Kapitel 22

Niall P.O.V.
Die Fragen der Reporter sind sehr auf die Gerüchte um Alice und mich fixiert, als ich auf dem roten Teppich stehe, und noch immer werde ich von allen Seiten exzessiv abgelichtet. Eigentlich hatte ich gehofft, dass sich die Lage schnell wieder beruhigt, aber scheinbar ist das nicht der Fall. Genau deswegen ist meine Konzentration auch überhaupt nicht vorhanden, denn mit jeder weiteren Frage wird mir klarer, dass ich mein Ziel nicht erreicht habe. Ich habe es nicht geschafft, alles schnell wieder zu beenden, in der Hoffnung, dass Felix nichts davon mitbekommt. Jetzt führt kein Weg daran vorbei, dass er es mitbekommen hat. Und meine Sorge um Alice wird immer größer. Zumal Lucie und Emma beide gerade nicht in London sind, sie ist also alleine hier. Ich hatte extra schon versucht, über Lucie was rauszufinden, aber sie meinte nur, dass ich mir zu viele Sorgen mache. Felix wird zwar nicht begeistert sein über die Gerüchte, aber es wird schon nichts schlimmes passieren deswegen. Allerdings wusste ich da auch noch nicht, dass er sogar versuchen wird, mich auf der Straße abzufangen und zu attackieren. Ich bin wirklich mehr als froh darüber, dass ich zufällig gerade von Security begleitet wurde, die ihn ziemlich schnell an seinem Vorhaben gehindert haben. Was sonst passiert wäre, möchte ich gar nicht wissen.

Gerade als der nächste Reporter mir Fragen stellen möchte, hält das nächste Auto am Anfang des roten Teppichs und mein Atem stoppt, als ich Alice dabei beobachte, wie sie aussteigt.
Ihre Bewegungen wirken merkwürdig und ganz anders als sonst. Ihre Schritte wirken unsicher, obwohl sie sonst nie ein Problem mit hohen Schuhen oder langen Kleidern hat, und ihre Arme sehen steif aus, als würde sie vermeiden, sie zu bewegen, und das Lächeln in ihrem Gesicht sieht alles andere als aufrichtig aus.

Als sie ihren Kopf ein wenig in meine Richtung dreht, stellt sich mein Magen auf den Kopf. Sie steht nur wenige Meter von mir weg und es ist deutlich zu sehen, dass eine Hälfte von ihrem Gesicht angeschwollen ist.
Er hat sie also geschlagen. Und scheinbar war es noch schlimmer als das letzte Mal, von dem ich mitbekommen habe.
Augenblicklich scanne ich sie etwas gründlicher ab. Die langen Ärmel von ihrem Kleid sind quasi transparent, nur mit kleinen schwarzen Punkten in dem leicht abdunkelnden Stoff, ein wenig wie Spitze, und an ihren Oberarmen und Handgelenken sind Stellen, die ein kleines bisschen dunkler wirken, aber das kann auch nur Einbildung sein. Allerdings kann der schwarze Samtstoff von ihrem Kleid auch noch einiges mehr verdecken, das sich eventuell an ihrem Oberkörper befindet.

Eisige Klauen krallen sich um mein Herz und ich schlucke hart, während ich mich daran erinnere, wo ich gerade bin, und meinen Blick wieder in Richtung der Reporter drehe. Allerdings beobachtet auch er Alice, wobei er eher so wirkt, als müsste er sich zusammenreißen, nicht gleich aus Versehen zu sabbern, was mir nur ein Kopfschütteln entlockt. Natürlich, sie sieht wunderschön aus und das Kleid steht ihr wirklich gut, aber alles, was ich sehen kann, wenn ich sie ansehe, sind der gebrochene Blick in ihren Augen und die Schwellungen in ihrem Gesicht, die da nicht sein sollten.

Einfach nur um Zeit zu schinden, gebe ich noch weiter Interviews, bis Alice auch hier ankommt und schenke ihr ein dezentes Lächeln und Kopfnicken, was zu einem kleinen Aufblitzen ihrer Augen führt. Auch ihr werden direkt Fragen bezüglich der Gerüchte gestellt, immerhin hat sie bis jetzt noch gar nichts dazu gesagt, was wohl daran liegt, dass sie den ganzen Urlaub über quasi nicht am Handy war. „Ich denke, Niall hat schon genug dazu gesagt. Mir würde nichts einfallen, was ich noch zu ergänzen hätte.", ist ihre simple Antwort, wobei ich schon ziemlich Schwierigkeiten habe, sie zu verstehen, weil sie so leise redet.

Kurz nach ihr gehe ich schließlich auch endlich weiter und hole sie direkt hinter den Eingangstüren ein. „Alice.", spreche ich sie an, als ich direkt hinter ihr bin, und sie zuckt erschrocken zusammen, bevor sie sich umdreht und mich fast schon hilflos anguckt. „Hey Niall.", flüstert sie und ich lege meine Hand vorsichtig an ihr Kinn, um ihren Kopf ein wenig zu drehen. „Wie... wie... lange ist es her?", frage ich sie ähnlich leise und kann sehen, wie sie schluckt. „Ein paar Stunden. Ich... ich bin heute erst wieder nach London gekommen und...", sie bricht ab, um sich zu räuspern, und dreht dabei die geschwollene Seite ihres Gesichts wieder von mir weg, „Er hat vor Emmas Haus auf mich gewartet und ich hatte... hatte keine Chance, etwas dagegen zu machen. Ich wusste nicht mal von den Gerüchten, bis er mich darauf angesprochen hat."

Eine einzelne Träne läuft über ihre Wange und mit meinem Daumen wische ich sie vorsichtig weg, bevor ich meine Hand von ihrem Kinn nehme. „Ich hoffe, dir ist klar, dass ich dich nicht wieder zu Emmas Haus lassen kann. Ich nehme dich später mit. Sag mir einfach Bescheid, wenn du gehen möchtest, ja?"

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