Der Plan

~ Siska

Der Sportwagen rollte auf den Parkplatz eines luxuriös aussehenden Hotels. Der Himmel färbte sich schon rot-orange. Es wurde Abend an einem Tag, der so verhältnismäßig schön gestartet hatte und so tragisch endete. Der Doktor nahm wieder das Funkgerät zu sich und schilderte seinen Angestellten einen detaillierten Plan, da man auch vom Auto gut erkennen konnte, dass sich immer noch Menschen im Logement aufhielten und Orion leider auch bemerkt hatte, dass es ziemlich auffällig wäre, da einfach mit einer riesigen Gruppe und vier Kindern reinzulaufen, die nicht aussahen, als würden sie freiwillig mitkommen.

Deshalb sollten paar Darkoner die Helikopter vom Dach holen und danach die restlichen Leute vom Stadtrand abholen.

Sie besprachen noch ein paar Dinge, aber Siska konnte sich nicht darauf konzentrieren. Sie hatte einen eigenen Plan, den sie nochmal verändern und überarbeiten musste. Er war riskant, denn sie hatte am eigenen Leib erfahren, dass Orion und Jinx sehr brutal werden konnten, wenn etwas nicht nach ihren Wünschen verlief, aber sie musste es versuchen!

Siska hatte gedacht, dass sie hier beim Hotel aussteigen müssten, was auch logisch gewesen wäre, aber sie fuhren wieder weg und das durchkreuzte ihren Plan gewaltig.

Sie bemerkte, dass Lennox sie ansah und wandte sich ihm zu. Sein Blick schien sie verzweifelt zu fragen, ob sie irgendwie eine Idee hatte, sie alle zu retten. Ja, ich habe eine Idee. Und sie muss einfach funktionieren! Es muss einen Weg geben, dass ich das trotzdem schaffe! Siska nickte Lennox kaum merklich zu, dann schaute sie aus dem Fenster zu dem Hotel.

Gerade betraten fünf Darkoner das Gebäude und verschwanden darin. Warum tun sie das alles? Werden sie irgendwie gezwungen, oder sind sie einfach genau wie der Doktor und Jinx boshaft? Aber irgendwie kann ich es mir nicht vorstellen! Welchen Grund hätten sie? Welchen Grund hat Orion?

,,So, Jinx, fährst du bitte los? Mit den Helikoptern sind sie sicher schneller da als wir da und wir wollen ja nicht, dass sie lange auf uns warten müssen.'' Orion grinste schelmisch.

,,Sie können sicher gut auf deine Anwesenheit verzichten, Orion!'' Zischte Lennox. ,,Außerdem, warum sind wir erst gemeinsam zum Hotel gefahren, wenn wir jetzt doch wieder zurück fahren und die paar Darkoner jetzt alleine reingehen? Das war doch einfach sinnlose Zeitverschwendung.''

Orions Mund öffnete sich zum antworten, schloss sich aber kurz darauf wieder, ohne dass ein Wort seine Lippen verlassen hatte. Er wandte seinen Blick von Lennox ab, sichtlich verärgert über sich selbst.

Lennox Mundwinkel zuckten belustigt. ,,Nun?''
,,Grins nicht so blöd, Oblivion! Du hast kein Recht mich hier so auszufragen! Man kann doch mal ne Spritztour mit seinem neuen Eigentum machen, oder nicht!?'' Orion starrte Lennox wütend an.

,,Aber klar doch! Wie konnte ich daran nicht denken! Wie blöd von mir!'', sagte Lennox höhnisch.
Siska konnte es sich nicht mehr verkneifen und kicherte auf.
,,Und du hältst auch deine verdammte Klappe!'', fuhr Orion sie an. Seine Augen funkelten wütend. ,,Wenn wir jetzt nicht im Auto sitzen würden, gäbe es eine saftige Backpfeife an euch beide!''

Siska funkelte Orion herausfordernd an. ,,Machen Sie doch! Versuchen Sie es!''
,,In nur ein paar Wochen wirst du nicht mehr so mit mir reden, Darkonerin!'' In seinem Gesicht war etwas zu erkennen, was Siska nicht deuten konnte. Auf was spielt er die ganze Zeit drauf an?

,,Mach dir nicht zu große Hoffnungen.''Siskas Blick flog zum Schuhraum, denn dort war soeben etwas aufgeblitzt, was gerade unter Jinx Sitz hervorgerutscht war. Das Messer, welches Jinx mir vorhin ins Bein geworfen hatte! Perfekt!

Während Orion noch mit Lennox beschäftigt war, beugte Siska sich unauffällig hinunter kratzte sich am Bein und schob das Messer vorsichtig wieder unter Jinx Sitz. Orions Blick fuhr kurz zu ihr, aber nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie sich wirklich nur kratzte lehnte er sich wieder in seinen Sitz zurück.

Siska griff vorsichtig nach dem Messer, holte es erneut hervor und schnitt die Seile an ihren Knöcheln auf.
Kurz nachdem sie fertig war, hörte sie Orions Stimme. ,,Was machst du da unten?''
Siska fuhr hoch und sah Orion verärgert auf ihre nun nicht mehr gefesselten Beine zu sehen. ,,Das wird dir auch nicht...''

Die Darkonerin schnallte sich blitzschnell ab, sprang an Jinx Sitz vorbei und riss das Lenkrad nach rechts. Jinx war zu verblüfft um zu reagieren, bis es zu spät war. Er konnte seinen Fuß nur noch auf das Bremspedal rammen, um nicht in die Tische eines Restaurants zu fahren. Siska flog nach vorn, da sie aber auf die Vollbremsung vorbereitet war, fing sie sich schnell wieder und schob sich zurück nach hinten, öffnete die Tür und stolperte aus dem Auto raus.

Orion hatte sich entzwischen wieder von dem Schock erholt, schrie als erstes ihr hinterher und befahl danach seinen Angestellten durch das Funkgerät, sie aufzuhalten. Daraufhin sprang er selbst aus dem Wangen und setzte zur Verfolgung an.

Als ob das Schicksal ihr helfen wollte, hatte ihre Flucht in einem noch sehr belebten Teil der Stadt angefangen. Es waren also noch überall Menschen, vor denen Orion sie nicht angreifen konnte. Ebensowenig die Darkoner, die Siska hinter sich rennen hörte. Außerdem musste Jinx den Gästen des Restaurants und den Wirten noch erklären, warum er fast in sie reingefahren wäre.

Siska konzentrierte sich wieder auf den Weg, den sie im Sprint entlang rannte. Ihre Verletzung begann wehzutun, aber Siska rannte weiter. Sie müsste sich irgendwo lange genug verstecken können, um die Polizei anzurufen und ihr von Orion, seinen Plänen und Korsika zu erzählen. Sie sprintete an verdutzten Menschen vorbei in die nächste Seitenstraße, links in den Weg, rechts wieder auf eine Straße, in eine Einfahrt rein, dann in einen dunklen Hinterhof, auf der anderen Seite über den Zaun auf einen kleinen Weg und an einem Schild vorbei, mit der Aufschrift ,,Privat'' in einen Garten.

Nachdem Siska sich hinter einem Busch versteckt hatte, hörte sie sich um. Menschen sprachen miteinander. Autos fuhren Staßen entlang. Ein Baby schrie. Weiter weg hörte sie die schweren Schritte ihrer Verfolger, aber nicht einheitlich und aus einer Richtung, sondern... von allen Seiten. Sie haben sich aufgeteilt! Das ist nicht gut!

Aber Siska hörte noch etwas, ein Rascheln! Es war sehr nahe und kam von...von...hinter ihr!Sie fuhr blitzschnell herum und sah helle Augen auf sich zu fliegen. Sie schmiss sich zur Seite, doch die Hand des Darkoners erwischte noch ihren Arm und hielt ihn wie ein Schraubstock fest.
,,Ich hab sie! Sie ist hier!'', rief er so laut, dass Siska sich am liebsten die Ohren zugehalten hätte.
Jetzt wissen sie, wo wir sind! Shattfa! Ich muss hier weg!

Siska überlegte kurz, fuhr dann kurzerhand herum und trat dem Darkoner mit voller Kraft mit dem Schuh ins Gesicht. Der ließ sie sofort los, sackte schreiend vor Schmerz auf die Knie und hielt sich mit beiden Händen das Gesicht. Siska murmelte ein ,,Tschuldigung'' und rannte wieder weiter. Über einen Zaun und in den nächsten Garten. Immer wieder bog sie ab, lief durch diverse Gärten und Straßen. Ich muss unbedingt einen ruhigen Platz finden!, dachte Siska, während sie über einen Zaun in den nächsten Garten kletterte. Der Verband lockerte sich immer mehr, aber Siska hatte keine Zeit, sich auch noch darum zu kümmern.

Gerade als sie durch den gut gepflegten Garten rannte, hörte Siska wieder ein Rascheln, diesmal von vorne. Jemand der dem Darkoner zu Hilfe eilen will? Sie lief so leise und schnell es ging zu einer Hecke und versteckte sich dahinter. Keinen Augenblick zu früh, denn in dem Moment sprang einer der Darkoner über den Zaun und lief in die Richtung aus die sie gekommen war. Siska versuchte keinen Mucks zu machen, doch durch das ständige Rennen war sie außer Atem und es war schwer auch nur einen einzigen Augenblick nicht Luft zu holen.

Der Darkoner lief geradewegs in die Richtung aus der sie gekommen war. Siska wagte nicht zu atmen, egal wie sehr sie Luft brauchte und bewegte sich kein Stück, um bloß kein Blatt zum Rascheln zu bringen. Gerade als der Darkoner den Zaun erreichte, hielt er inne. Siska die gerade aufatmen wollte, erschrak. Hatte er sie doch bemerkt?

Nach paar Sekunden drehte sich der Darkoner suchend um. Seine wachsamen Augen schweiften durch den Garten und blieben an ihrer Häcke hängen. Er kniff die Augen zusammen und kam langsam näher, bis er genau davor stand. Ich muss ihn auch angreifen! Dann wissen sie zwar wieder wo ich bin, aber ich habe keine Wahl! Er sieht mich jeden Moment! Nur noch paar Schritte...

Kurz bevor Siska vorsprang, hörte sie die wütende Stimme des Doktors. ,,Kommt ihr endlich, ihr nichtsnutzigen Darkoner! Könnt nichtmal ein Mädchen einfangen!'' Der Darkoner, der direkt vor Siska stand, betrachtete die Hecke nochmal mit zusammengekniffenen Augen, dann drehte er sich um, rannte durch den Garten und verschwand über den Zaun.

Siska wartete noch paar Sekunden, dann atmete sie erleichtert auf, stemmte sich hoch und lief weiter. Der Darkoner würde wahrscheinlich verraten, dass er in dem Garten etwas bemerkt hatte, deshalb konnte Siska dort nicht bleiben. Sie lief weiter bis sie in einer dunklen Gasse stehen blieb. Hier muss es gehen! Das alles hat schon viel zu lange gebraucht!

Sie lehnte sich an eine Hauswand und zog ihr Handy heraus. Welcher Entführer war schon so dumm und nahm seinem Opfer nicht das Handy weg!?, dachte Siska,wobei sie beide Gassenenden gut im Auge behielt. Sie drückte auf den An-Knopf und als ihr Gesicht in ein kaltes Licht getunkt wurde, atmete sie erleichtert auf. Ihr Handy hatte noch Akku.

Sie wählte die Nummer der Polizei und hielt ihr Handy ans Ohr. Während sie darauf wartete, dass jemand abnahm, huschte ein Schatten an einem Ende der Gasse vorbei. Siska zuckte erschrocken zusammen und machte einige Schritte rückwärts in die andere Richtung.  Wieder flackerte ein Umriss einer Person auf. Wer ist das!? Die Darkoner? Orion?

,,Polizei Dienststelle St. Goarshausen, Leo Gintzel hier, was kann ich für Sie tun?'' Siska verstand kein Wort, aber das war ihr egal. Sie behielt das Gassenende genau im Blick, als sie hastig antwortete: ,,I need your help! An irish Doc...''
Sie zuckte erschrocken zusammen, als sich eine Hand fest um ihren Mund schloss und eine Nadel sich von hinten in ihren Hals bohrte. Siska fuhr herum und sah in die kalten Augen des Doktors. Der ließ sie mit einem fiesen Grinsen los und Siska stolperte mit angstgeweiteten Augen rückwärts, dann drehte sie sich um und fing an zu rennen.

Doch nach nur paar Schritten wurde ihr Körper unglaublich schwer und ihre Beine knickten unter ihr ein. Beim Aufprall auf dem Boden verlor sie das Handy aus der Hand und es landete einen halben Meter weiter neben ihr. ,,Hello? Are you still there? Is everything okay?'', ertönte es daraus. Siska stöhnte auf und streckte ihre Hand schwach nach dem Handy aus. ,,St. G...'', mehr brachte sie nicht heraus.

Orion erschien neben ihr und trat mit seinem Schuh so fest auf den Bildschirm, dass er schwarz wurde. Als er seinen Fuß wieder hob, war das Handy höchstens noch ein Haufen Elektroschrott. Siska ließ resigniert den Kopf und die Hand auf den kalten Asphalt sinken, die sie soeben noch nach dem Handy ausgestreckt hatte. Es war aus. Schon wieder.

,,Das wirst du jetzt nicht mehr brauchen!'', knurrte Orion, dann kniete er sich neben sie und besah ihren Körper von oben bis unten, während Siska nur schwer atmend daneben liegen konnte. ,,Wie es aussieht, hast du weniger davonzutragen, als der meines Darkoners. Du hast ihm die Nase gebrochen, das war nicht sonderlich nett!'' Dann war sein Blick an ihrem verletzten Bein angelangt. ,,Deine Flucht war nicht gerade gut für dein Bein. Aber das wirst du noch selbst merken. Super gemacht.'' Er hob das lockere Verband ein bisschen an und lies es genervt wieder fallen.

Siska hatte nichtmal die Kraft etwas zu erwidern und sah den Doktor stattdessen einfach nur hasserfüllt an. ,,Ich habe dir das Betäubungsmittel gespritzt, welches ich vorher Lennox gegeben habe, nur eine stärkere Dosis. Es schwächt deinen Körper so stark, dass du dich nicht mehr wehren kannst, aber trotzdem noch bei Bewusstsein bleibst, solange du dich nicht überanstrengst, oder etwas dergleichen.'', fuhr Orion fort, dann stand er auf und rief die Darkoner zu sich.

Siska versuchte sich hochzustemmen, während die Darkoner von beiden Seiten zu ihnen strömten, doch nach nur wenigen Zentimetern sackte ihr Körper wieder zusammen.

,,Es klappt echt immer wieder!''Orion über ihr lachte auf. ,,Man muss nur ein gutes Ablenkungsmanöver veranstalten und schon ist die ganze Aufmerksamkeit des Opfers nur auf einen Punkt fixiert.
Nimmt sie mit und seit nicht zu freundlich zu ihr, das kleine böse Mädchen hat die Polizei angerufen! Zs, Zs, Zs.
Zeirus, nimm du sie! Vergiss nicht, nicht zu freundlich zu sein! Und nicht im Arm halten wie ein kleines Kind. Wirf sie dir einfach über die Schulter, oder so.''

,,Was weiß die Polizei?'', fragte der Darkoner, Siskas Vater, während er Siska mit versteinerter Miene hoch hob und sich wie einen Sack über die Schulter legte. Siska stöhnte auf. Ihr ganzer Körper fühlte sich so an, als wäre er mit Steinen befüllt.

,,Mach dir keine Hoffnungen, Zeirüsselchen. Ich habe sie aufgehalten, bevor sie wirklich Schaden anrichten konnte. Wenn er eins und eins zusammen zählen kann, weiß er, dass sich ein nicht deutsch sprechendes Mädchen in St. Goarshausen befindet und von einem Irischen Doktor bedroht wird. Deshalb sollten wir uns auch mal ein bisschen beeilen aus dieser Stadt rauszukommen, bevor die Polizei uns über den Weg läuft und irgendwelche Fragen stellt.''

Siska bekam nur knapp bei Bewusstsein mit, wie sie über leider verlassene Straßen durch die Dunkelheit getragen wurde und am Stadtrand in ein kleines Wäldchen hinein. Dann ging vor ihnen plötzlich ein grell-weißes Licht an, sodass Siska erstmal gar nichts sehen konnte, bis sie von Zeirus Schulter genommen wurde und sich kurz darauf im Inneren eines Helikopters befand.

Siska hörte Orions Stimme wie von weit entfernt, die übertönt wurde von dem lauten Rattern, der sich immer schneller drehenden Rotoren. Sie wurde von Zeirus unsanft in den hinteren Teil des Helikopters geworfen. Der Aufprall presste ihr die ganze Luft aus der Lunge. Siska öffnete schwach ihre Augen und sah Lennox im spärlichem, blauen LED-Licht der Innenbeleuchtung neben sich liegen. Seine azurblauen Augen sahen sie ebenso erschöpft an, wie sie sich fühlte.

,,Lennox!'', keuchte Siska noch, dann wurde alles schwarz.

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