30 l Alles wie früher
Freunde. Es war ein anstrengender Tag. Deshalb kommt das Kapitel jetzt erst. Haltet euch fest. Kleiner Zeitsprung. Ca. ... 19 Jahre? Aber eine von euch hat es sich damals gewünscht, als ich gefragt habe. Also gibt's jetzt hier ein schönes Kapitel über Marten, seinen Sohn und seine Teenager-Tochter :p Schlau, wie ich bin, hab ich die Umfrage von damals zurückgezogen und kann jetzt den Namen von derjenigen nicht mehr finden. An der Stelle möchte ich auf meinen Lieblingskommentar von Adinavid zu dem Kapitel verweisen, die sagte: "Joker. Hängt mit gefühlt 100 Jahren immer noch im Stripclub rum." xD
Marten blies den Rauch aus, während er sich tiefer in die weichen Polster der Ledercouch drückte. Eigentlich hatte er längst wieder zuhause sein wollen, aber dann war er doch länger als erwartet im Dolls hängengeblieben. Sein Blick wanderte zu den Monitoren, über die er alles im Auge hatte. Wie gewohnt war der Laden rappelvoll, alle Tische waren besetzt und auch am Tresen geierten die Typen mit einem Drink in der Hand die Frauen an.
Er stutzte und nahm einen der Tische genauer ins Visier. Seufzend fuhr er sich mit den Fingern über die Augen, dann nahm er einen weiteren Zug. Wahrscheinlich sollte er Nika erzählen, dass Nio neuerdings regelmäßig hier aufschlug, aber er wusste, dass sie ein riesiges Drama veranstalten würde, also hatte er es bisher für sich behalten. Er wusste, dass das nicht richtig war, aber er hatte keine Energie für unnötige Diskussionen. Schließlich war Nio alt genug und ihm war bloß wichtig, dass er sich nicht in Schwierigkeiten brachte. Wider Erwarten hatte er immerhin einen ganz passablen Realschulabschluss gemacht und versuchte sich gerade in einer Ausbildung, da konnte es nicht schaden, wenn er am Wochenende ein bisschen Dampf abließ. Wie Marten selbst in seinem Alter war auch Nio ein Hitzkopf und momentan in einer Phase, in der er keiner Auseinandersetzung aus dem Weg ging. Gerade deshalb war es Marten lieber, er lungerte hier mit seinen halbstarken Kumpels herum und kam ein bisschen runter, als irgendwo anders auf dem Kiez, wo er ihn nicht unter Kontrolle hatte.
„Haste gesehen? Dein Youngster ist wieder da."
Joker war mit einem amüsierten Grinsen auf den Lippen im Türrahmen aufgetaucht. Marten seufzte schwer.
„Ich weiß."
Joker warf die Tür hinter sich zu und ließ sich neben ihn fallen.
„Macht ganz schön auf dicke Hose", kommentierte er und deutete mit einem Nicken auf dem Monitor, auf dem zu sehen war, wie Nio sich gerade von Cherry eine Flasche Dom Perignon an den Tisch bringen ließ.
„Vielleicht hat er letzte Woche ne halbwegs passable Alte weggeflankt und denkt jetzt, er wäre Hugh Heffner", lachte Marten. „Sag den Mädels, dass sie später ganz regulär mit ihm abrechnen sollen. Wenn er hier auf Playboy macht, muss er sich das auch leisten können."
Joker drehte ihm belustigt den Kopf zu.
„Was bist'n so angefressen?"
Marten zog ein letztes Mal an der Kippe, dann drückte er sie aus.
„Dass der Pisser jetzt ständig hier abhängt, bringt mich vor Nika in ne beschissene Situation", offenbarte er seinem langjährigen Freund und Partner. Der runzelte verständnislos die Stirn.
„Versteh ich nicht."
„Weil deine Freundin aus dem Nachtleben kommt und das für sie vollkommen normal wäre", kommentierte er grinsend und fingerte eine Dose Red Bull aus dem kleinen Kühlschrank, der neben der Couch in der Ecke stand.
„Meinst du, Nika macht Stress?", hakte Joker nach, während Marten die Dose mit einem Zischen öffnete.
„Wenn ich ihr das erzähle, dreht die den armen Jungen komplett auf links", lachte er. „Für sie ist es schon nervig genug, dass ich diesen Weg gegangen bin und so, wie ich sie kenne, schiebt sie direkt Panik, dass er mir nacheifert", erzählte Marten und nippte an der Dose. Joker grinste schief.
„Naja, tut er ja irgendwie auch..."
„Und ich weiß noch nicht, ob ich das gut oder schlecht finde", erwiderte Marten ehrlich und stellte die Dose auf den Glastisch vor sich. „Einerseits ist das so normal für mich, dass ich kein Problem damit hätte. Aber ich kenne auch die Schattenseiten und will nicht, dass er ähnliche Erfahrungen machen muss wie ich. So einen mehrjährigen Besuch im Knast oder ständigen Stress mit den Bullen braucht keiner."
Joker nickte.
„Verstehe", sagte er. „Hast du mal mit ihm darüber geredet?"
„Ja, klar. Zum Glück haben wir ein so gutes Verhältnis, dass er mir alles erzählt. Ich weiß, er würde zu mir kommen, wenn er bis zum Hals in der Scheiße steckt. Aber ich weiß nicht, ob es gut ist, das alles einfach laufenzulassen. Wenn irgendwann mal was passiert, wird Nika mir das nie verzeihen – und ich mir auch nicht", gestand er.
„Er ist alt genug und muss seine eigenen Erfahrungen machen", sagte Joker. Marten seufzte schwer.
„Ich weiß, aber es fällt mir schwer, ihn loszulassen."
„Mach dir nicht zu viel Kopf darüber. Bis jetzt hat er sich nicht bemüht, auf dem Kiez aktiv zu werden, und solang er nur ab und zu herkommt, um die Mädels anzugucken, ein bisschen was zu saufen und mit seinen Jungs Geld auf den Kopf zu hauen, ist doch alles cool. Besser hier, als irgendwo anders", redete Joker ihm ins Gewissen. Marten drehte ihm stirnrunzelnd den Kopf zu.
„Willst du das mal Nika sagen?", grinste er. Joker lachte.
„Wenn du dich nicht traust, übernehme ich das gerne für dich", stichelte er. Marten schüttelte schmunzelnd den Kopf.
„Arschloch. Das hat man nun davon, wenn man dir sein Herz ausschüttet", kommentierte er, dann wurde er ernst. „Aber du hast Recht. Ich werde ihr morgen sagen, dass er ab und zu hier rumlungert und sie sich keine Sorgen machen muss, weil ich das im Griff habe."
Er hatte den Satz gerade ausgesprochen, als das Smartphone auf dem Tisch zu vibrieren begann. Marten schielte auf das Display. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn, als er sah, welcher Name ihm da entgegenblinkte. Sein Magen zog sich unheilvoll zusammen, als er sich das Handy schnappte und den grünen Hörer zur Seite wischte. „Hallo?"
„Hey Marten...", säuselte die Anruferin ins Telefon. Aus dem Hintergrund dröhnte laut irgendeine Scheißmusik, die es ihm erschwerte, sie zu verstehen.
„Hey...", begrüßte er sie knapp. „Was ist los?"
„Ja, du, ganz doofe Sache", kicherte sie. „Ehm. Also..."
Sie brach ab, dann hörte er irgendein dumpfes Genuschel.
„Kaia!", blaffte er ungeduldig ins Telefon, während sich bereits die wildesten Szenarien in seinem Kopf abspielten, weshalb Johns Tochter auf die ungewöhnliche Idee kommen könnte, ihn mitten in der Nacht anzurufen.
„Leg sofort auf!"
Martens Finger verkrampften sich um das Smartphone, als er glaubte, die Stimme seiner Tochter im Hintergrund zu hören. Kaia plapperte irgendetwas, dann verschwand der dumpfe Schleier und die Umgebungsgeräusche wurden so laut, dass er das Handy ein Stück von seinem Ohr weghalten musste, um keinen Hörsturz zu erleiden.
„Ganz dumme Geschichte, ähm. Lia und ich haben uns mit ein paar Leuten getroffen, und jetzt hat uns der Taxifahrer einfach nicht mitgenommen. Kannst du dir das vorstellen? Der ist einfach ohne uns weggefahren und der erste Bus kommt erst in zwei Stunden und ich dachte, vielleicht bist du ja gerade noch wach und-. Geh weiter, du Penner. Oder seh ich aus, als hätte ich Lust, dich kennenzulernen?"
Marten wusste nicht, was ihn mehr zur Weißglut brachte – dass seine minderjährige Tochter um diese Uhrzeit irgendwo draußen herumlungerte oder dass Kaia so dumm war, irgendeinen Typen von der Seite anzupöbeln.
„Wo seid ihr denn?", fragte er, während das Blut in seinen Adern zu kochen begann.
„Hier direkt um die Ecke vom Velvet am Taxistand", erzählte Kaia, so, als sei es das Normalste der Welt.
„Ihr seid auf dem Kiez?", platzte es wütend aus ihm heraus. Joker beobachtete ihn skeptisch dabei, wie er ohne zu zögern aufstand.
„Ja, genau. Kannst du uns vielleicht abholen? Unfassbar, was dieses Wochenende hier los ist. Es ist einfach kein Taxi zu bekommen und der Bus fährt erst in ein paar Stunden", plapperte Kaia locker weiter. „Das wäre so cool von dir. Bist mein Lieblingspatenonkel. Ehrlich."
Marten atmete tief durch und versuchte, die aufkeimenden Aggressionen herunterzuschlucken. Es kostete ihn wahnsinnig viel Energie.
„Ich bin unterwegs", sagte er, bevor er das Telefonat beendete. Joker musterte ihn neugierig.
„Was ist los?"
„Lia und Kaia haben einen Kiezausflug gemacht. Kaia hat wahrscheinlich gesoffen und irgendwer muss die beiden jetzt nach Hause fahren", erzählte Marten, die Augen finster zusammengezogen, während er seine Kippenschachtel und das Feuerzeug in der Tasche seiner Jogginghose verschwinden ließ. Joker schmunzelte.
„Kriegst du das allein hin, ohne die beiden umzubringen, oder willst du besser deinen Sohn mitnehmen?"
Und, seid ehrlich? Habt ihr euch Martens Zukunft so vorgestellt? Also ich mir nicht... Ich dachte, irgendwann, da ändert sich alles, und... Okay. Muss selbst lachen. Und wollt ihr auch noch lesen, wie er seine Tochter einsammelt? :D
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