23 | Familie (II)

Ich kann es kaum glauben, aber es ist wirklich schon das 23. Türchen. Und ich hab die Zeit vergessen beim Schreiben, also habe ich es nicht pünktlich geschafft. Ich widme es allen von euch, die das Drama vermisst haben. Hust.

Plötzlich war es am Tisch so gespenstisch still, dass sie eine Stecknadel fallen hören konnten. Nur das leise Ticken der Wanduhr war zu hören.

„Was meinst du damit – wir können es nicht annehmen?", hakte Hajo düster nach, ohne Marten aus den Augen zu lassen.

„Wir wissen deine Mühe wirklich zu schätzen, aber wir können das nicht annehmen", wiederholte Marten entschieden. Doris hielt den Atem an, während ihr Mann das Besteck sinken ließ, den Kopf schieflegte und die Augenbrauen düster zusammenzog.

„Du willst mein Geschenk also nicht haben?", fragte er grimmig, die Hände zu Fäusten geballt.

„Wir haben das gemeinsam entschieden", warf Nika ein und griff wie zur Bestätigung nach Martens Hand, die er auf dem Tisch abgelegt hatte. Nun drehte Hajo ihr den Kopf zu und musterte sie kühl. Enttäuschung und Wut lagen in seinem Blick. „Ist es nicht viel mehr so, dass er dir das ausgeredet hat?"

„Nein. Wir sind einer Meinung", sagte Nika entschieden. Marten sah sie nicht an, drückte stattdessen sanft ihre Finger zusammen. Diese kleine Geste machte ihr Mut, nicht vor ihrem Vater einzuknicken.

„Was gefällt euch denn daran nicht?", wollte Hajo wissen und beugte sich ihnen bedrohlich entgegen. Es war klar, dass er mit einer derartigen Ablehnung nicht umgehen konnte und sich davon persönlich beleidigt fühlte.

„Es ist ein viel zu großzügiges Geschenk. Etwas in der Größenordnung ist für uns unmöglich vorstellbar", probierte Nika vorsichtig, ihre Einstellung zu verdeutlichen. Doris schüttelte enttäuscht den Kopf.

„Er hat Wochen an diesem Entwurf für euch gesessen", ließ sie die beiden tadelnd wissen.

„Und dafür sind wir auch sehr dankbar, aber-", setzte Nika besänftigend an, doch Hajo fiel ihr aufgebracht ins Wort.

„Wenn ihr etwas nicht seid, dann ist es dankbar, sonst würdet ihr euch über ein solches Geschenk freuen", unterbrach er sie schneidend und warf ihr einen kühlen Blick zu. „Aber etwas anderes hätte ich von dir vielleicht auch nicht erwarten sollen. Du hast schließlich schon immer gemacht, was du wolltest."

Seine Worte trafen Nika tief ins Herz. Die Enttäuschung und die Verachtung, die darin mitschwangen, taten höllisch weh.

„Ist es wirklich so schlimm für dich, dass ich mein Leben selbst gestalten will?", fragte sie verletzt. „Ich bin erwachsen und ich treffe meine eigenen Entscheidungen; darüber, welchen Beruf ich erlernen will, mit wem ich zusammen sein will und wie ich heiraten will. Wieso kannst du das nicht akzeptieren und mich darin unterstützen, anstatt mich schlechtzureden?"

Ihr Hals wurde trocken, ihre Stimme brach. Doch Hajo schien das nicht zu erweichen.

„Jede anständige Tochter würde ihren Eltern mehr Anerkennung und Respekt entgegenbringen; erst recht, wenn sie ihr ein so großzügiges Geschenk zur Hochzeit machen wollen. Dabei müssten wir das nicht. Wir müssten dir nicht so viel Geld in den Rachen schmeißen. Allein der Anstand gebietet es, dass du dieses Geschenk annimmst und ein bisschen demütiger bist", fuhr Hajo sie harsch an.

„Sie will dein beschissenes Geld aber nicht."

Nika stockte der Atem, als Marten sich düster einmischte, die Arme vor der Brust verschränkte und ihren Vater mit schief gelegtem Kopf düster musterte.

„Halt du dich da raus", forderte Nikas Vater kühl.

„Meinst du, ich sehe tatenlos dabei zu, wie du versuchst, sie wieder zu unterdrücken? Ihr halbes Leben hast du ihr versaut und zur Hölle gemacht, versucht, sie zu formen, so, wie du sie haben wolltest – und weil das nicht funktioniert hat, hast du sie hängenlassen, ihr deine Unterstützung entzogen und sie beschissen behandelt. Wo warst du, als sie aus ihrer Wohnung rausmusste, weil sie nicht wusste, wie sie ihre Schulden abbezahlen sollte? Oder als sie ihre Fehlgeburt erlitten hat, während ich im Knast saß? Hast du ihr da geholfen?"

„Wie sollte ich, wenn sie mir nichts davon erzählt hat?", wies Hajo seine anklagenden Worte ab.

„Weil sie wusste, wie du reagieren würdest und sich die Blöße vor dir nicht geben wollte. Also hat sie sich allein durchgeschlagen, ganz ohne ihren Vater, der sich einen Scheiß für seine Tochter interessiert hat. Für dich war sie nur die Tochter, die nicht nach deinen Vorstellungen funktioniert hat. Und jetzt sage ich dir noch was. Sie braucht dich nicht, denn sie kommt auch ohne dich gut zurecht. Und wenn es hart auf hart kommt, hat sie mich. Du musst also nicht versuchen, dich davon freizukaufen, dass du all die Jahre ein beschissener Vater gewesen bist und versuchen, sie von dir abhängig zu machen."

Nikas Hals schnürte sich zu, als Marten die harten Worte ausgesprochen hatte. Einerseits erfüllte es sie mit Wärme und Stolz, zu sehen, wie entschieden Marten sich auf ihre Seite schlug und sich schützend vor sie stellte. Andererseits tat es weh, dass ihr Freund und ihr Vater sich überhaupt wegen ihr stritten. Schließlich hatte ihre Familie sich gerade erst wieder angenähert. Ihre Vision von einem harmonischen Zusammenleben begann zu bröckeln. Die Angst, alles könnte sich wieder zu dem Verhältnis zurückentwickeln aus der Zeit, in der sie Marten kennengelernt hatte, drohte sie in ein tiefes Loch zu ziehen, aber sie wusste nicht, wie sie das Unheil abwenden sollte. Das erste Mal seit langer Zeit fühlte sie sich hilflos in der Situation gefangen. Sie war überfordert und wusste nicht, was sie sagen oder tun konnte, um eine Eskalation noch zu verhindern.

„Das ist sicher nicht seine Absicht", probierte sie, dazwischenzugrätschen, doch Hajo war bereits aufgestanden. Sein Gesicht war vor lauter Aufregung rot angelaufen.

„Was glaubst du, wer du bist, dass du so mit mir reden kannst?", fuhr Hajo ihn an.

„Der, der dir mal die Meinung sagt. Sonst tut das offenbar ja keiner", erwiderte Marten unbeeindruckt.

„Willst du wirklich einen Mann heiraten, der so respektlos über und mit deinem eigenen Vater spricht? Ich wusste schon, warum ich nicht viel von dem gehalten habe...", fragte Hajo und schaute vorwurfsvoll auf Nika herab. Dass er ihn wieder abwertend in eine Schublade steckte, verletzte sie. Womöglich würde er ihn nie als den Mann an ihrer Seite akzeptieren. Sie schob entschieden den Stuhl nach hinten und stand auf. Marten musterte sie stirnrunzelnd.

„Es stimmt doch, was er sagt. Du hast ständig versucht, mir mein Leben vorzuschreiben – sogar jetzt, wo ich heiraten möchte und eine Entscheidung getroffen habe, versuchst du, mich von deiner Meinung zu überzeugen, statt meine zu akzeptieren. Solang du nicht bereit bist, mich und meine Entscheidungen zu akzeptieren und dich bei ihm für dein Verhalten entschuldigst, brauchen wir gar nicht mehr weiter miteinander reden", stellte sie klar. Auch Marten schien zu erkennen, dass die Auseinandersetzung gerade zu nichts führen würde, denn er erhob sich ebenfalls.

„Du musst nicht denken, dass ich zu eurer Hochzeit komme."

„Brauchst du auch nicht. Denn du bist ausgeladen", fauchte Nika. Doris schnappte nach Luft. Die Blondine drehte ihrer Mutter traurig den Kopf zu. „Tut mir leid. Und danke für das Essen...", sagte sie betreten, dann sah sie zu Marten. Sie musste nichts sagen, er verstand auch so. Kommentarlos griff er nach ihrer Hand, bevor sie gemeinsam verschwanden.

Well, this escalated quickly. Könnt ihr Nikas Enttäuschung verstehen? Und wie findet ihr, was ihr Vater über Marten gesagt hat? Und könnt ihr nachvollziehen, dass Marten sich eingemischt hat? Ist er übers Ziel hinausgeschossen mit dem, was er ihm an den Kopf geworfen hat, oder vollkommen verständlich? 

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