17.12.2020

Am nächsten Morgen bin ich die erste, die aufwacht. Sofort beschwert sich mein Kopf über das viel zu schnelle Aufstehen aus dem Bett. Ich stütze mich an der Wand, um nicht hinzufallen und tapse leise auf Zehenspitzen in die Küche. Wenn Jakob mir ein Frühstück zubereiten kann, kann ich das auch. Es wird schon nicht so schwer sein.

"Was riecht denn hier so angebraten?", will Jakob wissen, als er müde die Küche betritt. - "Nichts. Ich hab nur Frühstück für uns gemacht. Und dabei sind vielleicht ein paar Eier angebraten." Ich deute auf den Herd, der vor sich hin qualmt und zischende Geräusche von sich gibt. - "Also eins ist klar. Wenn wir jemals zusammen wohnen sollten, werde ich das Kochen übernehmen." Er lacht, wird dann allerdings doch etwas verlegen, als die Worte auf seiner zunge zergehen.

Ich muss auch schlucken. Wir beide zusammen wohnen? Das muss heiβen, dass wir ein Paar sind. Ich blicke in seine Augen und sehe ein Funkeln in ihnen. Mein Herz macht einen Seitensprung. In seinem Blick kann ich so etwas wie eine Entschuldigung lesen, aber gleichzeitig ein "es könnte ja was werden".

Ich ignoriere die Stimme in meinem Kopf, die mir dauernd zuruft, ich solle doch irgendwas romantisches tun oder sagen, so wie ihn zu küssen. Doch ich will die Stimmung nicht verderben. Also setzen wir uns hin, ich präsentiere mein angebranntes Essen und Jakob isst es tatsächlich, auch wenn er sich zusammenreiβen muss, keine Grimasse zu ziehen. Und als ich frage, wie es schmeckt und ich eigentlich eine ehrliche Meinung von ihm erwarte, sagt er nur: "Nein. Es schmeckt gut. Hätte ich selbst nicht besser hinbekommen." - "Spar dir dein Sarkasmus!", drohe ich ihm daraufhin.

Nach dem Frühstück wasche ich das Geschirr ab und mache mich bereit, Jakob nach Hause zu bringen. Es ist so ungewohnt nicht zur Arbeit zu müssen. Als sei man wieder ein Schulkind in den Sommerferien. Da Jakob von zu Hause arbeitet, fällt es ihm ziemlich leicht an seiner Arbeit weiter zumachen.

Wir einigen uns darauf, bald wieder so einen Abend zu veranstalten. - "Dann lad ich dich aber zum Essen ein", hat er mir dann versprochen und ich habe  nur ein verlegendes Lachen gegeben. - "Du hast ein wundervolles Lachen" sind seine letzten Worte, bevor er aus dem Auto aussteigt und mich im Auto zurück lässt. Ich werde rot und fühle mich geschmeichelt von ihm. Ich schlieβe die Augen und stelle mir Ryan vor, der auf Jakob stöβt. Das würde der Weltuntergang bedeuten. So verschieden, dass sie einfach nicht im gleichen Raum zur gleichen Zeit sein können.

Ich halte mein Handy ruhig in der Hand. Sitzend auf dem Bett sehe ich nur diese eine Nummer und diesen einen Namen, der mir vor einem Monat noch die Welt bedeutet hat. Ich habe mich geändert. Ich bin nicht mehr die, die ich glaubte zu sein. Ich gehe mit drei verschiedenen Männern aus und hoffe auf ein Happy End, doch am Ende wird alles zerschmettern und ich werde alle drei verlieren.

Letztes mal, als ich mit Ryan telefoniert habe mitten in der Nacht, war er ziemlich wütend auf mich und traurig zugleich. Es war der 8.12. Dieses Datum trage ich mit mir herum. Vielleicht ist es der Tag an dem wir uns getrennt haben. Vielleicht ist es auch nur der Tag, an dem wir einen Streit hatten. Vielleicht herrscht zwischen uns auch nur Funkstille. Ich nähere meinen Zeigefinger der Anruftaste. Doch ich bleibe stehen. Seine Worte kommen mir erneut in den Kopf. Mit nur Freundschaft fing es an. Daran erinnere ich mich glasklar. Was, wenn er recht hat und ich auf dem Weg bin, mich neu zu verlieben und ihn zu vergessen? Er war schlieβlich auch mein Freund, bevor wir zusammen kamen.

Vielleicht ist es besser, ihn nicht anzurufen. Er sollte anrufen, wenn er mit mir wieder reden kann. In dem Moment bereue ich, dass ich hier nach New York ohne ihn gegangen bin. Ich hätte besser absagen sollen und es um einen Monat verschieben sollen. Es war doch nie meine Absicht Ryan so zuverletzen. Und das alles nur wegen einer dummen Gala.

Ich schalte das Handy aus und lege es auf den Nachttisch. Schwer atmend gehe ich ins Wohnzimmer, kuschel mich vor den Fernseher und schaue den bewegten Bildern zu, ohne auch nur die leiseste Ahnung vom Inhalt zu haben.

Wie gerne hätte ich jetzt Ryan neben mir gehabt? Er hätte ins Ohr geflüstert, wie sehr er mich liebt und mich dann ganz fest umarmt. Und dann wäre mir bewusst geworden, wie schön es ist, einen Seelenverwanten zu haben. Energielos verbringe ich mit meinen Gedanken vor dem Fernseher, stopfe mir sämmtliche Lebensmittel hinein und achte nicht auf mein Gewicht dabei.

Wie öde kann das Leben werden. Es ist, als würde einer dir die Farbe im Leben rauben. Einen Moment bist du noch glücklich und im nächsten ist alles vorbei. Und dann wünscht man sich, hätte ich doch nur den Moment in vollen Zügen genoβen und ihn nicht als selbstverständlich hingenommen.  

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