21.12.2020
Ich stehe früh morgens auf, um meine Sachen zupacken. Ehe jemand etwas merkt, bin ich zurück in meiner Heimatstadt, wo ich hingehöre. Ich will niemanden davon etwas erzählen und das einfach alles hinter mir lassen. Letzte Nacht habe ich ein Flugticket für 10.00 Uhr gekauft. Nun ist es 8.00 Uhr. Wer weiβ, wie die Taxis fahren. Vielleicht ist es ganz gut, so viel Zeit einzuplanen.
Nach dem Frühstück gehe ich auf die Straβe und warte auf ein Taxi. Dabei werde ich fast selber von einer Menschenmenge erdrückt, die sich durch die Straβen New Yorks tummeln. Es sind nur noch drei Tage bis Weihnachten und viele Menschen versuchen noch schnell das passende Geschenk zu finden.
Zuvor habe ich meine Schlüssel an der Rezeption abgegeben und das letzte Geld, das ich noch übrig hatte bezahlt. Die Dame dort war ziemlich verwundert darüber, dass ich abreiste, zumeist ich behauptet habe, dass ich frühstens in einem halben Jahr in eine gröβere Wohnung umziehen würde.
Ein Taxi hielt vor mir an. Ich steige ein und blicke noch ein letztes mal auf das Gebäude, in dem ich einen Monat verbracht habe. In dem Moment fängt es auf einmal an in Strömen zu regen. Wenigstens passt das Wetter zu meiner Stimmung. Fluchend schimpft der dunkelhaarige Fahrer über den plötzlichen Regen. Er redet von irgendeinem Treffen, das nun ins Wasser fällt. Normalerweise hätte ich nun versucht, ihn aufzuheitern und mehr darüber zu erfahren, doch mir ging es nicht viel besser und eigentlich bräuchte ich jemanden, der versucht, mein Leben wieder einen Sinn zu geben. Doch die Chance, das so etwas passiert ist gleich null.
Am Flughafen angekommen, es ist nun 09.46 Uhr, bedanke ich mich leise bei dem Taxifahrer, klappe den kleinen roten Regenschirm auf, den ich immer dabei habe und mache mich in das Gewusel von Menschen. Das Einchecken allein raubt mir schon Minuten meiner Zeit. Mit dem ganzen Abchecken auf Waffen oder Drogen verbringe ich noch mal fünf Minuten. Es ist 09.56 Uhr. Ich will losstürmen, hinein ins Flugzeug, bevor es startet, doch da werde ich von einer Hand zurückgezogen. - "Tuˋs nicht!" - Ich blicke zurück. - "Jakob? Was machst du denn hier und wie hast du mich gefunden? Ich habe doch niemanden davon erzählt." Tiefatmend schaut er mich an, als wären es nicht nur drei Minuten, die mir verbleiben. - "Die bessere Frage ist wohl, was machst du hier? Ich dachte, du hättest Jay als Partner für die Gala. Was ist daraus geworden?" Ich blicke ihn schwerenherzens an: "Es hat sich herausgestellt, dass ich hier nicht hingehöre. Jay hat mich im Stich gelassen. Und nun, fliege ich zurück nach Hause, um das alles hier zu vergessen." Traurig deute ich auf New York hinter mir. - "Du kannst nicht einfach gehen, wenn alles schief läuft. Du musst weiterkämpfen! Das ist, als wolltest du dein ganzes Leben lang Bungeejumpen, aber im letzten Moment, wo du vor der Klippe stehst und die Tiefe siehst, einen Rückzieher machen und diesen Traum aufgeben. Wenn du wirklich etwas im Leben erreichen willst und du fest daran glaubst, wird es auch was. Aber gehe nicht, wenn mal was nicht so passt, wie du es dir wünscht. Die Welt wird sich weiterdrehen und das nächste Highlight kommt schneller, als du vielleicht denkst." Jakob schaut mich flehend an, dass ich doch bitte wieder zurück kommen soll. - "Das ist wirklich lieb gemeint Jakob", lobe ich ihn: "Aber ich muss diesen Rückzieher machen. New York ist nicht das, wofür ich es gehalten habe. Es gibt zu viele Menschen hier, die bereit sind alles dafür zu geben, mich kaputt zu machen." - "Na und? Wen interessiertˋs? Du hast mich. Ich werde nicht dein Herz brechen. Und du bist die groβe Quinn Campbell. Schon bald das Supermodel, das die Welt je gesehen hat. Oder willst du das einfach so wegwerfen, weil jemand meint, dich zu verletzen?" Ich schüttel mit dem Kopf. So gerührt von seinen Worten, dass mir die Tränen in meine Augen kommen.
Es kommt ein Ton aus den Lautsprechern und darauf folgt eine Ansage: "Der Flug um 10.00 Uhr verspätet sich um mindestens eine Stunde wegen den momentanen Wetterbeedingungen."
"Also? Kommst du bitte wieder mit zurück und verwirklichst diesen Traum für mich?" Ich überlege für einen Moment. Mein Blick wandert durch die überfüllte Halle mit Menschen darin, die aufgebracht die Menschen an der Rezeption beschimpfen, weswegen ihr Flug nicht geht. - "Ja. Ich komme wieder mit. Vielleicht gebe ich New York doch noch eine Chance. Danke." Jakob nickt zufrieden und holt mein Gepäck. Dann steigen wir ins Auto ein. Jakob fährt mit nur einer Hand jedoch nicht ins Hotel zurück. Er fährt zu sich nach Hause. - "Hey! Was wird denn das? Mein Hotel liegt in der anderen Richtung", beschwere ich mich. Amüsiert blickt er zu mir: "Ach ja? Welches Hotel denn? Das, in dem du schon die Schlüssel abgegeben und bezahlt hast? Ich wette, du hast gar kein Geld mehr, um dir ein Brötchen zu kaufen." - "Stimmt nicht! Ich habe sehr wohl noch Geld." Wenn mein Glückspenny zählt.
Bei ihm angekommen richtet er mir liebevoll ein Bett ein, in dem ich die Nächte verbringen kann. - "Danke"; bedanke ich mich: "In ein paar Tagen bin ich wieder weg, versprochen. Wenn Ryan hier aufschlägt und mir Geld gibt für eine neue Wohnung." - "Wer ist Ryan?", fragt Jakob neugierig. - "Er ist...ein guter Freund aus meiner Heimatstadt", schwindel ich. Ich will ihm nur ungern erzählen, dass ich einen Freund habe. Dann will er vielleicht nichts mehr mit mir zu tun haben, denn das, was wir hier alles schon erlebt haben, ist mehr als nur Freundschaft. Und das fühlen wir beide.
Nachdem wir den Abend zusammen überstanden haben, sagt Jakob mir gute Nacht. Und als ich gerade annehme, er würde nun verschwinden und schlafen gehen, gibt er mir einen schnellen Kuss auf meine Lippen, die praktisch davon erzittern. - "Schlaf schön, Liebste", damit verschwindet er aus dem Raum.
Liebste? Und ein Kuss? Was hat das jetzt zu bedeuten. Will er mich nur nur daran hindern wieder abzuhauen oder meint er es ernst? Woher wusste er überhaupt, dass ich weggehen würde? Das ist verwirrend und eindeutig zu viel Information auf einmal. Und nun, da ich kein Geld mehr besitze, bin ich wohl oder übel auf ihn angewiesen. Was bleibt mir also anderes übrig, als hier zu bleiben bei ihm?
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