Womit denn?" Ein entsetztes lachen entfuhr mir und ich sah ihn fassungslos an. "Womit soll ich denn bitte aufhören? Damit dir zu sagen, wie viel besser ich für dich wäre?"
"Wieso tust du das jetzt? Luke liebt mich."
Ich nickte, um einen kurzen Moment darüber nachzudenken, ob jetzt nicht der richtige Zeitpunkt wäre, es ihm einfach zu sagen. Es mir einfach einmal von der Seele gesprochen zu haben. Aber würde es nicht alles kaputt machen? Ich hatte wirklich keine Ahnung, wie er darauf reagieren würde.
"Und natürlich, ist diese Beziehung nicht perfekt. Ich meine, welche ist das schon? Natürlich kann er nicht immer so für mich da sein, wie ich es manchmal bräuchte, aber das ist okay. Er ist nunmal nicht perfekt", sprach Louis weiter, wurde immer unsicherer mit dem was er sagte und machte mich nur wütender. "Außerdem-"
"Ich könnte Perfekt für dich sein, Louis", unterbrach ich ihn und kam den letzten Schritt auf ihn zu. "Ich könnte dich immer so fest in den Arm nehmen und dir die Tränen von der Wange küssen, wenn es dir schlecht geht. Du wärst immer meine oberste Priorität und ich würde alles dafür tun, damit du der glücklichste Mensch der Welt sein kannst." Er hatte die Luft angehalten und seine Augen so weit aufgerissen, dass ich Angst hatte, dass sie ihm gleich rausfallen würden. "Ich würde dich niemals in irgendeiner Sache hetzen, ich würde dir alle Zeit der Welt geben, solange du nur meins wärst."
"Deins?", hauchte er verunsichert und schüttelte den Kopf, ehe er sich von mir entfernte. "Ich bin mit Luke zusammen."
"Aber ich liebe dich Louis, sicherlich mehr als er." Er packte seine Tasche und machte sich auf den Weg zur Tür. Er wollte doch tatsächlich abhauen. "Louis-"
Er schüttelte den Kopf, die Tür hinter ihm flog zu.
Und die Blase platzte.
[...]
Ehm... surprise? Hattet ihr doch mit einem so schnellen Einbruch Harrys gerechnet? Wie fandet ihr Louis Reaktion?
Danke für die fast 200 votes auf der Geschichte und 1K Leser; das ist wirklich unglaublich!
Lasst mir was kleines da (:
xoxo Michelle
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