Wochenende
Das letzte, an das ich mich erinnere , als ich schweißgebadet aus dem Schlaf schrecke ist, das ich mich in einem Raum voller Menschen befinde, die alle mit dem Finger auf mich zeigen und mich auslachen. Ich versuche die Tür zu erreichen, aber so schnell ich auch laufe, sie will und will einfach nicht näher kommen.
Verschwitzt wie ich bin, gehe ich als erstes ins Badezimmer. Das warme Wasser entspannt meine verkrampften Muskeln und nimmt mir dieses klebrige Gefühl, was der Schweiß auf meiner Haut hinterlassen hat.
Einigermaßen wiederhergestellt gehe ich zum Frühstück in den Speisesaal. Er ist ziemlich leer, nur wenige Schüler sind übers Wochenende im Internat geblieben. Was für eine Wohltat.
Denn was ich Felix gesagt habe stimmt, ich brauche mal wieder ein bisschen Zeit für mich.
Ich möchte mit Mel telefonieren und mal wieder in Ruhe Musik hören. Vielleicht werde ich auch ein wenig an meinem Bild für Page arbeiten, denn Frau Jensen hat uns erlaubt, jederzeit die Staffelei hervorzuholen, wenn uns danach ist.
Oder ich lege mich einfach auf die Wiese am See und werde die Sonne genießen, falls sie sich nach dem Regen der letzten Tage endlich wieder zeigt. Zumindest soll sie das, wenn ich dem Wetterbericht glauben darf.
Nach einem ausgiebigen Frühstück, mit Kaffee, Rührei, gebratenem Speck, Brötchen und Orangensaft, setze ich mich angenehm voll in meinem Zimmer mit meinem Handy und einer Flasche Wasserauf die Fensterbank und rufe Mel an.
Die ganze Woche über haben wir uns hin und wieder Nachrichten geschickt und uns für heute verabredet.
Nach dem dritten klingeln geht sie dran.
>>Mia! << quietscht sie Aufgeregt ins Telefon.
>>Wie geht's dir? << will sie wissen. >>Ist die Schule okay, und was ist mit deinen Klassenkammeraden, sind süße Jungs dabei und was ist mit den Mädchen, wehe, du suchst dir eine neue beste Freundin. << sprudelt sie los.
>>Halt! Nicht so schnell!<< lache ich, >>Wie soll ich dir denn was erzählen, wenn du mich nicht zu Wort kommen lässt. <<
>>Bin schon still! Erzähl!<< und dann schweigt sie.
>>Also... << fange ich an. >>Ich glaub die Schule könnte ganz nett sein, wenn der Unterricht nicht wäre. << ich lache ins telefon.
>>Ja, das könnte jede Schule. << bestätigt Mel, >>Schade, das es sowas blödes wie unterricht gibt oder?<<
>>Ja. << stimme ich zu. >>Aber hier ist es echt cool, weil nur so wenig Schüler in einer Klasse sind. Wobei, vielleicht ändert sich das ja am Montag, wenn der normale Unterricht wieder beginnt.<< gebe ich zu bedenken.
>>Und wie sind die Lehrer so?<< fragt sie weiter.
>>Die meisten sind ganz nett. Und unser Mathelehrer ist eigentlich ganz niedlich. <<sage ich scherzhaft.
>>Wirklich? So richtig Süß? So wie Mi...<< rutscht es ihr heraus.
Meine Stimmung verdüstert sich augenblicklich.
Aber sie hat schon recht, Mike ist unglaublich süß.
>>Ja, << sage ich betrübt.
>>Oh, Mia! Tut mir leid!<< entschuldigt sie sich schnell. >>Wie geht's dir denn inzwischen so damit?<<
>>Beschissen!<< ich spüre, wie mir die Tränen in die Augen steigen und wische sie energisch weg.
>>Ach, Süße, es tut mir so leid. Hast er sich denn noch mal bei dir gemeldet? << fragt sie.
>>Nein. << sage ich mit brüchiger Stimme. >>Das muss er auch nicht. Er hat mir deutlich gezeigt, was er von mir hält.<<
>>Mia, hör mal. << sagt sie verlegen, >>Ich glaube, das Mike, das was er gesagt hat, nicht so gemeint hat. << erklärt sie.
>>Du warst nicht dabei. << sage ich traurig. >>Er hat mir klar gesagt, das er nichts für mich empfindet und das alles, was er gesagt hat gelogen war.<< als ich mich an seine harten Worte erinnere, kann ich die Tränen nicht mehr zurück halten. Und schluchze ins Telefon.
>>Er hat gesagt, das er mit Luke gewettet hat, das... das...<< weiter komme ich nicht, denn meine Worte werden durch meine verzweifelten Schluchzern immer undeutlicher.
>>Mia, bitte nicht weinen. << fleht Mel mich durchs Telefon an. >>Ich weiß ja, das ich nicht dabei war, aber seit dem du weg bist, ist Mike total komisch geworden.<<
>>Wie meinst du das?<< schniefe ich.
>>Er redet kaum noch mit uns und er lässt sich häufig einfach nur volllaufen. Und als wir uns letztes Wochenende im Osiris getroffen haben, ist er gar nicht gekommen. Luke meinte, ihm geht's echt beschissen.<< erzählt sie.
>>Ja, mir geht's auch nicht so besonders. << sage ich leise, mehr zu mir selbst.
>>Möchtest du mir davon erzählen?<< fragt sie.
>>Nein, eigentlich nicht. << sage ich betrübt.
>>Komm schon Mia! Ich bin es doch! Mel. Du erzählst mir doch sonst auch immer alles. Sag schon, was ist in den letzten Wochen passiert?<< fragt sie flehend.
>>Nichts. Ich bin nur zusammengebrochen und der Arzt wollte mich schon ins Krankenhaus einliefern lassen, weil ich nichts gegessen und getrunken habe.<<erzähle ich knapp.
>>Was!?<< höre ich Mel ungläubig am anderen Ende der Leitung sagen. >>Aber jetzt geht es dir doch wieder besser? Oder? Ich muss doch nicht hinkommen und dich füttern Mia, versprich mir, das du auf dich aufpasst, damit wir im Oktober zusammen meinen Geburtstag feiern können. <<
>>Ja, mir geht's wieder etwas besser. Ich esse und trinke. Ich will nicht ins Krankenhaus. << versichere ich ihr.
>>Da bin ich aber erleichtert.<< gesteht sie leise, dann versucht sie mich aufzumuntern >> Kopf hoch Süße, das wird schon wieder.<<
>>Können wir bitte über was anderes Reden? << bitte ich sie. >>Du wolltest mir doch was erzählen? <<
>>Bist du sicher? << höre ich ihre unsichere stimme durchs Telefon.
>>Ja, erzähl. << fordere ich sie auf.
>>Es geht um Jason. << sagt sie verlegen. >>Ich glaube er mag mich, Mia. Ich meine so wirklich!<< sie klingt ganz aufgeregt.
>>Das freut mich für dich. << sage ich ehrlich. >>Und wie kommst du darauf? Erzähl doch mal. << frage ich ein kleines bisschen neugierig.
>>Naja, in letzter Zeit holt er mich manchmal ab und fährt mit mir zum Stand, oder zum Eis essen. Manchmal gehen wir auch einfach nur spazieren und reden. Und er schreibt mir total süße Nachrichten.<< erklärt sie mir verträumt.
>>Wow, ich kann garnicht glauben, dass du wirklich von Jason spichst. Das klingt wirklich so, als würde er dich mögen. << stelle ich verwundert fest.
>>Ja, oder? Ich kann es auch fast nicht glauben.<< sie klingt jetzt ganz aufgeregt.
>>Und habt ihr euch schon geküsst?<< will ich wissen.
>>Von dem einen Mal weißt du ja schon.<< sagt sie ausweichend.
>>Ja, aber seither?<< bohre ich nach.
>>Nein, seither nicht. << sie klingt betrübt.
>>Ich glaube ja, dass das ein gutes Zeichen ist, Mel. << versuche ich jetzt meinerseits sie aufzumuntern. >>Ich meine, Überleg doch mal. Die ganzen Mädels, die ihm so ziemlich egal waren, mit denen hat er ständig rumgeknutscht, aber sie nie wieder gesehen, aber bei dir ist er ganz anders. Verstehst du?<< frage ich.
>>Ach, ich weiß nicht.<< sagt sie ausweichend.
>>Doch! Ganz sicher. Er nimmt sich Zeit, dich besser kennenzulernen, das allein ist doch schon ein gutes Zeichen. Aber wenn du nicht länger warten willst, dann könntest du ihn ja einfach küssen. << sage ich bestimmt.
>>Heutzutage sind wir doch emanzipiert, da kann auch die Frau mal den ersten Schritt machen.<<
>>Ja, mal sehen. Ich treff mich nachher noch mit ihm. Er will mich zum Essen einladen, bevor wir uns mit den Anderen im Osiris treffen. << sagt sie aufgeregt.
>>Du hast es gut. << sage ich seufzend. >>Ich würde auch gern mitkommen, aber ich sitz hier das ganze Wochenende fest.<<
>>Ganz allein?<< fragt Mel verwundert.
>>So ziemlich. Alle die ich besser kenne, sind übers Wochenende nach Hause gefahren.<< erkläre ich betrübt.
>>Oh, Mia, das tut mir leid. Wie weit bist du denn weg? << will sie wissen. >>Vielleicht können wir dich ja abholen. <<
>>Ich glaube nicht. Es sind mindestens drei oder vier Stunden. Ich weiß es nicht mehr genau, ich habe die meiste Zeit auf der Fahrt hierher geschlafen.<<
>>Man! Das ist echt scheiße! Du weißt, das ich kommen würde oder?<< vergewissert sie sich.
>>Ja, ich weiß. << versichere ich ihr. >>Ist schon gut, mach dir um mich keine Gedanken. Ich kann ja ein bisschen lernen. Oder Malen. Vielleicht spiele ich aber auch ein wenig Klavier. << zähle ich auf.
>>Du spielst Klavier?<< fragt Mel ungläubig.
>>Na ja, nicht gut. << sage ich verlegen. >>Ich hab schon lange nicht mehr gespielt, aber ich hab wieder angefangen. <<
>>Spielst du mir was vor?<< fragt sie begeistert.
>>Nein... also... ich weiß nicht, Mel. Ich bin wirklich nicht gut.<< gestehe ich ihr ein. >>Und ich spiele nicht gern vor Publikum. <<
>>Ach papperlapapp!<< schimpft Mel. >>Los du spielst mir jetzt was vor!<<
>>Wie jetzt?<< frage ich verwirrt.
>>Na, du hast doch sicher irgendwo das Klavier stehen, oder?<<
>>Ja, im Musikraum.<<
>>Na, dann los, worauf wartest du noch?<< fordert Mel mich auf.
>>Du meinst ich soll dir am Telefon was vorspielen?<< frage ich verwundert.
>>Jaha, das sage ich doch die ganze Zeit! Bist du schon auf dem Weg?<< Fragt sie fordernd.
>>Nein. << gestehe ich leise.
>>Na dann los! Hop, Hop! Aufi geht's!<<
>>Du bist verrückt!<< erkläre ich ihr, aber ich mache mich trotzdem auf den Weg zum Klassenzimmer.
>>LOS! Hab ich gesagt!<< sagt sie noch einmal, sie sieht ja nicht, das ich schon auf dem Weg bin.
>>Ich geh ja schon!<< sage ich ungehalten, muss aber lächeln.
>>Bist du schon da?<< will Mel nach zwei Minuten wissen.
>>Gleich.<< verkünde ich und betrete den Musikraum.
>>Ich muss dich mal kurz aus der Hand legen, damit ich das Klavier abdecken kann okay. Ich mach mal den Lautsprecher an.<< erkläre ich ihr.
>>Ich warte so lange. << höre ich Mels Stimme undeutlich aus dem Handy klingen.
Ich lege das Telefon auf einen der Stühle, dann nehme ich das Tuch vom Klavier und lege es auf einen anderen Stuhl. Dann nehme ich das Handy und stelle es auf den Notenhalter auf dem Flügel.
>>Soll ich den Lautsprecher anlassen oder abschalten? Was meinst du, was hört sich besser an?<< frage ich sie.
>>Ich glaube abschalten ist besser. << erklärt Mel. >>Der Ton über das Mikrofon ist immer so verzerrt.<<
>>Okay, dann bis gleich. << Ich stelle die Freisprechfunktion des Telefons wieder ab uns stelle es wieder auf den Flügel, dann balle ich einige Male meine Hände und lege sie auf die Tasten.
Ich weiß nicht, was ich spielen soll. Zuhörer machen mich immer so nervös, so das ich alle Stücke vergesse.
Ich nehme das Telefon wieder in die Hand.
>>Mel? << sage ich verlegen.
>>Ja?<<
>>Ich weiß einfach nicht was ich spielen soll!<< sage ich verzweifelt.
>>Hm... Ich weiß ja nicht was du spielen kannst. << sagt Mel nachdenklich. >>Was spielst du denn am liebsten?<<
>>Yiruma oder Chopin. << sage ich verlegen.
>>Na, dann spiel doch was von denen. Ich kenn nur Chopin, vom Namen her, aber ich kenne nur das was wir in der Schule gelernt haben, mehr nicht.<< sagt Mel.
>>Na gut, dann Spiele ich "Spring Waltz" von Chopin okay?<< frage ich.
>>Ja. Ich lass mich einfach überraschen.<<
>>Bis gleich. << sage ich und lege das Telefon wieder beiseite.
Ich atme einige Male tief durch, dann lege ich die Hände auf die Tasten und schließe die Augen.
Ich hasse es, wenn ich weiß, das mir jemand zuhört, aber in der letzten Woche hatte ich so oft Zuhörer, das ich eigentlich mit Mel keine Schwierigkeiten haben sollte.
Aber vielleicht fällt es mir gerade deshalb so schwer, weil es Mel ist. Weil ich nicht will, das sie schlecht über mich denkt.
>>Mel? << ich habe das Telefon wieder in der Hand. >>Versprichst du mir was?<<
>>Sicher.<<
>>Du lachst mich nicht aus, wenn es schlecht ist, Ja ? Und du musst mir versprechen, niemandem davon zu erzählen, das ich Klavier spiele. Vor allem nicht meinen Eltern. Verstanden!<<
>>Mia. << sagt sie ernst. >>Ich würde dich niemals auslachen. Aber wenn es dir so wichtig ist, dann verspreche ich dir hiermit hoch und heilig, egal wie gut du spielst, ich werde kein Sterbenswörtchen verraten! Niemandem!<< versichert sie mir.
>>Danke!<< sage ich leise, dann lege ich das Telefon erneut weg und atme noch einmal tief durch, dann fange ich an.
Die ersten Takte sind wie so oft nicht ganz sauber, aber schon bald klingt die sanfte Melodie von Chopin durch den Raum.
Und ich versinke mal wieder in meiner eigenen Welt. Die Töne fließen aus mir heraus, durch mich hindurch und lassen mich immer Ruhiger werden. Meine Sorgen rücken für eine Zeit lang in den Hintergrund und lassen mich alles um mich herum vergessen. Zeit und Raum existieren nicht mehr, zumindest nicht mehr für mich.
Und so spiele ich, als ich mit dem Stück von Chopin fertig bi einfach weiter. Ich wechsle von Chopin zu Beethoven, von Beethoven zu Yiruma und dann zu Bach.
Langsam tauche ich aus meiner Versunkenheit, als ich den Letzten Ton von "All myselfe to you" verklingen höre. Und plötzlich fällt mir Mel wieder ein.
>>Bist du noch dran?<< frage ich erschreckt, als ich das Handy ans Ohr halte.
>>Ja.<< haucht sie ins Telefon.
>>Tut mir leid, ich hab dich völlig vergessen.<< entschuldige ich mich bei ihr.
>>Mia, das war.... das war...>> stottert sie, >> wow, mir fehlen die Worte.<<
>>So schlimm?<< frage ich entsetzt
>>Bist du verrückt!! Wunderschön! Würde nicht mal ansatzweise reichen! Umwerfend, Bezaubernd, einfach atemberaubend! << schwärmt sie begeistert.
>>Oh, ach so. << ich bin sowas von erleichtert.
>>Mensch Süße, warum hast du mir denn noch nie erzählt, dass du so toll spielen kannst!<< tadelt sie mich.
>>Ich weiß nicht, wahrscheinlich, weil ich seit Jahren nicht mehr gespielt habe. << erkläre ich verlegen.
>>Du musst mir öfter mal was vorspielen, ja? << bittet sie. >>Gott! << quietscht sie begeistert los >>Meine Freundin kann Klavier spielen, wenn ich das den Anderen erzähle!<<
>>Mel!<< schimpfe ich los. >>Du hast versprochen keinem davon zu erzählen!<<
>>Ach ja! << fällt ihr wieder ein. >>Aber warum denn nur? Du spielst doch richtig gut.<<
>>Ich will einfach nicht, das es jemand weiß, okay.<< bitte ich sie.
>>Na gut. << sagt sie enttäuscht. >>Weil du es bist.<<
>>Danke! << sage ich erleichtert.
>>Ich muss jetzt Schluss machen Mia. << sagt Mel entschuldigend, >>Ich soll noch was für meine Mutter einkaufen und dann muss ich mich noch fertig machen, weil Jason mich doch nachher zum Essen abholt.<< erklärt sie mir.
>>Ja, gut. Ich wollte heute auch noch an einem Bild weiterarbeiten, was ich male. << erzähle ich ihr.
>>Wollen wir nächstes Wochenende wieder Telefonieren?<< fragt sie mich. >>Du kannst mir dann ja nochmal was vorspielen, damit du nicht aus der Übung kommst.<<
>>Ja, lass uns am Wochenende telefonieren, aber ich weiß nicht, ob ich dir was vorspiele. Ich fühle mich dabei noch nicht so recht wohl.<< erkläre ich ihr.
>>Na gut, wir werden sehen. Bye Süße. << verabschiedet sie sich.
>>Viel Spaß mit Jason heute Abend und grüß mir Kathy und Rike, ja?<<
>>Wird gemacht. << verkündet sie gut gelaunt, dann legt sie auf.
Betrübt hülle ich den Flügel wieder in seine Decke ein, dann gehe ich zur Tür.
Sie ist nur angelehnt, was mich verwundert, weil ich ganz genau weiß, dass ich sie vorhin hinter mir geschlossen habe, aber vielleicht ist wieder mal einer der anderen Schüler hereingekommen ohne dass ich es bemerkt habe.
In Gedanken versunken gehe ich in mein Zimmer zurück.
An meiner Zimmer Tür leuchtet etwas weißes. Neugierig gehe ich näher heran und sehe , dass jemand einen Zettel in den Türspalt geklemmt hat. Ich ziehe das Stück Papier heraus und falte es auseinander.
"Du spielst wunderschön " steht darauf geschrieben, aber ich kenne die Handschrift nicht und es ist auch kein Absender notiert.
Wie schmeichelhaft, aber auch peinlich. Ich habe mal wieder einen Zuhörer nicht bemerkt.
Ich gehe in mein Zimmer und lege den Zettel auf meinen Schreibtisch, dann lege ich das Handy auf meinen Nachttisch und gehe, als ich sehe, wie spät es schon ist zum Mittagessen.
Nach dem Essen hole ich mir die Staffelei aus dem Kunstraum und arbeite an meinem Bild. Langsam nehmen die einzelnen Menschen Form an. Page sitzt auf einer leuchtend grünen Wiese. Hinter ihr Peter, die Arme um sie gelegt. Johanna sitzt auf ihrem Schoß. Auf ihrer rechten Seite sitzt Felix. Lena steht hinter ihm und legt ihm die Arme um den Hals. Und auf der linken Seite von Page sitzt Ian im Schneidersitz, Julia liegt auf seinen Beinen und kuschelt mit einem Welpen. Es ist das kleine Tier, welches Felix mir an meinem ersten Tag dort im Reiterstübchen in die Hände gelegt hat.
Ich habe versucht, die liebe, die Page ihrer Familie entgegenbringt in diesem Bild einzufangen, aber ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist.
Alle lächeln sie, auch wenn ich bei Ian einen verlorenen oder nachdenklichen Ausdruck in den Augen finde, den ich nicht beabsichtigt habe. Vermutlich liegt es daran, weil er dieses Gefühl immer hinter seiner abweisenden Fassade verbirgt. Seit dem ich diesen Zug bei ihm gesehen habe, damals als er am Piano saß, lässt er mich nicht mehr los. Die Zwillinge sehen Glücklich aus, ihre blonden Locken lassen sie wie kleine Engel aussehen, und auch Lena sieht man an, wie gern sie Ihren großen Bruder hat. Selbst bei Peter scheint es mir gelungen zu sein, die tiefe Zuneigung, die er den Menschen um ihn herum entgegenbringt in seinen Zügen zu verewigen.
Ich werde Felix fragen, wann sie Geburtstag hat, vielleicht schaffe ich es ja das Bild rechtzeitig bis dahin fertig zu bekommen.
Nach ungefähr zwei Stunden räume ich alles wieder auf und nehme mir eine Decke aus dem Kaminzimmer mit nach draußen. Ich breite sie auf der Wiese aus und lege mich darauf.
Die Sonne ist einfach herrlich. Einige andere Schüler sind auch hier draußen. Liegen auf decken, oder planschen im See herum. Es ist wirklich noch ein schöner Tag geworden und selbst der Wetterbericht hatte recht, denn die Sonne lacht von einem beinahe Wolkenlosen Himmel auf uns herab.
In der Nähe sitzt eine kleine Gruppe Jugendliche, sie lachen und unterhalten sich und irgendwann höre ich einen von ihnen auf einer Gitarre spielen. Es klingt sehr schön. Die Lieder kommen mir bekannt vor aber ich kann sie nicht alle erkennen.
Ich höre dem Spieler zu und döse dabei in der Sonne, bis ein Schatten über mich fällt.
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