Epilog

Die Nacht war über der Stadt Angsana herein gebrochen und die Stadtwache patrouillierte in den Straßen. Ebenso auch Torben, der Sohn des örtlichen Metzgers. Er trug, wie alle anderen Mitglieder der Stadtwache auch, eine alte Lederrüstung und an seiner Hüfte baumelte ein altes Schwert, das einen Schleifstein gut vertragen könnte. Die Ausrüstung der Wache war weitaus schlechter, als immer alle sagten. Besonders in den Städten und Dörfern war man Stolz auf die eigene Wache und so ziemlich Jeder wollte dazugehören. Doch über die schlechte Ausrüstung und die mangelnde Disziplin sprach keiner.

Müde schlurfte Torben durch die Straßen. Immer wieder fielen ihm die Augenlider zu. Wie sehr sehnte er sich jetzt nach seinem warmen Bett und einem ordentlichen Frühstück. Zu Torbens bedauern, ließ auch die Qualität der Mahlzeiten zu wünschen übrig. Meistens gab es nur Haferschleim oder mal, zu besonderen Anlässen, Kartoffelbrei.

Torben hasste die Nachtschichten, stundenlang durch die Straßen und Gassen zu patrouillieren. Schilder quietschten im seichten Wind, Katzen flüchteten vor ihm und dem Lichtschein, der von der Fackel in seiner linken Hand ausging. Immerhin war es nicht mehr so kalt, wie in den letzten Wochen, der Sommer stand vor der Tür. Dennoch hatte Torben sich die Stadtwache ganz anders vorgestellt. Mutige Krieger, die die Stadt und ihre Bewohner mit ihrem Leben verteidigen würden, Männer, zu denen jüngere aufschauen könnten, wie er es als Kind getan hatte. Das war vor der schwarzen Nacht gewesen, als noch ein Velyron auf dem Thron saß, doch unter der Herrschaft von Agron Daytona hatte sich vieles geändert. Den Stadtwachen, besonders in der Königsebene, wo auch Angsana lag, fehlten einfach das Gold und die Mittel, für neue Rüstungen oder bessere Waffen.

Der Sohn des Metzgers bog nach links in eine kleine Seitengasse ab. Immer wieder schlossen sich seine Augen und er drohte einzuschlafen, doch das durfte er auf keinen Fall. Wer bei einer Schicht einschlief, konnte seine Sachen packen und sich eine neue Arbeit suchen. Zu allem Überfluss wusste bei solchen Vorfällen innerhalb von einem Tag sofort alle bescheid, da Angsana eine verhältnismäßig kleine und unbedeutende Stadt war. Doch in letzter Zeit kamen immer Mal wieder unangekündigt die Truppen des Königs vorbei. Die Krieger in den schwarzen Rüstungen, mit der Fledermaus der Daytonas auf der Brust. Sie befragten Bewohner und durchsuchen Häuser. Wer sich weigerte, musste mit harten Konsequenzen rechnen.

Torben gähnte und lehnte sich erschöpft gegen die nächstbeste Hauswand. Doch plötzlich würde Torben von hinten gepackt und er spürte die kalte Klinge eines Messers an seinem Hals.

,,Eine falsche Bewegung und die bist tot!", drohte eine eindeutig männliche Stimme.

Ganz langsam hob Torben seine Hände. Sein Puls raste und Schweißperlen liefen seinen Rücken hinunter.

,,Was willst du von mir?", fragte er unsicher.

,,Antworten. Die Daytonas, wonach suchen sie?", entgegnete der Fremde und verstärkte den Druck der Klinge an Torbens Hals.

,,Ich weiß es nicht. Niemand hat uns etwas gesagt, ich weiß es nicht. Bitte, bitte lass mich gehen", flehte Torben.

,,Wann hast du das Mädchen, was sie suchen zuletzt gesehen?", fragte der Fremde weiter.

,,Das Mädchen? Du meinst Anuk, das Bauernmädchen? Die, nach der alle suchen? Was willst du von ihr?", fragte Torben nervös.

Unsicher huschten seine Augen hin und her. Verzweifelt versuchte er einen Blick auf den Fremden zu erhaschen, doch er stand direkt hinter ihm.

,,Ich stelle hier die Fragen. Wann und wo hast du sie das letzte Mal gesehen?", fuhr der Fremde ihn an.

Torben schluckte. Er verstand nicht, warum plötzlich alle hinter diesem Mädchen her waren. Die hatte bisher nichts als Ärger gemacht, aber warum suchten selbst die Männer des Königs nach ihr?

,,In der Metzgerei meines Vaters. Ich weiß nicht mehr, wann genau das war, aber sie war nicht alleine", antwortete Torben mit leiser Stimme.

,,Wie nicht alleine, wer war bei ihr?", wollte der Fremde wissen und verstärkte abermals den Druck an Torbens Kehle.

,,Ein rothaariges Mädchen...und zwei blonde...ein Mädchen und ein...Junge" stotterte Torben.

,,Wer waren sie? Antworte, sonst schlitze ich dir deinen fetten Hals auf!", drohte der Fremde.

,,Die Rothaarige war Sara...Tohaido, die beiden anderen waren ihre...Geschwister", fuhr Torben fort.

Irgendwas an der Stimme kam ihm bekannt zu, doch er konnte sie nicht zuordnen. Er atmete tief ein und nahm all seinen Mut zusammen. Mit einem Mal drehte er sich um und starrte direkt in die braunen Augen des Fremden. Er trug einen braunen Umhang und hatte die Kapuze aufgesetzt. Eine einzelne, braune Locke hing ihm im Gesicht.

,,Daun? Ich dachte du wärst tot..."

Blitzschnell legte der große junge Mann Torben eine Hand auf den Mund. Er ließ das Messer sinken und musterte Torben mit seinen braunen Augen

,,Nicht so laut! Weißt du was von Anuk?", fragte er.

Daun war eine Hand breit größer als Torben, aber deutlich schlanker und muskulöser.

,,Nichts genaues, aber es gehen Gerüchte um, aber pass auf, die letzten, die über diese Gerüchte gesprochen haben, sind jetzt tot. Hingerichtet von den Truppen des Königs", antwortete Torben.

Ihm war sichtlich unwohl und er schaute immer wieder nach rechts und links um sich zu vergewissern, dass sie auch wirklich alleine waren.

,,Bitte Torben, Anuk ist möglicherweise in Gefahr und braucht meine Hilfe", entgegnete Daun sichtlich besorgt.

,,Ich weiß nicht viel, aber angeblich soll sie zuletzt mit der verräterischen Alpha und den drei Geschwistern bei Skorravik gesehen worden sein", flüsterte Torben.

,,Was will sie denn im Norden?", fragte Daun weiter.

,,Niemand traut sich, mehr zu sagen. Alle haben Angst, Daun. Angst vor dem König und seinen Männern. Ich weiß nicht, in du es noch nicht mitbekommen hast, aber es herrscht Krieg. Die Alphas haben die Schlacht von Finsterwacht gewonnen. Einige behaupten, sie hätten einen echten Drachen in ihren Reihen und, dass..."

,,Torben? Wo bist du?", hallte eine Stimme durch die Gasse.

,,Ich muss gehen", meinte Daun schnell.

,,Sehen wir uns wieder?", fragte Torben noch.

Ohne zu antworten verschwand Daun wieder im Schatten. Torben drehte sich um und ging seinem Kameraden entgegen.

,,Wo warst du so lange, wir suchen dich die ganze Zeit?", meinte er und schlug Daun auf die Schulter.

,,Ich dachte nur, ich hätte jemanden gesehen, war aber nur eine Katze", log Torben und setzte seine Patrouille fort.



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