Kapitel 4.
„Euer Ernst? Wisst ihr wie weit es bis zur Königsfestung ist?", fragte Anuk die drei Geschwister fassungslos.
Die Rothaarige mit den braunen Augen, die sich als Sara Tohaido vorgestellt hatte, sah ihre beiden blonden Geschwister, die ebenfalls braune Augen hatten, fragend an. Das blonde Mädchen, dass als Pia Tohaido vorgestellt wurde zuckte vorsichtig mit den Achseln.
„So weit wird das schon nicht sein, wir sind doch auch schon hier her geritten, dann schaffen wir das auch zurück, ganz bestimmt", meinte sie naiv und lächelte ihre Geschwister aufmunternd an, woraufhin Sara nur den Kopf schüttelte.
„War ja klar, dass du wieder alles so übertrieben positiv siehst, Pia. Deine Naivität ist echt anstrengend, werde doch mal endlich erwachsen. Wir sollten uns wirklich beeilen, sonst wird unser Vater nur wütend und das wollen wir doch alle nicht, oder? Nachher macht er wirklich Sara zur Erbin der Schwarzbucht und nimmt mir somit meinen Titel weg", beschwerte sich der blonde Junge namens Max.
„Ich bitte dich, Max! Wenn unser Vater wirklich mich zur Erbin macht, dann ist es keine Entscheidung aus einer Laune heraus, sondern es ist, weil du zu unfähig bist um irgendwelche Entscheidungen zu treffen! Du verläufst dich ja schon auf einem kleinen Ausflug, wie willst du dann auf einem Schlachtfeld zurechtkommen?", provozierte Sara.
„Es reicht jetzt! Hört auf, alle beide! Mein Tag war schon anstrengend genug, da muss ich mir jetzt nicht noch das Gezanke von euch verwöhnten Adeligen anhören! Warum streitet ihr euch um ein Erbe? Seid doch froh, dass ihr überhaupt irgendwas erbt! Vergesst doch mal alle bescheuerten Titel und reißt euch zusammen! Ihr seid ja schlimmer als mein Bruder und ich, und wir streiten uns schon echt oft", fuhr Anuk dazwischen.
Schockiert sahen die beiden Anuk an.
„Oh schaut mal Leute, das sieht nach Regen aus, aber es wird ganz bestimmt nicht regnen", bemerkte Pia.
Kaum hatte sie ihren Satz beendet fielen bereits die ersten Regentropfen vom Himmel.
„Na ganz toll gemacht Pia, kannst du nicht einmal deine Klappe halten?", schimpfte Sara.
„Aufhören, sofort! Ich habe echt keine Zeit für sowas, ich muss noch Fleisch für meine Familie kaufen. Also, wenn ihr zurück zur Königsfestung wollt, dann schlage ich euch vor, dass ihr euch zusammen reißt und mit mir das Fleisch für meine Familie kaufen geht. Dann sage ich euch auch, wie ihr zurück kommt", mischte sich Anuk ein.
„So soll es sein, wo ist denn die Metzgerei?", fragte die Rothaarige übermotiviert.
„Was nein, wir können nicht in der Metzgerei kaufen!"
„Warum denn nicht?", fragte Pia.
„Der Sohn des Metzgers hat schon einmal versucht mich zu erstechen, dass muss ich nicht nochmal haben!", erklärte Anuk und strich sich eine ihrer vom regen durchnässten, platinblonden Haarstähnen aus dem Gesicht.
„Na und, dann kaufen wir das Fleisch halt für dich", schlug Max vor und machte dich bereits auf die Suche nach der Metzgerei.
Pia lief ihrem Bruder sofort hinterher und auch Sara folgte ihm, aber nicht ohne Anuk am Arm hinter sich her zu ziehen.
„Du sagtest dein Tag war schon anstrengend genug, was ist denn passiert?", versuchte Sara Anuk in ein Gespräch zu verwickeln.
„Ach nicht besonderes, nur ein Händler, der mir sämtliche Hoffnung auf etwas mehr Geld wieder zerstört hat und eine irre Alte, die sich für eine Botin des Schicksals, oder so, hielt und mir irgendeine Prophezeiung übermittelt hat, die angeblich extrem wichtig ist"
„Oh, und ich dachte mein Tag wäre verrückt gewesen. Aber was denn für eine Prophezeiung?"
„Irgendwie so eine Art Rätsel, glaube ich. Es ging halt um Krieg, ein Feuer in der Dunkelheit und irgendeine Waffe, die wenn sie außer Kontrolle gerät alles zerstören kann. Ich verstehe immer noch nicht, was damit gemeint sein soll und warum sie ausgerechnet mir davon erzählt hat", berichtete Anuk.
„Das kling ja sehr...interessant. Ich verstehe das auch nicht, aber ich weiß, dass die Worte des Hauses Velyron ‚Feuer in der Dunkelheit' lauten", versuchte Sara ihr zu helfen.
„Was denn für Worte?", fragte Anuk.
„Jedes Adelshaus hat seine eigenen Worte, für das es bekannt ist. Die Worte sind so etwas wie eine Art Motto. Unsere sind beispielsweise ‚die Flut kommt' und die von Velyron sind halt ‚Feuer in der Dunkelheit" , erklärte die Rothaarige.
„Ich glaube wir sind da", rief Max und deutete auf ein altes Haus, mit bröckelnder Fassade, über dessen Tür ein Holzschild, wo Metzgerei drauf geschrieben war, hing.
„Ich mache das schon, wie viel Fleisch brauchst du denn?", meinte Sara.
„Alles, was du für den Preis kriegen kannst", antwortete Anuk und reichte der Rothaarigen die zwei Silbermünzen.
„Na dann, auf in die Höhle des Löwen! Anuk, aber du kommst mit", meinte Sara und zog Anuk mit in die Metzgerei.
Hinter dem Tresen, stand der Sohn des Metzgers und schnitt gerade ein großes Stück Schweinefleisch in dünne Scheiben. Grimmig hob er den Kopf und er verzog angewidert das Gesicht, als er Anuk erblickte.
„Eh du Missgeburt, verschwinde aus meinem Laden! Sofort, oder ich schmeiße dich raus!"
„Versuch es doch, wenn du scharf auf noch eine gebrochene Nase bist", drohte Anuk.
„Wen hast du denn mitgebracht? Noch so eine gestörte Göhre aus der Gösse?"
„Sag das noch ein mal, und ich lasse dir deine Zunge rausschneiden!", Sara hatte unauffällig ihren kleinen Dolch gezogen und hielt ihn nun an den kurze, speckigen Hals des Sohnes.
„Was glaubst du eigentlich, wer du bist?", blaffte er die Rothaarige an.
„Ich bin Sara aus dem Haus Tohaido von Klingenfels, Erbin der Schwarzbucht und Tochter des Lords der Schwarzbucht! Also benimm dich! Wir brauchen bloß etwas Fleisch, aber für die Erbin der Schwarzbucht gibt es doch bestimmt fünfzig Prozent Rabatt"
Sara ließ den Dolch langsam sinken und schaute triumphierend auf den Sohn des Metzgers herab. Anuk warf Sara einen ungläubigen Blick zu und bemühte sich, nicht laut loszulachen.
„Verzeiht, Mylady! Ich bitte um Entschuldigung, mir steht es nicht zu euch so anzusprechen. Bitte verzeiht mir", der Sohn kniete ehrfürchtig vor Sara nieder.
„Jetzt stehe schon auf. Wie heißt du?"
„Ich bin Torben. Was wünscht ihr denn zu kaufen?", unsicher erhob er sich und stellte sich wieder hinter den Tresen.
„Wie viel Fleisch bekomme ich dafür?", Anuk trat an den Tresen heran und legte die zwei Silbermünzen hin.
„Für die Freunde von Mylady Sara Tohaido gibt es selbstverständlich Rabatt. Ich würde euch empfehlen, dieses Stück Schweinefleisch zu kaufen, normalerweise kostet das acht Silbermünzen, aber für euch mache ich selbstverständlich eine Ausnahme", meinte Torben und zeigte Anuk ein großes Stück Schweinefleisch.
„Das nehme ich dann, könntest du mir das einpacken?", fragte Anuk freundlich.
„Natürlich"
Torben packte Anuk das Schweinefleisch sorgfältig ein und reichte es ihr über den Holztresen.
„Danke, Torben", bedankte sich Anuk freundlich und verließ mit Sara den Laden.
Draußen, vor der Metzgerei konnten sie sich allerdings nicht mehr zurückhalten und brachen in schallendes Gelächter aus.
„Hast du sein Gesicht gesehen?", fragte Sara amüsiert.
„Ja, das war echt phänomenal!"
„Was ist denn so witzig?", mischte sich Max ein.
„Ach nichts", entgegnete seine Schwester und versuchte vergeblich sich zu beruhigen.
„Können wir jetzt zurück zur Königsfestung, meine Frisur ist schon hinüber", beschwerte sich der Blonde.
„Es hört bestimmt gleich auf zu Regnen", mischte sich Pia ein.
„Wenn ihr der Hauptstraße folgt, dann kommt ihr direkt zum Tor, da könnt ihr dann die Stadtwache nach dem Weg fragen", erklärte Anuk.
„Vielen Dank Anuk, auf Wiedersehen", verabschiedete sich Sara.
„Ich habe zu danken, ich hoffe, das wir uns eines Tages wiedersehen", entgegnete Anuk.
„Ganz bestimmt. Und wegen deiner Prophezeiung, ich glaube, du bist der Lösung schon näher, als du denkst"
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