Kapitel 6

Meine Augen gleiten angespannt über die ganzen jungen Gesichter, welche mich so erwartungsvoll anblicken, dass ich mich kaum noch zusammenreißen kann. 

Immer wieder fahre ich durch meine Haare, um mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen, doch dem Gesichtsausdruck meiner Schwester nach zu urteilen, scheint mir das nicht wirklich zu gelingen. 

Die Sache gestern hat mich in innerhalb von wenigen Stunden einfach so aus der Bahn gebracht, dass ich heute keine Ahnung habe, wie ich eigentlich aus dem Bett gekommen, geschweige denn mit dazu aufgerafft habe, in die Universität zu fahren. 

Natürlich habe ich alle Anrufe von Alec ignoriert, denn nach der gestrigen Geschichte mit Clio, konnte ich einfach nicht mit ihm sprechen. 

Mir ist klar, dass mein Handeln nicht gerade erwachsen ist, aber es ist einfach besser, wenn der Kontakt abrupt endet, als dass ich mir wieder die ganze Mühe mache und zu ihm fahre, um ihm zu erklären, warum ich jetzt plötzlich doch nichts mehr mit ihm zutun haben will. 

Irgendwo würde es mich auch sehr interessieren, was Alec zu der Geschichte von Clio sagt, aber wie eben bereits erwähnt habe ich einfach nicht den Nerv, jetzt noch mit ihm zu sprechen oder ihn überhaupt erst wieder zu sehen. 

Ich kenne mich gut genug und weiß deswegen, dass ich mir seine Seite der Geschichte nicht anhören sollte, einfach, weil er mich erregt und mein Urteilsvermögen oder allgemein meinen ganzen Verstand benebelt, weswegen ich mich definitiv nicht für das richtige entscheiden werde, sobald er erstmal vor mir steht.

Allein schon die Tatsache, dass ich wegen ihm so in Gedanken war, dass mich erst das laute Räuspern meiner Schwester aus meiner Träumerei reißt, bestätigt  meine Vermutung.

"Dr Kingsley, ist alles in Ordnung?", ertönt die Stimme der jungen Frau aus der letzten Reihe und seufzend nicke ich. 

"Ich bin nur etwas verplant. Okay, lasst uns beginnen. Gestern hatte ich euch darum gebeten, eure Zitate beziehungsweise Aphorismen mit den Themen "Liebe und Hass" aus einem Stück eurer Wahl herauszuschreiben.", erwidere ich und endlich finde ich mich wieder in meiner Rolle als Dozentin wieder, was dann doch einfacher war als gedacht. 

Als ich mich umdrehe, um zur Tafel zu laufen, höre ich bereits viele der Studenten tuscheln, doch natürlich wurde mir beigebracht, all diese Dinge zu überhören.

Auf die rechte Seite schreibe ich groß das Wort "Liebe" und auf die andere Seite das Wort "Hass", bevor ich mich wieder umdrehe und dann in verwirrte Gesichter blicke. 

"Ich brauche zwei Freiwillige. Die erste Person muss mehr Zitate über die Liebe und die zweite Person mehr über den Hass haben. Also?", sage ich mit einer um einiges strengeren Stimme, bevor ich meine Augen erneut über die Menge gleiten lasse und letztendlich doch wieder von dem Gedanken an den wunderschönen Mann wegbekomme. 

Mehrere Hände gehen in die Luft und als die meiner kleinen Schwester auch dazu gehört, lächle ich, bevor ich ihr zunicke. 

Es soll nicht so rüberkommen, als würde ich sie bevorzugen, aber ich weiß, wie sie mit Worten umgehen kann und auch wenn ich die anderen Studenten erst kennenlernen muss, um das bei ihnen beurteilen zu können, scheint es für mich einfach immer besser, wenn ich mindestens eine Person bereits kenne, um die andere nicht direkt zu vergleichen, aber dementsprechend einordnen zu können. 

"Mrs Kingsley, kommen Sie bitte nach vorne und stellen Sie sich auf die Tafelseite mit dem Wort "Liebe".", sage ich lächelnd und zu sehen, dass immer noch Finger oben sind, macht mich glücklicher als gedacht. 

Ich zwinkere meiner kleinen Schwester zu und wende mich dann wieder dem vollen Saal zu, wobei mir aus irgendeinem Grund die braunen Augen des Jungen in der dritten Reihe am meisten auffallen. 

Ohne es wirklich zu reagieren, baue ich Augenkontakt mit dem Bruder meines Schwarms auf und die Ähnlichkeit ist wirklich beängstigend. 

"Mr Hadley, Sie sind der einzige, dessen Hand unten ist, dürfte ich fragen warum?", sage ich lächelnd und spiele mit dem Band meiner Jacke. 

"Für mich gibt es nämlich keinen Unterschied zwischen Hass und Liebe.", erwidert er und überrascht richte ich mich.

"Definieren Sie das.", verlange ich zu wissen, beobachte dabei jede seiner Bewegungen.

"Wo es Hass gibt, gibt es immer Liebe oder einfach nur purer Neid entstehend aus dem Charakterzug der Missgunst. Man muss jemanden oder etwas wirklich einmal von ganzem Herzen geliebt haben, um einige Zeit und ein paar Geschehnisse später sagen zu können, dass man es oder jenen Menschen hasst. Für andere mag es vielleicht keinen Sinn ergeben, aber wie ein  altes Sprichwort aus der chinesischen Kultur bereits vor vielen Jahren die Wahrheit aussprach sind "Liebe und Haß die Hörner am selben Stier".", sagt der junge Mann bevor er sich wortlos setzt und ich beeindruckt nicke. 

Die ganze Klasse ist still und anscheinend bin ich nicht die einzige, die wirklich Gefallen an seinem Umgang mit Worten gefunden hat. 

Bevor ich mich noch weiter hineinsteigern kann, ertönt die Stimme einer jungen Studentin in der ersten Reihe und lächelnd blicke ich sie an.

"Nora Abrahams, wenn ich dürfte, würde ich gerne die Seite des Hasses übernehmen, Dr Kingsley.", sagt sie leise und das Strahlen ihrer blauen Augen lässt mein Herz weich werden.

"Natürlich, Mrs Abrahams. Stellen sie sich bitte vor die entsprechende Tafelseite.", erwidere ich und versuche meine Augen von dem konzentrierten Jungen in der dritten Reihe zu nehmen, doch es fällt mir schwer.

"Was ich von Ihnen möchte, ist dass sie ihre Zitate so vortragen, als würde der Literat sie vorlesen. Das schöne an der Kunst der Literatur ist die Verbindung mit so vielen anderen Künsten. Oft sind Literaten, Dichter, Philosophen die besten Schauspieler, denn sobald sie zu schreiben beginnen, werden sie bereits eine andere Person. Ich gebe Ihnen fünf Minuten und dann werde ich es mir anhören. Das werden wir von nun an jeden Tag vor Beginn der Stunde machen, denn wenn Sie wirklich Literatur verstehen wollen, müssen Sie sie fühlen und das kann man nur durch das Spielen.", sage ich und nicke den Mädchen zu, bevor sie sich die Hefte vor die Nase halten und dann komplette Stille eintritt.

Ich setze mich an meinen Schreibtisch und fange an, die Worte des Jungen aus der dritten Reihe in mein Notizbuch zu schreiben, um solche guten Werke nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

So als würden neben mir Bomben einschlagen, zucke ich zusammen, als die Tür plötzlich abrupt aufgerissen wird.

Verwirrt lasse ich meine Augen zur Tür gleiten und der Anblick des wunderschönen Mannes verzaubert mich in innerhalb von Sekunden. 

"Dr Kingsley, könnte ich Sie vielleicht für ein paar Minuten sprechen.", presst Alec zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und guckt mich mit feurigen Augen an. 

schluckend fahre ich mir durch die Haare, kann kaum verbergen, wie unangenehm mir sein Auftritt ist und peinlich berührt erhebe ich mich. 

"Alec, was zur fucking Hölle tust du hier?", ertönt jetzt die eigentlich sanfte Stimme des jüngeren der Hadley Brüder.

"Ich muss nur kur mit deiner Dozentin sprechen, Harry, ich bin gleich wieder weg.", antwortet Alec seinem kleinen Bruder und seufzend gehe ich auf den großen Mann zu.

"Entschuldigt mich für ein paar Minuten.", sage ich nur, bevor ich zusammen mit Alec den Kurssaal verlasse. 

"Was fällt dir eigentlich ein?", fauche ich ihn sauer an, kann nicht zurückhalten, wie sehr ich mich dafür schäme, dass er doch tatsächlich hier aufgetaucht ist.

Die intensive Anziehungskraft die von ihm ausgeht bohrt sich in jede meiner Poren und auch wenn ich sauer bin, heißt das nicht, dass ich mich nicht hier und jetzt von ihm ficken lassen würde.  

"Ich hätte das nicht tun müssen, wenn du gestern in dieses fucking Auto gestiegen wärst, genau wie wir es ausgemacht haben! Dürfte ich vielleicht wissen, wo du warst?", zischt er und kommt mir einen Schritt näher, sodass sein betörender Geruch das Fleisch zwischen meinen Lenden zucken lässt und ich regelrecht Adrenalin durch meine Blutbahn fließen spüre.

"Das hat dich nichts anzugehen!", erwidere ich stur, denn auch wenn er mich zutiefst erregt, werde ich mich niemals so von einem Mann behandeln lassen.

Seine braunen Augen spucken Feuer, aber ob es jetzt Lust oder Wut ist kann ich nicht wirklich sagen.

"Ich habe genau eine Stunde in diesem Restaurant auf dich gewartet, Aurora, du bist mir eine Rechenschaft schuldig.", meint Alec nur, presst seinen Körper noch dichter na meinen und ich bin mir relativ sicher, wenn wir uns nicht auf dem Flur der berühmtesten Universitäten Amerikabefinden würde, hätte ich schon längst alle meine Klamotten von meinem Körper gerissen und mich ihm komplett hingegeben.

"Hör auf mich so anzugucken. Antworte.", verlangt er streng und leckt sich so erotisch über die Lippe, dass ich doch glatt die Augen schließe.

"Aus einer vertraulichen Quelle habe ich herausgefunden, dass du ein verdammtes Arschloch bist und ich werde mich von keinem Mann je wieder in irgendeiner Art und Weise demütigen oder erniedrigen lassen.", zische ich ihn an und drücke ihn von mir weg.

Das Gefühl seiner starken Muskeln untrer meinen Fingern ist unglaublich und wahrscheinlich fühlt es sich noch besser an, wenn er nackt ist. Oh Gott, diese schmutzigen Gedanken werden mich nicht in Ruhe lassen.

"Und wer ist diese vertrauliche Quelle?", fragt er skeptisch, bevor er sich durch die Haare fährt und mich anguckt.

"Das werde ich dir nicht verraten.", fauche ich und das Bedürfnis ihm über die Wange streichen wird bald Überhand über mich ergreifen und wie das enden wird, will ich mir gar nicht erst ausmalen.

"Aurora, könntest du dich bitte endlich deinem Alter entsprechend verhalten?", presst Alec ungeduldig.

"Lass mich in Ruhe, Alec, das mit uns ist gelaufen.", zische ich nur, beachte überhaupt nicht seine unnötige Anmerkung.

"Ganz sicher nicht. Nichts kann enden, bevor es nicht angefangen hat. Hör auf mich zu testen und sag mir, wer dir solch einen Bullshit über mich erzählt hat.", fährt er um einiges ruhiger fort, während ich angespannt mit den Augen die Bewegung seiner Hand beobachte. 

Als er mit meiner Haut in Berührung kommt, bekomme ich Gänsehaut und ich verfluche mich selbst für diese verdammten Reaktionen.

"War es Clio?"

Bei der Erwähnung des Namen schellt mein Kopf hoch und verwirrt gucke ich ihm in die Augen.

"Ich wusste es. Hör mir zu, Aurora, bitte. Ich werde dir alles erklären, aber nicht hier und vor allem nicht jetzt. Komm in deiner Mittagspause in mein Büro und ich werde dir alles erklären, okay? Bitte, Aurora, du musst doch jede Geschichte aus beiden Sichten hören.", sagt er und streicht sanft über meinen Arm, sodass ich, wie erwartet, seufzend nicke. 

"Wenn du deine Meinung nach meiner Story nicht änderst, dann werde ich dich in Ruhe lassen, aber du musst mir erst zuhören.", flüstert er mir zur, während er mich mit dem Aufprall seines heißen Atems auf meiner Haut total ablenkt. 

"Na gut, darf ich jetzt wieder in meinen Unterricht?", frage ich und klinge um einiges kälter als erwartet.

"Wir sehen uns später, meine Liebe.", haucht er noch, bevor er mich an meinem Hals packt und sogabrupt zu sich zieht, dass ich nichts mehr tun kann, als ich seine vollen Lippen wieder auf meinen spür. 

So als würde es mich erlösen, fange ich an, seinen hungrigen Küssen entgegenzukommen und muss mich zusammenreißen, wobei es mir das Ziehen in meinem Schritt nicht wirklich einfach macht. 

Ich kralle mich in den vollen Haarendem Alec fest, suche nach Halt, doch als er anfängt sich an mir zu reiben, ist alles vorbei. 

Laut stöhne ich in seinen Mund und presse meine empfindlich geschwollenen Brüste gegen seinen starken Brustkorb, hoffe, dass so der Druck verschwindet, doch vergeblich.

Als Alec seine Hand an meine Schenkel gleiten lässt, komme ich wieder in der Realität an und reiße mich keuchend von ihm los.

"Bis dann, Aurora.", flüstert er noch und dreht sich um.

Wie soll ich diesem Mann denn widerstehen, wenn er mich mit einem Fingerschnaps willig macht? 

Entweder ich werde der glücklichste Mensch der Welt oder ich schaufle mir gerade mein eigenes Grab. Ich hoffe einfach, dass das Erste eintritt, denn noch eine schreckliche Niederlage von einem Mann werde und will ich nicht überleben.

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Hoffe, es gefällt euch und danke euch vielmals für alle eure Kommentare, Leads und Votes!

All the Love. S


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