Zurück
Doch meine Sorgen sind unbegründet, denn den Rest der Woche bekomme ich sie außer bei den Mahlzeiten nicht zu Gesicht. Und selbst dort sitzt sie mit ihren Freundinnen am anderen Ende des Raumes, worüber ich ehrlich gesagt echt froh bin.
Allerdings lassen mich die hasserfüllten Blicke, die sie hin und wieder auf mich abschießt fürchten, dass sie irgendetwas ausheckt.
Doch als ich am Freitagnachmittag mit Ian und Felix auf dem Weg zum Gestüt bin, freue ich mich auf ein schönes, ruhiges Wochenende mit ihm und seiner Familie und vor allem ganz ohne die ständige Sorge, Emma könnte mir irgendwo auflauern.
"Page! Wir sind da!" ruft Ian ins Wohnzimmer und stellt unsere Taschen an den Fuß der Treppe.
"Mia! Wie ich mich freue!" freudestrahlend kommt Page aus der Küche auf uns zu und nimmt mich in den Arm. "Wie geht es dir denn? Und was macht Mara? Ich hab schon wieder viel zu lange nicht mehr mit ihr Telefoniert. Gehts ihr und dem Baby gut? Ich freu mich ja so, dass du hier bist!" bestürmt sie mich, ohne mir die Gelegenheit zu geben zu antworten.
"Ja, Mum, ist ja gut, wir finden Mia auch ganz Toll!" sagt Felix grinsend. "Außerdem...werden wir gar nicht begrüßt?" fragt er gespielt beleidigt.
"Ach natürlich, Schatz! Schön das du da bist." sie küsst ihn auf die Wange und umarmt ihn Herzlich, was ihn ganz verlegen macht. Dann nimmt sie auch Ian in den Arm.
"Gehts dir nicht gut, Großer?" fragt sie mit gerunzelter Stirn.
"Doch Page, ich hab nur zu wenig geschlafen in letzter Zeit." gibt er zu. "Aber das werde ich übers Wochenende nachholen. Du weißt ja,... die Schule und die ganze Lernerei für die Prüfungen." sagt er ausweichend, was ihm von mir einen forschenden Blick einbringt.
Fast unmerklich schüttelt er mit dem Kopf und legt stattdessen einen Arm um mich.
"Ist das Essen schon fertig?" fragt er, "Wir haben Hunger."
Pages Gesicht leuchtet erfreut auf, als sie uns ansieht, dann sagt sie lächelnd. "Noch nicht ganz, aber es dauert nicht mehr lange. Bringt doch schon mal eure Sachen weg, dann könnt ihr mir beim Tischdecken helfen."
"Wird gemacht." salutiert Felix und sprintet mit großen Schritten die Treppe nach oben. Auch Ian wendet sich ab und will mich mitziehen, als Page ihn aufhält.
"Lässt du mir Mia mal kurz da. Ich könnte mal ihre Hilfe gebrauchen." bittet sie freundlich.
"Sicher." zögernd lässt er mich los und schaut verwirrt zwischen mir und seiner Mutter hin und her. Doch dann zuckt er mit den Schultern, nimmt unsere Taschen und bringt sie nach oben.
Neugierig, was Page von mir will, folge ich ihr in die Küche.
"Danke Julia, dass du den Nachtisch noch nicht aufgegessen hast." tadelt sie die kleine blonde Maus, die gerade einen großen Löffel aus einer Schüssel Quarkspeise zieht.
"Ich wollt nur mal popieren." sagt sie ertappt und senkt verlegen den Blick.
"Siehst du hab ich doch gesagt, dass Mama das nicht gut findet." sagt Johanna besserwisserisch.
"Du hast ja selber popiert." meckert Julia und verzieht niedlich das Gesicht.
"Es heißt aber nicht popiert sondern probiert." zickig streckt Johanna ihrer Zwillingsschwester die Zunge heraus.
"Hey ihr beiden, Schluss jetzt mit dem Gezanke! Außerdem sind Ian und Felix wieder da, wollt ihr sie nicht begrüßen?" fragt Page lächelnd.
Sofort ist Ruhe. Die Zwillinge werfen sich einen vielsagenden Blick zu, beginnen zu grinsen und verlassen im Laufschritt die Küche.
Kopfschüttelnd schaut Page den Mädchen nach.
"Kinder!" seufzt sie dann leise und kramt aus einer Schublade einen Sauberen Löffel hervor, den sie mir reicht.
"Füllst du den Nachtisch mal in die Gläser da?" bittet sie mich, dann fügt sie entschuldigend hinzu. "Jetzt haben sie dich gar nicht mehr begrüßt, die beiden Rabauken."
"Ach, das macht doch nichts." winke ich ab "Ich seh sie ja später noch mal, da können wir das nachholen."
Gedankenverloren arbeiten wir einen Moment still nebeneinander, doch als ich den letzten Rest Quark aus der Schüssel kratze, und Page die Paprika in die Salatschüssel schiebt, bricht sie schließlich das Schweigen.
"Bist du mir eigentlich noch böse?" fragt sie unsicher.
Verwirrt wende ich mich ihr zu.
"Warum sollte ich?"
"Seit dem ich deine Eltern eingeladen habe, warst du nicht mehr hier." sagt sie betrübt.
"Nein, Page." versichere ich ihr. "Ich bin dir nicht mehr böse. Du hast es ja nur gut gemeint. Eigentlich bin ich dir eher Dankbar, dass du sie eingeladen hast, wer weiß, wie sonst meine Herbstferien geworden wären."
"Und warum warst du dann so lange nicht mehr hier?" will sie wissen und runzelt die Stirn. "Versteh mich nicht falsch, nur... ich dachte du und Ian ihr seid Freunde..."
"Oh...ja, also... wir hatten ein paar Probleme in letzter Zeit, aber jetzt ist wieder alles in Ordnung." sage ich zuversichtlich.
"Freut mich zu hören. Ich fing schon an mir Sorgen um ihn zu machen. Kommst du denn jetzt wieder öfter mit hier her? Ich meine wenn Mara nichts dagegen hat."
"Wenn ich darf." hoffnungsvoll blicke ich sie an.
"Warum solltest du denn nicht?" fragt sie verwundert. "Ich freu mich immer wenn du hier bist."
"Danke!" sage ich bewegt und nehme sie herzlich in den Arm, dann räuspere ich mich, weil ich einen Kloß im Hals habe.
"Ich hab zu danken." sagt sie schlicht, doch als sie meinen verwirrten Gesichtsausdruck bemerkt, nickt sie zum Kücheneingang, wo gerade Ian mit Johanna über der Schulter auftaucht.
Ein glückliches Grinsen huscht über mein Gesicht als sich unsere Blicke treffen.
Er macht eine einladende Bewegung mit dem Kopf. "Komm." scheint er zu sagen, doch ich schüttel genauso leicht den Kopf, dann nicke ich in Pages Richtung.
"Geh ruhig." sagt sie lächelnd, als sie unseren Stummen Dialog bemerkt. "Felix und die Mädchen können den Tisch auch allein decken."
Ein unwilliges "Muss das sein." ertönt von Felix und Lena, die scheinbar keine große Lust haben zu Helfen, während Julia und Johanna schon das Besteck aus der Schublade holen.
"Ich mach die Messer." sagt Julia, während Johanna sich die Gabeln nimmt.
"Nun geh schon, Mia." lacht Page, als ich noch immer Unschlüssig in der Küche stehe.
Lächelnd gehe ich zu Ian und nehme seine Hand, die er mir einladend entgegen hält.
"Bleibt nicht zu lange!" ruft Page uns noch zu. "Das Essen ist in zehn Minuten fertig."
Dann gehen wir in das Zimmer, wo der Konzertflügel seiner Mutter steht.
Verwundert schaue ich ihn an, als er das Licht anschaltet und der Flügel in seiner ganzen Pracht erstrahlt.
"Was machen wir denn hier?" frage ich erstaunt.
"Was willst du denn machen?" fragt Ian mit hochgezogener Augenbraue und verschmitzt grinsend.
"Hm...mal überlegen..." langsam gehe ich auf ihn zu und lasse meine Finger langsam seinen Bauch hinauf wandern.
Ich kann seine Rippen unter dem dünnen Stoff seines Shirts fühlen und schüttel missbilligend den Kopf.
"Aber mit mir schimpfen, wenn ich nicht genug esse." sage ich mehr zu mir selbst.
"Du bist auch viel zu dünn." sagt er und knirscht verärgert mit den Zähnen.
"Ach und du nicht?"
"Nein! Ich bin nur schlank, das ist ein Unterschied."
Schnaubend lache ich auf. "Ne, ist klar. Deine Rippen dürfen also herausstehen?" will ich wissen und verdrehe die Augen.
"Also immerhin kann ich "Das" nicht bei mir machen." sagt er und greift mit seinen beiden großen Händen fast einmal um meine gesamte Taille. Es fehlt wirklich nicht viel und seine Finger würden sich berühren.
"Du bist ja auch ein Mann!" gebe ich zu bedenken und lege meine Arme um seine Hüfte. Mit den Händen fahre ich unter sein Shirt und streiche sanft mit den Fingern über seinen Rücken.
"Mia." sagt er mit belegter, trauriger Stimme und schiebt mich ein Stück von sich weg, um mich besser ansehen zu können.
"Meinst du, dass sie ihn genauso geliebt hat, wie ich dich?" will er unsicher wissen. Es braucht einen Augenblick, bis ich seinen Gedankengang nachvollziehen kann, doch dann verstehe ich, was er meint.
"Muss sie wohl, wenn es ihr so schlecht ging, dass sie sich aufgegeben hat." sage ich traurig und lege ihm tröstend eine Hand auf die Wange, dann drücke ich ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen, der ihn kurz lächeln lässt.
"Aber sie hatte doch mich? Wieso hat sie mich denn nicht auch so sehr geliebt wie ihn. Warum hat sie nicht an mich gedacht?" fragt er verzweifelt, mit brüchiger Stimme.
"Ian." sage ich mitfühlend. "Hast du denn an irgendjemand anderen Gedacht, außer an dich selbst, als du traurig warst? Also wenn es mir schlecht geht, dann kann ich nichts essen, weil mir der Bauch so weh tut. Ich kann dann einfach nichts essen und da ist es dann auch egal, wie sehr mich jemand darum bittet."
"Sie hat mich trotzdem allein gelassen." sagt er stur und beginnt unruhig im Zimmer auf und ab zu wandern.
"Ja, das hat sie. Und sie tut mir leid, weil sie dich nicht kennengelernt hat. Aber jetzt bist du nicht mehr allein. Du hast mich und Page und Lena, Johanna, Julia, Felix und Peter. Wir alle lieben dich, Ian. Und wenn du schon nicht an dein eigenes Leben denkst, wenn du vor Kummer nichts essen kannst, dann denk daran, wie sehr du ihnen wehtust, wie sehr du mir wehtust, wenn du das selbe machst wie deine Mutter." betrübt setzte ich mich auf den Klavierhocker und verfolge seine Bewegungen mit den Augen.
Plötzlich bleibt er stehen und sieht mich finster an.
"Ich habe nicht vor zu sterben!" sagt er energisch.
"Ich bin mir sicher, dass deine Mutter das auch nicht gewollt hat." sage ich unbeeindruckt. "Trotzdem hat sie nicht wieder angefangen zu Essen, ganz gleich, was ihr die Ärzte gesagt haben."
Mit langsamen Bewegungen kommt er auf mich zu, dann lässt er sich plötzlich kraftlos vor mir auf die Knie fallen und vergräbt seinen Kopf in meinem Schoß.
Leise beginnt er zu weinen.
Verwirrt streiche ich ihm über den Kopf und merke nicht, wie mir selbst die Tränen übers Gesicht laufen, so sehr bewegt mich sein verhalten.
Ian war immer stark, hat mich immer wieder aus all meinen Sackgassen herausgeholt, ohne mit der Wimper zu zucken. Ihn jetzt so verletzlich zu sehen, macht mir beinahe Angst.
Meinen eigenen Schmerz verbergend, lege ich meinen Kopf auf seinen und versuche Stark zu sein. Stark für ihn.
Ich muss ihm helfen, endlich zu begreifen, dass seine Mutter nicht gestorben ist, weil sie es wollte, sondern weil sie nicht anders konnte, und das obwohl es ihn gab.
Vielleicht versteht er sie jetzt ja sogar ein bisschen besser, wo es ihm selbst so schlecht ging. Aber ich mache mir auch Sorgen, denn was ist, wenn er seiner Mutter ähnlicher ist, als er glaubt. Was wenn mir etwas passiert und er dann allein ist. Wird er über mich hinwegkommen oder wird er genau wie sie an seiner Liebe zu mir zerbrechen?
Eine Weile sitzen wir schweigend da, dann hat er sich scheinbar so weit gefasst, dass er mich anschauen kann.
"Spiel was für ich." bittet er mich mit belegter Stimme.
"Was denn?"
"Dieses eine. Ich weiß nicht, wie es heißt, aber ich weiß, dass du es kennst. Du hast es schon mal gespielt. Nur damals, konnte ich es nicht ertragen, weil..." unsicher bricht er ab. und schaut zu mir auf, dann setzt er sich neben mich auf die Bank.
"Weißt du von wem es ist?" frage ich nachdenklich. Irgendwie müssen wir die Möglichkeiten ein wenig einschränken.
"Nein, nur das er ein Chinese oder Japaner ist. Und das sein Name mit Y anfängt." sagt er stirnrunzelnd. "Yamo...Yiro... Yimaru oder so ähnlich."
"Da fällt mir nur Yiruma ein." sage ich überlegend. Was habe ich denn von Yiruma gespielt? Doch da ich beim besten Willen nicht weiß, welches Lied er meint, fange ich einfach an, die Anfangstakte zu spielen, bis sich sein Gesicht schmerzhaft in Falten legt.
"Das." sagt er gequält und legt einen Arm um meine Hüfte und den Kopf auf meine Schulter.
Zu schade, dass er so groß ist, sonst würde er sich bestimmt mit dem Kopf in meinen Schoß legen, wie bei seiner Mutter damals.
Ich drehe ihm den Kopf zu, dann Küsse ich ihn Zärtlich auf die Stirn, bevor ich anfange das Lied zu spielen.
Ich spüre, wie er sich anspannt und sein Arm sich haltsuchend um meinen Bauch legt, doch er bittet mich nicht aufzuhören, oder geht, was mich ermutigt einfach weiter zu spielen.
"Wie heißt das Lied?" fragt er mich, als ich geendet habe und wischt sich mit der Hand über das Gesicht.
"All myself to You" ein klein wenig bedrückt schmiege ich mich an ihn und spüre das kleine Lächeln mehr, als das ich es sehe.
"Ein schönes Lied" sagt er leise und gibt mir einen Kuss.
"Ja." stimme ich zu. "Ich mag es auch sehr gern."
Erneut schweigen wir eine Weile, als es plötzlich leise an der Tür klopft.
"Kommt ihr zum Essen?" will Johanna wissen, als sie den Kopf herein steckt.
"Ja, wir kommen gleich." sagt Ian bemüht munter, dann macht er eine wegscheuchende Handbewegung, die das Mädchen mit einer frechen Geste beantwortet, bevor sie uns wieder allein lässt.
"So ein Quälgeist." grinst Ian, dann atmet er nochmal tief durch und reicht mir die Hand.
Zum zweiten Mal an diesem Abend folge ich ihm unsicher durchs Wohnzimmer, nicht sicher, ob unser Zusammentreffen im Musikzimmer nun ein Gutes oder ein Schlechtes war.
Aber da er den Rest des Abends ziemlich gelöst wirkt, wage ich zu hoffen, dass es ein gutes war.
Nach dem Essen gehe ich nach oben ist Gästezimmer und mache mich Bettfertig. Doch als ich soweit bin, weiß ich nicht, ob ich hier bleiben oder zu ihm gehen soll.
Unschlüssig stehe ich zwischen Bett und Tür, doch dann entscheide ich mich für das Bett. Vielleicht braucht er ja ein bisschen Zeit für sich, außerdem schläft er ja vielleicht lieber allein, vor allem da Emma ihn ja ständig in seinem Zimmer nervt. Da möchte ich ihn nicht auch noch stören, wenn er endlich mal seine Ruhe hat.
Mitten in der Nacht wache ich mit pochenden Kopfschmerzen und großem Durst auf. Stöhnend halte ich mir den Kopf, während ich nach unten in die Küche gehe um mir etwas zu trinken zu holen.
Ich trinke erst ein Glas Wasser, dann auch noch eines mit Orangensaft und wünschte mir ich hätte eine Kopfschmerztablette dabei, aber leider sind meine Tabletten im Internat.
Ob Page irgendwo welche hat? Bestimmt. Aber wo würde sie so etwas aufbewahren? Vielleicht im Bad. Aber auch die Küche oder das Schlafzimmer kämen in Frage. Allerdings bin ich hier nicht zu Hause und mir ist auch nicht wohl dabei mitten in der Nacht die Schränke zu durchwühlen, also muss ich die Schmerzen wohl aushalten, denn wecken um zu fragen möchte ich auch niemanden.
Gerade will ich das Wohnzimmer verlassen, als mich ein leises Geräusch innehalten lässt.
Stirnrunzelnd sehe ich mich im dunklen Zimmer um, doch da ist nichts. Dann ertönt das Geräusch erneut und jetzt erkenne ich, was es ist.
Jemand hat auf dem Klavier gespielt.
Ob wohl eines der Mädchen aufgewacht und heimlich heruntergekommen ist? Oder vielleicht sogar Ian? Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass er auf dem Klavier spielen würde, oder doch?
Wie dem auch sei, wer auch immer wach ist, kann mit vielleicht sagen, ob es in diesem Haus Schmerztabletten gibt.
Leise nähere ich mich der fest verschlossenen Tür und lausche. Erneut spielt jemand auf dem Flügel, doch nach wenigen Takten bricht er ab und beginnt von vorn, als hätte er sich verspielt.
Also nach einem der Zwillinge klingt das nicht und ob Page Klavier spielt weiß ich nicht, aber bisher hat sie Ians Wunsch, das niemand auf dem Flügel spielen darf, respektiert. Nur ich habe bisher auf dem Instrument gespielt und einmal habe ich Ian dort sitzen gesehen, doch gespielt hat er damals nicht.
Noch immer stehe ich unsicher da und lausche den leisen Klängen die aus dem Zimmer dringen.
Vielleicht sollte ich einfach klopfen und nach den Tabletten fragen. Letzten Endes ist es ja egal, wer hinter der Tür ist.
Zögerlich hebe ich die Hand und klopfe an, doch niemand reagiert. Nur die Musik verstummt.
Ob mich der Klavierspieler gehört hat? Noch einmal schlage ich leicht mit den Knöcheln gegen die Tür.
Dann öffne ich sie langsam.
"Ach du bist es." sagt Ian erleichter und winkt mich in den Raum. "Was machst du denn hier?"
Unsicher gehe ich auf ihn zu. Vielleicht ist es ihm ja gar nicht recht, das ich ihn hier störe.
"Ich bin aufgewacht, weil ich Kopfschmerzen habe und ich wollte dich fragen, ob ihr irgendwo Aspirin habt. Oder was anderes in der Richtung." erkläre ich verlegen.
Einladend breitet er die Arme aus und erleichtert kletter ich auf seinen Schoß und schmiege ich mich an ihn. Scheinbar hat er nichts dagegen, dass ich hier bin.
"Und was machst du hier?"
"Ich konnte nicht schlafen."
"Warum denn nicht?" frage ich erstaunt.
"Weiß auch nicht." ratlos zuckt er mit den Schultern. "Mein Bett war so kalt und leer." fügt er dann leise hinzu.
"Ja, meins auch." sage ich verlegen und beginne seinen Hals zu küssen, doch als mein Blick auf den Stapel Noten fällt, der auf dem Klavier steht halte ich inne.
"Was spielst du denn da?" frage ich neugierig. "Darf ich?"
"Nein. Lieber nicht. Also, du kannst sie anschauen, aber..." verlegen wuschelt sich Ian durch die ohnehin zerwühlten Haare.
"Wolltest du das spielen?" frage ich in Gedanken versunken und blättere durch die dicht beschriebenen Seiten. "Ich könnte dir zeigen, wie es geht."
"Ich weiß, dass du das kannst, aber ich weiß nicht... ich hab so lange nicht mehr gespielt... eigentlich möchte ich nicht, dass das jemand anderes spielt. Verstehst du?" bittend sieht er mich an.
"Oh, okay." sage ich enttäuscht.
"Mia, versteh mich nicht falsch. Wenn jemand dieses Stück spielen dürfte, dann du, aber so weit bin ich noch nicht."
"Ist schon gut. Das versteh ich." sage ich, dabei verstehe ich überhaupt nicht, was an den Noten so besonders ist. Es ist doch nur Musik.
"Von wem ist das Stück denn?" will ich stirnrunzelnd wissen.
"Von meiner Mutter." sagt Ian mit einem kleinen Lächeln und verdreht die Augen.
"Oh." stoße ich erstaunt aus, doch erst jetzt kommt das gesagte bei mir an. OH! Okay, dann kann ich verstehen, warum er nicht möchte, dass es Jemand spielt.
Bittend hält er die Hand auf und ich lege die Zettel hinein, dann schiebt er mich sanft von seinem Schoß.
"Komm Engelchen, wollen mal sehen, das wir was für deinen Kopf finden. Und dann gehen wir schlafen." Ian verstaut die Notenblätter in einem der Schränke und geht auf die Tür zu und schaltet das Licht aus.
Unsicher tappe ich durch die Dunkelheit, die mir jetzt viel schwärzer vorkommt, weil ich noch von dem Licht geblendet bin.
Ian reicht mir hilfsbereit die Hand und zieht mich zurück in die Küche, wo er eine kleine Lampe einschaltet und aus einem der oberen Schränke eine Packung Tabletten hervor holt.
Ich nehme mir noch ein Glas Wasser und schlucke das sperrige Ding, das sich wieder mal weigert meinen Mund zu verlassen, nach mehrmaligem würgen hinunter, dann gehe ich Ian voran die Treppe hinauf.
Oben angekommen wende ich mich nach rechts zu meinem Zimmer, doch er hält mich auf.
"Wo willst du denn hin?" fragt er leise und greift nach meiner Hand.
"Ich dachte, du möchtest vielleicht lieber deine Ruhe haben." sage ich verlegen.
"Ach Engelchen, du denkst zu viel!" genervt rollt er mit den Augen, dann nimmt er mich kurzerhand auf den Arm und trägt mich zu seinem Zimmer "Wann kapierst du endlich, dass ich dich immer in meiner Nähe haben will. Du kannst mich gar nicht stören."
Glücklich kuschel ich mich an ihn und drehe seinen Kopf in meine Richtung um ihn zu küssen.
"Ich dachte, du schläft besser, wenn du allein bist." flüstere ich leise nachdem sich unsere Lippen voneinander gelöst haben.
"Schon wieder falsch! Ich sag doch, du denkst zu viel!" sagt er brummig, doch dann lächelt er mich verführerisch an.
"Bestimmt würde ich noch immer schlafen, wenn du zu mir gekommen wärst."
In seinem Zimmer wirft er mich kurzerhand ins Bett, was ich mit einem ziemlich lauten Kreischen kommentiere, doch als er sich neben mich ins Bett legt, zischt er mich mit dem Finger auf den Lippen an.
"Psst... sonst denken die noch, wir würden hier ne Orgie feiern." sagt er grinsend, dann zieht er die Decke unter mir hervor und breitet sie über mich, bevor er sich neben mich legt.
"Komm her." fordert er mich zärtlich auf.
Glücklich kuschel ich mich in seinen Arm und seufze genießerisch auf. Ja, das ist genau das richtige. Nur schade, dass er noch sein Shirt anhat.
"Ziehst du dein T-Shirt aus?" frage ich, bevor ich überhaupt darüber nachgedacht habe. Ups! Von wegen ich denke zu viel.
Ian scheint selbst kurz darüber nachzudenken, doch dann tut er es. Wow.
Schüchtern lege ich meine Wange auf seine Nackte Haut und beginne seinen Bauch und seine Brust zu streicheln.
Auch er streichelt mich und das Gefühl ist einfach nur berauschend, doch meine Kopfschmerzen hindern mich ein klein wenig daran, es richtig zu genießen.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht massiere ich leise stöhnend meine Stirn.
"Noch nicht besser?" fragt Ian mitfühlend und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
"Nein, nicht wirklich." gebe ich gequält zu.
"Leg dich mal auf den Bauch. Ich massier dir ein wenig den Nacken. Das soll helfen hab ich mal gelesen." schlägt er vor und rutscht ein wenig beiseite.
"Aber es ist doch mitten in der Nacht." wiederspreche ich leise.
"Ist doch egal. Oder bist du müde?"
"Nicht sehr. Und du?"
"Auch nicht, also los. Es dauert doch auch nicht lange. Außerdem können wir morgen Ausschlafen, ich muss nicht in den Stall. Hab frei sozusagen." sagt er lächelnd, dann dreht er mich an der Schulter auf den Bauch, als ich noch immer auf der Seite liegend zu ihm hochschaue.
"Au." stöhne ich schmerzhaft auf, als er eine besonders empfindliche Stelle trifft.
"Tut mir leid." entschuldigend drückt er kleine Küsse auf die Stelle, an der es eben noch so weh getan hat, doch seine Lippen auf meiner Haut, lassen meinen Puls und meine Atmung in die Höhe schnellen und ein prickelndes Ziehen breitet sich in meinem Unterleib aus.
"Nichts passiert." versichere ich ihm und drehe mich wieder auf die Seite. "Danke, aber ich glaub, dass reicht jetzt. Lass uns schlafen." Einladend klopfe ich auf den Platz neben mich und schmiege mich mit dem Rücken an seine Brust.
"Schlaf gut mein Engel." sagt er leise.
"Du auch." eng ziehe ich seinen Arm an mich und drücke einen Kuss auf die weiche Haut in seiner Armbeuge, dann schließe ich erschöpft die Augen.
Schon wieder haben wir fast die ganze Nacht kein Auge zu gemacht, wie sollen wir uns denn da ausruhen, wenn wir nicht schlafen. Denke ich noch, als ich auch schon ins Traumland abdrifte.
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