Eins Zwei Drei Vier Eckstein alles muss versteckt sein
"Hey, ihr beiden." lächelnd warte ich auf Alex und June, die mir zügig hinterher gelaufen kommen. Wobei Alex langer Pferdeschwanz lustig hin und her wippt.
Fragend schaut June mich an, doch ich zucke nur ratlos mit den Schultern.
"Nun sag schon, wie ist es gelaufen?" will Alex wissen. Scheinbar hat June ihr erzählt, warum ich heute bei Ian am Tisch gesessen habe, deshalb schaut sie wohl auch verlegen zu Boden.
"Keine Ahnung. Nicht so gut würde ich sagen."
"Aber wir haben dich lachen gehört. Da kanns doch gar nicht so schlimm gewesen sein." verwirrt runzelt Alex die Stirn.
"Vielleicht wäre es sogar ganz nett gewesen, wenn Emma nicht da gewesen wäre, aber so. Man, dieses Mädchen geht mir echt gegen den Strich!" schimpfe ich. "Die kann mich einfach nicht leiden!"
"Mensch Mia. Ich könnte dich vermutlich auch nicht leiden, wenn du zwischen mir und dem Jungen stehst, in den ich verliebt bin." erklärt Alex mir kopfschüttelnd.
"Schon möglich, aber ich kann nicht in Ruhe mit Ian reden, wenn sie dabei ist. Irgendwie muss ich ihn mal allein erwischen. So wie gestern Abend, aber da hat er geschlafen und hat mir nicht zugehört." sage ich mehr zu mir selbst, als zu den Mädchen.
"Gestern Abend?" verwirrt runzelt June die Stirn. "Du warst doch gestern Abend im Aufenthaltsraum hast du mir erzählt."
"Ja? Wieso?"
"Wieso hat Ian da geschlafen?"
"Keine Ahnung? Vermutlich aus dem gleichen Grund wie ich. Einfach eingeschlafen." sage ich nachdenklich. "Aber ich kann schlecht darauf hoffen, dass er wieder dort einschläft, nur weil ich es tue."
"Was hältst du denn davon, wenn wir Ian irgendwohin locken und euch dann zusammen einsperren, so dass er nicht weglaufen kann." schlägt Alex grinsend vor.
"Ha ha." lache ich. "Tolle Idee, aber ich will ihn zu nichts zwingen. Nicht er hat einen Fehler gemacht, sondern ich. Vielleicht braucht er einfach etwas Zeit um nachzudenken."
"Mensch, Mia! Deine Geduld möchte ich mal haben. Mir ginge dieses Warten echt auf die Nerven." sagt Alex kopfschüttelnd und spielt an ihrem Zopf herum.
"Schon, aber er weiß jetzt, das ich mich von Mike getrennt habe. Das ist das wichtigste. Alles andere braucht Zeit."
"Wie? Von Mike getrennt?" fragt Alex erstaunt. "Warst du mit ihm zusammen?"
"Also nicht richtig, aber irgendwie schon. Ich hab dir doch von meinem Problem damals erzählt." nickend stimmt sie mir zu. "Ja, siehst du. Aber inzwischen weiß ich, das ich für ihn nur freundschaftliche Gefühle habe. Aber Ian liebe ich."
"Du meinst, Mike ist wieder zu haben?" sie klingt irgendwie hoffnungsvoll, was mich hellhörig werden lässt.
"Ähm, ja." skeptisch schaue ich sie an "Wieso?"
"Meinst du... hättest du was dagegen...also ich glaub... kann ich seine Nummer haben?" stammelt sie verlegen.
Oh! Stimmt, sie fand ihn ja damals schon niedlich, als sie mich mit Felix in den Herbstferien besucht hat. Daran hab ich gar nicht mehr gedacht.
"Sicher. " stimme ich verunsichert zu. Dabei weiß ich nicht, was mich an dem Gedanken stört. Vielleicht, das Mike nicht gerade rücksichtsvoll mit anderen Mädchen umgegangen ist und ich nicht möchte, dass er Alex weh tut. Oder möchte ich nur nicht, das er eine Freundin hat. Aber warum sollte er denn auch keine Freundin haben. Immerhin möchte ich ja auch einen Freund. Aber ob ich sie vor Mike warnen soll? Nein, besser nicht. Sonst denkt sie nachher noch, dass ich Mike schlecht machen will.
"Cool danke!" freut sie sich und fällt mir um den Hals. "Und du hast auch wirklich nichts dagegen?"
"Nein. Mike ist ein toller Typ und ich hoffe, das wir eines Tages wieder Freunde werden, aber ich liebe Ian. Weshalb sollte ich also was dagegen haben, wenn du ihn süß findest."
"Oh Mia! Du bist klasse!" freut sie sich und beginnt June, die unser Gespräch mit großen Augen verfolgt hat, aufzuklären.
Auf dem Weg zum Unterricht, den wir alle gemeinsam haben, schwärmt sie ununterbrochen von Mike, was ich ein kleines bisschen verstörend finde, doch da ich andere Probleme habe, über die ich nachdenken muss, schaffe ich es nicht allzu viel hinzuhören.
Im Unterricht passe ich kaum auf, denn immer wieder überlege ich, wie ich Ian dazu bringen kann mit mir zu reden.
Ich könnte ihm ja einfach in seinem Zimmer einen Besuch abstatten, oder ihn nach dem Essen vor der Mensa abpassen. Vielleicht kann ich ihn aber auch einfach verfolgen und dann in irgendein Klassenzimmer schleifen, wenn wir unbeobachtet sind. Und wenn alles nichts hilft, muss ich wohl auf den Plan von Alex zurückgreifen, also ihn irgendwo hinlocken und mich dann mit ihm einsperren. Bei dem Gedanken muss ich Grinsen, was mir von Felix, der in der letzten Stunde für heute, neben mir sitzt, einen fragenden Blick einbringt.
Verhalten schüttel ich den Kopf, weil uns die Lehrerin eine Stillarbeit aufgegeben hat und jedes Flüstern laut durch die Klasse hallen würde.
"Später." flüstere ich trotzdem so leise wie möglich, was mir augenblicklich einen finsteren Blick von Frau Berger, unserer Englischlehrerin einbringt.
Entschuldigend schaue ich sie an und bin wieder still. Wortlos blicke ich Felix kopfschüttelnd an. Ganz nach dem Motto siehst du, jetzt hab ich den Salat.
Den Rest der Stunde lege ich mir einen Plan zurecht, der in etwa wie folgt aussieht:
Erstens: Auch wenn sich alles in mir sträubt Ian in seinem Zimmer aufzusuchen, weil mir die Begegnung mit Emma noch allzu deutlich in Erinnerung ist, beschließe ich genau das zu tun, wenn ich mit Herrn Müller fertig bin.
Zweitens: Wenn das nicht funktioniert, werde ich versuchen ihn nach dem Abendessen beiseite zunehmen und wenn auch das nicht hilft, werde ich ihn;
Drittens: Verfolgen und in irgendein Zimmer schleifen. Auch wenn ich mir diese Möglichkeit bis zum Schluss aufheben werde, denn ganz wohl ist mir bei dem Gedanken nicht. Dabei weiß ich gar nicht warum, denn wenn ich an unsere Anfangszeit denke, erinnere ich mich nur allzu gut daran, dass er genau das immer wieder mal getan hat. Mich aus dem Raum gezerrt, oder in irgendwelche Räume hinein. Nur um mit mir zu sprechen.
Viertens: Wenn ich bis zum Ende der Woche noch immer kein Erfolg gehabt haben sollte, werde ich mit Felix auf das Gestüt fahren und Ian dort zur Rede stellen, dann hat er wenigstens keine Möglichkeit wegzulaufen. Außerdem ist er dort auf jeden Fall allein, oder sagen wir zumindest wird Emma nicht da sein. Denn dort gibt es ja immer noch Page, die ich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen habe, genauso wie die Zwillinge, Peter und Lena.
Nach dem Unterricht bringe ich schnell meine Sachen weg, bevor Herr Müller zum Unterricht kommt. Felix scheint vergessen zu haben, das er mich etwas Fragen wollte, denn er verabschiedet sich eilig von mir, weil er mit irgendwem verabredet ist.
Heute ist Herr Müller ausnahmsweise einmal wieder mit meiner Leistung zufrieden, oder sollte ich sagen, dass er nicht ununterbrochen an mir herumgemeckert hat, was auch schon ein riesiger Fortschritt ist. Dafür eröffnet er mir mal wieder, das es in rund fünf Wochen erneut einen Konzert Termin gibt, für den er mich fest eingeplant hat.
Seufzend ergebe ich mich in mein Schicksal und umschließe haltsuchend den Anhänger von meiner Mutter. Doch plötzlich fällt mir ein, das in fünf Wochen ungefähr auch der Geburtstermin meiner kleinen Schwester ansteht.
"Herr Müller?" sage ich zerknirscht.
"Was gibt es denn diesmal wieder zu meckern, Frau Mendéres?" genervt sieht mich Herr Müller an. "Wollen sie mir schon wieder sagen, dass sie nicht an der Veranstaltung teilnehmen wollen. Denn, wenn das so ist, dann können sie sich die Worte sparen, ich akzeptiere keine Ausreden."
"Also, eigentlich nicht, aber meine Mutter ist Schwanger und meine Schwester soll in fünf Wochen zur Welt kommen, also, wenn alles nach Plan läuft. Und ich wäre dann gern bei ihr." verständnisheischend schaue ich ihn an und obwohl ich schon nicht mehr daran geglaubt habe, erscheint in seinem Gesicht tatsächlich so etwas wie ein Hauch Verständnis.
"Na schön, sollte ihre Mutter bis dahin noch immer in anderen Umständen sein, sind sie entschuldigt, aber wenn nicht, erwarte ich sie pünktlich am zweiundzwanzigsten Februar um 18.30 Uhr erneut in der Wagner Oper. Inzwischen sollten sie ja wissen, wie sie dort hinkommen." sagt er etwas brummig.
"Danke, das ist nett. Sollte die kleine früher kommen, dann gebe ich ihnen Bescheid."
"Ich bitte darum." mit diesen Worten drückt mir Herr Müller einen Stapel Noten in die Hand. "Fangen sie schon mal an zu Üben, Mittwoch spielen sie mir dann die ersten Stücke vor. Diesmal sind es ein Paar mehr als beim Letzten mal, also halten sie sich ran."
"Ja Herr Müller." sage ich aufseufzend und kehre mit den Blättern ans Klavier zurück, um schon mal mit dem Üben zu beginnen.
Eine Stunde Später bin ich jedoch ziemlich erschöpft. Die neuen Stücke sind ganzschön anspruchsvoll, so dass ich mich doch sehr konzentrieren muss. Und bevor es fürs Essen zu spät ist, mache ich für heute Schluss und gehen in die Mensa.
Bevor ich den Raum betrete wappne ich mich kurz für eine weiter anstrengende Runde Essen mit Emma, die mir bevorsteht, doch als ich den Raum betrete ist sie nirgends zu sehen. Ian allerdings auch nicht und so setzte ich mich mit meinem Tablett zu Felix und Joris, die allein an unserem Stammtisch sitzen.
"Wo sind denn Alex und June?" frage ich verwundert, nachdem ich die beiden umarmt habe.
"June fühlte sich nicht so gut und hat sich hingelegt. Alex bringt ihr gerade einen Tee." sagt Joris erklärend.
"Oh, dann geht es ihr also wieder schlechter? Die Arme. Habt ihr Cookie mal gefragt, ob sie noch ne warme Suppe oder so für sie hat?"
"Ja, ich bring sie ihr gleich, wenn sie fertig ist." Joris sieht ein bisschen besorgt aus.
"Dann ist ja gut. Bestimmt geht es ihr morgen schon wieder besser." versuche ich ihn aufzumuntern.
"Hmmh." stimmt er mit verhalten zu, dann leert er schnell seinen Teller, als er sieht, wie uns die Köchin einladend zuwinkt.
"Ich geh dann mal." verabschiedet er sich von uns, um seiner und auch meiner Freundin die Suppe zu bringen.
"Sag ihr gute Besserrung von mir." ruft Felix ihm noch hinterher, als er geht.
Bedrückt knabbere ich an meinem Brötchen herum, und schaue immer wieder zu Aiden hinüber, der mit einem Jungen und zwei Mädchen am Tisch sitzt.
"Kennst du den?" fragt mich Felix neugierig.
"Ja, flüchtig." bestätige ich seine Vermutung.
"Und warum guckst du dann ständig da rüber? Willst du was von ihm?"
"Was? Nein! Ich hab mich nur gefragt, ob er vielleicht weiß, wo dein Bruder steckt." beeile ich mein Interesse an Aiden zu erklären.
"Da kannst du doch auch mich fragen." sagt Felix grinsend.
"Du weißt wo Ian ist?" frage ich erstaunt und schaue Felix mit großen Augen an.
"Klar, immerhin ist er mein Bruder, auch wenn er ein Idiot ist." missbilligend schüttelt Felix den Kopf und verdreht die Augen.
"Er ist kein Idiot." verteidige ich meinen Exfreund oder Freund in spee, was auch immer.
"Doch Mia, das ist er. Denn anstatt sich endlich mit dir Auszusprechen, quält er sich nämlich lieber selbst."
"Wie meinst du das denn?" verwirrt schaue ich Felix an und runzele die Stirn. Was meint er nur damit.
"Na, ich hab vorhin mitbekommen, wie June Alex erzählt hat, was ihr zwei gerade für ein Problem habt, doch da Ian mein Bruder ist, kenne ich auch die Andere Seite und... ich weiß ja nicht, ob ich dir das sagen soll oder nicht, aber seit Weihnachten oder so, gehts ihm echt schlecht. Ich weiß nicht, was mit euch beiden ist, aber ich muss nur eins und eins zusammen zählen und könnte schwören, dass ihr euch getrennt habt, eigentlich aber lieber zusammen wärt. Hab ich nicht recht? Denn dir gehts seither nämlich auch nicht so prickelnd. Oder glaubst du mir ist nicht aufgefallen, dass du fast wieder so wenig isst, wie damals als du hier angekommen bist."
Verblüfft schaue ich Felix an, denn zumindest was mich betrifft, hat er den Nagel ziemlich auf den Kopf getroffen.
"Redest du oft mit Ian?" will ich verlegen wissen "Also über mich? Oder Mädchen im allgemeinen?"
"Ne, nicht wirklich. Aber ich weiß, dass er bei dir ganz anders war, als bei seinen bisherigen Freundinnen. Und wenn er sich von einem Mädchen getrennt hat, hat man es ihm eigentlich nie angemerkt, aber wie gesagt, bei dir ist es was anderes. So kenn ich ihn gar nicht. Es scheint ihn echt zu belasten." nachdenklich fährt er sich mit der Hand über den Nacken.
"Ja, mich auch." sage ich betrübt. "Felix? Hast du nicht gesagt, du weißt wo er ist?"
"Ja. Er ist raus gegangen."
"Allein?"
"Als ich ihn gesehen hab, war er allein. Ja."
"Weißt du auch wo er hin wollte?"frage ich neugierig.
"Nein." bedauernd schüttelt Felix den Kopf "Tut mir leid Mia."
"Ich war so dumm! Letztes Jahr. Nein, eigentlich bin ich immer noch dumm!" schimpfe ich leise mit mir selbst. "Felix, du kennst Ian doch jetzt schon so lange, meinst du er vergibt mir?" frage ich unsicher.
"Kommt drauf an Mia, was du angestellt hast, aber ich denke du solltest es versuchen."
"Das will ich ja, aber ich hatte noch nicht wirklich viel Erfolg damit." sage ich enttäuscht.
"Dann geh und such ihn. Ich weiß, dass er sich freuen wird dich zu sehen. Immer wenn er dich sieht, leuchten seine Augen so, auch wenn er versucht dich zu übersehen. Dieser Idiot." genervt verdreht Felix die Augen, doch mir reicht was ich gehört habe. Freudig springe ich auf und gebe Felix einen Kuss auf die Wange.
"Danke!" flüstere ich ihm ins Ohr und renne aus der Mensa um mir etwas anzuziehen.
Ich hatte ohnehin vor zu ihm zu gehen, also kann ich das auch jetzt machen. Ich hoffe nur, dass ich ihn draußen auch finde. Und wenn nicht?
Auch egal, dann belagere ich halt so lange seine Zimmertür, bis er wieder kommt. Felix hat gesagt er würde sich freuen. Ich hab zwar nicht das Gefühl, das es stimmt, aber vielleicht schaue ich halt immer zu spät zu ihm hin, oder zu früh. Auf jeden Fall scheinbar immer zur falschen Zeit. Denn immer wenn ich ihn anblicke, dann beachtet er mich nicht oder guckt eher böse, naja, zumindest bis jetzt, aber wenn ich seinem Bruder glauben darf, dann freut er sich mich zu sehen. Daran will ich glauben. Und nur daran.
Entschlossen Schrittes stürme ich in unser Zimmer und renne Alex über den Haufen, die gerade die Tür öffnen wollte.
"Oh, entschuldige!" rufe ich bedauernd aus, als ich sehe, wie sie sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Schulter reibt, gegen die ich die Tür geknallt habe.
"Man, Mia! Warum hast du es denn so eilig?" will sie wissen.
"Ich muss schnell raus, wegen Ian." erkläre ich ihr. "Ist mit deiner Schulter alles gut? Tut mir echt leid."
"Ja, ja. Alles bestens. Ich drück dir die Daumen, Süße und jetzt mach, das du weg kommst und mach dir um mich keine Gedanken. Ich komm schon klar." sagt sie mit einem Lächeln. "Aber du erzählst uns dann alles, ja. Und wehe, es gibt kein Happy End!"
"Ich kann nichts versprechen. Hallo June. Wie gehts dir denn?" frage ich sie, die mit leicht glasigen Augen im Bett liegt.
"Nicht so gut. Die beiden wollten gerade gehen, damit ich schlafen kann." sagt sie so heiser, das ich sie kaum verstehen kann.
"Dann ist ja gut, das ich auch gleich wieder weg bin."
"Ich drück dir die Daumen."
"Danke! Erhol dich gut, damit du schnell wieder gesund wirst." vorsichtig drücke ich June kurz an mich, doch dann schnappe ich mir schnell alles was ich brauche, bevor ich nach draußen eile.
Auf der Terrasse blicke ich mich nachdenklich nach allem Seiten um. Wo kann er nur hingegangen sein? In den Wald oder an den See? Oder doch vor das Gebäude? Wo habe ich ihn denn das letzte Mal getroffen?
Das muss am See gewesen sein und auch als wir noch zusammen waren, sind wir oft am See spazieren gewesen. Deshalb gehe ich jetzt auch dorthin. Ach was gehen. Ich laufe.
Es ist inzwischen schon dunkel, doch da noch immer Schnee liegt, ist es nicht stock finster so dass man auch ohne Taschenlampe etwas sehen kann.
Fast komme ich mir etwas albern vor, wie ich wie ein wildgewordener Hase den Weg entlang renne, weshalb ich vom Laufen zum schnellen gehen wechsel.
Es macht doch keinen Unterschied, wann ich auf Ian treffe. Hauptsache ich finde ihn überhaupt. Außerdem habe ich so mehr Zeit mir zu überlegen, was ich ihm sagen soll. Denn das weiß ich nämlich noch immer nicht. Mein Herz schlägt wie wild vor Aufregung und meine Hände und Knie zittern, so viel Adrenalin rauscht durch meinen Körper.
Was soll ich nur machen, wenn ich ihn nicht überzeugen kann. Wenn er mir nicht glaubt, wenn er wie Felix behauptet ein Idiot ist und so tut, als würde ich ihm nichts bedeuten? Oder wenn er mir einfach nicht zuhören will.
Kann ich über sein Verhalten hinwegsehen, wenn er mich so abweisend behandelt, wie heute Mittag?
Auf jeden Fall wird es mir nicht mehr ganz so schwer fallen, wie sonst, da ich von Felix weiß, dass er laut ihm ja eigentlich bei mir sein will.
Nur was hindert ihn denn daran? Warum ist er nicht bei mir? Wenn er es doch eigentlich weil. Warum leidet er lieber, als bei mir zu sein. Auch ich leide, dabei weiß ich ganz genau, wie ich mein Leid beenden kann.
Nur wie soll ich, die ich an allem Schuld bin, für uns beide entscheiden, was richtig ist. Was ist, wenn er weiterhin auf stur stellt und noch immer nichts mit mir zu tun haben will.
Oder ob er Angst hat? Angst davor, dass ich irgendwann wieder an meinen Gefühlen für ihn zweifeln könnte? Und er deshalb gar nicht erst wieder mit mir zusammen sein will?
Dabei habe ich doch nur gezweifelt, weil ich Mike schon vor ihm kannte und weil mir Mike so wichtig war. Ich bezweifle, dass ich jemals jemanden treffen werde, der mir mehr bedeuten oder wichtiger sein könnte als Ian.
Er bedeutet mir einfach alles und dass muss ich ihm klar machen!
Ich muss ihn finden! Aber hier scheint er nicht zu sein. Ich habe den See schon fast umrundet und noch immer habe ich ihn nicht gefunden. Ob er vielleicht doch in den Wald gegangen ist?
Die wenigen Schüler, die noch unterwegs sind, und die ich nach Ian gefragt habe, kannten ihn entweder nicht, oder sie haben ihn nicht gesehen, was mich vermuten lässt, dass meine Entscheidung am See nachzusehen eine Schlechte war.
Als ich zurück im Internat bin, bin ich ziemlich enttäuscht, trotzdem gehe ich noch mal in den Wald, der jetzt in der Dunkelheit deutlich Angsteinflößender ist als bei Tag, vor allem, da meine letzet Erfahrung hier nicht gerade Positiv war.
Nervös taste ich unter der Jacke nach der Kette von meiner Mutter und nehme sie in die Hand, dann gehe ich zügig den dunklen Weg entlang. Doch soweit ich auch gehe, ich treffe niemanden. Auch keinen der nicht Ian ist. Der Weg ist wie ausgestorben.
Ängstlich schaue ich mich bei jedem Geräusch um. Dabei weiß ich gar nicht, was mich so verängstigt. Mir ist in diesem Wald noch nie etwas passiert, naja, außer, das mich meine eigene Dummheit in Schwierigkeiten gebracht hat. Doch dieses Mal bin ich vorsichtiger.
Ob Ian wohl auf dem Hochsitz ist? Aber selbst wenn! Da gehe ich heute ganz sicher nicht mehr hin.
Wenn er da ist, wird er auch wieder nach Hause finden. Ich hingegen würde mich sicher verkaufen und wieder in irgendwelche Schwierigkeiten geraten, deshalb nehme ich auch schnell von dem Gedanken, dort nachzusehen Abstand.
Nach über zwei Stunden des Suchens gebe ich mich geschlagen und kehre bedrückt ins Internat zurück.
Irgendwie muss ich ihn verpasst haben. Aber noch gebe ich nicht auf. Wenn er nicht draußen ist, dann muss er hier drinnen sein! Entweder ist er in seinem Zimmer oder irgendwo im Gebäude, etwas anderes bleibt ja gar nicht übrig.
Außer vielleicht, das er im Zimmer einer seiner Freunde ist, oder bei Emma, aber daran darf und will ich gar nicht denken! Er will mich! Versuche ich mir einzureden, weshalb er bestimmt nicht mit Emma zusammen ist.
Und was wenn doch? Was wenn er versucht, sich von seinen Gefühlen für mich, durch Emma abzulenken? Könnte ich ihm das verzeihen? Könnte ich es vergessen, wenn er mit ihr geschlafen hat oder würde ich immer denken, dass er zu ihr gehen würde, wenn zwischen uns etwas nicht stimmt?
Daran darf ich gar nicht denken. Ich will es auch gar nicht. Ian ist nicht so. Er würde Emma nicht benutzen, nur um mich zu vergessen. Allerdings wäre ich mir bei Emma da nicht so sicher! Sie würde diese Situation sicher ausnutzen. Vielleicht tut sie es ja gerade jetzt.
Mit schnellen Schritten stürme ich die Treppe hinauf und betrete das Gebäude durch die Vordertür, dann haste ich auch die zweite Treppe nach oben in den ersten Stock, wobei ich verwirrte Blicke von zwei Schülern ernte, die trotz der späten Stunde noch in den Gängen unterwegs sind.
Inzwischen ist es schon viertel vor elf und eigentlich sollten alle in ihren Zimmern sein.
Aber warum mache ich mir eigentlich darum Gedanken? Immerhin bin ich ja auch noch Unterwegs.
Als ich endlich vor Ians Zimmertür stehe schlägt mir das Herz schon wieder bis zum Hals und mein ganzer Körper vibriert vor Anspannung.
Erneut läuft die Begegnung zwischen Emma und ihm vor meinem inneren Auge ab und ich brauche einen Moment um sie zu vertreiben.
Mit wild klopfendem Herzen stehe ich vor seiner Tür und atme mehrere Male tief ein und aus, aber so wirklich hilft es nicht. Auch kann ich keine Geräusche aus seinem Zimmer vernehmen, weil mir mein eigenes Blut viel zu laut in den Ohren rauscht.
Ob er vielleicht schon schläft? Und wenn schon! Ist doch egal. Ich muss noch heute mit ihm reden. Ob er will oder nicht. Ich nehme all meinen Mut zusammen und klopfe fest an seine Tür.
Ich möchte nicht, das er mein Klopfen vielleicht überhört nur weil er wie beim letzten Mal mit irgendetwas beschäftigt ist, dessen Bild ich lieber nicht in meinem Kopf haben möchte.
Doch nachdem ich auch ein zweites Mal laut an seine Tür geklopft habe rührt sich nichts.
Unsicher greife ich nach der Türklinke und drücke sie nach unten, doch die Tür ist abgeschlossen.
"Ian!" rufe ich laut "Bist du da?" noch einmal klopfe ich an seine Tür, doch scheinbar ist er tatsächlich nicht hier.
Angespannt stoße ich meinen angehaltenen Atem aus und lehne mich erschöpft gegen seine Tür. Wo kann er nur sein?
Ob es Sinn macht weiter nach ihm zu suchen? Oder sollte ich einfach hier auf ihn warten? Irgendwann muss er ja zurück kommen. Und das er bei jemandem übernachtet, das glaub ich nicht. Es ist auch nicht erlaubt.
Langsam lässt meine Anspannung nach, beruhigt sich mein wild pochendes Herz, das schon seit mehreren Stunden auf Hochtouren arbeitet.
Erschöpft lasse ich mich an seiner Tür zu Boden gleiten, lehne den Kopf an den Rahmen und gönne mir eine Pause. Lieber warte ich hier auf ihn, als zu riskieren ihn erneut zu verpassen.
Doch um so länger ich hier sitze, desto schwerer werden meine Lieder.
Krampfhaft versuche ich wach zu bleiben, aber der wenige Schlaf, aus der vergangenen Nacht macht sich langsam bemerkbar und so kann ich es nicht verhindern, das mir irgendwann der Kopf auf die Brust sinkt und meine Augen zufallen.
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Manchmal treibt mich dieses Buch in den Wahnsinn!
Ihr werdet mir sicher nicht glauben, wenn ich euch sage, dass ich eigentlich beabsichtigt hatte, dass Mia Ian am See findet, und sie miteinander Sprechen, aber irgendwie ist er nicht aufgetaucht. Warum weiß ich auch nicht. Er kam einfach nicht. Tja, und dann dachte ich, sie könnte ihn ja auch im Kaminzimmer treffen, aber leider ist sie da ja gar nicht erst hingegangen. Als nächstes wollte ich, das Ian sie schlafend vor seiner Zimmertür findet, aber der Idiot ist ja nicht gekommen und jetzt haben wir den Salat!
Tja... shit happens... aber lest selbst...
Es grüßt euch das
Schoko-Keks-Monster
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