House Sitting III
Hunderte Ratten huschten über den Kellerboden zur Treppe. Dabei kletterten sie an Margrets Beinen hinauf, liefen über ihr Gesicht. Kleine Pfoten auf ihrem Gesicht. Erst wagte sie nicht den Mund zum Schreien zu öffnen, doch das Ekelgefühl war bald so unerträglich, dass es automatisch geschah. Sie bereute es sofort. Etwas war in ihren Mund gekrabbelt. Ihr wurde die Luft knapp. Sie hustete.
Dann schlug sie die Augen auf. Und sah... nichts. Es war stockfinster. Sofort begann sie zu spucken, doch es war keine Ratte in ihren Hals geklettert, sondern Sand von der Decke herab gerieselt. Sie versuchte sich zu orientieren, dabei stieß sie mit dem Hinterkopf gegen eine kalte Betonwand. Sie wollte die Stelle abtasten. Sie war gefesselt, aber es schnitt nicht ein. 'Fast schon liebevoll eingepackt', dachte Margret, wie ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk.
"Hilfe!", rief sie. Dann noch einmal lauter:" Hilfe!"
Der Schall weitete sich kaum aus. Ein wenig fühlte es sich an, als brülle sie sich selbst ins Ohr. Vorsichtig setzte sie sich auf, dabei stießen ihre Füße erneut gegen eine Mauer. Margret bewegte den Oberkörper nach links, verlor beinah das Gleichgewicht. Endlich begriff sie. Man hatte sie eingemauert. Tränen schossen ihr in die Augen, als sie versuchte um sich zu treten. Ihre Knie waren angewinkelt. Es war vergebens. Margret sah sich bereits in der Dunkelheit verwesen. Faulige Fleischfetzen würden von ihren abstrakt verdrehten Gliedmaßen hängen. Aus den nach oben starrenden Augenhöhlen krabbelten Würmer und Ratten...
Sie schrie so laut, dass ihre Stimmbänder schmerzten.
Margret wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Ihr Mund war trocken, ihr Hals fühlte sich taub an. Das Atmen fiel ihr schwer. Wie lange würde es brauchen bis sie erstickte? Sie streckte die Arme aus. Ihre Fingerspitzen berührten die raue Wand. Der Handrücken und die Knöchel waren blutig aufgeschlagen. Sie wollte nicht sterben. Raus. Sie musste hier heraus. Sie begann an der Mauer zu kratzen. Schneller und schneller. Sie spürte, wie sich Mörtel unter ihren Fingernägeln sammelte. Sie brachen ab. Es kümmerte sie nicht. Sie kratzte weiter. Sie spürte den Schmerz so deutlich, wie man ihn nur fühlen konnte. Es durfte nicht vorbei sein. Es gab einen Ausweg. Es musste einfach einen geben. Die Luft wurde immer schlechter. Bald war es zu spät.
Da hörte sie ein Poltern. War das real? Vielleicht halluzinierte sie wegen des Sauerstoffmangels bereits. Dumpf drangen Befehle zu ihr durch. Es handelte sich nicht um Fantasien. Bevor sie endgültig in Ohnmacht fallen würde, schrie sie noch einmal um ihr Leben.
"Oh mein Gott, Maggie!", mit verweintem Gesicht stürzte Belle auf die Rettungsliege zu, während Margret mühsam den Kopf wendete.
"Es tut mir so unendlich Leid! Das ist alles meine Schuld. Wenn ich mich nicht so beschissen angestellt hätte, dann wäre ich bei dir gewesen. Es tut mir Leid", Belle beruhigte sich kaum.
Margret wollte etwas sagen, aber sie wurde beatmet. Stattdessen bemerkte sie, wie hinter Belle, die nun ihre Hand ergriff, die Polizei das mörderische Ehepaar Priscott in zwei verschiedenen Streifenwagen abführte.
"... und Tommy Branchet ist so ein Vollarsch, also bin ich her gefahren. Was ist denn?", Belle folgte Margrets Blick. "Das sind die totalen Psychos. Die Schlampe hat wohl irgendwas von 'Gabe für Dormsult' gefaselt. Total durchgeknallt, sage ich dir!"
"Entschuldigung, Lady. Die Patientin sollte jetzt wirklich ins Krankenhaus", meinte ein Sanitäter.
"Klar, klar", Belle hob abwehrend die Hände. "Wir sehen uns im Krankenhaus, Meggie!"
Ermattet schloss Margret die Augen. So konnte sie den jungen Mann nicht sehen, der ruhig hinter einem Busch stand. Zweige eines nebenstehenden Busches beschatteten sein Gesicht.
"Wir sehen uns in Dormsult, Maggie."
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