Ian und Ich, Ich und Ian eine vertrackte Situation
Als wir am Nächsten Morgen zusammen beim Frühstück sitzen sieht June ganz schön verschlafen aus, doch sie strahlt Joris ununterbrochen an.
Auch ich grinse immer wieder in mich hinein, wenn ich wie Zufällig über mein Handy streiche, das neben mir auf dem Tisch liegt.
Felix schaut mich immer wieder nachdenklich an, dann fragt er leise.
>>Sag mal, Ian hat dir echt eines der Bilder geschickt? <<
>>Muss er wohl.<< schon wieder huscht ein Lächeln über mein Gesicht, das ich vergeblich zu unterdrücken versuche. >>Warum?<<
>>Weil er sich die meiste Zeit beschwert hat, wenn ich ihn Fotografieren wollte. Hat er es doch mal zugelassen, wollte er es sehen und hat es dann gelöscht.<<
>>Oh. ach so. << sage ich ein klein wenig erstaunt.>>Aber mir hat er eins geschickt.<<
>>Zeigst du mir mal welches?<<
Unschlüssig schaue ich zu Ian hinüber und muss schon wieder dämlich grinsen, als ich sehe, das er mich beobachtet.
>>Später vielleicht.<< ich möchte das Bild noch ein bisschen für mich behalten, auch wenn Felix es gemacht hat.
>>Na gut. << er klingt ein wenig ärgerlich, doch schon lächelt er mich wieder an. >>Wann bist du Freitag eigentlich mit dem Unterricht fertig?<< will er wissen. >>Damit ich Marvin sagen kann, wann er uns abholen soll.<<
>>Ach verdammt!<< entfährt es mir Ärgerlich.
>>Was denn?<< Felix schaut mich forschend an >>Du kommst doch mit oder nicht?<<
>>Ja, also... nein...<< enttäuscht schaue ich ihn an. >>Ich kann schon wieder nicht!<< erkläre ich niedergeschlagen.
>>Warum denn diesmal?<< Felix klingt irgendwie sauer. Daher erzähle ich ihm schnell, was Herr Müller mir gestern für eine Strafe auferlegt hat.
>>Tja, und deshalb kann ich schon wieder nicht mit. << erkläre ich ihm. >>Felix, echt es tut mir leid, das kannst du mir glauben, ich würde viel lieber bei euch sein, als dieses dämliche Konzert zu geben.<< entschuldigend schaue ich ihn an und lege meine Hand auf seinen Arm.
>>Schon gut Mia. Du kannst ja nichts dafür.<<
Er schaut sich zu Ian um, dann macht er in seine Richtung eine entschuldigende Geste, die dieser mit einem finsteren Blick quittiert, aufsteht und in unsere Richtung kommt.
Oh, oh, was kommt denn jetzt.
Bei uns angekommen nimmt er Wortlos meine Hand und zieht mich hinter sich her.
Verwirrt werfe ich meinen Freunden, die mich alle entgeistert anschauen einen Ratlosen Blick zu, folge ihm aber nach draußen. Ich sehe noch, wie Alex mir einen Neidischen, aber freundlichen Blick nach wirft und Felix entschuldigend mit den Schultern zuckt, dann haben wir die Mensa verlassen. Er zerrt mich immer weiter, bis wir vor der Tür zum Musikraum stehen. Er öffnet sie und zieht mich hindurch, dann schlägt er die Tür geräuschvoll zu und wirbelt mich herum. Er drängt mich immer weiter zurück, bis ich mit dem Rücken an der Wand stehe.
Seine dunklen Augen sind gnadenlos auf mich gerichtet, sein Unterkiefer ist angespannt, genau wie seine Armmuskeln, eigentlich steht sein ganzer Körper so unter Strom, das ich die elektrischen Impulse in seinen Augen zucken sehen kann. Er steht ganz dicht vor mir, die Hände links und rechts neben meinen Schultern an die Wand gepresst, sein Atem ist hart und abgehackt, so angestrengt versucht er sich unter Kontrolle zu halten.
Langsam wird mir mulmig, weil er immer noch nichts sagt, und sein Blick so gnadenlos zornig ist, doch ich bin auch fürchterlich aufgeregt. Allein mit Ian in diesem Zimmer, aus dem er letztes Mal so wortlos verschwunden ist, lässt meine Nerven erzittern. Mein Herz klopft unangenehm heftig von innen gegen meinen Brustkorb und meine Atmung beschleunigt sich.
Seine berauschende Nähe, der Duft nach frisch gemähtem Gras und Minze, den er ausstrahlt machen mich ganz zittrig.
Wie ein Reh, hilflos im Scheinwerferlicht stehe ich vor ihm und starre ihn gebannt an, angespannt, wartend, nervös und unheimlich aufgeregt, was jetzt passieren wird.
>>Warum?<< presst er angespannt zwischen den Zähnen hervor.
>>Was meinst du?<< ich bin völlig verwirrt, was meint er denn nur.
>>Warum kommst du nicht zu uns?<<
>>Ich möchte ja, aber ich kann nicht. << sage ich leise, verlegen und senke den Blick. Doch das lässt er mir nicht durchgehen. Mit sanften Fingern zwingt er mich ihm wieder in die Augen zu sehen, die unheimlich türkies sind. So grün, wie der Wald und so blau wie das Meer und mindestens auch genauso tief. Ich falle in sie hinein und ertrinke in einem Meer aus Gefühlen. Das Herz schlägt mir bis zum Hals, es grenzt an ein Wunder, das es noch immer schlägt und nicht längst explodiert ist, so sehr schmerzt es.
>>Warum?<< fragt er noch einmal, etwas sanfter diesmal.
>>Ich habe Samstag einen Termin.<< sage ich ausweichend. Aber warum eigentlich. Ich wollte doch ehrlich zu ihm sein, ich wollte ihm doch auch sagen, das Mike mir nichts bedeutet, aber vielleicht sollte ich ihm eher sagen, wie vier ER mir bedeutet. Ob ich mich das traue, ob ich den Mut dafür aufbringen kann? Ich weiß es nicht, aber ich könnte damit beginnen ihm alles von Samstag zu erzählen, jedes Detail, das ich kenne, damit er versteht, das ich keine andere Wahl habe.
>>Herr Müller, mein Klavierlehrer, hat mich dazu verdonnert am Samstagabend mit ein paar anderen seiner Schüler in der Wagner Oper für eine Wohltätigkeitsveranstaltung ein Konzert zu geben.<< erkläre ich so genau ich kann, obwohl ich befürchten muss, das ihn diese Worte verletzen.
Flehend blicke ich ihn an und lege meine Hand auf seinen Arm. Die Wärme, die er ausstrahlt, ist wie eine Droge für mich. Sie wandert von meiner Hand direkt zu meinem Kopf und lässt mich erröten, so erregend finde ich allein schon diese kleine Berührung.
>>Ich will da nicht hin, aber ich muss.<<
>>Samstagabend sagst du?<<
Stumm nicke ich ihm zu.
>>Gut, dann kommst du am Freitag mit zu mir.<< sagt er bestimmt. Und das kleine Wort am Ende seines Satzes bringt mich fast um den Verstand. Mir hat er gesagt, ich soll zu ihm kommen, nicht zu seiner Familie, sondern zu ihm! Innerlich bin ich ein einziges Wrack, aber äußerlich versuche ich die Fassung zu bewahren.
>>Herr Müller lässt mich hier abholen und ich kann ihm nicht absagen, weil ich seine Nummer nicht habe.<<
>>Frau Wolf wird sie haben.<< sagt er bestimmt.
>>Aber wie komme ich denn dann da hin? Wenn ich nicht...<< wende ich ein, obwohl ich gar nicht weiß, was ich sagen will, doch er unterbricht mich.
>>Kein aber!<< sagt er knapp >>Ich fahr dich!<< dann kommt er mir noch näher, so nah, das sein Körper nur Millimeter von meinem entfernt ist. Er beugt den Kopf ganz dicht zu mir hinunter und flüstert mir leise ins Ohr. >>Ich will dich dieses Wochenende bei mir haben.<<
>>Warum?<< hauche ich tonlos zurück.
>>Weil ich mich nicht länger von dir fernhalten kann. << sagt er schlicht, leise, ehrfürchtig. In seinem Blick sehe ich Angst aber auch endloses staunen, so erschreckt ist er von seinen eigenen Worten.
Auch für mich sind diese Worte etwas völlig unerwartetes. Nach dem ganzen hin und her der letzten Wochen, der Wut, der Nähe, der Kälte und Fürsorge hätte ich nie mit diesen Worten aus seinem Mund gerechnet.
Bisher unfähig mich zu bewegen, überwinde ich schüchtern die letzten Milliemeter, die uns trennen. Ich lege meine Arme um seine Taille und meinen Kopf an seine Schulter. Ich spüre, dass sein Herz mindestens genauso Heftig schlägt, wie meines, denn sein Ganzer Körper erzittert unter den heftigen Schlägen, was mich in Erstaunen versetzt. Ich weiß nicht ob er Angst hat oder Erregt ist, aber ich bin beides. Ängstlich und erregt.
Das letzte Mal, als ich einem Jungen so nah war, wie jetzt Ian, wurde meine Welt so stark erschüttert, das sie fast auseinander gebrochen ist und Ian ist mindestens genauso instabil wie ich.
Unsere beiden Welten sind so zerbrechlich, das ein kleiner Windstoß reichen könnte um sie zu Staub zerfallen zu lassen.
Ian scheint von meiner Reaktion ein wenig überrumpelt zu sein, aber nach ein paar Sekunden hat er sich gefangen und zieht mich noch dichter an sich heran, dann legt er seinen Kopf an meinen. Ich kann spüren wie er tief einatmet.
>>Du riechst genauso gut, wie damals im Wald.<< sagt er leise mit verträumter Stimme, dann zieht er mich noch dichter an sich heran.
Als ich leise aufstöhne, weil er mich so fest hält, lockert er seinen Griff.
>>Entschuldigung.<< murmelt er sanft. Dann streicht er mir sanft übers Haar und die Wange. Genießerisch schmiege ich sie in seine große Hand und genieße das Gefühl, seiner weichen Haut an meiner und seiner Wärme.
Leicht hebt er meinen Kopf an, so dass sich unsere Blicke treffen. Unsere Lippen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, doch um uns zu küssen nicht nah genug. Langsam Atme ich ein und aus, nehme jede Regung in seinen Augen war, jedes Zucken in seinem Gesicht, jedes Runzeln der Stirn.
Atme die Luft ein, die er ausatmet. Gefangen in seinem Blick.
In seinen Augen liegt so viel Wärme, wie ich sie noch nie bei ihm gesehen habe. So viel verlangen und Angst. Ist es die selbe Angst, die ich habe?
Angst davor verletzt zu werden? Angst davor der Liebe, die sich entwickeln könnte nicht würdig zu sein?
Sind seine Zweifel so groß wie meine? Oder sogar noch größer? Ich weiß, dass er glaubt, das seine Mutter ihn nicht genug geliebt hat um ihren Lebenswillen für ihn aufrecht zu halten, doch ich weiß auch, dass ich ihn liebe und das er es Wert ist geliebt zu werden, mehr als ich selbst.
Aber vielleicht sind wir es ja auch beide.
Vielleicht sind wir beide es Wert geliebt zu werden, auch wenn meine Mutter mich nicht wollte.
Vielleicht war meine Mutter aber auch so krank wie seine und hat sich einfach nicht um mich kümmern können.
Vielleicht... und da ist sie, die Hoffnung, die mich seit Jahren verlassen hat, Hoffnung auf etwas was sein könnte und was möglich wäre und ganz vielleicht sogar wahrscheinlich ist.
Meine Gedanken kehren zu ihm zurück, zu seinem Gesicht und seinen Augen, seiner Nähe. Ganz langsam senkt er seinen Kopf.
Auch ich hebe meine Lippen in seine Richtung, doch bevor sie sich berühren wird ruckartig die Tür aufgestoßen und ein ganzer Pulk Schüler strömt herein.
Erschreckt lösen wir uns voneinander, doch sein Blick fixiert noch immer den Meinen.
>>Bis später. << flüstert er, doch es ist so leise, das ich die Worte mehr von seinen Lippen ablesen muss, als das ich sie hören würde. Seinen Lippen, die meinen eben noch so nah gewesen sind. So nah, das ich ihre Wärme noch immer an meinen spüren kann, obwohl sie sich nicht berührt haben.
Dann verlässt er eilig das Zimmer, um noch rechtzeitig zu seinem Unterricht zu erscheinen. Auch ich verlasse mit wackligen Knien und hochrotem Kopf den Raum.
Das all diese Schüler uns... ähm... quasi inflagranti erwischt haben ist mir ganzschön peinlich.
Zügig renne ich zu meiner ersten Unterrichtsstunde im ersten Stock. Unsere Englischlehrerin ist schon da und die Tür geschlossen. Ich klopfe an und trete ein.
>>Tut mir leid, ich hatte noch was vergessen. << entschuldige ich mich atemlos bei ihr und gehe zügig zu meinem Platz, auf den ich mich eilig niederlasse und meine Bücher hervor hole.
Felix hat diesen Kurs mit mir zusammen und sitzt an meinem Tisch, doch als er mich auffordernd ansieht schüttel ich nur stumm den Kopf und zische ihm ein leises >>Später!<< zu.
Der Unterricht vergeht heute wie im nu, was auch daran liegen könnte, das ich mit meinen Gedanken ganz woanders bin. Ununterbrochen denke ich an die Begegnung mit Ian, und was wir getan haben, beziehungsweise "fast" getan hätten. Doch dieses Mal hat uns kein negatives Gefühl auseinander getrieben, nein! Dieses Mal war es einfach purer Zufall, dass wir uns nicht geküsst haben, nicht wie damals auf dem Hochsitz. Und das heißt, dass wir bei einer unsrer nächsten Begegnungen da weiter machen können, wo wir aufgehört haben.
Als es klingelt packe ich eilig meine Sachen zusammen und verschwinde auf die Toilette, vor deren Tür Felix mich erwartet, als ich wieder daraus auftauche.
Ach, herrje! Er will bestimmt wissen, was Ian von mir wollte.
>>Na besser?<< fragt er grinsend
>>Äh, ja, war echt nötig.<< sage ich verlegen.
>>Und erzählst du mir jetzt, was Ian von dir wollte?<< fragt er sofort.
>>Nichts bestimmtes. Nur wissen, warum ich schon wieder nicht zu euch komme. << erzähle ich wahrheitsgemäß.
>>Und was hast du ihm gesagt?<<
>>Das gleiche wie dir. Dass ich keine Zeit habe, weil ich zu diesem Konzert muss.<<
>>Und das hat er dir geglaubt?<< fragt Felix skeptisch.
>>Äh, ja... Warum sollte er auch nicht, es ist die Wahrheit! Glaubst du mir etwa nicht?<< verdutzt schaue ich ihn an.
>>Doch, ich schon aber Ian ist ziemlich misstrauisch. << gesteht Felix ein.
>>Oh, naja, ich glaube ich konnte ihn überzeugen, aber ich soll Freitag trotzdem mit zu euch kommen. Er will mich dann zum Konzert fahren.<<
>>Das hat er ja schlau eingefädelt. << sagt Felix grinsend.
Ich schaue ihn verwirrt an. >>Wie meinst du das denn?<<
>>Na, so kann er sehen, das du die Wahrheit gesagt hast.<<
>>Nein, deshalb hat er es mir nicht angeboten. << sage ich bestimmt und ich bin felsenfest davon überzeugt das ich recht habe, denn ich glaube zu wissen, dass das was Ian mir gesagt hat die Wahrheit ist. Nämlich, das er möchte, das ich bei ihm bin und nicht, das er überprüfen will, ob ich lüge. Ich war mit ihm in diesem Raum und ich habe gehört was er gesagt hat. Ich bin diejenige, die gespürt hat, wie aufgeregt sein Herz gegen meines schlug als er mich im Arm hielt und nicht Felix.
Und doch... Und doch bleibt ein klitzekleiner Rest des Zweifels in meinem Herzen. Ist es möglich? Kann es wirklich sein, das er mich nur überprüfen will?
Meine Gute Laune hat bei Felix Worten einen kleinen Dämpfer bekommen, doch ich möchte noch immer daran glauben, dass ich Recht habe.
>>Ist ja auch egal, warum er dich fahren will, ich bin froh, dass du Freitag mit zu uns kommst.<< sagt Felix gut gelaunt.
>>Meinst du wir können Samstag früh in die Stadt fahren?<< frage ich nachdenklich.
>>Klar, wenn du willst. Brauchst du denn was bestimmtes?<<
>>Ja. Ein Abendkleid.<< bei dem Wort Abendkleid verdrehe ich genervt die Augen, doch Felix schaut mich erstaunt an.
>>Wozu das denn?<<
>>Herr Müller meint ich muss eins auf dem Konzert anziehen, aber ich habe keins.<< erkläre ich niedergeschlagen >>Und eigentlich kann ich mir auch keins leisten, aber... naja, was soll ich machen!<< resigniert zucke ich mit den Schultern.
>>Hmmm...<< macht Felix und sieht mich nachdenklich an.
>>Was?!<< frage ich
>>Kann sein, das Page eines hat, das dir passt. Sie hat ein Haufen solcher Dinger. Meine Eltern sind ja ständig auf Wohltätigkeitsbällen unterwegs. Ist son Tick von ihnen.<<
>>Und du meinst, das sie mir eines leihen würde?<< frage ich hoffnungsvoll.
>>Klar! Du wirst schon sehen, du wirst das bestaussehendste Mädchen an diesem Abend sein.<<
Verlegen grinse ich ihn an. >>Felix du spinnst!<< sage ich, doch dann fällt mir auf, wie leer der Gang auf einmal geworden ist.
>>Ich glaube wir sollten jetzt gehen. Die Stunde fängt gleich an. <<
>>Ja, stimmt. Wir sehen uns dann nachher beim Mittagessen, okay?<< fragt er, bevor er sich zum gehen wendet, denn Felix hat jetzt einen andern Kurs als ich.
>>Ja, bis später!<< verabschiede ich mich und eile wieder ins Erdgeschoss, wo sich mein Klassenzimmer befindet.
Als ich nach dem Unterricht jedoch in die Mensa komme und mein Blick an Ian hängen bleibt, der bereits an einem Tisch sitzt, wäre ich beim Anblick von Emma, die sich wieder einmal an ihn klammert, am liebsten sofort wieder aus dem Saal gestürmt. Doch Alex, die direkt nach mir in den Raum kommt hindert mich an der Flucht.
>>Hast du mich nicht gehört? << fragt sie lächelnd. >>Ich hab nach dir gerufen.<<
>>Nein..., nein, hab ich nicht. << sage ich unkonzentriert.
Alex folgt meinem Blick und macht große Augen. >>Was macht Emma denn da?<< fragt sie verwundert.
>>Du kennst sie?<<
>>Ja. Sie versucht jedes Jahr aufs Neue bei Ian zu landen, aber bisher hat er sich immer für ein anderes Mädchen entschieden, egal wie aufdringlich sie ist. << sagt sie herablassend. >>Wie kann man nur so würdelos sein?!<<
>>Ja, stimmt. << erleichtert atme ich auf. Mir gefällt zwar immer noch nicht, das Emma sich nach wie vor an Ian klammert, aber wenn sie bisher keinen Erfolg hatte, dann wird sie jetzt auch keinen haben. Das Hoffe ich zumindest.
Ob ich Ian darauf mal ansprechen soll? Aber nicht jetzt, ich möchte nicht die eifersüchtige Freundin raushängen lassen, solange das zwischen ihm und mir noch so zerbrechlich ist.
Trotzdem betrübt mich der Anblick und hindert mich daran zu ihm zu gehen.
Als ich mit meinem Tablett an unseren Tisch zurückkehre habe ich kaum mehr Appetit. Doch da ich weiß, was passiert wenn ich zu wenig esse und trinke, zwinge ich mich dennoch dazu mein Essen hinunter zu würgen.
Die Nudeln fühlen sich unangenehm schleimig und meinem Mund an, dabei scheinen sie Alex und Felix zu schmecken. Selbst June holt sich noch einen Nachschlag.
Lustlos stochere ich in meinem Essen herum, bis hinter mir, eine mir sehr vertraute, dunkle Stimme an mein Ohr dringt.
>>Darf ich mich setzen?<< fragt Ian gut gelaunt.
>>Klar!<< freut sich Alex, und deutet auf den Stuhl neben mich. >>Neben Mia ist frei.<<
Als er sich setzt, streift seine Hand meinen Arm, was mir eine Gänsehaut über den Rücken schickt. Unauffällig schnappe ich nach Luft.
>>Schmeckt es dir nicht? << fragt Ian mit Blick auf mein beinahe unberührtes essen.
>>Nicht besonders. << gebe ich zu, ich werfe einen Blick zurück über die Schulter und sehe Emma, die mir vom Nachbartisch einen giftigen Blick zu wirft, den ich genauso giftig erwidere.
Ian folgt meinem Blick, dann beugt er sich zu mir. >>Sie ist nur eine Freundin, Engelchen, aber du gehörst mir. << flüstert er mir ins Ohr.
Dieser kleine Satz zündet ein heißes Feuer in meinem Innersten an und erwärmt mein kaltes Herz. Ich schmelze unter seinem Blick und gehe in Flammen auf, als ich seine Hand auf meinem Oberschenkel spüre. Langsam streicht er mit den Fingern auf und ab und bringt mich zum Glühen.
Verlegen wende ich mich meinem Essen zu, das plötzlich tausendmal besser schmeckt, aber seine Hand nimmt er nicht weg. Im Handumdrehen ist der Teller leer und sogar meinen Nachtisch, Quarkspeise mit Pfirsichstücken, schlinge ich bis auf den letzten Rest hinunter.
>>Freut mich, das du deine Meinung über das Essen geändert hast. << Ian lächelt mich glücklich an.
>>Ja, mich auch. Es war wirklich gut. << vorsichtig wage ich einen Blick in seine strahlenden Augen und verliere mich wieder einmal in ihnen, bis Alex sich neben mir lautstark räuspert.
Ian beugt sich zu mir, dann flüstert er mir erneut ins Ohr. >>Bis später, Engelchen. Komm doch zu mir, wenn du Zeit hast. Mein Zimmer ist oben. Du kannst es nicht verfehlen, mein Name steht an der Tür.<< er lächelt mich noch mal an, dann Alex.
>>Ciao Mädels. << verabschiedet er sich lässig, dann schlendert er selbstbewusst aus dem Raum.
>>Wow... << seufzt Alex neben mir und fächelt sich mit einer Hand Luft zu.
>>Ich glaub es nicht! Meine Freundin ist die Nummer eins für Ian Jähn, den heißesten Typen dieser Schule!<<
>>Alex, jetzt übertreib doch nicht so.<< sage ich verlegen. >>Nur weil er sich mal zu uns gesetzt hat, heißt das doch nicht, das ich seine Freundin bin.<<
>>Mia!<< schimpft sie >>Bist du so blind oder was! Der ist sowas von in dich verknallt, mehr geht ja wohl nicht.<<
Verlegen senke ich den Blick. >>Meinst du?<< frage ich Hoffnungsvoll.
>>Aber hundert pro!<< sagt sie bestimmt. >>Oder was meinst du Felix?
Felix schaut mich nachdenklich an. Doch er sieht nicht besonders glücklich aus.
>>Ich wünsche dir, das er es ist Mia, denn wenn nicht, wird er dich am Ende dieses Schuljahres eiskalt abservieren. So wie jede Freundin, die er hier gehabt hat. << sagt er besorgt. >>Sei also vorsichtig mit ihm.<<
>>Mensch Felix, jetzt mal doch nicht gleich den Teufel an die Wand!<< schimpft Alex mit ihm. >>Gönn Mia doch mal ein kleines bisschen Glück!<<
>>Ich wollte sie ja nur warnen. << sagt er ärgerlich und steht auf, sagt >>Wir sehen uns. << und geht zum Unterricht.
>>Kopf hoch Mia.<< tröstet mich Alex, als sie mein bedrücktes Gesicht sieht. >>Ich glaube immer noch, dass er in dich verliebt ist.<< sagt sie bestimmt. >>Komm! Ich glaube wir sollten auch langsam los.<< Sie stellt unser schmutziges Geschirr zusammen und bringt es weg, dann verlassen wir gemeinsam die Mensa. Oben an der Treppe trennen sich unsere Wege, denn sie geht nach links und ich nach rechts. Den Rest des Tages grübele ich darüber nach, was Felix gesagt hat.
Das Ian seine Freundinnen nur ein Jahr behält und sie dann sitzen lässt. Ob es bei mir auch so sein wird?
Wird er mich auch sitzen lassen, wenn das Jahr um ist, oder ob es bei mir anders sein wird?
Aber noch haben wir ja gar nichts. Bisher lernen wir uns ja erst mal kennen. Und was danach kommt? Wer weiß das schon. Vielleicht bin ich ja auch diejenige, die ihn sitzen lässt, weil wir doch nicht zueinander passen.
Aber noch während ich diesen Gedanken habe muss ich ihm vehement wiedersprechen. Ich könnte Ian niemals verlassen, sollten wir tatsächlich ein Paar werden. Dafür habe ich ihn viel zu gern.
Die letzten Stunden kriechen in Zeitlupe dahin, doch irgendwann habe ich auch sie geschafft.
Am Nachmittag vollende ich das Bild für Page. Wie passend, wo ich sie doch an diesem Wochenende wiedersehen werde.
Nach dem Malen setzte ich mich ans Klavier und übe. Aber ich schreibe auch an meinem Lied für Ian weiter, dessen Anfang ich inzwischen schon ohne nachzudenken spielen kann. Mir bleiben noch etwas mehr als vier Wochen, bis er Geburtstag hat, das sollte zu schaffen sein.
Als es draußen langsam dunkel wird packe ich meine Sachen zusammen und bringe sie in mein Zimmer. Unschlüssig stehe ich da und denke darüber nach, was ich machen soll.
Ian hat mich eingeladen, ihn in seinem Zimmer zu besuchen, aber ich weiß nicht, ob ich der Einladung wirklich folgen soll.
Was ist wenn Felix recht hat und Ian mich nur benutzt?
Und was wenn er nicht recht hat?
Wenn er mich tatsächlich mag, so unwahrscheinlich das auch sein mag?
Bleibt mir eine andere Wahl, als zu ihm zu gehen um es herauszufinden? Ich denke nicht.
Aber wenn ich gehe, dann werde ich mich immer tiefer in seinen Bann begeben, werde mich immer weiter in seinem Netzt verfangen, in dem ich schon jetzt so hilflos, rettungslos gefangen bin.
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