Kapitel 59: Aus den Augen, aus dem Sinn

„Guten Morgen, Schöne.", begrüßt mich Nate am nächsten Morgen lächelnd und gibt mir einen sanften Kuss auf die Lippen, bevor er die Beifahrertür hinter sich öffnet und ich strahlend einsteige.

Wie ein wahrer Gentleman schließt er sie sanft hinter mir, joggt um das Auto herum und setzt sich schließlich hinters Steuer.

„Guten Morgen, Schöner.", murmle ich zögernd und erröte beim letzten Wort.

Nate schmunzelt, sagt jedoch nichts, und im nächsten Moment erwacht auch schon der Motor mit einem lauten Heulen zum Leben.

„Hast du gut geschlafen?", fragt er liebevoll und ich nicke.

„Und du?"

Ich kann kaum glauben, dass dies gerade wirklich geschieht. Er ist wie ausgewechselt, als wäre der kalte, egoistische Nate durch diesen beinahe fremden Nate ersetzt worden. Er ist plötzlich so ... lieb.

„Wie ein Baby.", brummt er und lächelt dann.

„Ach ja ... ehm, also du kennst meine beste Freundin, oder?", sage ich, wie es mir gerade einfällt, und rutsche dabei unruhig auf meinem Platz herum.

„Kimberly?", fragt er stirnrunzelnd, „Du hast mir mindestens ein dutzend Mal von ihr erzählt und abgesehen davon habe ich sie schon oft in der Schule mit dir gesehen.", sagt er lachend.

Ich kichere nervös und mit einer viel höheren Stimme als gewöhnlich.

„Nun also ...", ich beiße mir auf die Unterlippe und werfe ihm einen unsicheren Blick zu.

„Spuck's aus, Jennifer.", befielt er mit einem Anflug von Ungeduld in seiner Stimme.

„Sie will dich kennenlernen.", sage ich schnell und meide es dabei in Nates Augen zu sehen.

Kurze Stille, dann:

„Mich würde es freuen, sie kennenzulernen."

Ich sehe verblüfft auf.

„Wirklich? Ich meine ... ich hätte nicht erwartet ...", stottere ich und breche schließlich ab.

Nate stöhnt laut auf und wirft mir dann einen ernsten und doch liebevollen Blick zu.

„Ich habe genug Ärger gemacht. Ich habe genug gestritten und geschrien, Jennifer. Du bist die einzige Person, die mich kennt. Die einzige, die mich wirklich kennt. Und jetzt kommt das Unglaubliche: Du willst mich trotzdem. Ich muss mich nicht mehr hinter irgendeiner Fassade verstecken."

Er legt eine Hand auf meinen Oberschenkel und sieht mir dann tief in die Augen.

„Ich könnte es nicht ertragen, die jemals wieder weh zu tun. Ich werde dich nie wieder verletzten. Ich verspreche es.", sagt er, diesmal leiser, und richtet dann wieder seinen Blick auf die Straße.

Bei dem Klang seiner Worte spüre ich die gewaltige Explosion wie von einem riesigen Feuerwerk in meinem Bauch losgehen. Das Blut schießt mir in den Kopf und ich spüre, wie mein Herz hektischer zu schlagen beginnt. Ich will ihm sagen, wie viel seine Worte mir bedeuten, wie viel er mir bedeutet, aber ich bringe kein einziges Wort heraus. Tief in meinem Inneren weiß ich, dass nichts auf dieser Welt, keine Worte, die Gefühle beschreiben könnten, die ich in diesem Moment für Nate empfinde.

„Ich liebe dich.", flüstere ich und ich spüre, wie seine Hand sich unter meinem Oberschenkel für eine Sekunde verkrampft und er mit seinen Händen das Lenkrad noch fester umschließt.

Die restliche Fahrt über lese ich erneut meinen Aufsatz für Geschichte durch, bis Nate schließlich vor dem kalten Gebäude der Harvard-Westlake School vorfährt und ich aufsehe.

Eilig stopfe ich meinen Aufsatz zurück in meine Tasche, während Nate aussteigt, um das Auto herum geht und für mich die Tür öffnet.

„Weißt du, du musst das nicht machen, Nate. Ich bin bereits in der Lage die Autotür zu öffnen, weißt du. Ich bin schon groß.", sage ich lachend, während ich kichernd aussteige.

„Ich weiß. Und das ist mir so ziemlich Schnuppe.", erwidert Nate fröhlich und zu meinem großen Erstaunen nimmt er meine Hand.

Ich werfe ihm einen überraschten Blick zu, aber er sieht mich nicht an, sondern lächelt nur, während wir Hand in Hand über den Campus der Schule schlendern.

Ich atme die warme Novemberluft ein, die nach meinem Lieblingsgeruch duftet: frisch gemähtes Gras, und genieße das Zwitschern der Vögel in den Bäumen über mir. Für einen Moment ist alles perfekt.

„Miss Clark, wie schön, dass ich Sie noch vor Schulbeginn antreffe.", ertönt eine mädchenhaft süßliche Stimme hinter mir.

Und dann ist der Moment vorbei.

Ich drehe mich um und sehe die rundliche Frau mit ihrer üblichen, heute smaragdgrünen, Haarschleife im Haar auf mich zu marschieren.

„Sei freundlich.", murmelt mir Nate zu.

„Schwierig, wenn ich sie am liebsten umbringen würde.", brumme ich noch leiser, sodass es nur Nate hören kann, und setzte dann mein breitestes falschestes Lächeln auf.

„Guten Morgen, Mrs. Brown.", begrüße ich sie in freundlichem Ton und für eine Sekunde stutzt sie, fängt sich jedoch sofort.

„Ich hoffe, Sie haben Ihr Portfolio-", aber sie kommt nicht zum Ende ihres Satzes, denn ich unterbreche sie mit noch süßlicherer Stimme.

„Natürlich. Ich bin gerade auf dem Weg zum Direktor, um ihm eine Kopie vorbeizubringen. Ich habe ihm bereits eine Email geschickt und Sie selbstverständlich ebenfalls als Empfänger hinzugefügt.", sage ich immer zu lächelnd und füge dann hinzu: „Ich hoffe wirklich, Sie haben Sie erhalten!"

Mrs. Browns Lächeln verrutscht für einen Moment und ich habe das Gefühl, ihr rosafarbenes Gesicht würde sich vor meinen Augen aufblasen.

„Nun gut, Miss Clark.", bringt sie kapp heraus und wirft mir einen scharfen Blick zu, bevor sie an uns vorbei durch die Türen zur Schule stapft.

„Nicht schlecht.", lobt mich Nate, als ihre grüne Haarschleife und die dazu passende Strickjacke um eine Ecke verschwunden ist.

„Danke.", erwidere ich würdevoll und will gerade wie auch eben Mrs. Brown durch die Tür gehen, jedoch hält mich Nate zurück.

„Warte.", sagt er und wirkt dabei nervös, „Geh schon mal vor. Ich komme dann nach, ja?"

Ich mustere ihn stirnrunzelnd.

„Warum?"

„Ich ...", er seufzt, „Ich muss kurz mit Alex reden.", meint er nach einer kurzen Pause und nickt mit dem Kopf zu einer Ecke des Parkplatzes, wo einige Gestalten an der Mauern gelehnt stehen und rauchen.

„In der Kifferecke?", frage ich skeptisch, aber Nate zuckt nur mit den Schultern.

„Jason und Logan und ich glaube auch einige andere kiffen, Alex nicht.", sagt er schlicht und ich nicke leicht.

„Wir reden später, ja?", flüstert er, bevor ich noch etwas sagen kann.

Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und nähert sich langsam meinen Lippen. Mein Gehirn scheint eingefroren zu sein. Und dann ... küsst er mich. Es ist ein kurzer, federleichter Kuss und doch bin ich wie gelähmt.

Er hat mich geküsst.

In der Schule.

Vor allen.

Ich starre ihm hinterher, während sich langsam ein Gefühl von einem tobenden Zoo in meinem Bauch breit macht. Lächelnd wende ich mich um, jedoch werde ich ein drittes Mal daran gehindert, weiter zu gehen.

Lexi, die Nasenflügel geweitet und leicht keuchend, als wäre sie eben gerannt, steht vor mir, die Hände in die Hüfte gestemmt und funkelt mich durch ihre durch die falschen Wimpern und dem dunklen Lidschatten enorm vergrößerten Augen böse an.

„Ich würde mir an deiner Steller keine Hoffnungen machen, kleine Jungfrau.", sagt sie in arrogantem Ton und wirft dabei ihre blonden Haare zurück, „Nate und ich haben es oft genug auf dem Klo getrieben, fühl dich also nicht besser."

„Weißt du was, Lexi?", frage ich zornig, „Fick dich. Er ist meins."

Und mit diesen Worten lasse ich sie und ihre beste Freundin, Kaylee, die aussieht, als hätte man sie getreten, stehen und stolziere endlich durch die Türen der Schule.

-

„Irre, Jen. Ich freue mich wirklich für dich.", sagt Scar beeindruckt, als ich ihr während dem Mittagessen alles von gestern erzähle. Nur die Fotos lasse ich natürlich aus.

„Danke."

Ich lächle.

„Aber jetzt musst du mir alles von Mr. Jesper - ehm Ryan erzählen!", fordere ich ungeduldig und grinse sie dabei vergnügt an.

Ihre Ohren laufen rot an und sie sieht eilig umher, dass auch wirklich niemand zuhört, dann beginnt sie schließlich in leisem Flüsterton zu erzählen:

„Ich habe wirklich lange über deine Worte nachgedacht. Und du hattest vollkommen Recht. Ich konnte ihn nicht seinen Job oder im schlimmsten Fall sein Leben für mich riskieren lassen.", sie seufzt, „Also habe ich Schluss gemacht."

„DU HAST WAS?", rufe ich entsetzt.

„Shh!", ermahnt mich Scar sofort und sieht verängstigt über ihre Schulter.

„Tschuldigung.", murmle ich und beuge mich näher zu ihr, um sie besser verstehen zu können.

„Ich habe ihm gesagt, dass er das alles nicht für mich aufs Spiel setzten kann. Dann bin ich gegangen. Nach ein paar Tagen hat er mich angerufen und meinte er will mit mir reden. Ich wollte erst nicht, aber als er meinte, dass es wirklich wichtig sei, hab ich ihm gesagt, er soll zu mir nach Hause kommen, weil Mum eh nicht da war."

Sie hält kurz Inne.

„Er hat mir gesagt, dass er seinen Job gekündigt hat."

„Was?", keuche ich, diesmal leiser, und starre sie ungläubig an, aber sie nickt nur.

„Egal was ich gesagt habe, damit er seinen Job wieder zurücknimmt - es hat nichts gebracht."

Ein stolzes Lächeln breitet sich auf ihren Lippen aus und ihre Augen beginnen zu funkeln wie ein Tausend Diamanten.

„Natürlich bis ich 21 bin, können wir zwar nicht öffentlich ein Paar sein und er hat auch noch keinen neuen Job in LA gefunden, aber er meint, dass das schon wird und ich mir keine Sorgen machen muss."

„Das ist großartig, Scar. Wirklich! Ich freue mich unendlich für dich!", jauchze ich, „Ich glaube, dass du mich und Nate vom Romatikgradsfaktor um einiges getoppt hast.", füge ich kichernd hinzu und wir brechen in schallendes Gelächter aus.

-

„Und bidde vergesse Sie nedd Ihre Taschenreschner für die neegschde Stund! Sonst werd de Test, von dem Sie alle nix wisse, ganz bescheide ausfalle!", ruft Mrs. Lonfrey, bevor es schließlich zum Stundenende läutet und die Klasse langsam nach für nach hinauströpfelt.

„Wir sehen uns morgen.", verabschiede ich mich von Scar und umarme sie kurz.

„Bis morgen!", ruft sie durch den allgemeinen Lärm der Schüler hindurch und winkt, bevor sie in Richtung der Spinde in der Schülermenge untergeht.

Ich wende mich ab und gehe in Richtung Ausgang, wo ich Nate, durch die großen Fenster am Ende des Ganges, bereits auf mich warten sehe.

Ich beschleunige meine Schritte und will gerade die schweren Türen aufstoßen, als ich gegen jemanden stoße.

„Tut mir Leid, ich wollte-", stottere ich und sehe auf zu dem Jungen, den ich angerempelt haben muss.

Ich bleibe wie angewurzelt stehen, während ich zusehe, wie sich Matt wortlos durch die Tür zwängt und ohne einen Blick zurück zu werfen über den Parkplatz hastet.

„Ist alles okay?", fragt Nate besorgt, als ich draußen angekommen bin und drückt mir einen kleinen Kuss auf die Lippen.

Er sieht mich stirnrunzelnd an, während ich Matt's Jeep, der gerade die Ausfahrt zur Schule hinab fährt, immer noch hinterher starre.

„Ehm ... mir gehts gut.", murmle ich abwesend und löse meinen Blick

„Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.", meint Nate immer noch besorgt und ich beiße mir auf die Lippe.

„Vielleicht habe ich das auch.", flüstere ich so leise, dass er es nicht verstehen kann.

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Ich werde jetzt nicht meine und eure Zeit mit Entschuldigungen, dass ich nicht geupdatet habe, verschwenden, sondern gleich zum Punkt kommen (das heißt weiter unnötigen Brei schreiben, was vielleicht 10 Leute lesen).

Ich hoffe es hat euch gefallen und ich würde mich echt total freuen, wenn ihr mir ein Vote und ein Kommentar dar lässt, wie es euch gefallen hat♡. (Es ist kostenlos und macht mir wirklich eine riesen Freude dafür, dass ich wirklich sehr viel Zeit in dieses Buch investiere ...)

Ich freue mich total, dass Erdbeerkaesee mein Buch momentan korrekturliest (Wie cool ist das denn bitte??) Auf jeden Fall möchte ich mich nur nochmal bei dir bedanken, dass du das machst! :)♡

Bis bald und Grüße vom anderen Ende der Welt,

Eliana

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