🌊 Kapitel 26 🌊
»Was ist denn passiert?« frage ich Zorey. Wir sitzen im alten Toyota, es hat nicht lange gedauert, die eine Tasche von ihr in ihn ein zu laden und Zorey, immer noch heulend, auf den Beifahrersitz zu verfrachten. Sie nimmt die Umgebung, die an ihr vorbei zieht gar nicht wirklich auf, auch nicht die Musik und schon gar nicht, dass der Wagen unheimlich alt, staubig und heruntergekommen ist. Sie ist besseres gewöhnt, denn sie ist in LA aufgewachsen.
»Es ist,-« sie unterbricht, weil sie noch einmal schluchzt. »Meine Eltern,- es ist so ungerecht!« erklärt sie mir. Ich habe ihr vorhin ein Taschentuch gegeben, dass jetzt schon total aufgeweicht ist und wahrscheinlich nicht mehr seinen Zweck tut.
»Was ist mit deinen Eltern?« frage ich vorsichtig nach. Wahrscheinlich kann sie es so oder so nicht an einem Stück erklären, weil sie immer und immer wieder heulen muss. Es muss anscheinend schon unheimlich schlimm sein.
»Sie,-sie haben einen Hochzeitstermin angesetzt!« Zoreys dunkle Locken sehen nicht so hübsch und frisiert aus, wie sie es sonst immer tun. Ihre Augen haben dunkle Augenringe und ihr laufen immer wieder Tränenströme über die Wangen, sie dann über ihr Kinn hinunter tropfen auf ihre dunkle Jeans.
Aber immerhin weiß ich jetzt, warum sie so aufgelöst ist. Sie soll Alfonso heiraten und das will sie nicht! Dagegen hat sie sich immer gewehrt, doch jetzt machen ihre Eltern Nägel mit Köpfen und stellen sie somit vor vollendete Tatsachen.
»Wann?« frage ich sie. Ich biege in die kleine Straße ab, an deren Ende, das kleine Haus steht in dem ich mich so unheimlich sicher fühle, dass definitiv nichts diese Sicherheit zerstören könnte.
»In zwei Monaten!« schluchzt, Zorey noch lauter als vorher. Es scheint sie sehr schwer zu belasten.
»Aber da hast du doch noch genug Zeit, damit wir uns etwas überlegen können!« versuche ich die ersten Beruhigungsversuche, die aber irgendwie eher weniger bringen. Ihr ganzer Körper zittert als ich das Eingangstor passiere.
»Nein, ab morgen beginnen die Vorbereitungen dafür. Ich muss alles mitplanen! Meine,-meine Tournee für nächstes Jahr kann ich absagen. Alfonso, er,-er versteht nicht was ich daran finde und ich,-ich soll damit aufhören mich so anderen Männern zur Schau zu stellen. Es wäre ekelhaft!« sie überschlägt sich fast gar beim reden und weinen zusammen. Ich parke den wagen, sehe sie kurz an, bevor ich aussteige.
Es ist schon hart, das alles zu hören, aber ich war ehrlich gesagt noch nie in so einer Situation und ich kann auch nicht sagen, was man in dieser Situation am besten tun sollte. Denn ich werde wahrscheinlich mit irgendeinem Typen Zwangsverheiratet.
»Ich dachte immer, dass es in so weiter Zukunft ist. Wir haben immer darüber gelacht und Scherze darüber gemacht, aber jetzt haben meine Eltern gesehen, wie erfolgreich ich war bei der Tour und sie meinen, dass ich jetzt endlich einmal heiraten sollte! Sie haben den Termin angesetzt und jetzt bin ich gezwungen, dass ich die Frau von Afonso werde!« Zorey hat sich auf das Sofa fallen lassen und ich mache uns erste einmal einen Tee. Ich glaube, das ist das Beste, was ich in dieser Situation überhaupt machen kann.
»Was ist, wenn du einen Anwalt einschaltest?« frage ich sie. Zwangsehen, sind bestimmt in der USA nicht erlaubt, es ist sicher viel erlaubt, aber das sicher nicht.
»Bist du verrückt? Meine Eltern, wären so sauer auf mich danach, dass sie mich wahrscheinlich nach Mexiko verschleppen und mich dort verheiraten. Meinst du es interessiert sie ob ich will oder nicht? Es geht um die Familienehre. Ich habe sie beschmutzt mit meiner Karriere als Sängerin und soll sie bereinigen mit der Heirat!« erklärt mir Zorey. Ich gebe ihr eine Tasse mit dem Teebeutel darin und sie nimmt sie dankend an.
»Sie können dich doch nicht gegen deinen Willen verheiraten!« meine ich, lasse mich neben sie sinken und schiebe die Packung mit Taschentüchern näher an sie heran, damit sie diese gleich parat hat falls sie sich wieder in einen kleinen Wasserfall verwandelt.
»Du verstehst das nicht! Du bist hier aufgewachsen, mitten im nirgendwo und deinen Eltern wäre es wahrscheinlich auch egal, ob du schwul wärst oder asexuell!« sie pustet gegen die heiße Tasse. Ja, wahrscheinlich wäre es meinen Eltern auch egal. »Aber bei meinen Eltern funktioniert das nicht. Sie sind keine Autorin und kein Musikgeschäftsinhaber denen es egal ist ob du mit achtzehn oder fünfunddreißig heiratest. Bei mir eben nicht. Sie wollen, dass ich jetzt heirate mit Alfonso!« erklärt sie mir und ich nicke langsam.
»Und jetzt, willst du nicht mehr heiraten?« frage ich vorsichtig nach.
»Ja,-nein, ich weiß es nicht. Ich wusste, dass es irgendwann kommt, aber ich weiß einfach nicht ob es wirklich so gut ist ihn jetzt einfach zu heiraten!« stellt sie klar, ihre Augen leuchten verräterisch aber ich sehe keine Träne, die ihre Wangen hinunterrollt. Vielleicht beruhigt sie sich langsam wieder.
»Liebst du ihn denn? So sehr, dass du deswegen deine Karriere aufgeben willst?« ich rühre mit dem Löffel in der Tasse herum und betrachte die dunkle Flüssigkeit darin eine Weile. Jordy liebt Tee.
»Nein, aber die Liebe kommt doch mit der Zeit oder?« sie beißt sich auf die Unterlippe. »Man, Alac ich habe doch keine Ahnung damit! Das mit uns, war so zwanglos, wir haben uns gesehen, wenn wir Lust hatten oder wenn wir jemanden brauchten um zu reden. Es war nicht so, dass ich so richtig verliebt war!« dann schlürft sie den ersten Schluck von ihrem Tee.
»Liebe kommt doch nicht mit der Zeit! Mal nicht so wie du dir das vorstellst!« sage ich zu ihr. Ich ziehe die Augenbrauen nach oben.
»Wie war es bei dir? Ich meine du bist total in Jordy verknallt! Wie ist das passiert?« fragend sieht sie mich an. Ich seufze.
»Ich habe sie mit einem Auto angefahren, danach haben wir uns oft gesehen, bis wir uns unsere tiefsten Geheimnisse erzählt haben und uns ausgeheult haben! Ich würde das nicht als Erfolgsrezept betiteln!« stelle ich dann fest. Es lockt ein kleines Grinsen aus Zorey hervor aber es reicht noch nicht, dass sie wieder lächelt.
»Ich habe keine Ahnung von liebe, ich habe nicht einmal einen Liebessong geschrieben. Aber deine Gehen immer durch die Decke, jeder noch mehr als der davor!« sie deutet mit ihrer Hand, an wie gut sie sind.
»Andere Frage!« setze ich an. »Hast du mal versucht, dass Alfredo und du sich kennen lernen?«
»Nein, wir treffen uns meisten immer nur mit unseren Familien zusammen. Er ist ein Spießer!« sie zeigt mit dem Löffel auf mich und leckt ihn danach ab um ihn auf den kleinen Tisch zu legen.
»Das weißt du doch gar nicht! Wie wäre es mal mit einem Date? Nur ihr zwei? Einfach mal reden, etwas essen und sich kennenlernen! Das ist doch das wichtigste, daran, dass man sich kennen und lieben lernt!« Ich nehme den ersten Schluck von dem Tee. »Ich weiß so viel von Jordy und sie so viel von mir.«
»Wo ist sie jetzt überhaupt?« Zorey blickt sich suchend um.
»Sie ist nicht da. Sie ist in Banff im Nationalpark. Sie braucht eine Auszeit. Sie kommt wahrscheinlich bald wieder!« fasse ich zusammen.
»Warte mal!« Zorey hebt einen Finger. »Du wartest gerade darauf, dass sie wieder zurückkommt?« ich nicke langsam als sie das sagt. »Wie sehr musst du diese Frau lieben um all das für sie zu tun! Erst sieben Jahre warten und jetzt nochmal!«
»Ich will sie nicht verlieren!« ich schlürfe nochmal an meinem Tee.
»Mir ist Alfonso so was von scheiß egal!« sie prustet sich eine Strähne aus dem Gesicht und schüttelt den Kopf.
»Weil du ihn nicht kennst! Und weil du keine Gefühle für ihn hast!« stelle ich fest. »Weißt du sein Lieblingsessen? Seine Lieblingsbeschäftigung?«
»Nein, es interessiert mich nicht! Wahrscheinlich Pasta!« sie zuckt mit den Schultern. »Was ist Jordys Lieblingsbeschäftigung?« hakt sie nach.
»Fotografieren!«
»Ihr Job und ihre Lieblingsbeschäftigung ist fotografieren?« Zorey scheint verwirrt.
»Meine Lieblingsbeschäftigung ist es auch Klavier zu spielen. Und ich Arbeite als Musiker! Was ist eine Lieblingsbeschäftigung?«
»Keine Ahnung! Sicher nicht heiraten! Man Alac, ich will nicht heiraten! Zwei Monate, dann werde ich verheiratet sein.« sie lässt ihren Kopf nach hinten auf die Kissen fallen und scheint wirklich verzweifelt zu sein.
»Hast du mal versucht mit deinen Eltern zu reden?«
»Glaubst du das hilft irgendetwas?« sie blickt mich wieder an, mit ihren dunklen Augen. Sie erinnern mich kein Stück an Jordys.
»Ich kenne deine Eltern nicht! Du könntest mit meinen darüber reden! Eltern denken doch alle ähnlich!« schlage ich vor.
»Wie gesagt, deine Eltern sind da exzentrisch und aufgeschlossen.« wiederholt Zorey. Sie ist nicht leicht von etwas zu überzeugen.
»Ich kann nicht mit Kommen Zorey? Ich kann nicht weg von Alaska um dir zu helfen!« wehre ich dann meine nächste Idee ab. »Ich würde gerne mit dir nach Los Angeles mit aber ich kann hier nicht weg, ich baue mir gerade hier etwas mit der Band auf und es ist alles ein großes Durcheinander!«
»Das erwarte ich doch gar nicht von dir! Eigentlich, dachte ich, dass ich mich irgendwo verstecke! Aber ich glaube meine Eltern werden mich auch hier finden!« stellt sie dann verzweifelt fest.
»Du kannst dich doch auch nicht dein Lebenslang verstecken!« ich schüttle den Kopf. »Meinst du nicht es würde was bringen, nochmal mit deinen Eltern zu reden und dann eine gute Lösung zu finden? Wenn sie nicht damit einverstanden ist, dass du nicht heiratest, dann lerne Alfonso wenigstens kennen!« schlage ich weiter vor.
»Ich finde den Typen schrecklich.«
»Kannst du mal bitte optimistisch sein?« ich sehe sie ernst an. »Glaubst du wirklich, für den Typen ist es besser? Er muss auch irgendjemand heiraten!« ich ziehe die Augenbrauen zusammen.
»Weil es für Typen so schwierig ist, eine Frau zu heiraten?« Zorey verdreht die Augen. Ich seufze.
»Für mich wäre es nicht einfach, wenn meine Eltern jetzt sagen würden, dass ich jemanden heiraten müsste den ich kaum kenne. Es ist ja nicht so, dass ich es geil finde einfach mit einer Frau verheiratet zu werden, auch wenn sie gut aussieht! Schau mal, ich glaube, ihr habt Beide das gleiche Problem und ihr solltet darüber reden! Deine Eltern scheinen fest davon überzeugt zu sein, dass die Heirat das richtige ist und lassen sich nicht davon abbringen. Du wirst ihn wahrscheinlich nicht gleich sofort lieben und ihn vergöttern. Das kannst du auch nicht von ihm erwarten. Ihr Beide, habt das gleiche Problem und wenn ihr nicht versucht, damit zu leben, dann wird euer Beider leben schrecklich!« ich schlürfe meinen Tee. Ich bin eindeutig eher der Kaffeetyp, aber wenn ich jetzt noch Kaffee trinke, dann werde ich heute Nacht kein Auge zu tun.
»So habe ich das noch nie gesehen!« gibt Zorey zu.
»Wie gesagt, lern ihn einfach kennen! Wenn er wirklich so schrecklich ist, wie du denkst, dann können wir uns immer noch eine andere Lösung überlegen!«
»Weg laufen?« sie umklammert die Tasse als wäre sie ihre einzige Rettung in diesem See aus Verzweiflung.
»Weg laufen ist nie eine gute Idee!« stelle ich klar. Dass ich damals einfach weggelaufen bin war auch keine gute Idee, aber das habe ich erst sieben Jahre später herausgefunden. »Wie gesagt, wir finden eine Lösung!«
»Du kennst meine Eltern nicht, wenn sie sich,-«
»Glaub mir, ich kenne meine Eltern! Sie wollen wohl nicht, dass ich heirate aber sie haben Angst, dass sie keine Enkel bekommen und ich alleine sterbe!« erkläre ich.
»Was ist, wenn Jordy nicht zurückkommt! Oder wenn sie zurückkommt aber sie sich gegen dich entscheidet?« lenkt Zorey vom eigentlichen Thema ab. Ich seufze.
»Ich muss es akzeptieren. Sie hat es akzeptiert, dass ich einfach so gegangen bin vor sieben Jahre und ich muss akzeptieren, dass sie vielleicht nicht mehr zu mir zurückkommt, weil es nicht das ist, was sie erfüllt!« Zorey sieht nicht begeistert aus.
»Aber du liebst sie und kämpfst nicht um sie?« sie scheint wirklich skeptisch darüber zu sein. Ich schüttle aber nur den Kopf.
»Ich kämpfe um sie, in dem ich ihr einfach Zeit für sich lasse. Wenn ich sie jetzt bedränge, dann wird es doch nur noch schlimmer und sie kann nicht klar denken. Hier kann ich über all das nachdenken, was mir im Kopf rum wabert, meine Projekte verwirklichen und den Kopf frei bekommen! Sie ist wandern in Banff und kommt damit klar, dass ihr Freund verstorben ist. Sie hat ihn geleibt, vielleicht noch mehr, als sie mich geliebt hat. Wenn ich jetzt um sie kämpfen würde, dann würde ich sie nur noch mehr von mir stoßen!« ich stelle die leere Tasse auf den kleinen Couchtisch. Er ist rund, massiv aus Holz. Mary hat ihn ausgesucht. Wir haben gefühlt jegliche Möbelseiten im Internet durchsucht, bis wir den passenden gefunden haben.
»Wieso, bist du immer so verdammt einfühlsam!« Zorey bewirft mich mit einem Kissen. »Irgendwie, tust du immer genau das richtige, für jeden!«
»Das stimmt auch nicht wirklich!« ich schüttle den Kopf. »Ich tue manchmal, für jeden das Richtige aber nicht für mich! Deswegen bin ich auch hier, um das Richtige zu tun für mich, für mein Leben!« ich zucke mit den Schultern, lehne mich gegen die Rückseite des Sofas und Zorey blickt mich nachdenklich an.
»Das verstehe ich nicht so wirklich!« bestätigt sie mir.
»Ich habe immer nur an die Band gedacht, an meine Familie und an Jordy. Was für sie am besten ist und nie daran, was für mich am besten ist. Was mich erfüllt. Wieder hier her zu kommen, war so lange ein Wunsch von mir, genauso wie das Studio. Das Einzige, was das alles hier perfekt machen würde, wäre Jordy. Aber schon alleine, dass ich hier bin, dass ich sagen kann ich steige in mein Auto und fahre irgendwohin zum Wandern, oder ich miete mir ein Boot und fahre raus aufs Meer, das ist das, was ich immer wollte. Aber ich habe es nie getan, weil ich dachte, dass ich meinem Umfeld etwas Schuldig wäre, ihnen etwas Gutes zu tun!«
»Du bist ziemlich selbstlos!« stellt Zorey fest.
»Ich dachte immer, dass Los Angeles, die Villa, der Ruhm dort und all das was wir dort haben, die Jungs erfüllt, aber das tut es nicht. Sie wollen genauso hier sein wie ich auch!« Zorey nickt.
»Ich könnte hier nicht wohnen!« stellt sie dann fest. »Ich meine, es ist unglaublich schön hier. Aber ich glaube, mehr als ein Wochenende könnte ich hier nicht verbringen. Versteh mich bitte nicht falsch, aber ich ziehe Los Angeles vor.« sie zuckt mit den Schultern. Dann nippt sie noch einmal an ihrem Tee.
»Das ist auch nicht verwerflich. Los Angeles ist eine tolle Stadt, aber ich bin hier aufgewachsen, ich könnte mir auch nicht vorstellen, meine Kinder wo anders auf zu ziehen!« bestätige ich. Zorey zuckt mit den Schultern, bevor sie nickt.
»Es tut dir gut hierzu sein!« sagt sie. »Du siehst verändert aus, irgendwie glücklich, und ich glaube ich, habe dich, seitdem ich dich kenne, noch nie so glücklich gesehen wie jetzt. Aber was machst du, wenn ihr auf Welttournee geht, oder wenn ihr Termine in Los Angeles habt?« fragt sie dann.
»Es ist eine absehbare Zeit. Die meiste Zeit werde ich hier verbringen!«
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