17 | Türchen 17

Ich denke, wir sind alle gespannt, wie Nio das jetzt nochmal dribbeln will - und vor allem, wie Kaia reagiert. Viel Spaß mit dem 17. Türchen :D

Nio warf einen Blick durch die Fensterfronten des Cafés. Es war nicht voll, nur ein paar Gäste saßen verteilt an den kleinen Holztischen, in Gespräche vertieft oder ins Handy versunken. Als er Kaia hinter dem Tresen entdeckte, schlug sein Herz ein wenig schneller. Er straffte die Schultern, dann lief er die wenigen Meter zur Tür und betrat das Café. Die Augen noch immer auf Kaia gerichtet, die scheinbar schon mal für den Feierabend aufräumte, ging er zielstrebig auf sie zu. Sie trug einen weinroten Pullover, der einen schönen Kontrast zu ihrem bronzefarbenen Teint und ihren blonden Locken bildete, die bei jeder Bewegung hin- und herwippten. Normalerweise hätte ihn der Anblick dazu gebracht, selig zu schmunzeln, doch heute war er dafür zu angespannt. Als sie ihn schließlich bemerkte, hielt sie in ihrer Bewegung inne und ihre gesamte Muskulatur schien sich zu verhärten.

„Hey", sagte er und sah ihr fest in die Augen, als er sie erreichte.

„Was willst du hier?", fragte sie, statt ihn zu begrüßen, und wischte über die Theke, beinah so, als wäre er gar nicht da. Seine Hand verkrampfte sich um den kleinen Umschlag, den er in seine Jackentasche gesteckt hatte. Dann zog er ihn heraus, bevor er ihn zerknicken konnte.

„Ich wollte dir das hier geben."

Kaia stutzte, als er ihr den Umschlag entgegenhielt. Ihre Miene blieb kühl, während ihre Augen zwischen seinem Mitbringsel und ihm hin- und herwanderten, bevor sie ihn schließlich stirnrunzelnd entgegennahm.

„Hast du ja jetzt", sagte sie dennoch kühl. „Sonst noch was?"

Nio seufzte lautlos. Er hatte nicht erwartet, dass sie es ihm leicht machen würde, trotzdem nagte ihre distanzierte Art an seinem Ego.

„Willst du ihn vielleicht aufmachen?"

„Nö."

Sie legte den Umschlag auf dem Tresen ab, bevor sie sich von Nio abwandte, um ein paar Gläser in die Spülmaschine zu stellen und dann die Stelle abzuwischen, auf der sie gestanden hatten.

„Estutmirleid", nuschelte er, den Blick noch immer auf Kaia gerichtet. Sie fuhr zu ihm herum und legte einen Zeigefinger hinters Ohr, so, als hätte sie ihn nicht gehört.

„Was hast du gesagt?", fragte sie, zog die Augenbrauen hoch und sah ihm erwartungsvoll ins Gesicht.

„Es tut mir leid", wiederholte er, diesmal so laut, dass die wenigen Gäste an den umliegenden Tischen sich zu ihm umschauten. Kaia seufzte theatralisch, bevor sie den Umschlag doch nochmal in die Hand nahm, schließlich quälend langsam die Lasche öffnete und das kleine Kärtchen darin herauszog. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, doch sie sagte nichts, sondern sah ihm abwartend in die Augen, so, als wolle sie ihn noch ein wenig weiter quälen. Nio nahm die Hände aus den Taschen seiner schweren Winterjacke und hielt ihrem Blick stand.

„Ich wollte mich bedanken... für alles, was du für mich gemacht hast. Für diesen Kalender, für die Geduld, die du mit mir hast. Ich weiß, dass ich dir das viel zu selten zeige, aber ich weiß das wirklich zu schätzen."

Kaia presste die Lippen zusammen, während ihr frostiger Blick sich in seinen bohrte.

„Ein bisschen spät für ein Dankeschön, findest du nicht?", fragte sie bissig.

„Ich weiß", räumte er zerknirscht ein und zog einen weiteren Umschlag hervor, den er in seiner anderen Tasche versteckt hatte. „Und vielleicht kann ich es auch gar nicht wiedergutmachen, aber ich wollte, dass du weißt, dass mir das nicht egal ist und du mir auch nicht."

Er hielt ihr den zweiten Umschlag entgegen. Widerwillig nahm sie ihn, doch sie zögerte, ihn zu öffnen. Dann tat sie es schließlich doch und zog das zweite Kärtchen heraus.

„Ich war ein Idiot", las sie vor, dann nickte sie. „Stimmt. Aber meinst du echt, zwei Umschläge mit ein paar Worten machen das wieder gut?"

Er überspielte seine Unsicherheit mit einem schiefen Grinsen und zog die restlichen Umschläge demonstrativ aus der Tasche.

„Ich hab noch mehr...", sagte er. Kaia verschränkte die Arme vor der Brust.

„Okay, und wenn ich die alle hintereinanderlege, kann ich mir deinen Entschuldigungsbrief zusammen puzzeln?"

„Es ist ein Kalender, okay? Diesmal habe ich einen für dich gemacht – weil du das verdienst. Und ich weiß nicht, was ich mache, wenn du mir diese Chance nicht gibst..."

Kaia strich sich eine Locke aus der Stirn und seufzte schwer. Dann verschränkte sie die Arme vor ihrer Brust.

„Und was hat sich auf einmal geändert?", fragte sie und musterte ihn herausfordernd.

„Dass ich es jetzt wirklich verstanden habe."

„Was?", hakte sie nach, ohne ihn aus den Augen zu lassen.

„Dass ich Scheiße gebaut habe. Ich hätte längst loslassen und mich darauf einlassen sollen. Und ich will dich nicht verlieren, nur, weil ich zu stolz bin, oder Angst davor habe, über meinen eigenen Schatten zu springen."

„Das sagst du jetzt – bis du wieder mit irgendwas überfordert bist und das an mir auslässt", hielt sie dagegen, doch ihre Stimme war ein wenig sanfter geworden.

„Lass mich dir beweisen, dass ich es kann, okay?", bat er sie, bevor er die Umschläge in seinen Fingern hin- und herschob, bis er den Passenden gefunden hatte. „Hier...", sagte er und reichte ihn ihr. „Das ist jetzt wirklich der Richtige."

Skeptisch nahm sie ihn entgegen, öffnete ihn und zog das Kärtchen heraus. Mit seiner schönsten, und dennoch krakeligen Schrift hatte er „Türchen 17 – ein neuer Anfang" darauf geschrieben. Sie sah stirnrunzelnd zu ihm auf. Eine sanfte Wärme hatte sich in ihre Augen geschlichen.

„Jetzt bin ich aber gespannt wie ein Bettlaken", kommentierte sie, ehe sie das Kärtchen aufklappte und zu lesen begann.

„Schrottwichteln. Wer findet das hässlichere Geschenk für unter 5 € auf dem Weihnachtsmarkt? Der Gewinner bekommt eine Tüte gebrannte Mandeln."

Er glaubte, den Hauch eines Schmunzelns auf ihren Lippen zu erkennen.

„Okay", willigte sie endlich ein, ließ den Umschlag und die Karte sinken und sah ihm direkt ins Gesicht. „Aber ich meine es ernst – bei der ersten Nörgelei hat sich das direkt wieder erledigt."

Er lächelte erleichtert, als ihm eine riesige Last von den Schultern fiel, und machte einen Schritt auf sie zu.

„Krieg ich jetzt nen Versöhnungskuss?"

Kaia lachte auf und drückte ihm den Umschlag samt Karte gegen die breite Brust. Als ihre Finger dabei seine berührten, kribbelten sie sanft.

„Ganz bestimmt nicht", sagte sie entschieden, bevor sie sich an ihm vorbeidrückte, um die letzten Gäste vor Feierabend abzukassieren. Nio sah ihr selig lächelnd hinterher, bevor er seine Jacke auszog, über einen der Stühle legte und die Ärmel seines grauen Wollpullovers hochschob, um ihr bei den letzten Aufräumarbeiten zu helfen.

Also ich finde das schon ein bisschen süß, oder? Was meint ihr? Ist das eine cute Idee, oder hätte er sich mehr einfallen lassen sollen? Und hättet ihr euch an ihrer Stelle darauf eingelassen oder ihn noch ein wenig zappeln lassen?

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