Kapitel 12

Alice P.O.V.
Auf dem Rückweg von meiner Abschlussfeier erhasche ich im Vorbeifahren einen Blick auf Nialls Wohnhaus. Ich habe ihn ewig nicht mehr gesehen und trotzdem hoffe ich jedes Mal wieder, dass ich ihn vielleicht treffen könnte. Lucie hat mir erzählt, dass sie von Harry weiß, dass Niall inzwischen hauptsächlich in Amerika ist und nur noch selten länger als ein paar wenige Nächte in London ist. Aber das heißt, manchmal ist er eben doch noch hier und ich könnte ihn treffen.

Aber auch heute sieht alles leer und verlassen aus und ein resigniertes Seufzen kommt über meine Lippen. Ich würde ihn gerne mal wiedersehen, es war immer eine angenehme Abwechslung im Alltag. Allerdings dauert es ja auch nicht mehr lange, bis ich selbst den Großteil meiner Zeit in den USA verbringen werde und dann sind wir ja vielleicht ab und zu mal in der gleichen Stadt und laufen uns über den Weg. Zumindest würde ich es hoffen.

Die letzten zwei Jahre hat meine Karriere einen ziemlichen Sprung gemacht und es war trotz meines Teilzeit-Studiums teilweise mehr als schwer, alles unter einen Hut zu bringen. Jetzt habe ich aber zum Glück meinen Abschluss und ich muss lächeln, als ich daran denke, wie meine Fans für mich mitgefiebert haben. Vor einiger Zeit habe ich mal in einem Interview erwähnt, dass ich etwas Angst habe, meinen Abschluss nicht zu schaffen, weil die Uni manchmal doch etwas zu kurz kommt, und als ich die Nachricht, dass ich bestanden habe, öffentlich gemacht habe, haben sich alle so für mich gefreut, dass ich vor Rührung über ihre Freude geweint habe.
Nur Felix freut sich nicht über die Veränderung, er ist auch alles andere als begeistert darüber, dass ich jetzt nach Los Angeles ziehen werde. Klar, irgendwo verstehe ich ihn, ich bin auch nicht unbedingt glücklich darüber, dass wir somit eine Fernbeziehung führen werden, aber er könnte auch einfach mitkommen. Als Psychologe kann man so ziemlich überall arbeiten, aber für meinen Job muss man nun mal immer gerade an den richtigen Orten sein.

Noch immer versucht er, mich dazu zu überreden, doch in London zu bleiben und den Abschluss, für den ich hart gearbeitet habe, auch verdammt noch mal zu nutzen, aber meine Entscheidung steht schon lange fest. Ich bleibe beim Modeln und ich habe auch bald tatsächlich meinen ersten wirklich richtig großen Job. Eine Kampagne mit Calvin Klein.

Auch als schon alle meine Sachen gepackt sind und Emma und ich uns auf den Weg zum Flughafen machen wollen, startet er noch einen verzweifelten letzten Versuch, mich zum Bleiben zu überreden, aber meine Entscheidung steht fest. Ich muss diesen Umzug wagen. Egal wie viel er mir davon erzählt, dass wir uns ja auch hier in London eine schöne, gemeinsame Wohnung suchen könnten. Ich würde auch überhaupt nicht mit ihm zusammenziehen wollen, aber das weiß er nicht.

In Los Angeles fühle ich mich merkwürdig frei, auch wenn ich die Stadt quasi gar nicht kenne. Klar, war ich schon mal für Jobs hier, aber viel Zeit für Sightseeing oder generell Freizeit war dann aber nicht, weil meine Auslandsreisen immer so kurz wie möglich und dann so voll wie möglich waren, damit ich möglichst wenig Zeit bei meinem Studium verpasse. Jetzt habe ich aber alle Zeit der Welt, durch die Stadt zu streifen und einfach das zu machen, wonach mir gerade ist. Okay, ich muss meine Wohnung einrichten, aber das kann ich ja nicht durchgehend machen.

Somit entscheide ich mich an meinem zweiten ganzen Tag auch kurzerhand dazu, meinen Tag bei Starbucks zu beginnen und mache mich kurzerhand auf den Weg zu der Filiale, die nur eine Straße weiter ist. Ich hatte sie bereits bei meiner Ankunft bemerkt, aber so weit oben auf meiner Prioritätenliste steht Starbucks dann doch wieder nicht.

Gerade als ich durch die automatisch öffnende Tür treten möchte, realisiere ich allerdings, wie kurz ich davor bin, in eine andere Person reinzulaufen, und mache einen Schritt rückwärts. Mein Blick gleitet vom Fußboden nach oben und ich traue meinen Augen kaum, als ich sehe, wer da vor mir steht. 

Eventuell darf ich heute das erste Mal wieder zu meinem Freund, aber seine Mutter schläft gerade und deshalb kann er nicht fragen und jetzt sitze ich hier und warte nur darauf, dass sie wieder wach ist, was aber vermutlich noch mindestens eine Stunde dauert und ich habe keine Ahnung, was ich jetzt machen soll mit der Zeit. 

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