Wie schnell die Zeit vergeht
Doch so einfach wie ich dachte ist es nicht.
Als ich ins Internat zurückkomme ist von Ian weit und breit nichts zu sehen.
Auch zum Mittagessen taucht er nicht wieder auf und als am Nachmittag Joris, Alex, June und Felix zurückkehren, bleibt mir keine Zeit mehr weiter nach ihm Ausschau zu halten.
Gerade komme ich von einem meiner Rundgänge, der die Korridore, das Kaminzimmer, den Garten und den Speisesaal umfasst, als Felix und Alex durch das Portal betreten.
>>Mia!<< freut sich Felix und eilt, gefolgt von Alex auf mich zu. >>Schön dich zu sehen. Und? Wie war das Treffen mit deinen Eltern?<< fragt er neugierig.
Unschlüssig zucke ich mit den Schultern. >>Ging so?<< sage ich, wobei meine Antwort eher wie eine Frage klingt. Alex umarmt mich schnell zur Begrüßung. >>So schlimm? Was war denn?<< will sie dann betreten wissen.
>>Meine... Mara ist schwanger.<< erkläre ich unglücklich.
Sofort hellen sich die Gesichter der Beiden auf.
>>Wirklich?!<< freut sich Felix
>>Mensch, das ist ja toll!<< ruft auch Alex begeistert aus.
Man, was haben die beiden denn!
>>Ich wünschte, Page würde auch ein Baby bekommen, nicht das ich nicht schon genug Geschwister hätte, aber ich weiß, dass sie gern mal Schwanger geworden wäre.<< verkündet Felix begeistert. Alex steht neben mir und schaut mich verträumt an. >>Babys sind so süß!<< verkündet sie lächelnd.
>>Na ich weiß nicht. << sage ich ausweichend.
>>Hey, alles Okay bei dir? Was hast du denn gegen Babys?<< fragt sie erstaunt.
>>Nichts. << sage ich schlicht.
>>Aber?<< will Felix wissen, dabei mustert er mich aufmerksam. >>Warum freust du dich dann nicht?<<
Ratlos zucke ich mit den Schultern. Soll ich den beiden von der "SACHE" erzählen? Von der Adoption und so. Und das ich mich abgeschoben fühle?
Nein, ich denke nicht. Nicht heute, jedenfalls. Aber vielleicht irgendwann. Zumindest bei Felix weiß ich, dass er mich bis zu einem gewissen Punkt verstehen kann.
Deshalb sage ich ausweichend. >>Weiß auch nicht? Kommt vielleicht noch. <<
>>Und wann kommt das Baby?<< fragt Alex.
>>Ich weiß nicht. << nachdenklich runzele ich die Stirn. Wie lange ist man Schwanger? Neun Monate? Und wie weit ist
>>Wie! Du weißt nicht. Hat deine Mama denn nicht gesagt in welchen Monat sie ist?<<
>>Ich hab nicht danach gefragt, also wann es kommt. Aber sie ist ungefähr im dritten Monat.<< >>Dritter Monat, << murmelt Alex vor sich hin. >>Das heißt noch ein halbes Jahr...jetzt haben wir August... dann kommt das Kind im... <<Noch immer murmelt sie vor sich hin, doch dann ruft sie begeistert aus >>...im FEBRUAR!<<
>>Ja, kann sein. << sage ich gleichgültig, doch sie achtet nicht auf mich.
>>Ich würd so gern mal fühlen, wie es sich anfühlt, wenn ein Baby im Bauch der Mama tritt.<< sagt sie verträumt. >>Meinst du deine Mama würde mich vielleicht mal die Hand auf ihren Bauch legen lassen, wenn es soweit ist?<< fragt sie hoffnungsvoll.
Unsicher zucke ich mit den Achseln. >>Weiß nicht. <<
>>Fragst du sie mal...<< bittet sie mich, doch als sie meinen reservierten Gesichtsausdruck sieht fleht sie gedehnt. >> Bitte!...<<
>>Ja, ja, schon gut, falls ich sie wieder sehe, dann frag ich sie.<< sage ich ausweichend.
>>Was heißt denn hier FALLS? Natürlich siehst du sie wieder! << Alex klingt aufgebracht.
>>Alex hör mal, nur weil du dich mit deinen Eltern blendend verstehst, muss das nicht auch bei anderen so sein. Okay!<< erkläre ich ungehalten. >>Ich für meinen Teil, könnte gut auf sie verzichten.<<
Erstraunt schaut sie mich an, als könnte sie nicht verstehen, das sich jemand nicht mit seinen Eltern versteht. >>Tut mir leid, dass wusste ich nicht. << entschuldigt sie sich betreten. Dann wechselt sie schnell das Thema. >>Und wie war dein Wochenende sonst so? <<
Resigniert schaue ich sie an. >>Nicht so dolle. Und deins? << Will ich wissen, damit sie nicht weiter nach fragt.
>>Ach, eigentlich wie immer. Wir waren im Kino, am Strand und haben uns die Sonne auf den Bauch scheinen lassen und dann hab ich mich noch mit einer Freundin getroffen. Aber sonst... <<si zuckt mit den Schultern. >>Wie immer halt.<<
>>Und deins? << will ich nun auch von Felix wissen?
>>Ganz okay. << sagt er schlicht, dann fügt er hinzu. >>Page hat nach dir gefragt. <<
>>Ach so? << frage ich erstaunt. >>Was wollte sie denn?<<
>>Hat uns gefragt, wies dir so geht und ob Ian schon mit dir geredet hat, wegen...naja, du weißt ja warum.<< erzählt er.
>>Ach so? Und wie geht's mir?<<
Felix schaut mich nachdenklich an. >>Ich hab ihr gesagt, das es dir ganz gut geht und das du uns bald mal wieder besuchen kommst, aber wenn ich dich so ansehe, bin ich mir nicht mehr sicher, ob das auch stimmt.<<
Erstaunt schaue ich ihn an. >>Wieso das denn? << frage ich verwundert.
>>Deine Augen sind ganz rot und auch ein bisschen geschwollen. << sagt er mir auf den Kopf heraus zu. >>Du hast geweint, oder nicht. << es ist keine Frage, sondern eher eine Feststellung, daher kann ich ihm nicht in die Augen schauen, als ich den Kopf schüttel.
>>Ne. << sage ich ausweichend. >>Hab nur schlecht geschlafen letzte Nacht.<<
Unruhig trete ich von einem Fuß auf den anderen. Was kann ich nur tun, das Felix nicht weiter nachharkt, denn noch immer bin ich ziemlich nah am Wasser gebaut. Vor allem, weil ich noch immer keine Gelegenheit hatte, die Sache mit Ian zu klären.
Doch wie es der Zufall so will, kommt JUne mir unerwartet zu Hilfe.
>>Hey!<< ruft sie begeistert aus, als sie uns sieht. >>Ich hab schon auf euch gewartet. Wo bleibt ihr denn so lange!<< lächelnd kommt sie auf uns zu und schließt uns nacheinander in die Arme.
>>Wir sind gerade erst angekommen. << erklärt Alex.
>>Jetzt erst!<< staunt June, >>Aber es ist doch schon sechs!<<
Wirklich! Ist es schon so spät?
Tatsache, auf der Uhr, die über der Tür zum Speisesaal hängt steht es schwarz auf weiß.
>>Ja, ich weiß. << sagt Alex stöhnend. >>Wir haben ewig im Stau gestanden! Echt Ätzend!<<
>>Ich nicht, aber heute ist wieder ein Fohlen geboren worden, da konnte ich nicht weg. << verlegen schaut Felix zu Boden und streicht sich mit der Hand den Nacken.
>>Oh, wie süß!<< stößt June begeistert aus. >>Ja, da wäre ich bestimmt auch geblieben. << Neidisch schaut sie ihn an, doch dann richtet sie ihren Blick anklagend auf mich.
>>Und wo warst du?<<
>>Ich... Ich war spazieren und bin den ganzen Tag herum gewandert. << erkläre ich mein tun.
Neugierig mustert sie mich. scheinbar kann ich auch vor ihr meine geröteten Augen nicht verheimlichen, doch sie geht nicht darauf ein, sondern stimmt mir zu.
>>Ja, bei dem Tollen Wetter ist es auch wirklich schöner, wenn man raus geht. Sagt mal, << sagt sie begeistert, als ihr scheinbar eine Idee kommt. >>wollen wir nicht auf der Terrasse zu Abend essen?<<
Begeistertes Nicken und zustimmendes Gemurmel kommt von allen Seiten.
>>Au ja!<<
>>Gute Idee! <<
>>Geht das denn?<< frage ich erstaunt.
>>Sicher!<< lacht June. Dann fügt sie an Alex und Felix gewandt hinzu, >>bringt doch schon mal eure Sachen weg, wir warten so lange auf euch. <<
>>Jawohl, Sir! << sagt Felix und salutiert, was uns Mädchen zum kichern bringt, dann schnappt er sich seinen Rucksack und sprintet die Treppe hinauf. Auch Alex nimmt ihre Sachen und bringt eilig ihre Tasche weg.
Während wir warten, gehen immer wieder kleine Grüppchen von Schülern an uns vorbei in den Speisesaal, aber Ian ist nicht dabei. Auch sonst scheint sich die Schule nach und nach wieder mit Schülern zu füllen.
Das hat mir irgendwie gar nicht gefehlt. An den Wochenenden ist es hier beinahe friedlich und still. Ganz im Gegensatz zu unter der Woche, denn da ist es fast immer laut und voll!
Es dauert gar nicht lange und wir sitzen mit unseren vollbeladenen Tabletts am Tisch auf der Terrasse. Die Sonne scheint noch immer, von einem makellos blauen Himmel auf uns herab und hin und wieder weht uns eine erfrischende Brise um die Nase.
Wir sitzen eine halbe Ewigkeit am Tisch, genießen unser Essen und unterhalten uns ausgelassen. Naja, die meiste Zeit reden die Anderen, aber das stört mich nicht. Selbst Joris ist inzwischen zu uns gestoßen und hat sich auf den Platz neben June gesetzt, nachdem er sie mit einem Kuss begrüßt hat.
Wie süß! Neidisch schaue ich die beiden eine Weile an. Unter dem Tisch zieht Joris Junes Hand zu sich herüber. Ich kann mir gut vorstellen, wie er ihre ineinander verschlungenen Hände auf seinem Bein ablegt. Obwohl ihre Beziehung noch so frisch ist, scheint ihnen ihre Vertrautheit uns gegenüber in keiner Weise peinlich zu sein, denn hin und wieder blicken sie sich stumm an und scheinen uns anderen vollkommen zu vergessen.
Über den Tisch hinweg lächele ich Alex zu und sie lächelt verträumt zurück.
Ihr Blick sagt Alles, genau wie meiner.
DAS WILL ICH AUCH!
Als es langsam dunkel wird bringen wir unser Schmutziges Geschirr nach drinnen. Der Speisesaal ist vollkommen ausgestorben, weil die Abendbrotzeit längst vorüber ist.
>>Wir sehen uns dann Morgen. << verabschiede ich mich an der Treppe im Foyer von den Jungs.
>>Um sieben dann beim Frühstück?<< fügt Alex hinzu und Felix nickt, dann umarmen wir uns kurz und wollen gehen, doch June schaut uns entschuldigend an.
>>Ich komm gleich nach, ja.<< erklärt sie, dann nimmt sie Joris bei der Hand und zieht ihn hinter sich her, durch die Tür, die zum Kaminzimmer zurückführt.
>>Bis Morgen Mädels!<< ruft er uns noch zu, dann sind sie auch schon verschwunden.
Wir grinsen uns zu, dann gehen wir durch die andere Tür zu unseren Zimmern.
>>Ciao ihr beiden. Schlaft gut! << ruft Felix uns hinterher, und sprintet gekonnt die Treppe nach oben.
Ich bin schon bettfertig, als June übers ganze Gesicht strahlend ins Zimmer kommt.
Liebe muss so schön sein, wenn sie erwidert wird. Stelle ich bekümmert fest. Aber obwohl ich durch June und Joris auch immer wieder daran erinnert werde, wie unglücklich ich selbst zur Zeit bin, so muss ich doch trotzdem nicht ununterbrochen daran denken, weil ich endlich nicht mehr allein bin.
Und tatsächlich schöpfe ich aus ihrer Liebe ein klein wenig Hoffnung, denn die beiden kennen sich schon ein ganzes Jahr und erst jetzt haben sie zueinander gefunden.
Heißt, mir bleiben noch dreihundertvierundvierzig Tage Zeit Ian kennen zu lernen und herauszufinden, was er über mich denkt.
Naja, zumindest ungefähr, denn auf zehn Tage mehr oder weniger kommt es wohl nicht an.
Und ich kenne ihn jetzt seit ungefähr drei Wochen, wenn ich die Begegnung im Wald mitzähle sogar noch länger.
Mit dieser Hoffnung im Herzen schlafe ich ein und habe eine sehr erholsame Nacht hinter mir, als June mich pünktlich um fünf Uhr dreißig weckt.
Langsam fällt es mir schon nicht mehr so schwer mich morgens aufzuraffen und mit ihr zu laufen und tatsächlich fällt es mir von Tag zu Tag leichter mit ihr Schritt zu halten.
Die Woche vergeht wie im Flug und ich habe kaum Zeit, mir über Ian Gedanken zu machen, doch etwas merkwürdig finde ich es schon, dass ich ihn so gut wie nie zu Gesicht bekomme. Bestenfalls erhasche ich einen kurzen Blick auf ihn, wenn wir beim Essen sitzen, oder wenn wir uns im Flur zufällig über den Weg laufen, aber meistens bin ich so in Eile, dass mir keine Zeit bleibt, ein anständiges Gespräch mit ihm zu führen.
Um so mehr freue ich mich auf das Wochenende, welches morgen beginnt.
Es ist Donnerstagabend und wir sitzen ausnahmsweise mal wieder alle beieinander am Essenstisch, wobei es für meine Freunde Alltag ist, für mich hingegen nicht. Noch immer habe ich unter der Woche kaum Gelegenheit mit ihnen zu Abend zu Essen, weil ich ständig am Lernen bin.
Die Klavierstunden bei Herrn Müller werden immer intensiver.
Am Ende der gestrigen Stunde hat er mich aufgefordert, mir drei Stücke herauszusuchen, die wir in der nächsten Woche intensiv üben wollen.
Obwohl ich mich darüber wundere, weiß ich doch schon welche ich gerne nehmen würde. Das eine Lied ist das von Yiruma "All my selfe to You" und das zweite von Chopin "Spring Waltz" nur bei dem dritten bin ich mir noch nicht sicher.
Nachdenklich sitze vor meinem Essen und starre es an.
>>Erde an Mia! Jemand zu Hause?<< dringt Felix stimme durch meine Gedanken.
>>Was?<< verwirrt schaue ich ihn an. >>Was hast du gesagt?<<
>>Ich hab gefragt, ob du schon mal in Paris warst?<< will er lächelnd wissen.
>>Oh...oh, nein. war ich nicht. Aber es soll wunderschön da sein, habe ich gehört.<<
>>Ja ist es.<< bestätigt er mir. >>Wir wollen übers Wochenende ins Disneyland nach Paris. << erzählt er begeistert.
>>Aha. << nehme ich seine Begeisterung zur Kenntnis.
>>Stimmt was nicht?<< fragt er verwirrt, als er mein enttäuschtes Gesicht sieht.
>>Ne, alles okay, ich hatte nur gehofft, das ich euch dieses Wochenende Mal wieder besuchen könnte. << erkläre ich ihm meine Enttäuschung.
>>Ach so. << sagt er entschuldigend. >>Der Ausflug war eine Überraschung für die Zwillinge, die hatten diese Woche Geburtstag.<<
>>Ja, ich weiß.<< sage ich leise.
Überrascht schaut Felix mich an. >>Woher das denn?<<
>>Hat Ian erzählt, letztes Wochenende.<< erkläre ich schlicht, doch jetzt ist Felix erst recht erstaunt.
>>Ian war hier?!<< fragt er entgeistert.
>>Ja.<< sage ich gedehnt. >>Wusstest du das nicht?<< überrascht schaut er mich an.
>>Nein. Wir sind zusammen nach Hause gefahren, aber dann war er am Nachmittag einfach weg. <<
>>Aber Page muss doch gewusst haben, wo er hin ist.<<
Nachdenklich fährt er sich durch die Haare und blickt an mir vorbei. Dann sagt er verlegen >>Möglich, aber es kommt schon mal vor, dass er einfach so verschwindet und erst ein paar Stunden oder Tage später wieder auftaucht. Wäre nicht das erste Mal. Aber ich hätte nicht gedacht, dass er dann in die Schule geht.<<
Ein kleines erstauntes >>Oh. << entschlüpft mir, als ich an meine erste Begegnung mit Ian denken muss. Ob er da auch von zu Hause abgehauen ist?
>>Passiert das öfter?<< frage ich vorsichtig.
>>Nicht mehr so oft wie früher. Aber hin und wieder verschwindet er einfach. Anfangs hat Page sich große Sorgen gemacht, aber inzwischen findet sie sich notgedrungen damit ab, immerhin ist er volljährig. << erklärt Felix
>>Aber jemand muss ihn doch fahren, oder fährt bei euch da draußen ein Bus? << angestrengt versuche ich mich daran zu erinnern, ob ich auf der Fahrt zu Felix eine Bushaltestelle gesehen habe, aber da wir Gilmore Girls geschaut haben, habe ich auf die Umgebung gar nicht geachtet.
Felix lachen reißt mich aus meinen Gedanken. >>Natürlich gibt es einen Bus, aber den braucht er nicht. Er hat einen Führerschein, ein Motorrad und ein eigenes Auto. <<erklärt er kopfschüttelnd, dabei funkeln seine braunen Augen belustigt.
>>Wow!<< sage ich beeindruckt.
Verlegen zuckt Felix mit den Schultern. >>Ich mache meinen Führerschein auch bald, auch wenn ich erst nächstes Jahr alleine fahren darf.<< erklärt er mir.
>>Bekommst du dann auch ein eigenes Auto!?>> mit aufgerissenen Augen starre ich ihn an.
>>Ich hoffe es. Aber wenn ich mit siebzehn noch keins bekomme, dann spätestens mit achtzehn. Ian hat seins auch zum Achtzehnten bekommen.<< sagt er begeistert.
>>Wie alt ist Ian denn jetzt? << frage ich so beiläufig wie möglich und streiche mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
>>Achtzehn, aber er hat bald Geburtstag.<<
Neugierig horche ich auf. >>Ach so? Wann denn?<<
Felix schaut mich forschend an. War ich zu neugierig? Ein klein wenig angespannt warte ich auf seine Antwort. >>Am siebenundzwanzigsten September. << sagt er dann aber schlicht. Erleichert seufze ich auf. Vielleicht finde ich ja etwas Schönes, das ich ihm zum Geburtstag schenken kann. Aber wo bekomme ich das her? Ich könnte etwas im Internet bestellen, oder vielleicht kann ich Felix ja überreden, mit mir Shoppen zu gehen, aber ich habe kein Geld. Oder vielleicht doch? Könnte ja sein, das Mara mir etwas Taschengeld aufs Konto gepackt hat. Das sollte ich mir bei Gelegenheit mal ansehen.
Aber eigentlich möchte ich ihm nichts kaufen. Ich möchte ihm etwas eigenes Schenken. Etwas selbstgemachtes. Etwas persönliches.
Ich könnte etwas für ihn malen, aber was ist, wenn es ihm nicht gefällt. Unsicher streiche ich mir durch die Haare. Und durchforste weiterhin meine Gedanken, als Felix mich neuerlich aus ihnen herausreißt.
>>Und? Kommst du jetzt am nächsten Wochenende mit?<< wiederholt er seine Frage, als ich ihn verwirrt ansehe.
>>Ja..., ja, sicher. Nächstes Wochenende, wenn nicht wieder irgendwas unvorhergesehenes Passiert. << sage ich und muss lachen.
>>Ja genau. Wer weiß. Aber irgendwann klappt es schon.<<
Felix steht auf und nimmt sein Tablett. >>Du bist doch fertig oder?<< fragt er unsicher.
>>Ja, ich möchte nichts mehr. << verwundert stelle ich fest, wie still es geworden ist. Als ich mich umschaue sehe ich, das wir fast die letzten sind, die noch hier sitzen. Eilig räume ich auch meine Sachen weg, dann verlassen wir den Saal.
An der großen Treppe bleibt Felix gähnend stehen. >>Ich glaub ich muss ins Bett. << verkündet er und reißt erneut den Mund zu einem riesenhaften Gähnen auf.
>>Was jetzt schon?<< ich tue entsetzt. >>So spät ist es doch noch gar nicht.<<
>>Macht nichts. Ich geh trotzdem schlafen. Nacht Mia. << sagt er lächelnd und geht die Treppe hinauf.
>>Schlaf gut, Felix. Bis morgen!<< rufe ich ihm hinterher, dann gehe ich in richtung meines Zimmers, doch irgendwie bin ich noch überhaupt nicht müde. Als ich an die Abzweigung komme, die zum Kaminzimmer und zum Musikraum führt vorbeikomme bleibe ich nachdenklich stehen.
Ich habe heute zwar schon gespielt, aber es spricht nichts dagegen, wenn ich noch ein wenig weiterspiele. Mal ganz ohne Herrn Müller im Hinterkopf zu haben.
Bevor ich die Tür zum Musikzimmer öffne, versichere ich mich schnell nochmal, ob ich auch wirklich allein bin. Gerade öffnet sich die Tür zum Aufenthaltsraum, aber sonst ist niemand zu sehen, also beeile ich mich in den Raum zu schlüpfen und die Tür zu schließen.
Hoffentlich haben mich diejenigen, die gerade aus dem Kaminzimmer kamen nicht bemerkt.
Still lausche ich an der Tür, doch alles bleibt still und so setzte ich mich an das Instrument.
Längst habe ich zu meiner Ruhigen Musik zurückgefunden und Spiele eines meiner Lieblingslieder, welches ich für Herrn Müller ausgesucht habe, aber schnell verdränge ich den Gedanken ihn. Jetzt möchte ich ganz allein, nur für mich spielen.
Langsam schweben meine Finger über die Tasten, lassen die Musik erklingen, die für mich Leben verheißt, Liebe und Gefühl.
Ich bin nicht mal bis zur Hälfte meines ersten Liedes gekommen, als jemand leise den Raum betritt.
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