Kapitel 67

Niall P.O.V.
Morgens wache ich davon auf, dass Alice sich bei mir ankuschelt, weil es ziemlich augenblicklich deutlich wärmer wird, als sie ihre Decke noch zusätzlich auf mich legt.
„Du kannst auch einfach mit unter meine Decke kommen.", schlage ich ihr, noch ziemlich verschlafen, vor. Daraufhin verschwindet die Wärme dann auch wieder und stattdessen krabbelt sie mit unter meine Decke, selbst eher noch am schlafen als schon wach.

Tatsächlich schläft sie auch direkt weiter, nachdem sie ihren Kopf auf meiner Schulter abgelegt hat und ihr Arm über meinen Brustkorb liegt, aber bei mir ist nicht mehr wirklich an Schlaf zu denken. Ich wüsste zu gerne, mit wem sie noch draußen telefoniert hat und worum es ging. Okay, ich kann mir denken, worum es ging, aber ich hoffe einfach, dass sie nicht mit Eleanor telefoniert hat. Dann könnte ich mir das hier wohl ganz schnell wieder abschreiben.
Ich meine, bis jetzt ist theoretisch eh noch nichts fest, aber damit kann ich fürs erste leben. Ich kann verstehen, dass Alice nach ihrer letzten Beziehung nicht sofort Juhu schreit, wenn ihr bester Freund sie auf einmal küsst. Selbst wenn das mit Felix nicht gewesen wäre, könnte ich das verstehen. Ich habe auch keine Ahnung, wie ich reagiert hätte, wenn sie mich auf einmal geküsst hätte. Aber dass sie jetzt so in meinem Arm liegt, könnte ruhig jeden Morgen so sein.

Nach einiger Zeit, in der ich quasi bewegungslos dalag, angele ich mir dann mein Handy von meinem Nachttisch und blicke auf 53 Nachrichten von Liam. Kopfschüttelnd entsperre ich mein Handy, um auf unseren Chat zu gehen.
Als Alice gestern Abend nochmal aufgestanden ist und sich auf den Balkon gesetzt hat, habe ich Liam geschrieben, dass ich Alice geküsst habe, aber da es schon Mitten in der Nacht war, hat er wohl schon geschlafen und erst heute Morgen geantwortet. Und seine Reaktion war sehr ausführlich. Aber die Antwort, was jetzt zwischen uns ist, interessiert ihn scheinbar mehr als brennend, denn er hat in regelmäßigen Abständen neu nachgefragt, weil ich ihm zu lange brauche.

Ich habe doch auch keine Ahnung, was das jetzt zwischen uns ist.

Sie hat mich nochmal geküsst, nachdem ich ihr gesagt habe, dass ich in sie verliebt bin, und dann stundenlang nachts auf dem Balkon gesessen.

Und jetzt schläft sie halt noch.

Bereits als ich die erste Nachricht geschrieben habe, ist Liam direkt online gekommen und hat sie gelesen, aber er beginnt erst zu tippen, als ich auch die letzte Nachricht versendet habe.

Dann will ich eine Antwort, sobald sie wach ist.

Kopfschüttelnd versichere ich ihm, dass ich mich bei ihm melde, sobald es etwas Neues gibt, und öffne dann stattdessen Twitter, um mir anzugucken, was in den letzten Tagen so passiert ist. Eigentlich nichts sonderlich Interessantes, nur das übliche. Es gibt neue „Beweise" für die Beziehung zwischen Alice und mir und einiges an Spekulation darüber, warum wir abgetaucht sind. Beziehungsweise, warum ich abgetaucht bin und ob Alice da auch mit drinnen hängt.

Bis sie aufwacht dauert es tatsächlich noch eine ganze Weile und die Stimmung ist mehr als angespannt, als wir zum Frühstück runtergehen. Keiner von uns weiß so wirklich, wie er sich jetzt verhalten soll, und der gestrige Tag hängt wie eine riesige Gewitterwolke zwischen uns, bis wir nach dem Frühstück wieder in unserem Zimmer sind.

„Niall, ich...", setzt Alice an und stoppt dann, um sich durch die Haare zu streichen und tief durchzuatmen, „Können wir reden?" „Natürlich, was gibt's?" Sie klingt so unglaublich ernst und mein Herzschlag beschleunigt sich augenblicklich ziemlich extrem, während ich darauf warte, was sie mir zu sagen hat. Aber bevor sie weiterredet, setzt sie sich in einen der Sessel in unserem Zimmer und deutet mir an, mich auch hinzusetzen.

„Ich habe Angst.", sagt sie dann einfach und ich frage nach, wovor. „Davor, was passiert, wenn ich dir sage, dass es mir genauso geht wie dir. Ich meine, ... es ist ja alles erst den Bach runtergegangen, als Felix und ich schon länger zusammen waren, und mein Kopf assoziiert Beziehungen jetzt halt mit Schlägen und emotionalem Missbrauch und nur weil es jetzt nicht so ist, heißt das ja nicht, dass du dich nicht verändern kannst, sobald wir zusammen sind.", erklärt sie und der Kloß in meinem Hals wird immer größer, je mehr sie sagt. „Alice...", beginne ich mühsam, aber sie schüttelt den Kopf. „Ich weiß, dass du mir nichts tun würdest und dass du nicht bist wie Felix, Niall. Ich vertraue dir mit allem, was ich habe. Aber es ist schwer für mich, mir das einzugestehen. Ich habe gestern Abend schon mit meiner Therapeutin gesprochen und mir einen Termin geholt für ziemlich direkt nachdem wir wieder in LA sind.", redet sie weiter und sieht selber mehr als mitgenommen aus von dem, was ihr durch den Kopf geht.

„Warte bitte einen Moment.", sage ich zu ihr und sie zieht eine Augenbraue hoch, als ich aufstehe und meine Gitarre und ein Notizbuch aus meinem Gepäck hole, um mich damit dann wieder zu ihr zu setzen. Schnell schlage ich eine der letzten beschriebenen Seiten auf und räuspere mich kurz. „Das Lied habe ich geschrieben, als du mich morgens schlafend auf dem Sofa gefunden hast.", informiere ich sie, dann und stimme die ersten Töne auf meiner Gitarre an.
Eigentlich hätte ich ihr das Lied gerne noch gleich an dem Morgen gezeigt, so schnell wie möglich nachdem sie ihre Panikattacke bei Emma hatte, aber als Louis und Harry dann vor der Tür standen, habe ich es irgendwie immer weiter nach hinten geschoben und ihr Meltdown noch immer nicht gezeigt. Und jetzt ist es vielleicht auch ganz passend.

In Alice' Augen bilden sich Tränen, während sie mir zuhört, und ein kleines Lächeln schleicht sich in ihr Gesicht.
„Ich habe auch was geschrieben, letzte Nacht. Es ist kein wirkliches Lied, aber es geht in die Richtung.", sagt sie dann und fischt einen Zettel von dem kleinen Tisch neben ihrem Sessel, den sie mir dann zum lesen gibt. Kurzerhand probiere ich ein bisschen auf meiner Gitarre aus, bis ich eine Melodie habe, die mit dem Text funktionieren könnte, und singe ihr das ganze im Freestyle vor, was sie endgültig zum Lächeln bringt. „Ich glaube, an beidem können wir arbeiten.", schmunzelt sie und ich nicke. Eindeutig können wir das.

Ich glaube, ich war schon ewig nicht mehr so müde, und jetzt muss ich morgen auch noch um sieben bei der Arbeit sein, um zu einer Messe zu fahren, wo ich uninteressierten Acht- oder Neuntklässlern von unserer Firma und den Ausbildungsberufen erzählen darf. Ich freue mich wirklich sehr... 
Aber in einer Woche habe ich zwei Wochen Urlaub und da freue ich mich umso mehr drauf

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