Neue Bakanntschaften
"Dann gefällt es dir also?" flüstert sie erleichtert und schiebt mich ein stück von sich, um mir ins Gesicht sehen zu können.
"Ja, es gefällt mir." gestehe ich leise.
"Hey, nicht weinen!" schimpft sie, als sie das verdächtige Schimmern in meinen Augen sieht. "Dann können wir ja gleich wieder von vorne anfangen."
Das bringt mich zum Kichern und ich atme noch einmal tief durch, dann habe ich mich wieder im Griff.
"Wenn du magst, kann ich dir zeigen wie ich es gemacht habe." bietet Mel mir an und ich nicke.
"Gern." nehme ich ihr Angebot an.
"Wollen wir dann auch was mit deinen Haaren machen?" fragt sie hoffnungsvoll. "Ich kann dich ja echt gut leiden, aber ich finde die Zottel auf deinem Kopf passen irgendwie so gar nicht zu dir."
Nachdenklich ziehe ich eine meiner Strähnen nach vorne und mustere sie kritisch. "Mal sehen. Vielleicht." sage ich zögerlich.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich dazu bereit bin. Bereit, den Schutz meiner Mauern so weit zu verlassen, um mich meinem Alten selbst auch nur ansatzweise zu nähern. Bereit für etwas , das mich meinen Adoptiveltern und der Welt im allgemeinen wieder etwas näher bringen könnte.
"Na du kannst es dir ja noch überlegen." erwidert sie schnell, als sie merkt wie unangenehm ich den Gedanken finde.
"Komm!" fordert sie aufgeregt und macht einen kleinen Hopser. Mel zerrt mich zur Tür. "Jetzt präsentieren wir dein neues Ich den Anderen." bestimmt sie begeistert.
Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich das will. Aber ich werde ohne hin nicht gefragt. Erbarmungslos zieht Mel mich nach draußen.
Überrascht bleiben wir stehen, als wir die Hütte verlassen. Waren wir tatsächlich so lange weg? Frage ich mich. Oder war es schon so spät, als wir nach drinnen gegangen sind?
Wie auch immer auf jeden Fall ist der Himmel atemberaubend schön, weil die Sonne gerade im Wald hinter dem See versinkt.
Im See spiegeln sich die letzten Strahlen der Sonne, auf der Wasseroberfläche und ich kann die einzelnen Lichtfinger förmlich sehen, wie sie in das glitzernde Wasser Tauchen.
Der Himmel über dem Wald ist in leuchtendes Orange und rot und gelb getaucht, doch um so höher man schaut, desto dunkler wird er. Erst ist es fliederfarben, dann wird es Lila, dann blau, dunkelblau und ganz zuletzt ist er schon fast schwarz.
Ich sehe zu Mel, die genauso begeistert dem Farbenspiel zu sieht. Leider enden solche Momente immer viel zu schnell.
Als die Sonne hinter den Bäumen versinkt verblassen die leuchtenden Farben immer mehr, bis nur noch das dunkle Blau übrig bleibt.
"Oh, war das schön." seufzt Mel neben mir und ich gebe ihr recht.
"So einen schönen Sonnenuntergang habe ich schon lange nicht mehr gesehen."
Wir sehen uns an und müssen grinsen. Als sich unsere Blicke trennen bleibt mir fast das Herz stehen, als Mel laut aufschreit
"Schau mal Mia," sie deutet nach vorn, wo etwas Oranges leuchtet. "Sie haben das Lagerfeuer schon angezündet!"
"Gott, Mel!" schimpfe ich. "Erschreck mich doch nicht so." aber dann fange ich an zu lachen. Gemeinsam laufen wir Los. Durch die Bäume, über die Wiese bis zum Feuer, um das unsere Freunde versammelt sind. Die Flammen verbreiten ein goldenes Licht und glühende Funken steigend glitzernd in den Nachthimmel auf.
Ich nehme mir einen der Pappbecher und lasse mir von Pelle aus einer der Flaschen etwas zu trinken geben. Ich habe keine Ahnung was es ist, aber es ist mir auch egal. Verwirrt überlege ich wo ich meinen Drink von vorhin gelassen habe aber es will mir nicht einfallen. Möglich wäre es, das ich ihn einfach beim Auto vergessen habe.
Ich nehme zwei große schlucke aus meinem Becher und schnappe erstaunt nach Luft, so stark ist das Zeug.
Mike grinst mich an. "Na?" fragt er "Schmeckt's?"
Innerlich schüttele ich mich, aber sagen tue ich "Ja, sehr." setze mich neben ihn und nehme noch einen großen schluck.
Mike reißt die Augen erstaunt auf, doch dann verdreht er sie und schüttelt leicht den Kopf. Ganz als wolle er sagen "Kinder".
Trotzig strecke ich ihm die Zunge raus und verdrehe ebenfalls die Augen. Oh, ja Mia, du bist ja so erwachsen.
Von dem Zeug bekomme ich einen fürchterlich pelziges Gefühl im Mund und meine Lippen werden taub. Ich presse sie ein Paar mal aufeinander um dieses seltsame Gefühl zu vertreiben aber so wirklich hilft es nicht.
Als ich Mike wieder anschaue, kann ich seinen Blick nicht deuten, irgendwie ist er anders. Intensiver. Er schaut mir tief in die Augen und mustert mich neugierig.
Ich merke wie mein Herz schneller schlägt, mein Atem sich beschleunigt.
Wow er hat echt tolle Augen. Schießt es mir durch den Sinn.
Im schein des Feuers wirken sie dunkel fast schwarz, doch als ich noch genauer hinschaue, finde ich das sie eher aussehen, wie der dunkel lila Himmel vorhin, als die Sonne untergegangen ist.
Ich beuge mich ein wenig weiter vor um der Sache auf den Grund zu gehen, doch als ich sehe, wie sich seine Augen weiten, sich sein Mund ein wenig öffnet und ein sanftes lächeln seinen Mund umspielt tauche ich langsam aus meiner Versunkenheit wieder auf.
Äh hallo? Was mache ich denn hier gerade?
Das ist Mike! Mein Mike, den ich gerade so schamlos anstarre. Dem ich Auge in Auge gegenübersitze. So dicht, das meine Nasenspitze fast die seine berührt. Ich kann sein Aftershave riechen und fühle seinen Atem auf meiner Haut.
Und kurz, ganz kurz nur verspüre ich den drang ihn zu Küssen.
Nicht diese verspielten Küsschen, die wir uns auch so manchmal geben, zur Begrüßung auf die Wange, oder wie er vorhin um mich dazu zu bringen mir die Augen verbinden zu lassen.
NEIN! Ich meine so richtig.
Küss ihn! Schreit alles in mir. Aber irgendwo in meinem Kopf, ganz hinten im hintersten Winkel ist diese eine kleine Stimme die sagt LASS ES!
Halt die Klappe! Möchte ich sie am liebsten zum schweigen bringen, doch vermutlich hat sie recht. Ich meine Hallo?
Mike! Miihikee! Dein bester Freund, dein Kumpel. Dein großer Bruder, Mike!
Große Brüder küsst man nicht. Zumindest nicht auf den Mund.
Und dann ist da diese andere Stimme, die Stimme auf die ich viel lieber hören würde, denn die flüstert etwas ganz anderes.
Große Brüder Küssen einen auch nicht hinters Ohr oder auf den Nacken. Große Brüder riechen nicht verführerisch und schlafen sicherlich nicht mit dir im selben Bett, wenn du fast splitterfasernackt neben ihnen liegst.
Und wenn er nicht dein großer Bruder ist, nicht dein Kumpel, dein bester Freund, dann kannst du ihn auch Küssen!
Hat sie recht diese Stimme? Kann ich ihn Küssen? Können täte ich es bestimmt, aber sollte ich auch?
Ich bin noch völlig mit mir selbst beschäftigt, als Mike immer dichter kommt.
In meinen Adern fließt Lava.
Ich brenne. Sicher gehe ich gleich in Flammen auf, so heiß ist mir.
In meinem Bauch fliegen eine Million, ach was, eine Milliarde Schmetterlinge herum.
Ich schließe die Augen und halte den Atem an. Angespannt erwarte ich das unbeschreibliche Gefühl seiner weichen Lippen auf meinen.
Doch nichts passiert.
Stattdessen spüre ich seine Wange an meiner .
"Dein Look sieht wirklich Toll aus?" haucht er mir leise ins Ohr.
Sein Atem streicht kitzelnd an meinem Hals vorbei. Dann setzt er sich wieder zurück, als wäre nichts passiert.
Lässt mich völlig aufgewühlt auf meinem Platz zurück.
Hastig nehme ich einen Schluck aus meinem Becher und starre auf meine Hände.
Vergeblich versuche ich meine Atmung auf eine normales Maaß zu reduzieren, mein wild pochendes Herz zu beruhigen.
Ich atme unauffällig einige Male tief durch.
"Äh, Danke!" erwidere ich immer noch völlig verwirrt. Mein Look? Welcher Look? Ich hab doch gar nichts verä... Oh! Und dann fällt es mir wieder ein. Richtig, Mel hat mich ja neu Geschminkt.
"Ach so. Danke." wiederhole ich noch einmal, jetzt wo ich weiß was er meint.
"Meinst du wirklich?" frage ich hoffnungsvoll. Vorsichtig hebe ich den Blick ein kleines Stück. Ungefähr so weit, bis ich seine Nasenspitze sehen kann. Weiter traue ich mich nicht. Ich habe zu viel Angst mich wieder in seinen Augen zu verlieren.
Doch so leicht komme ich nicht davon. Er legt einen Finger unter mein Kinn und hebt es an. Zwingt mich ihn anzuschauen.
"Wirklich!" bestätigt er mit weicher Stimme und schenkt mir sein kleines Lächeln. Dieses Lächeln, dass ich so liebe.
Beschämt senke ich den Kopf, als er den Finger wegnimmt.
Mein Kinn brennt, als hätte er mich mit einem glühenden Eisen berührt und nicht mit seinem Finger.
Warum habe ich ihn nicht geküsst? Ich hätte es tun sollen. Ja, das hätte ich.
Wir waren uns so nah und dann...war der Moment vorbei.
Und dann frage ich mich...Warum er mich nicht geküsst hat. Er hätte es tun sollen. Er hätte es tun können. Ob er mich nicht mag? Nicht genug um mich zu Küssen?
Vielleicht bin ich ihm ja nicht hübsch genug.
Er hat zwar gesagt, das er meinen Look mag, aber mehr auch nicht.
Und warum sollte er mich auch mögen. Ich meine mehr als andere Mädchen. Mehr als Mel oder Rike oder Kathy.
Ich bin so viel jünger als er, bin nicht so Intelligent wie Mel, nicht so Lebensfroh wie Rike oder so Sexy wie Kathy.
Ich bin einfach nur ich. Unscheinbar, normal, langweilig.
Langsam hebe ich den Blick von meinen Händen und sehe gerade noch, wie Mike und Luke einen vielsagenden Blick tauschen, einen Blick, den ich als mitleidig empfinde. Lukes Blick, scheint zu sagen..." Armes Ding. Du weißt was das heißt oder? Sie liebt dich." und seiner ist nicht viel besser, er lächelt rätselhaft, zuckt leicht mit der Schulter und hebt eine Augenbraue..."Hast du was anderes erwartet. Sie verlieben sich doch alle in mich. Kann ich auch nicht ändern."
Ärgerlich trinke ich den Rest aus meinem Becher und merke, wie sich der Alkohol langsam durch meine Adern frisst. Mir ist ein Bisschen schwindelig, aber das ist mir egal. Ich greife nach der Flasche und fülle meinen Becher erneut. Leere ihn in großen Schlucken und schmeiße ihn wütend ins Feuer.
Sein Mitleid kann er sich schenken, wenn er mich nicht will, will ich ihn auch nicht!
Wütend stehe ich auf. Gott ist mir schwindelig. Kurz dreht sich alles, doch dann steht die Welt wieder still. Ich sehe Rike, Ossi und Gisi in der Nähe des Jeeps tanzen und mache mit. Mit Trübsal blasen ist jetzt Schluss!
Heute ist mein Geburtstag und da will ich Spaß haben.
Und tatsächlich hellt sich meine Stimmung auf, als ich anfange mich zu der Musik zu bewegen.
Ich nehme die Leute um mich herum kaum wahr. Die Augen geschlossen, bewege ich mich zur Musik, schwinge die Hüften langsam von einer Seite auf die andere. Sinnlich, Erotisch.
Als sich jemand hinter mich stellt und sich mir anschließt schaue ich nicht einmal nach, wer es ist. Ich mache einfach weiter. Wir sind hier unter uns, also kann ich mir sicher sein, das mir niemand zu nahe treten wird.
Große Hände legen sich auf meine Hüften und ich werde ein wenig dichter an eine muskulöse Brust gezogen.
Also ist es wohl einer der Jungs, der mit mir Tanz.
Seine Hände wandern an meinen Seiten hinauf, bis zu meinen Armen. Streicheln sanft an ihnen hinunter, bis zu meinen Händen. Er nimmt sie und hebt sie hoch, bis zu seinem Kopf, dann legt er sich meine Arme um seinen Hals und lässt sie dort.
Ich vergrabe meine Hände in seinen Haaren, die ziemlich kurz sind und lasse mich gegen seine Brust sinken.
Währenddessen gleiten seine Hände an den Innenseiten meiner Arme entlang, seitlich an meiner Brust vorbei bis hinunter zu meinen Hüften.
Ein wohliger Schauer durchfährt mich.
Dann schlingt mein Tanzpartner einen Arm um meinen Bauch und zieht mich eng an sich.
Dabei bewegen wir uns die ganze Zeit im Takt der Musik, ich presse meinen Po gegen sein Becken und merke, wie es ihn erregt und obwohl ich von dem ganzen Alkohol ziemlich betrunken bin finde ich dieses Gefühl sehr erregend, aber irgendwie auch verstörend.
Wie weit darf ich gehen?
Bin ich schon zu weit gegangen?
Ach was! Ersticke ich meine ungebetenen Gedanken. Ich tanze doch nur.
Doch langsam werde ich neugierig.
Wer aus unserer Clique würde wohl so eng mit mir tanzen?
Ich gehe die Jungs der Reihe nach durch, aber mir fällt keiner ein, der sich zu mir hingezogen fühlt oder der mich auch nur ansatzweise Erotisch findet.
Luke hat Kathy.
Ossi ist viel größer als der Mann hinter mir.
Jason würde mich nicht mal mit der Kneifzange anfassen und von Mike bin ich mir sicher, das er nichts von mir will.
Bleibt nur Pelle, doch er hat ziemlich Lange Haare.
Jetzt bin ich verwirrt.
Ich gerate etwas aus dem Takt , doch noch hat mein benebeltes Gehirn nicht ganz zu dem Schluss, der mir gerade gekommen ist aufgeholt.
Pelle ist es nicht! Das merke ich ganz Deutlich, denn meine Hände sind immer noch am Hinterkopf meines Partners und die Haare sind eindeutig kurz!
Ich öffne die Augen und will mich nach dem Jungen umschauen, aber als ich in die erstaunten Gesichter von Luke, Kathy, Mel, Ossi, Rike und Gisi blicke wird mir ganz mulmig.
Mike funkelt mich mit wütendem Blick an. Oder meint er mich nicht.
Oh mein Gott! Mein Herz setzt einen schlag aus! Nein gleich ein paar nacheinander.
Es muß Jason sein!
Abrupt reiße ich mich los und wirbele herum.
"Was soll das....?" schreie ich los, doch als ich den amüsierten Blick des Jungen sehe, schnappe ich erschrocken nach Luft.
Es ist nicht Jason!
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