Kapitel 26: Tiefschläge
"Hey.", antworte ich mit leicht zitternder Stimme.
"Hey. Was gibt's?"
Ich überlege.
"Was soll ich ihm denn sagen?", überlege ich fieberhaft, "Hey, Alex. Wie geht's dir? Wie schön zu hören. Hör mal, ich will mich von Nate ent-lieben und muss mich deswegen mit einem anderen Kerl ablenken. Wie wäre es mit einem Date?"
"Jen?", fragt er, da ich nicht geantwortet habe, "Ist alles OK?"
"Ja ja, natürlich. I-Ich wollte nur ...", stottere ich und breche ab.
"Du wolltest ...?", drängt er und ich seufze leise.
"Hast du Lust mit mir auf ein Date zu gehen?", sobald die Worte meinen Mund verlassen haben, bricht eine überraschte und gleichzeitig unangenehme Stille aus. Ich beiße mir auf die Lippe.
"Warum habe ich das eben getan? Warum?", denke ich verzweifelt, aber jetzt ist es schon zu spät.
"Tut m-mir Leid ... Vergiss es einfach-"
"Nein.", unterbricht mich Alex und ich stutze.
"Oh, O-OK.", flüstere ich mit zitternder Stimme.
"Er will nicht. Er will mich nicht. Ich hätte es wissen sollen.", denke ich mit einem Stich in Richtung meiner Magengrube, aber da ertönt wieder Alex' Stimme am anderen Ende:
"Ich meinte, dass ich es nicht vergessen will, dass du mich gefragt hast.", sagt er geduldig und meine Augen werden groß.
"Oh.", bringe ich nur heraus und höre dann Alex' weiches Lachen.
"Ich war nur überrascht, das ist alles. Ich dachte nicht, dass du so für mich empfindest.", sagt er leise und ich kichere.
"Ich auch nicht.", gebe ich leise zu und hätte mich doch gleichzeitig dafür ohrfeigen können, meine Gedanken laut ausgesprochen zu haben.
"Wie kann ich das verstehen?", gluckst er, aber ich antworte nur mit einem knappen "Gar nicht.", woraufhin er wieder lacht.
"Also ... ?", frage ich nach kurzer Stille.
"Also was?"
"Also, willst du mit ausgehen?"
"Ich dachte das wäre schon geklärt."
Ich blinzle.
"Oh also ist das ein Ja?"
Er lacht wieder.
"Natürlich ist das ein Ja!", erklärt er und ich lächle erleichtert, "Was hast du Freitag Abend vor?"
Ich überlege.
"Lernen.", kommt es mir sofort in den Sinn, aber ich sage stattdessen:
"Nichts, warum?"
"Gut. Was hältst du von einem Imbiss bei einem Restaurant deiner-"
"Mexikanisch. Egal wo.", antworte ich prompt, ehe er auch nur seinen Satz vollenden kann.
"Na gut, dann Mexikanisch", lacht er, "Und danach Kino?"
"Klingt großartig.", bringe ich heraus und kann ihn förmlich am anderen Ende grinsen sehen.
"Gut.", sagt er zufrieden.
"Gut.", wiederhole ich.
"Ich freu mich. Ciao, Jen."
"Bis dann."
Ich lasse das Handy von meinem Ohr sinken und sehe zu Matt, der mich gespannt beobachtet.
*
Die darauffolgenden Tage werden nicht besser als der letzte. Im Gegenteil: Ich habe sogar das Gefühl, noch mehr Schüler oder sogar Lehrer würden mich anstarren, stehen bleiben oder gar kehrt machen und unverhohlen mit dem Finger auf mich deuten sobald sie mich sehen. Auch Gespött und Hohn musste ich in rauer Menge ertragen.
"Na, Klein Jenny, immer noch Jungfrau? Ach warte! Tut mir Leid, wie rücksichtslos von mir! Ich weiß ja, dass dich keiner will, nicht wahr?", sagte Lexi mit einem höhnischen Lächeln auf den Lippen und hinter ihr lachten und höhnten die vorbeigehenden Schüler laut.
Aber all das kümmert mich nur wenig, da das einzige, was mich innerlich schreien und beinahe verbluten lässt, nicht Spötteleien anderer Leute wie Lexi ist.
Nein, es ist er.
Da ich Matt's Ratschlag, Nate komplett aus dem Weg zu gehen, angenommen habe, habe ich gleich am Tag darauf mit einem rothaarigen Mädchen aus der ersten Reihe für Englische Literatur Platz gewechselt und auch in jedem anderen Fach mich mindestens drei Reihen weit weg von ihm umgesetzt. In jeder einzelnen Minute, jeder Sekunde, in der ich von ihm getrennt bin, habe ich das Gefühl mich selbst immer wieder ans Atmen erinnern zu müssen. Die elektrische Spannung, dieses andere Etwas in der Luft, das mich erzittern, an nichts anderes als an ihn denken lässt, hat sich durch die größere Entfernung meiner Ansicht nach nur um ein Vielfaches erhöht. Ich fühle ständig seine Blicke in meinem Rücken und muss mich jedes Mal dazu zwingen, mich nicht umzudrehen. Ich kämpfe jede Sekunde, die ich in seiner Nähe verbringen muss, eine unerbittliche Schlacht in meinem Kopf zwischen dem, was ich weiß und dem, was ich fühle. Es ist das schwerste, das ich je tun musste. Die härteste und schlimmste Zeit, die ich je erleben musste.
"Ist alles OK, Jen?", fragt Kimberly stirnrunzelnd und ich sehe von meinem kaum berührten Teller auf. Ich spüre dutzende von Blicken auf mir, Schüler um mich herum tuscheln hinter hervorgehaltener Hand mit einander, aber ich ignoriere es.
"Du isst nichts und das schon seit ein oder zwei Tagen. Bist du krank?", will sie besorgt wissen, aber ich schüttle nur traurig den Kopf.
"Eine Krankheit, irgendeine Grippe oder ein Virus wäre nicht so schmerzvoll.", denke ich und stochere lustlos in meiner Lasagne herum, die ich normalerweise in Sekundenschnelle verschlungen hätte.
"Du darfst die anderen nicht ernst nehmen, Jen. Du bist nur interessanter als ihr eigenes, langweiliges Leben und deswegen reden sie über dich.", sagt Matt ernst und ich lächle matt.
"Ich weiß. Ich muss nur die letzte Zeit viel an ...", ich beiße mir auf die Lippe, da ich gerade fast "Nate" gesagt hätte, "an diesen Film, den du mir am Montag gezeigt hast denken."
"Ich ... was?", fragt er etwas lahm und ich trete unter dem Tisch nach seinem Schienbein, erwische aber aus versehen Kimberly's.
"Hey! Was soll das?", empört sie sich und starrt mich böse an.
"Oh tut mir Leid ich-"
"Was ist eigentlich los, Jenny? Ihr benehmt euch schon die ganze Zeit so merkwürdig, sodass ich das Gefühl habe, ihr wüsstet etwas, das ich nicht weiß.", sagt sie und ich werfe Matt einen alarmierenden Blick zu, der jedoch nur mit den Schultern zuckt.
"Was?", wiederholt sie nachdem weder Matt noch ich geantwortet haben.
"Zwischen euch läuft etwas, oder?", schrillt sie und wird bei jedem Wort lauter, sodass sich bereits einige Schüler nach uns umdrehen, "Ich wusste es! Betrügt ihr mich?"
"Nein natürlich nicht!", schreien Matt und ich im Chor, aber Kimberly ist bereits aufgesprungen, wobei sie dabei ihren Stuhl umgeworfen hat und sieht auf uns beide zornfunkelnd herab.
"Ihr lügt. Ich weiß, dass ihr etwas verheimlicht! Wie könnt ihr nur-"
"Kimberly Fall, ich würde niemals etwas mit Matt haben! Verstehst du? NIEMALS!", brülle ich so laut, dass ich sie übertöne.
Stille bricht aus. Schreiend und eiskalt. Ich spüre den Blick jedes einzelnen Schülers der Mensa auf mir ruhen. Kein Getuschel. Kein Gemurmel. Nichts. Nur absolute Stille.
"Was ist es dann?", ruft sie schließlich verzweifelt und rudert fragend mit den Händen.
Ich stehe auf und schleife sie am Arm gepackt durch den Speisesaal. Matt trottet uns mit eher ängstlichem Blick hinterher.
"He! Lass mich los!", keift sie immer wieder aber ich lockere nicht meinen Griff bis wir endlich auf dem menschenleeren Parkplatz stehen.
"Also. Was verheimlicht ihr mir?", fragt sie und sieht Matt und mich böse an.
"Kim, ich würde dich niemals betrügen, schon gleich gar nicht mit Jenny.", ergreift Matt plötzlich das Wort und ich schnaube laut.
"Was soll das denn heißen? So schlimm bin ich ja jetzt auch nicht!", gebe ich gespielt beleidigt zurück und recke das Kinn.
"Wenn du meinst.", neckt er mich grinsend und ich schnaube abermals.
"Ich weiß. Tut mir Leid, dass ich gleich davon ausgegangen bin, dass ihr eine Affäre habt.", mischt sich Kimberly wieder ein und ich sehe sie an, "Ich habe einfach nur das Gefühl, ausgeschlossen zu werden, versteht ihr? Vermutlich bin ich einfach auch nur paranoid."
Ich beiße mir auf die Lippe und spüre Matt's drängende Blicke auf mir.
Ich muss es ihr erzählen. Alles. Jetzt.
"Nein bist du nicht.", seufze ich und blicke in Kimberly's vor Überraschung geweitete, eisblaue Augen.
"Wie konntest du mir das verschweigen? Wie konntest du nur?", brüllt sie in der Sekunde, in der ich geendet habe, obwohl ich ihr noch nicht einmal von Matt's Plan erzählen konnte.
"Und du", sie deutet anklagend auf Matt, "Du wusstest darüber Bescheid, stimmt's?"
"Ja aber erst seit ein paar Tagen und ich musste schwören, dir nichts zu erzählen.", verteidigt sich Matt und hebt abwehrend die Hände.
Kimberly nickt zwar, scheint sich dadurch jedoch nicht beruhigen, sondern kommt einige Schritte auf mich zu, sodass sie jetzt nur eine Handbreite von meinem Gesicht entfernt ist. Ich kann nicht leugnen, dass sie mir Angst einjagt.
"Ich bin nicht fünf Minuten nach meinem ersten Kuss zu dir buchstäblich gerannt und habe dir sofort alles davon erzählt, erinnerst du dich? Das nennt man Freundschaft, Jenny. Einander alles zu erzählen.", flüstert sich und sieht mich durchdringend an.
Ich schweige, dann ganz plötzlich macht Kimberly auf dem Absatz kehrt und geht schnellen Schrittes auf den Eingang zu.
"Warte doch Kimmy, bitte-"
Sie dreht sich abrupt um und sieht mich wütend an.
"Wage es ja nicht, mich noch ein einziges Mal' Kimmy' zu nennen. Das dürfen nur meine Freunde und du bist keine Freundin, Jenny.", mit diesen Worten fällt die Eingangstür hinter ihr und Matt ins Schloss und ich bleibe allein auf dem Parkplatz zurück.
Tränen steigen mir in die Augen und spüre wie meine Beine nachgeben. Ich falle auf die Knie und bedecke mein Gesicht mit meinen Händen. Ich wäre am Liebsten weggerannt. Weit, weit weg.
Ein Regentropfen fällt auf meinen Kopf und ich sehe zum untypisch für California dunklen und wolkenbehangenen Himmel. Ein Zweiter trifft mich. Ein Dritter. Ein Vierter. Langsam aber sicher bricht der Himmel über meinem Kopf auf als würde er mit mir weinen.
"Warum ich?", frage ich mich und schmecke dabei den salzigen Geschmack meiner heißen Tränen vermischt mit denen des Himmels auf meinen Lippen.
Eine Hand legt sich plötzlich auf meine Schulter und sieht mich hoch. Ich werde gegen eine starke Brust gedrückt, sehe aber kaum etwas, da mir meine Tränen die Sicht vernebeln.
"Jennifer.", haucht er und mit diesem einen Wort fällt alle Anspannung von mir ab.
Ich fühle mich beschützt.
______♡_____
So das war's wieder :)♥︎ Ich hoffe, es hat euch gefallen!
Es tut mir Leid, dass ich diese Woche nicht viel geupdatet habe, aber ich hatte drei wichtige Klausuren und ein Referat am selben Tag und für so ein Kapitel brauche ich normalerweise um die 3 Tage mindestens, da meine Kapitel nunmal wirklich lang sind und ich eine Menge Gedanken und Mühe jedes Mal hineinstecke ♡(Sowas ist nicht selbstverständlich!)
Ich würde mich sehr über euer Feedback freuen, denn das ist es schließlich, was mich motiviert und dadurch mit Sicherheit das nächste Kapitel schneller kommt♥︎♡♥︎
♡Danke für's Lesen, Voten und Kommentieren!♡
--> Dieser Teil ist alex_bluestar gewidmet, da sie mir einen sehr langen Kommentar geschrieben hat, der mir unglaublich viel bedeutet hat und mich sehr motiviert hat jetzt das Kapitel ganz fertig zu schreiben. Danke.
Bis Bald, x Eliana
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