09 | Advent, Advent... (2)

Da ist es, das 9. Türchen. Geht es euch auch irgendwie zu schnell? Ich würde am liebsten die Zeit anhalten... Aber das geht ja leider nicht. Also wünsche ich euch einfach viel Spaß. 

„Ich erwürge ihn, wenn ich ihm weiter ins Gesicht schauen muss", murmelte Willow mürrisch und sog die kühle Abendluft tief in ihre Lungen. Kurzerhand hatte sie sich nach draußen auf die Terrasse des Restaurants zurückgezogen, um sich zu beruhigen. Aufgrund der niedrigen Temperaturen hatten die Betreiber alle Tische und Stühle weggestellt, dennoch ließ Cassies jüngere Schwester ihren Blick über die bunt beleuchteten Dächer Hamburgs schweifen und strich sich die Locken nach hinten. Sie hatte es nicht länger ertragen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und vor Cassie so zu tun, als wäre ihre Welt in Ordnung. Dabei hätte sie ihrem Freund am liebsten die Augen ausgekratzt.

Sie mochte John und wusste zu schätzen, was Cassie an ihm hatte. Er behandelte sie gut, kümmerte sich um sie und hielt ihr den Rücken frei, hatte immer zu ihr gestanden und ihr sogar das Leben gerettet, aber manchmal fehlte ihr einfach das Verständnis für ihn und sein Verhalten.

„Was machst du hier draußen?"

Erst jetzt merkte sie, dass Carlos hinter sie getreten war.

„Ich brauchte etwas frische Luft", sagte sie leise, während er einen Arm von hinten um sie schlang und sie dicht an sich zog. Es fühlte sich gut an, von seiner Körperwärme eingehüllt zu werden. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen verschränkte sie ihre Hände mit seinen, während er seinen Kopf auf ihrer Schulter ablegte.

„Du musst das echt hinter dir lassen", sagte er, ohne sie anzusehen. Sein Bart kitzelte ihre Schläfe, als er sprach. Willow seufzte tief. Immer noch faszinierte es sie, wie ein eher grober, temperamentvoller Mann wie er gleichzeitig derart feinfühlig sein konnte.

„Ich will dich da gar nicht mit reinziehen", erwiderte sie frustriert. Er drehte ihr den Kopf zu, musterte sie von der Seite und streifte dabei mit seiner Nasenspitze ihr Ohr.

„Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber du lässt deine schlechte Laune schon seit dem Aufstehen an mir aus – ich bin also schon ziemlich tief drin", kommentierte er überlegen. Sie biss sich auf die Unterlippe, dann schaute sie ihm zweifelnd ins Gesicht.

„Tut mir leid... Ich möchte einfach nicht, dass du dich auf irgendeine Seite stellen musst...", erklärte sie traurig.

„Du weißt genau, dass ich dir nicht nach dem Mund rede; wenn ich der Meinung bin, dass du im Unrecht bist, sage ich dir das auch", erwiderte er, ohne sie aus den Augen zu lassen. Sie seufzte leise.

„Und ich will nicht mit dir streiten. Das haben wir in letzter Zeit sowieso schon viel zu oft...", gab sie nachdenklich zurück.

„Und? Das gehört eben zu einer Beziehung dazu und wir haben beide ziemlich viel Feuer", grinste er. Sie konnte nicht umhin, es zu erwidern. Obwohl sie sich in vielen Dingen so sehr unterschieden, schaffte er es immer, dass sie sich bei ihm verstanden fühlte.

„Ich bin einfach wütend auf John...", offenbarte sie also grimmig.

„Was du nicht sagst...", kommentierte er trocken. „Wäre mir gar nicht aufgefallen, so, wie du ihn anschaust... Also, wenn du nicht gerade damit beschäftigt bist, ihn zu Tode zu ignorieren."

Sie schmunzelte.

„Ich weiß, dass es Cassie nicht gutgeht. Und er hat sich mir gegenüber einfach unmöglich verhalten am Telefon...", seufzte sie verärgert.

„Weil du ihn getriggert hast", sagte er schulterzuckend. Willow drehte sich in seinem Arm zu ihm um,

warf einen flüchtigen Blick durch den Außenbereich, nur, um sicherzugehen, dass sie noch immer unter sich waren.

„John hat über ihren Kopf hinweg Entscheidungen getroffen. Das ist nicht okay... Und vielleicht hat er ihr sogar eingeredet, sich an diesem Tag nicht mehr mit mir zu treffen."

„Er wird seine Gründe dafür gehabt haben. Sowas macht er nicht einfach so", sagte Carlos ernst.

„Gerade, wenn Cassie im Moment Probleme hat, wäre es wichtig gewesen, dass wir uns getroffen hätten. Aber stattdessen hat sie mir auch noch abgesagt, angeblich, weil sie verschlafen hat und erschöpft ist. Da ist doch was faul. Es ärgert mich einfach, dass mich beide für blöd verkaufen wollen."

„Für mich ist das eindeutig. Er wollte sie beschützen und das Thema erstmal von ihr fernhalten, bis sie sich beruhigt. Wenn du etwas willst, kannst du sehr hartnäckig sein, aber in der Situation ging es nicht um dich. Wahrscheinlich hatte er einfach keinen Kopf, mit dir darüber zu diskutieren, und weil er weiß, wie du sein kannst, wenn du wütend wirst, wollte er das Risiko minimieren, dass die Situation eskalieren kann..."

Willow schnaubte wütend, ließ seine Worte auf sich wirken.

„Trotzdem ist es nicht korrekt, sich so zu verhalten. Tagelang habe ich mich nicht getraut, sie zu fragen, wie es ihr geht, weil ich mir sicher war, die Antwort längst zu kennen. Es enttäuscht mich, dass John sich derart in unsere Beziehung eingemischt hat..."

„Versuch, dir vor Augen zu halten, dass er es aus Liebe zu ihr getan hat. Er wollte nur, dass sie sich mit ihrem Problem erstmal nicht mehr auseinandersetzen muss, weil er gesehen hat, wie schlecht es ihr ging", ergriff Carlos Partei für seinen Freund. Willow seufzte schwer.

„Ich will ihr doch einfach nur helfen und für sie da sein, aber das kann ich nicht, wenn sie sich zurückzieht..."

„Du hilfst mir am meisten, wenn du mir Zeit gibst, das alles für mich zu verarbeiten..."

Überrascht fuhr sie zu Cassie herum, die aus dem Nichts hinter ihnen aufgetaucht war. 

Jaaaa, wir finden Willow bei Zeiten alle etwas anstrengend. Ihr seid damit nicht alleine. Aber in dem Fall kann ich sie schon ein wenig verstehen. John hat sich echt nicht cool verhalten  ihr gegenüber und es wäre schon angebracht, er würde sich wenigstens entschuldigen. Aber nun gut, so, wie es aussieht, hat Cassie jetzt auch noch alles mitbekommen... Wie würdet ihr an ihrer Stelle reagieren?

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