Kapitel 18
Niall P.O.V.
Hailees Anwesenheit brennt sich in meinen Rücken, während ich vor meiner liebsten Starbucks-Filiale mit ein paar Fans rede. Sie würde eigentlich lieber nach Hause gehen, aber die Mädchen, mit denen ich rede, sind unendlich niedlich und so glücklich darüber, mich zu treffen, dass ich sie nicht einfach abwürgen möchte. Außerdem lasse ich oft genug alles stehen und liegen für sie, da wird sie die fünf Minuten wohl verkraften.
Allerdings erhasche ich dann einen Blick auf einen mir recht bekannt vorkommenden Haarschopf am Rand der kleinen Gruppe, der sich in Richtung Tür bewegt. „Alice!", begrüße ich sie glücklich und ihr Blick schreckt hoch, als sie mich hört. „Hey Niall, lange nicht gesehen.", murmelt sie und ein leichtes Lächeln schleicht sich in ihr Gesicht, aber es erreicht ihre Augen nicht, und als ich in ihrem Gesicht so unauffällig wie möglich nach einem Anzeichen suche, was los sein könnte, fällt mir auf, dass sie deutlich stärker geschminkt ist als sonst. Dann realisiere ich etwas anderes. Sie trägt den Pulli, den ich ihr damals gegeben habe. Mit dem Vorwand, dass sie sich Felix dann nicht alleine gegenüberstellen muss. Und in all den Monaten, die das jetzt her ist, wurde sie nie mit dem Pulli fotografiert. Ich habe sie auch nie damit gesehen, wenn wir uns mal gesehen haben. Aber ich war auch viel auf Tour und generell unterwegs, also haben wir uns auch quasi nie gesehen.
„Ist alles in Ordnung bei dir?", frage ich sie leise und auch wenn sie nickt, wirkt sie nicht unbedingt aufrichtig, aber stattdessen fragt sie nach mir und erzählt, dass sie auf einem Konzert von mir war, was mich zum Grinsen bringt. „Und hat es dir gefallen?", frage ich nach, während ich meine Hände in meine Jackentaschen schiebe, und für einen kleinen Moment blitzen ihre Augen auf. „Also eigentlich war ich ja nur da, weil Lucie mich hingeschleppt hat.", witzelt sie, bevor sie sagt, dass es ihr wirklich gut gefallen hat, und ich erleichtert ausatme.
Für einen kleinen Moment führen wir noch recht belanglosen Smalltalk, bis sie mit ihrer linken Hand durch ihre Haare fährt und dabei der Ärmel ein Stück nach unten rutscht. Nur für den Bruchteil einer Sekunde blitzen dunkle Blutergüsse auf dem freien Stück Haut auf, dann senkt sie den Arm hektisch wieder und lässt die Stellen wieder unter dem Pulli verschwinden.
Eine eisige Hand krallt sich um mein Herz und für einen kurzen Moment stockt mein Atem.
In letzter Sekunde hindere ich mich daran, nach ihrem Handgelenk zu greifen, als sie sich hastig verabschiedet und durch die Eingangstür von Starbucks huscht.
Dann setzt mit voller Wucht meine Atmung wieder ein und ich spüre, wie mein Herz fast aus meiner Brust springt und meine Lungen sich etwas zu schnell füllen und wieder leeren. Er misshandelt sie. Die sonst so leise Stimme des Zweifels an Felix schreit mich an und hallt in meinem Kopf nach, während sie ihren kurzen, einfachen Satz immer wieder und wieder wiederholt.
Durch die Scheiben der Tür sehe ich Alice, wie sie in der kurzen Schlange steht und immer wieder ängstlich in meine Richtung guckt, ihre rechte Hand schützend um das linke Handgelenk gelegt.
„Können wir dann weiter?", fragt Hailee dann, jetzt wirklich offensichtlich genervt, und ich löse meinen Blick von Alice, um mich zu ihr umzudrehen. Sie hatte es garantiert nicht gesehen, ihr Handgelenk war nur für einen kleinen Moment sichtbar und Hailee war mit ihrem Handy beschäftigt. Sie kann es nicht gesehen haben. „Ja, ich komme.", gebe ich mich widerwillig geschlagen und folge ihr in Richtung meiner Wohnung, nachdem ich mich von meinen Fans verabschiedet habe.
Aber auch als wir wieder bei mir sind, lässt es mich nicht los, was ich an Alice' Handgelenk gesehen habe. Nervös und überfordert damit, was ich jetzt machen soll, laufe ich in meiner Küche hin und her. Ich kann und will nicht einfach zusehen, wie er sie misshandelt. Sie verdient das nicht. Sie verdient etwas besseres, jemanden, der besser für sie ist. Jemanden, der sie liebt und auf Händen trägt. Einfach jemanden, der kein Arschloch ist. Der sie so behandelt, wie sie es verdienen würde. Niemand verdient es, in irgendeiner Weise missbraucht zu werden. Jemanden wie mich... Mich...
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