16 | Türchen 16
Ich bin mir sicher, das Kapitel wird euch gefallen :D Und könnt ihr glauben, dass es nur noch eine Woche ist bis Weihnachten? Habt ihr schon alle Geschenke oder müsst ihr nochmal los? Hier geht's jetzt erstmal weiter mit Kaia und ein paar Überraschungsgästen :D
Als Kaia am nächsten Morgen den Wagen vor dem Haus ihrer Eltern abstellte, breitete sich ein mulmiges Gefühl in ihrem Magen aus. Die Erinnerungen an ihren gestrigen Streit mit Nio lasteten noch immer schwer auf ihr und sie wusste, dass sie nicht einfach so verschwinden würden. Schnaubend schob sie die Gedanken beiseite, atmete tief durch und stieg aus. Die frostige Kälte hüllte sie ein und sie zog ihren Mantel fester um sich, während sie den kurzen Weg zur Haustür hinauflief. Doch bevor sie klingeln konnte, öffnete ihre Mutter ihr auch schon die Tür. Cassies blaue Augen strahlten mit ihrem einnehmenden Lächeln um die Wette. Ihre dunklen Korkenzieherlocken fielen offen über ihre Schultern und umrahmten ihr hübsches Gesicht. Sie trug einen kuschligen, cremefarbenen Pullover, der zu ihrem Hautton passte, und eine schlichte Jeans, die ihre zierliche Figur unterstrich.
„Hey, Süße", begrüßte sie Kaia und zog sie sanft in eine warme Umarmung.
„Hey, Mom", erwiderte Kaia, drückte sie an sich und sog dabei den vertrauten Duft nach Mandeln und Honig ein.
„Alles okay? Du klangst nicht gut am Telefon", sagte ihre Mutter, als sie sich voneinander lösten. Kaia seufzte schwer, als sie das Haus betrat, in dem sie großgeworden war.
„Nicht so richtig", antwortete Kaia und zog ihren Mantel aus, während Cassie die schwere Haustür hinter ihr ins Schloss drückte und sie prüfend musterte.
„Nio?", hakte sie trocken nach und zog die Augenbrauen hoch. Kaia nickte. Cassie seufzte, strich sich eine der dunklen Locken nach hinten und schenkte Kaia ein aufmunterndes Lächeln.
„Komm erstmal mit in die Küche. Ich mache uns einen Kaffee."
„Hast du was mit Schuss? Ich denke, heute könnte ich das gebrauchen", kommentierte Kaia trocken und hörte ihren Vater gedämpft am Telefon sprechen, während sie Cassie in die Küche folgte. Die weihnachtliche Dekoration war bereits im ganzen Haus verteilt und verlieh den Räumen eine gemütliche, wohlige Atmosphäre. Normalerweise hatte Kaia das immer beruhigt, aber heute konnte selbst der Lametta-Glanz am Weihnachtsbaum nichts an ihrer Traurigkeit ändern. Kaia fiel auf einen der Hochstühle am Tresen und beobachtete ihre Mutter dabei, wie sie zwei Tassen Kaffee am Automaten zubereitete. Dabei erzählte sie beiläufig von ihrem Vormittag. Anschließend stellte Cassie die dampfenden Kaffeetassen vor Kaia auf den Tresen.
„Danke, Mom", lächelte sie und löffelte sich ein wenig Milchschaum in den Mund. Cassie hatte sich gerade ihr gegenüber auf einen Hochstuhl fallengelassen, als Kaias Vater, immer noch mit Handy in der Hand, die Küche betrat. Wie immer umgab ihn die typische Aura des Mannes, der in seinem Leben viel erlebt hatte. Die blonden, leicht ergrauten Locken trug er wie so oft unter einer Basecap. Trotz seines Alters strahlte er diese unverwüstliche Coolness aus, die Kaia schon immer an ihm bewundert hatte. Er musterte die beiden Frauen stirnrunzelnd, dann schob er schief grinsend sein Handy in die Tasche seiner Jogginghose. Dabei blitzte ein goldenes Kettchen an seinem Handgelenk unter seinem Hoodie hervor.
„Na, Kleine", begrüßte er Kaia und zog sie in eine liebevolle Umarmung.
„Na", wiederholte sie und versuchte, nicht so schlecht auszusehen, wie sie sich fühlte.
„Stör ich euren Mädchentalk?", hakte er nach, als er sich von Kaia gelöst hatte, doch sie schüttelte lediglich den Kopf.
„Nee, ich wollte Mom nur gerade von Nios neustem Klopper erzählen", sagte sie und zog dabei mürrisch die Augenbrauen zusammen, sodass sich eine Wutfalte auf ihrer Stirn bildete.
„Erzähl schon, was er angestellt hat", sagte John. Als er sich ihr gegenüber auf einen der Stühle setzte, schauten seine Tattoos an seinen Handgelenken unter dem Saum des Hoodies hervor. Auch, wenn er sich entspannt zurücklehnte, bemerkte Kaia die Skepsis in seinem Blick.
Kaia atmete tief durch, dann begann sie zu erzählen; vom Adventskalender, ihren Plänen und wie sie sich gestern Abend gestritten hatten und er sie stehengelassen hatte.
„Also habe ich ihm gesagt, dass wir das wohl besser lassen sollten mit dem Kalender, und ich Weihnachten ohne ihn verbringen will, bevor er mir das auch noch kaputtmacht", schloss sie ihre Erzählung ab, zog eine Grimasse und nippte mit mürrischem Gesichtsausdruck an ihrem Kaffee. Cassie seufzte mitfühlend. John hingegen legte den Kopf schief und musterte sie ernst.
„Vielleicht braucht jemand wie Nio mehr Zeit, als du erwartest", sprach er seine Gedanken offen aus. „Du weißt ja, wie er ist. Und er hatte schon immer Probleme damit, sich zu öffnen."
„John, wir kennen den Jungen, seit er in die Windeln gemacht hat, und schon damals konnte er sich weder aus Schwierigkeiten raushalten, noch über seine Probleme reden", warf Cassie kopfschüttelnd ein.
„Ich finde es einfach scheiße, dass er mir nicht sagt, was in ihm vorgeht, sondern einfach abhaut", sagte Kaia entschieden.
„Männer tun sich manchmal schwer, Dinge offen zuzugeben. Dein Dad zum Beispiel..."
Sie warf John einen bedeutsamen Blick zu. Der grinste schief.
„Was ziehst du mich da mit rein? Wird das jetzt ne Gruppentherapie?"
„Die wäre bei dir mindestens genauso sinnlos wie bei Marten", kommentierte Cassie trocken. John nickte zustimmend.
„Aber bei dem Vater ist es eigentlich kein Wunder, dass Nio ist, wie er ist."
Cassie seufzte schwer.
„Nio ist ein guter Junge, das meine ich auch so. Aber wahrscheinlich braucht er mal einen Reality Check, damit er merkt, dass du dich nicht ewig damit zufriedengibst, immer außen vor zu bleiben und als Dank noch einen Arschtritt zu kriegen", sagte sie ernst. John schüttelte den Kopf.
„Aber Nio baut diese Mauern ihr gegenüber ja nicht wegen ihr auf, sondern wegen sich selbst und wegen dem Schmerz, den er über die Jahre weggesperrt hat...", ergriff er Partei für Nio. Cassie musterte ihn stirnrunzelnd.
„Klar, aber es ist nicht Kaias Aufgabe, sich um ihm zu kümmern, wenn er sich nicht mal selbst um sich kümmern will", hielt sie entschieden dagegen.
„Sag ich doch auch gar nicht. Aber der braucht immer ein bisschen länger als andere, das war schon immer so. Der meint das auch nicht böse. Er kann das nur einfach nicht gut."
Cassie schüttelte so energisch den Kopf, dass ihre Locken hin- und herwippten.
„Das ist doch kein Argument – sein Verhalten verletzt sie ja trotzdem. Er muss einfach begreifen, dass es Grenzen gibt", widersprach sie ihm, ehe sie sich wieder an Kaia wandte und sie mit sanftem Blick musterte.
„Ich denke, er wird es nicht verstehen, wenn du ihn nicht auch mal auflaufen lässt. Manche Jungs müssen erst lernen, was sie an dir haben."
John verdrehte die Augen.
„Er weiß schon, was er an ihr hat – er kann das nur nicht so zeigen."
„Ja, aber das ist doch scheiße", platzte es aus Kaia heraus.
„Genau", pflichtete Cassie ihr bei. „Und deshalb wirst du es ihm diesmal nicht so leicht machen."
Kaia biss sich auf die Unterlippe und sah zwischen den beiden hin und her. Einerseits stimmte es, was ihr Vater sagte: Nio hatte eine schwere Zeit hinter sich und seine Gründe dafür, Dinge eher mit sich auszumachen und sich nur schwer auf Veränderungen einzulassen. Andererseits hatte sie keine Lust mehr, immer Geduld und Verständnis zu zeigen und ihre eigenen Bedürfnisse hintenanzustellen.
„Ich will ihm nicht wehtun, aber es kann nicht schaden, ihn zappeln zu lassen – einfach, damit er versteht, dass er nicht alles mit mir machen kann."
„Aber wenn er sich bei dir meldet und versucht, es wiedergutzumachen, hör ihm zu. Ich bin mir sicher, dass er sich für seine Verhältnisse wirklich bemüht und einfach überfordert ist mit der Situation."
„Ich höre ihm immer zu. Aber diesmal brauche ich mehr von ihm als eine Entschuldigung. Ich habe mir so viel für ihn einfallen lassen, und er hat es komplett verkackt. Wenn er sich jetzt nicht mal richtig ins Zeug legt, wird das Fest der Liebe für ihn ganz bitter dieses Jahr", sagte Kaia mürrisch. John legte seine Hand auf ihre und drückte sie sanft zusammen.
„Mach dir keine Sorgen. Bitterer geht ja eigentlich schon fast nicht mehr", kommentierte John. Kaias Blick verfinsterte sich. Wenn ihr Vater jetzt auch noch mit Nios Großmutter anfing, über die sie in den vergangenen Wochen schon so viel gehört und wegen der sie so viel erlitten hatte, würde sie wahrscheinlich etwas kaputt machen. Also winkte sie ab.
„Können wir jetzt bitte einfach über etwas anderes reden?", flehte sie. „Sonst mache ich vielleicht noch was kaputt..."
Hach, was soll ich euch sagen? Mir fehlen Cassie und John schon sehr, geht es euch auch so? Und auf wessen Seite seid ihr gewesen - mehr auf der von Cassie oder von John? Bin gespannt :D
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