Flucht

Es tut mir leid, dass dieses Kapitel erst so spät kommt, aber bei mir ging die Schule wieder los, und selbst nach den Ferien schreiben die Lehrer bei uns noch Klassenarbeiten und Tests. Außerdem wollte ich mich bei euch mal bedanken: wir haben die 1k Reads erreicht!🥳🎉 Wow! Danke! (Ich hätte niemals gedacht, dass ich überhaupt 500 Reads bekomme, aber 1k?) 

Ohne ein weiteres Wort liefen sie weiter, und Nexon führte sie bedacht in den umliegenden Wald, wobei er jedoch den üblichen Waldweg mied und sie sich mehr oder weniger durch das hartnäckige Dickicht schlugen. Lennox blickte sich immer wieder nach allen Richtungen um, als befürchtete er, unerwünschte Verfolger zu entdecken.

Alea beobachtete ihn ein wenig beklemmt. Sie hatte nach wie vor tausende Fragen im Kopf, aber sie wusste nicht recht, ob nun der richtige Zeitpunkt war, um sie zu stellen.

Lennox bemerkte, wie Alea ihn anstarrte und lächelte schief. „Ist etwas?"

Alea blinzelte, und wandte den Blick ab. „Äh..."

Ein wenig wütend auf sich selbst biss sie sich auf die Unterlippe.

War es allen Ernstes so schwierig, eine Frage zu stellen?

Behutsam zog Lennox sie an der Hand näher zu sich.

„Du weißt, dass du mir alles sagen kannst, Yavani", sagte er leise, aber am Ende seines Satzes schwang ein kleines Fragezeichen mit.

Alea nickte nur und überlegte, wie sie am besten anfangen sollte.

„Wo äh... wo wurdest du hingebracht, als Orions Darkoner dich aus dem Hubschrauber zerren wollten?", fragte sie dann.

Gewiss war es nicht die allerwichtigste Frage, aber sie interessierte Alea trotzdem.

Aus dem Augenwinkel bemerkte sie allerdings, wie Lennox' Gesichtsausdruck sich verdunkelte. Er ließ sich ein wenig Zeit mit der Antwort, doch dann erwiderte er:

„In eine Holzhütte, hier in der Nähe."

Wieder nickte Alea, hakte aber nicht nach, denn Lennox sah nicht danach aus, als wolle er viele Worte über seine Gefangenschaft verlieren.

Vermutlich war diese Zeit nur ein Zeichen für ihn gewesen, in seiner Aufgabe versagt zu haben, und Alea wollte ihn nicht auch noch daran erinnern. Auch wenn sie der Meinung war, dass Lennox ganz bestimmt alles versucht hatte, um sie damals in Rom zu befreien! Und für Alea trug er keinerlei Schuld daran, dass es letztenendes nicht funktioniert hatte. Aber Lennox nahm es sehr viel schwerer auf, wenn ihr etwas zustieß als sie selbst.

Alea beschloss, das Thema zu wechseln.

„Was meinst du, wer alles mit Nelani und Keblarr gekommen ist? Ich meine, Keblarr sagte ja, dass dieses Rettungskommando aus weit mehr Personen besteht."

Diesmal lächelte Lennox ein wenig. „Ich habe nicht nachgezählt. Aber es sind noch einige Meerkinder und unzählige Magische dabei. Aber keiner der Magischen kann sich dem Haus annähern. Orion hat wahrscheinlich wieder sein drecks Anti-Magikum irgendwo platziert."

Ein wenig erstaunt blickte Alea ihn an. Er kannte die anderen bereits?

Lennox schien ihrem Gesichtsausdruck zu entnehmen, worüber Alea sich wunderte, denn er sagte:

„Ich konnte heute Morgen aus meiner Gefangenschaft fliehen. Eigentlich wollte ich direkt zu dir, aber einige Darkoner haben mich aufgehalten. Deshalb bin ich runter zum Fluss gerannt. Dort hätten sie mich beinahe erwischt! Aber ich hatte Hilfe."

Alea legte den Kopf schief. „Von wem?"

Lennox' Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen, und er blickte Alea mit seinen azurblauen Augen an.

„Von Cassaras."

Es war nur ein simpler Satz, aber er schlug in Aleas Innerstem ein wie eine Bombe, die lauthals explodierte und sie sofort zum Stillstand brachte.

Wie vom Donner gerührt starrte sie Lennox an, der nur wenige Schritte von ihr entfernt ebenfalls stehen geblieben war.

„Er lebt?", war alles, was Alea in diesem Moment sagen konnte.

Lennox nickte.

„Das...oh."

Alea wusste nicht, was sie sagen sollte.

Eine Welle der Gefühle erfasste sie, und Alea atmete unvermittelt geräuschvoll aus, als würde sie damit all ihre Angst endgültig loswerden.

Lennox lächelte sie zärtlich an und nahm wieder ihre Hand, die Alea versehentlich losgelassen hatte.

„Er wartet unten auf uns", hängte er an und streichelte mit dem Daumen über Aleas Handrücken.

Ein sanftes Kribbeln breitete sich auf ihrer Haut aus, und einen Moment schwelgte Alea einfach nur in den tiefblauen Augen des Oblivions, die sie nur einzuladen schienen, in eine andere Welt abzutauchen.

Lennox zog sie langsam näher zu sich, bedacht darauf, keine unnötigen Geräusche zu machen. Seine azurblauen Augen waren dabei unentwegt auf Alea gerichtet, und Alea konnte gar nicht anders, als ihn anzustarren.

Lennox beugte sich runter zu ihr, und als er nur noch wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt war, schloss Alea die Augen.

Doch gerade als ihre Lippen sich berührt hatten, knackte plötzlich etwas laut im Geäst.

Erschrocken sprang Alea zurück. Lennox fuhr herum und stellte sich breitbeinig vor sie, auf der Stelle kampfbereit. Augenblicklich schrillten in Aleas Kopf sämtliche Alarmglocken.

„Was war das?", hauchte sie.

„Ich weiß es nicht."

Mit angespannter Körperhaltung blickte Lennox sich suchend um und scannte wohl die Umgebung. Er kniff die Augen zusammen.

„Die anderen haben angehalten", stellte er fest.

In Aleas Magen grummelte es beunruhigt. Warum waren sie stehengeblieben? Warteten sie lediglich auf sie, oder war es etwas anderes?

Besorgt blickte sie Lennox an, der noch immer ihre Gruppe zu beobachten schien, die Alea nur noch als kleine Schatten erkennen konnte.

„Komm", raunte er dann leise, ohne sie anzusehen. Mit hochkonzentrierter Miene führte er sie katzengleich über den von kleinen Ästen und Zweigen übersäten Waldboden, ohne dabei auch nur das leiseste Knackgeräusch zu machen.

Alea folgte ihm mit pochendem Herzen.

Erst als sie die Gruppe erreicht hatten, ließ Lennox Aleas Hand los und ging auf Nexon zu, der angespannt neben einem großen Baum stand und den Berg hinunterblickte.

„Was ist los? Wieso steht ihr?", zischte Lennox kaum hörbar.

Blitzschnell wirbelte Nexon zu ihm herum und legte den Finger auf die Lippen. Dann deutete er nach unten.

Alea folgte seiner ausgestreckten Hand, sah aber unter ihnen nichts als Waldboden, Bäume und Steine.

Verwirrt schaute sie wieder zu Nexon, der ihr eindringlich mit den Augen bedeuten zu schien, keinen Mucks zu machen.

Aber dann hörte sie etwas. Stimmen. Und es war niemand aus ihrer Gruppe.

„...müssen abgehauen sein. Alle Kellerräume sind leer."

Alea gefror das Blut in den Adern.

Jemand hatte bemerkt, dass die Gefangenen nicht mehr da waren.

Ängstlich warf sie Lennox einen Blick zu, der mit schreckgeweiteten Augen Nexon anstarrte.

Seine Lippen formten lautlos das Wort „Darkoner", als wolle er eine stumme Bestätigung des Oblivion. Nexon nickte, hob die Hand und zeigte „drei".

Aleas Herz stolperte. Drei Darkoner waren hier? Auf der Suche nach ihnen?

Alarmiert raufte Lennox sich sein dunkles Haar und sah aus, als überlegte er, was zu tun war. Weiter konnten sie nicht, so viel stand fest.

Aber dann hob er, ohne den Blick von dem unteren Waldstück abzuwenden, eine Hand und machte ein Zeichen. „Verstecken."

Wie angewurzelt stand Alea da, unfähig auch nur die kleinste Bewegung zu machen.

Lennox bemerkte, dass Alea sich nicht rührte denn er machte dasselbe Zeichen noch einmal, jedoch deutlich dringlicher.

Dann erst sah er Alea an, und in seinen Augen stand die deutliche Bitte, dass sie tat was er sagte.

Langsam kehrte wieder Leben in Aleas Glieder.

Wie ferngesteuert, schob sie sich rückwärts wieder den Berghang hinauf. Ihr komplettes Denken schien außer Gefecht.

Da packte sie jemand am Handgelenk und zog sie mit einem heftigen Ruck hinter einen Baum. Erschrocken schnappte Alea nach Luft, aber jemand hielt ihr die Hand vor den Mund und drehte sie ruckartig herum. Alea blickte in ein Paar strahlend helle Darkoneraugen.

Wie aus Reflex hob sie die Faust, als wolle sie notfalls versuchen, zu kämpfen. Bevor sie jedoch zum Schlag kam, ließ die Person ihr Handgelenk los und nahm die Hand von ihrem Mund.

Verdutzt hielt Alea inne.

„Ich bins nur", drang eine leise Stimme an ihr Ohr.

Alea ließ die Faust sinken.

„Siska?"

„Ja."

Erleichtert ließ Alea die Luft entweichen, die sie angespannt angehalten hatte.

„Ich dachte schon, du bist-"

Weiter kam sie nicht, denn Siska hielt ihr erneut den Mund zu.

„Leise!"

Verschreckt erinnerte Alea sich, dass sich in ihrer Nähe Darkoner aufhielten und nach ihnen suchten. Siskas stechender Blick bohrte sich regelrecht in ihren, aber dann ließ sie Alea los.

Ohne ein weiteres Wort griff sie Alea am Arm und zog sie fort, hinter einen Felsvorsprung, wo Alea den Rest ihrer Gruppe erkannte: Thea, Tess und Sammy kauerten dicht an dicht am Felsen, Nelani, Keblarr und Ben saßen auf dem Waldboden vor ihnen.

Mit Beinen aus Wackelpudding ließ Alea sich in die Mitte des kleinen Kreises gleiten, und Siska stapfte wortlos davon.

Aleas Herz schlug so heftig in ihrer Brust, als wolle es davongaloppieren. Und Alea wäre am liebsten mitgekommen.

Unruhig knetete sie ihre Hände und wartete, dass etwas geschah. Keiner von ihnen sagte oder gebärdete etwas. Jeder schien in angespannter Stille in sich gekehrt zu sein.

Ein zweites Mal an diesem Tag versteckten sie sich nun schon vor Darkonern, und ein zweites Mal hoffte Alea, dass sie nicht entdeckt wurden.

Nach einer Weile, die Alea eher wie Stunden vorkam, hörte sie, wie sich leise Schritte näherten. Alea hob den Blick. Es war Lennox, der flink über den Waldboden in ihre Richtung huschte. Erleichtert sprang Alea auf in der Erwartung, dass sich der kurze Zwischenfall geklärt hatte. Aber Lennox hob beschwichtigend die Hand, als bedeutete er ihr, dass sie sich nicht zu früh freuen solle. Jeden Muskel seines Körpers angespannt, blieb er schließlich wenige Meter von ihnen entfernt stehen und winkte in seine Richtung.

„Unser Plan lautet wie folgt", begann er ohne große Umschweife zu gebärden, sobald sich alle im Halbkreis um ihn versammelt hatten.

„Ich gehe mit euch weiter. Dazu müssen wir wieder ein Stück bergauf, um die Darkoner zu umgehen. In der Zeit lenken Siska und Nexon die drei ab, damit sie uns nicht durch Zufall bemerken. Sie wollen uns dann unten am Fluss treffen."

Alea zog die Stirn kraus. Dieser Plan gefiel ihr eigentlich nicht. Sie hasste es, wenn jemand aus ihrem Team zurückblieb, nur damit andere sicher waren. Lennox bemerkte, dass Alea ihn skeptisch ansah, denn er gebärdete: „Es ist die beste Möglichkeit, um unbemerkt ins Tal zu gelangen. Es ist ja nicht mehr weit. Außerdem ist der Schaden wesentlich geringer, wenn sie ein oder zwei von uns erwischen als uns alle. Oder dich."

Alea presste die Lippen aufeinander. Sie wusste, dass ihre Mission wichtig war, aber sie fand, dass ihr dadurch keine Sondervorzüge zustanden. War es nicht mindestens genauso wichtig, dass Thea, Ben, Sammy, Tess, Nelani oder Keblarr nichts zustieß? Denn für Alea waren sie in ihrer Aufgabe genauso wichtig.

Lennox musterte sie eindringlich, als wolle er sie dazu bringen nicht mit ihm zu diskutieren. Frustriert sah Alea ein, dass es das Beste war, den Plan in die Tat umzusetzen. Siska und Nexon wussten, was sie taten, daran zweifelte Alea nicht.

Also nickte sie ergiebig und stimmte Lennox zu.

Der lächelte dankbar, drehte sich um und lief los. Alea und die anderen tauschten noch einmal besorgte Blicke, folgten aber dann dem Oblivion, der sie tatsächlich wieder ein Stück den Berg hinauf führte, das sie davor bergab gelaufen waren. Im Gehen drehte Alea sich noch einmal um und sah zurück zu der Stelle, an der Siska und Nexon sich versteckten. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, einfach so Teammitglieder hierzulassen.

Aber sie hatte entschieden, den beiden zu vertrauen und sie glaubte fest daran, dass sie es schafften, den Darkonern zu entwischen. Also wandte sie sich wieder ab und wich gerade noch einmal einem tiefhängendem Ast aus, der sie beinahe im Gesicht getroffen hätte.

Lennox schlug inzwischen bereits wieder seitlich den Weg nach unten ein, der, zu Aleas Entsetzen jedoch hauptsächlich aus Dornengebüsch und Brennessel bestand.

Vorsichtig schob sie die stacheligen Zweige der Pflanzen beiseite und – piekte sich direkt in den Daumen. Ein dunkelroter Tropfen Blut quoll hervor, und Alea verfluchte gedanklich ihre Tollpatschigkeit, die sie wohl heute heimgesucht hatte. Dann lutschte sie eilig das Blut von ihrem Daumen und trampelte die Dornen nun mit den Füßen zu Boden, um sich nicht wieder in die Hand zu stechen. Dabei blieb sie zwar einige Male mit ihrer Jeanshose hängen, aber das störte Alea weniger.

Dennoch war sie erleichtert, als sie das Dornengestrüpp endlich hinter sich gelassen hatten und sie sich nun auf halbwegs normalem Waldboden befanden. In der Ferne meinte Alea sogar, bereits das sanfte Plätschern des Flusswassers zu hören, und sie beschleunigte ihre Schritte, bis sie fast ganz vorn neben ihrer Schwester und Nelani lief. Die zupften gerade einzelne Dornen aus ihrer Kleidung, die sich hartnäckig darin verfangen hatten. Ein Blick auf sich selbst verriet Alea, dass das bei ihr genauso der Fall war und sie machte sich daran, ihr T-shirt von den kleinen Stacheln zu befreien.

„Alea", hörte sie plötzlich Nelani leise in ihre Richtung raunen. Alea sah auf.

„Was ist?"

Nelani lächelte und deutete mit dem Kinn nach vorne.

„Sieh mal."

Alea wandte den Kopf um. Erst da bemerkte sie, dass sie den Wald längst verlassen hatten und sie sich an einer Art Kiesstrand befanden, durchzogen von einem breiten, rauschenden Fluss. Sie waren im Tal. Aber nicht nur das. Als sie etwas genauer hinsah, bemerkte Alea kleine Kräusel im Wasser. Sie kniff die Augen zusammen. Was war das?

Im nächsten Moment erhob sich ein Kopf aus dem Wasser. Türkisfarbene Haut, schneeweißes Haar. Eine Nixe!

Und gleich nebenan noch eine!

Auf ihren Schultern hockten zwei kleine Kobolde. Einen erkannte Alea auf der Stelle: McDonnahall.

„Huhu, Alea Aquarius!", rief er halblaut und sprang von der Schulter der Nixe.

Alea klappte der Unterkiefer herunter. Da waren noch mehr! Mindestens ein Dutzend weitere, knallbunt durchmischte Knollnasen reckten sich aus dem Wasser. Hinter den Nixen erhob sich sogar ein Gilf! Und neben ihm...die Meerkinder. Mio, Zuzana, Yasin, Evelin, Isla und sogar Kit! Wie war das möglich? Sie waren im Wasser! Klatschnass, alle miteinander!

Alea entfuhr ein Krächzen.

Da richtete sich ein letzter Schatten aus dem Wasser auf. Ein Mann mit dunklem, langem Haar und hartblauen Augen.

„Hallo Alea", sagte Cassaras.

Alea sank auf die Knie. Das war unglaublich. Unfassbar.

„Was..."

Alea brach ab. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.

Evelin grinste sie im Licht des Mondes an.

„Wir", sagte er, „sind das Rettungskommando. Und Orions Untergang."

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