Nexons Sicht (1/2)
Da ich bereits angekündigt habe, dass noch einmal ein Kapitel mit Sichwechsel kommt, bitteschön. Hier ist es. Dieses Mal aus der Sicht von Nexon.
¡Achtung: dieses Kapitel spielt zeitlich etwa zum Zeitpunkt des Kampfes aus dem vorigen Kapitel! Und ja, es wird zwei Teile geben😁.
Viel Spaß ! <3
Angespannt saß Nexon im Schatten der Bäume verborgen, nur wenige Meter von dem riesigen Steingebäude entfernt.
Sein Blick war unentwegt auf das alte, marode Dach gerichtet, abwartend, dass etwas geschah. Doch bisher war nichts passiert.
Er schnaufte einmal kurz und wandte sich in Richtung Vorderseite des Hauses, die weiter vorn um die Ecke lag. So konnten ihn weder die Darkoner noch Alea entdecken. Er schnaufte noch einmal. Alles war ruhig, bis auf das leise Rascheln der Blätter im Wind. Keine Anzeichen für einen Kampf. Vermutlich waren die anderen noch nicht einmal hier angekommen.
„Oblivion! Wenn wir noch länger warten, haut der Gretzerkönig noch ab!", meckerte plötzlich eine leise Stimme hinter seinem Rücken.
Mit einem kleinen Seufzer stand Nexon auf und lief leise zu einem großen, breiten Baum am Rande des Waldes. Hier versteckte sich der Rest seiner kleinen Gruppe: einige Kobolde, der Gilf sowie Siska und ein Doppelgänger von Evelin.
„Dieses Risiko müssen wir eingehen. Wir können nicht in die Pension eindringen, solange das Anti-Magikum nicht vernichtet ist. Wir müssen auf Cassaras warten. Und der widerum wartet auf Alea und die anderen", antwortete er leise, denn genau das war sein Plan gewesen: er würde mithilfe von Magischen, Evelin und Siska in die Pension eindringen und Orion als Geisel nehmen, während Aleas Gruppe die Darkoner ablenken sollte, damit diese nichts von Orions Gefangennahme mitbekamen. Doch das alles konnte nicht passieren, solange das Anti-Magikum auf dem Dach installiert und es den Magischen somit unmöglich war, auch nur ansatzweise in die Nähe des Gebäudes zu kommen. Eigentlich war es nicht unbedingt nötig, Magische in seinen Plan zu integrieren, aber sie hatten sich einfach nicht davon abbringen lassen „dem Gretzerkönig selbst das Handwerk zu legen". Und schließlich wusste man ja nie, ob es nicht doch nützlich war, die Magischen Begleiter an der Seite zu haben.
Evelin seufzte. „Ich hoffe, sie kommen bald."
Siska brummte zustimmend in sich hinein und ließ sich am Baum entlang auf den feuchten Boden gleiten.
„Das Anti-Zeugs da riecht furchtbar, Oblivion! Wann hört das auf?", beschwerte sich bereits der nächste Kobold. In provozierender Haltung stellte sich das teelöffellange Wesen auf Nexons Schuhe, die bereits voller Dreck und relativ feucht waren.
„Cassaras muss es zerstören. Solange müssen wir eben warten", erklärte Nexon nun bereits zum wohl eintausendsten Mal in den vergangenen Minuten.
Der purpurne Kobold neben ihm schnaubte und kickte einen kleinen Kieselstein vor sich her, der für ihn wohl eher der größe eines Fußballs entsprach. Der Gilf hingegen starrte teilnahmslos ins Leere. Nexon seufzte und verdrehte innerlich die Augen. In Geduld waren die zaudernden Magischen definitiv nicht geübt.
„Beeilen könnten sie sich aber wirklich", raunte Siska kaum hörbar und zerrupfte gedankenverloren einige Blätter. Mit einem schwerfälligen Geräusch ließ Evelin sich auf eine große Baumwurzel neben der Darkonerin fallen, und Nexon lehnte sich seitlich gegen die bröckelige Baumrinde.
In der Tat warteten sie hier bereits seit ungefähr fünf bis zehn Minuten – als sie sich von der Cru getrennt hatten, war jedoch bereits die Hälfte des Weges zurückgelegt gewesen!
„Oh mann", seufzte Evelin leise.
„Schht!", machte Siska jedoch und blickte ihn ein wenig ärgerlich an.
Der Adetari schaute sie verwirrt drein. „Was ist?"
Siska fixierte ihn mit stechendem Blick. Dann deutete sie auf ihre Ohren. „Ich will hören, ob sie kommen. Und deine Stimme ist zu laut!"
„Ach so." Evelin grinste. „Das kannst du dir sparen. Sie sind fast da, denn die Kobolde können wegen dem Anti-Magikum nicht mehr weitergehen."
Nexon runzelte die Stirn. „Woher –"
Er brachte seine Frage jedoch gar nicht erst zu Ende, denn ihm war schlagartig wieder eingefallen, welche bestimmte Fähigkeit den Adetari zuteil war. Sie konnten sich klonen, das hatte Evelin ihnen vor einigen Tagen selbst erzählt. Er seufzte leise. Manchmal wünschte auch er sich, einfach einen Klon von sich selbst erschaffen zu können. Dann wäre er nicht so besonders einsam. Wegen seiner Unsichtbarkeit fanden einige seiner Mitschüler ihn seltsam, und dass einige von ihnen ihn regelmäßig angerempelt hatten, hatte ihn nicht gerade beliebter gemacht. Nicht selten hätte er gern jemanden gehabt, mit dem er über alles reden konnte. Vielleicht einen Bruder oder eine Schwester, denn seine Pflegeeltern hatten keine eigenen Kinder. Oder hatte er vielleicht sogar Geschwister? Wusste er vielleicht einfach nur nicht von ihnen? Viele Eltern hatten damals beschlossen ihre Kinder, sofern sie mehrere hatten, getrennt zu übergeben, um die Raffnarben zu verdecken. So wie Nelani, die Mutter von Alea und ihrer Schwester, deren Namen er nicht kannte. Vielleicht wüsste er, ob er tatsächlich leibliche Geschwister hatte, hätte er damals in Rach Turana die Botschaft seiner Eltern angehört. Hatte er aber nicht. Keines der Meerkinder hatte daran gedacht, denn alle waren zu besorgt um Alea gewesen. In Gedanken verfluchte Nexon sich selbst, dass er sich eine derart einzigartige Chance hatte entgehen lassen.
Da wurde der Wald vor ihnen urplötzlich in ein giftgrünes Licht getaucht.
Nexon drehte sich um und erkannte die beiden riesigen Seepferde, die sie von Sankt Goarshausen aus hierher begleitet hatten. Auf einem der beiden konnte er die Silouette eines hochgewachsenen Mannes ausmachen.
„Endlich", stöhnte Siska und rieb sich über die Stirn. Evelin stand auf und streckte sich, und Nexon selbst lief zum Rande des Waldes weiter um zu sehen, ob die Luft rein war.
Von Fernem hörte er Stimmen, Schreie und laute Rufe. Der Kampf musste begonnen haben. Ein Vorteil für Nexon, denn so konnte er unbemerkt von den Superkriegern ins Haus eindringen.
Er wartete noch ein wenig, bis sich die giftigen Dämpfe weitgehend verflüchtigt hatten.
„Okay, kommt!", raunte er dann nach hinten und winkte seine Gefährten mit der Hand zu sich. Auf Zehenspitzen huschten sie über das von Unkraut übersäte Gelände, das früher einmal eine Wiese oder etwas ähnliches dargestellt haben musste. Selbst die kleinen Kobolde sausten ohne jeglichen Mucks zwischen ihren Beinen hindurch und pressten sich schließlich gegen die rissige Hauswand.
Evelin versuchte, die rostige Klinke des Notausgangs herunter zu drücken, denselben, durch den sie die Cru aus der Pension gebracht hatten. Doch die Tür ließ sich nicht öffnen.
„Verschlossen", murmelte der Adetari. Wortlos schob sich der Gilf an ihm vorbei und begann, das Schloss zu untersuchen. Dann werkelte er ein wenig daran herum, und mit einem leisen Klicken sprang die Tür nach innen auf.
„Ich hätte schwören können, dass die vorhin nicht abgeschlossen war, als wir gegangen sind", murmelte Nexon gedankenverloren und stieß sie auf. Sofort schlug ihm ein alter, gammeliger Geruch entgegen, der eindeutig von Schimmel sprach.
„Wohin?", fragte Evelin.
„In den zweiten Stock. Ich führe!", erwiderte Siska und drängelte sich an Nexon vorbei ins Innere des Gebäudes. Ohne gar auf sie zu warten, durchquerte sie die Küche und nahm sich bereits die Tür zu Flur vor, während Nexon die Kobolde ins Haus lotste und den Notausgang hinter ihnen möglichst leise wieder schloss. Nun war es stockfinster im Raum, denn durch die blinden Fenster der Küche drang kein bisschen Licht.
Bevor jedoch einer der Kobolde das Schweigegebot brechen und sich beschweren konnte, fischte Nexon sein wasserdichtes Handy aus der Tasche seiner Hose und schaltete die Taschenlampe ein. Dann beleuchtete er das Schloss, das Siska gerade zu knacken versuchte, und nur wenig später standen sie in dem breiten Flur der Pension. In der Zwischenzeit musste sich jedoch auch die Notbeleuchtung verabschiedet haben, denn der Gang war genauso dunkel wie die Küche. Nexon richtete den kleinen Lichkegel seines Handys auf den Boden, und Siska führte sie zielstrebig durch das Haus, geradewegs zum Keller, in dem ein Teil der Cru gefangen gewesen war. Jedoch lief sie schnurstracks daran vorbei um die Ecke und eine Treppe hoch in einen weiteren Gang. Nexon hatte keine Ahnung, woher die Darkoner wissen wollte, wie genau sie in den zweiten Stock kommen sollten, aber er vermutete, dass sie ein gewisses Gespür dafür besaß.
„Dieser Gestank kann doch nicht gesund sein", murmelte Evelin leise in Nexons Richtung. Nexon schüttelte den Kopf. Nein, gesund war er ganz bestimmt nicht.
Da öffnete Siska bereits eine breite Tür, die direkt in ein verglastes Treppenhaus führte. Der Geruch nach Schimmel verflog augenblicklich. Stattdessen roch es eher, als hätte jemand frische Farbe auf die Wände aufgetragen. Doch sobald sie im nächsten Stock angekommen waren wusste Nexon, woher der Geruch kam.
„Junge junge, hier oben ist ja eine völlig andere Welt!", stieß Evelin verblüfft hervor. „Da unten verottet alles und hier glänzt jedes Staubkorn!"
Ein wenig fassungslos sah er sich in dem breiten Gang um, der selbst im funzeligen Licht der funktionierenden Notbeleuchtung vor Luxus nur so glitzerte und glänzte.
„Dafür ist keine Zeit!", zischte Siska. „Orion muss hier irgendwo sein!"
Suchend sah sie sich um, als erwartete sie, dass Orion jeden Moment direkt vor ihnen stehen könnte.
„Alea meinte doch was vonwegen, er habe hier sein Büro. Vielleicht ist er dort?", mutmaßte Evelin. Nexon nickte.
„Fangen wir am besten dort an."
Im selben Augenblick schon setzte Siska sich in Bewegung und huschte katzengleich den dunklen Flur entlang. Evelin und Nexon wechselten einen kurzen Blick, machten dann aber, dass sie der Darkonerin hinterher kamen, und auch die Kobolde verloren kein einziges Wort.
Plötzlich blieb Siska in einigen Metern Entfernung vor einer Tür stehen. Dann drehte sie sich zu Nexon und Evelin um und deutete stumm darauf. Nexon verstand. Sie hatte Orions Büro gefunden.
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