08 | Türchen 8
Nachdem Nio ein wenig Zeit hatte, sich von der Weihnachtsbäckerei zu erholen, gibt es heute das nächste Türchen :D Viel Spaß :D
„Wir machen was?", platzte es ungläubig aus Nio heraus, die Hände fest um das Lenkrad seines Wagens gelegt, als er Kaia einen flüchtigen Seitenblick zuwarf. Die saß schmunzelnd auf dem Beifahrersitz und spielte mit ihren Fingern am Saum ihres roten Wintermantels herum, den sie mit dunklen Boots kombiniert hatte.
„Wir fällen jetzt einen Weihnachtsbaum", wiederholte sie voller Überzeugung, den Blick auf den dichten Verkehr vor ihnen gerichtet. „Fahr mal da vorne links."
„Wo willst du den denn in deiner Wohnung aufstellen?", hinterfragte er und runzelte skeptisch die Stirn, während er ihrer Forderung nachkam und links abbog. Kaia grinste verschmitzt.
„Doch nicht bei mir; bei dir", korrigierte sie ihn ruhig. Nios Augen weiteten sich, als er ein weiteres Mal kurz zu ihr herübersah.
„Dafür habe ich echt keinen Platz", machte er einen letzten Versuch, sein Schicksal abzuwenden, doch sie winkte lässig ab.
„Ach was, die haben auch kleine Bäume", erwiderte sie überzeugt und schenkte ihm ein freches Grinsen. Er konnte nicht anders, als es zu erwidern. Es erwärmte sein Herz, wie sehr sie in ihrer Aufgabe aufging, ihm die Adventszeit zu versüßen und ihn für das Fest der Liebe zu begeistern, also brachte er es nicht fertig, ihre Bemühungen schlechtzureden. Das Leuchten in ihren Augen entschädigte ihn dafür.
„Okay, er kommt auf den Balkon", legte er fest. Kaia, die gerade eine Haarsträhne auf ihren Finger drehte, die unter der dunklen Bommelmütze hervorschaute, schüttelte entschieden den Kopf.
„Auf keinen Fall. Den stellen wir dorthin, wo du ihn immer sehen kannst", widersprach sie.
„Aber ich kann immer auf den Balkon schauen. Und im Schnee sieht das bestimmt voll schön aus – und der nadelt mir nicht die ganze Bude voll", argumentierte er. Sie schmunzelte.
„Da vorn musst du rechts abbiegen, dann sind wir da", wies sie ihn an, als sie ihr Ziel erreichten. Nio lenkte den Wagen von der Straße auf den Parkplatz eines Gartencenters.
„Hast du das eigentlich schonmal gemacht?", hakte sie neugierig nach, als er den Motor abstellte. Nio nickte.
„Klar, früher zusammen mit Papa", antwortete er.
„Gut", sagte sie, während sie sich abschnallte. Nio runzelte die Stirn.
„Was soll das denn heißen – gut?", hinterfragte er und musterte sie finster im Halbdunkel der Laternen, die den Parkplatz nur unzureichend erhellten.
„Ich wollte nur sichergehen, dass du dir nicht gleich direkt den halben Arm mit absägst", sagte sie versöhnlich.
„Das ist langjährige Familientradition. Der Mann geht an Weihnachten in den Wald, um seinen Baum selbst zu schlagen", erzählte Nio bereitwillig, während auch er den Sicherheitsgurt löste. Dann stiegen sie aus. Sofort hüllte eisige Kälte sie ein und Kaia zog sich die Mütze tiefer ins Gesicht. Anschließend liefen sie gemeinsam zum Eingang. Der Schnee knirschte unter ihren Füßen, als sie kurz darauf mit ihren roten Baumsägen in den Händen durch den Weihnachtsbaumwald stapften, der sich auf der Rückseite des Gartencenters erstreckte. Sie waren gerade mal ein paar Meter gegangen, als Nio bereits stehenblieb.
„Der hier ist doch super", sagte er zufrieden und deutete auf eine wirklich winzige Tanne, die Kaia gerade mal bis zur Hüfte reichte. Kaia schaute kurz belustigt zwischen ihrem Freund und dem Bäumchen hin und her.
„Übertreib nicht, okay? Du sollst schon ein bisschen was davon haben", erwiderte sie und setzte ihren Weg fort. Nio folgte ihr widerwillig. Eine Weile inspizierten sie gemeinsam die Bäume, bis sie sich schließlich auf eine der vielen Tannen einigen konnten. Die Größe war im Verhältnis zu seiner Wohnung tatsächlich okay, auch, wenn Nio es nur ungern zugab.
„Du musst sie aber ganz unten absägen. Nicht, dass du noch was von der wertvollen Tanne verschwendest", stichelte Kaia schief grinsend, während er in die Hocke ging, um sich ans Werk zu machen. Er schaute mit finsterem Blick zu ihr auf.
„Beruhig dich, Curly Sue. Ich mach das nicht zum ersten Mal."
Sie grinste noch immer.
„Entschuldige. Ich hatte ganz vergessen, dass du von Natur aus das Holzfäller-Gen in dir trägst..."
„Was soll das denn heißen?", lachte er und setzte die Säge am Baumstamm an, die Augen noch immer fest auf Kaia gerichtet.
„Naja, so grob, wie du dich manchmal verhältst..."
Sie ließ den Satz in der Luft hängen.
„Mach dich mal nützlich und halt oben fest", wies er sie unbeeindruckt an, statt auf ihre kleine Stichelei einzugehen. „Oder möchtest du das machen?"
Nio musterte seine Freundin stirnrunzelnd, doch sie winkte grinsend ab. Also begann er zu sägen. Kaia beobachtete ihn amüsiert von oben dabei und konnte nicht umhin, ihn selbst dabei unfassbar anziehend zu finden. Nur etwas später warf er sich die abgesägte Tanne über die Schulter.
„Ich kann dir gerne tragen helfen", bot sie an, als er sich in Bewegung setzte, doch er schüttelte den Kopf.
„Ist ja nicht weit."
Also stapften sie gemeinsam wieder zurück, er mit der Tanne und sie mit den beiden Sägen. An der Kasse knallte er den Baum unsanft auf den Tisch und sie gab die Sägen zurück. Anschließend sahen sie dem älteren Herrn dabei zu, wie er ein Netz über Nios Baum stülpte, und machten sich dann auf den Weg zurück zum Auto. Obwohl sie sich für ein kleines Exemplar entschieden hatten, war der Weihnachtsbaum zu lang und ragte ein Stück aus dem Kofferraum heraus.
„Das war wirklich eine coole Idee", räumte er ein, als sie wieder im Auto saßen und Nio vom Parkplatz fuhr.
„Hast du das gerade wirklich gesagt?", fragte sie ungläubig und musterte ihn amüsiert. Er nickte.
„Ja. Nicht, weil ich doch gerne einen Baum haben will, sondern, weil wir das zusammen gemacht haben. Die Zeit mit dir, das ist es, was ich mag."
Seine Worte entlockten ihr ein Lächeln.
„Geht mir auch so", gab sie zurück. „Und weißt du, was das Beste daran ist?"
Er runzelte die Stirn.
„Nee, was?"
„Dass wir jetzt zu dir fahren und ihn aufstellen."
Er winkte lässig ab.
„Ach was, das hat echt Zeit."
Kaia lachte, dann drehte sie ihm ernst den Kopf zu.
„Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass du drum herumkommst, den mit mir zusammen zu schmücken, oder?"
„Ach Mensch, voll schade, aber ich besitze gar keine Weihnachtsdeko", seufzte er betont enttäuscht. Kaia grinste schief.
„Mach dir keinen Kopf. Ich habe vorgesorgt."
In seiner Wohnung angekommen stellte Nio die Tanne im Wohnzimmer ab. Kaia öffnete unterdessen den Pappkarton, den sie mitgebracht hatte, und betrachtete fasziniert den bunten Baumschmuck, der sich darin befand. Beinah ehrfürchtig strich sie mit ihren Fingerspitzen über die leuchtenden, goldenen Kugeln, die sie sich bei ihrer Mutter ausgeliehen hatte. Die besaß so viel Dekoration, dass sie durchaus hätte zehn Bäume damit schmücken können. Nio beobachtete sie zunächst neugierig dabei, wie sie die Lichterkette um den Baum drapierte. Anschließend verteilten sie gemeinsam die Kugeln. Sie schimmerten im Schein der Lichterketten und verliehen dem Raum eine festliche Atmosphäre. Zum Schluss setzte Nio der Tanne eine Sternspitze auf.
„Sieht doch ganz gut aus für deinen ersten Baum", sagte Kaia grinsend, als sie fertig waren und den geschmückten Baum zufrieden betrachteten. Er schlang seine Arme um sie und zog sie zu sich heran.
„Danke, dass du das mit mir gemacht hast", erwiderte er und beugte sich ihr für einen Kuss entgegen. Sie lächelte.
„Es war mir eine Freude. Und jetzt komm, wir schauen uns noch einen Film an, oder so."
Während sie es sich auf der Couch gemütlich machte, bereitete er eine Portion Mikrowellen-Popcorn zu. Als er zurückkehrte, war auf dem Display seines Fernsehers bereits eine Auswahl an Weihnachtsfilmen und Klassikern geöffnet, die sich perfekt für einen Filmeabend eigneten. Er ließ sich in die weichen Polster sinken und legte seinen Arm um sie, als sie sich an ihn kuschelte.
„Also ich wäre ja für den Grinch", kommentierte Kaia mit einem frechen Grinsen auf den Lippen. Als sie ihm den Kopf zudrehte, funkelten ihre Augen schelmisch im Halbdunkel des bereits gedimmten Lichts.
„Und ich wäre dafür, dass du die Klappe hältst", erwiderte Nio trocken und entlockte ihr ein Lachen.
„Keine Ahnung, weshalb du so empfindlich bist", stichelte sie unbeirrt weiter. „Im Supermarkt neulich warst du schließlich auch nicht so zimperlich."
Er runzelte empört die Stirn.
„Weil der Typ sich vorgedrängelt hat und dann noch frech zu dem armen Opa in der Schlange geworden ist. Irgendwer musste ihm schließlich sagen, dass das nicht okay ist", gab er überzeugt zurück. Kaia nickte bedeutsam.
„Klar, rede dir das ruhig schön", zog sie ihn weiter auf, während sie sich unter die Decke kuschelten. Nio positionierte die Popcorn-Schüssel auf seinem Schoß. „Also, welchen Film sollen wir schauen?"
Er deutete auf die Auswahl, die noch immer auf dem Bildschirm vor sich hin flackerte. Kaia kniff die Augenbrauen zusammen.
„Kevin allein zu Haus?", schlug sie vor. „Ist ein echter Klassiker."
„War ja klar, dass es dir gefällt, wenn ein kleiner, fieser Junge anderen Streiche spielt", feixte er mit einem frechen Seitenblick, bevor er den Film startete.
Naaawww, ein bisschen süß war das schon, oder? Habt ihr eigentlich auch schon euren Weihnachtsbaum besorgt oder macht ihr das auf den letzten Drücker? Oder vielleicht gar nicht, weil ihr gar kein Weihnachten feiert?
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