04.12.2020

Meine Augen öffnen sich einen Spalt und starren zum Fenster hinaus. Ich fühle mich einfach nur ekelig. Trotz, dass ich so müde bin, zeere ich mich mit einem Stöhnen aus dem Bett und springe unter die Dusche. Das Wasser benötigt etwas Zeit bis es warm wird.

Als ich schlieβlich aus der Dusche herauskomme und in die Küche stolpere, suche ich in den Einkaufstüten, die ich nicht ausgepackt habe, nach etwas essbarem. Ich finde eine Packung Eis. Die hätte ich gestern gut gebrauchen können, um in meinem Mitleid zu versinken. Ich öffne sie und anstatt Vanilleeis ist es nun eine Mischung aus Sosse und Pudding. Schnell kommt es in die Gefriertruhe in der Hoffnung, dass es irgendetwas an dem jetzigen Zustand ändern würde.

Nachdem ich irgendeine Mischung aus verschiedenen Lebensmitteln in mich hineingestopft habe, nehme ich meine Tasche und verschwinde aus der Haustür, schlieβe hinter mir zu und versuche, noch einen Tag in dieser gefährlichen fremden Welt  zu überstehen.

An der Agentur angekommen, melde ich mich mit einem Fakelachen an der Rezeption an und stolziere elegant zu Miss Gleece, als könnte ich sie damit noch beeindrucken. "Sie sind zu spät, meine Liebe!", ermant sie mich und sofort schweife ich meinen Blick auf mein Smartphone, um die Uhrzeit zuchecken. Gedankenverloren murmele ich vor mich hin: "Aber es war doch eben noch zwanzig vor acht." - "Und nun ist es fünf nach acht", widerspricht sie. - "Es tut mir so leid, Miss Gleece! Es kommt nicht mehr vor, ich versprechs! Ich dachte, ich würde es pünklich schaffen, aber ich glaube, ich habe es unterschätzt und...", weiter komme ich nicht. - "Hören Sie zu. Wenn Sie jemals hier in New York Model werden wollen, dann entschuldigen Sie sich niemals für etwas und zweitens; Pünklichkeit ist das A und O in der Modelkarriere, merken Sie sich das. Ich will nicht, dass das noch einmal vorkommt, haben wir uns verstanden?" Ich nicke leicht verängstigt und klammere mich an der Hülle meines Handys fest. - "Und nun kommen Sie! Wir müssen noch viel an Ihnen verändern, bevor Sie nächstes Jahr Probelaufen können." Ich bin insetzt: "Sie meinen, ich darf laufen?" In meiner Stimme hörte man die Begeisterung und doch stottere ich, weil ich nicht glauben kann, was sie da gerade sagt. - "Ja, wenn Sie mich überraschen ja. Dann dürfen Sie Probelaufen mit den ganz groβen Stars." ich stelle es mir vor. Wenn das passieren würde, würde ich über Nacht berühmt werden! Ich wär ihr am liebsten um den Hals gefallen. Ich bedanke mich tausendmal bei ihr und starte dann mit den Übungen. Heute ist es wie verhext. Aufeinmal fallen mir alle Aufgaben leicht und ich könnte schwören, dass Miss Gleece ein Lächeln auf ihrem Gesicht zeigt. Ich fühle mich meinem Traum schonso nah. Nicht mehr lange und ich würde endlich ein Model in New York sein. Einer der schönsten Städte auf dieser Welt.
Kurz bevor ich Schluss habe, kommt Miss Gleece noch einmal vorbei und sagt mir, sie wäre heute sehr überrascht von mir gewesen. Wenn ich so weiter machen würde, wäre ich die Erstwahl für den Lauf. Ich bedanke mich bei ihr herzlichst und bin überglücklich. Als sei ich nur dafür gemacht. - "Wenn Sie wollen, kommen Sie doch am Abend des 24. Dezember vorbei und feiern Sie mit uns. Jedes Jahr hält einer von den neuen Models  eine Weihnachtsrede und auch für das neue Jahr. Wollen Sie das vielleicht übernehmen?" Ich komme gar nicht mehr aus dem Staunen heraus und nicke immer noch abwesend. Was ist passiert? Gestern habe ich es noch so verrissen und heute darf ich schon die Weihnachtsrede halten. - "Prima, na dann...bis morgen", sie winkt vergnügt und dreht sich schon weg, doch ihr fällt noch eine Sache ein: "Ach ja...bringen Sie doch ihren Partner mit. Sie haben doch sicherlich einen...na dann! Bis morgen!"

Überglücklich spatziere ich nach Hause. Beinah werde ich von einem Auto erwischt, dass ich wegen meiner Gedanken nicht mitbekam. Auf meinem Weg mache ich noch einen Abstecher durch die Wallstreet. Sie ist so gefüllt durch die ganzen Taxis und Geschäftsmänner und -frauen, die Feierabend haben, dass ich kaum hindurchkomme, aber irgendwie habe ich es dann doch noch geschafft.

Mit einem Grinsen im Gesicht stürze ich mich aufs Bett und starre zur Decke hinoch. Ich gehe meinen Plan in Gedanken durch und das Bild, wie ich auf der Bühne stehe und jeder über meine Rede klatschte, weil sie so schön ist. Ich würde mit Miss Gleece da sein und andere Models kennenlernen und dann könnte ich Ihnen Ryan vorstellen, der...dann noch nicht da ist... Schockiert setze ich mich auf und gehe meine Gedanken noch einmal durch. Er wird erst in einem Monat hier sein. Dann würde es schon Neujahr sein. Ich kann aber auch nicht alleine dort auftauchen, wie würde das denn aussehen?
Fieberhaft denke ich über eine Lösung nach, bis ich auf eine Idee komme und dadurch gerettet scheine.
Ich hole mein Handy raus und suche nach dem Namen "Nur ein Freund".

"Jakob, haben Sie morgen Abend Zeit?"

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