🌊 Kapitel 20 🌊

Mit Jordy in New York unterwegs zu sein ist ein bisschen so, als würde ich sie besuchen kommen in ihrer Studienzeit.

Sie zeigt mir Sachen, die ich bis dahin noch nicht kannte, wir unternehmen viel zusammen und sie mach Bilder von mir, die so unheimlich gut sind, dass ich jeden Fotografen den unsere Band je hatte feuern würde. Das Gute an New York ist, dass niemand weiß, dass ich hier bin und dass ich mich dank des Regenwetters hier so verstecken kann, dass mich fast niemand erkennt. Jordy nennt mich einfach Frank, so wie mein Vater, so dass fast niemand auf die Idee kommt ich könnte Alac North sein. Wir können Hand in Hand durch die Straße schlendern ohne dass irgendwelche Fotografen hinter uns her sind und uns jagen.

Die ersten Tage waren komisch. Jordy und ich wussten nicht so ganz wie wir mit Parkers Sachen umgehen sollten oder mit einander. Aber seine Mutter, sie ist bewundernswert freundlich, stand Jordy bei. Alles was sie nicht mehr behalten wollte von Parker, konnten wir in Kartons packen und zu ihnen bringen.

In dem Zug, wurde ich auch gleich vorgestellt, als ein Freund von Jordy und nicht als den Ex Freund und jetzt wahrscheinlich neuer Freund von ihr. Seine Familie ist so unheimlich freundlich, dass ich manchmal vergesse, dass ihr Sohn gerade gestorben ist und dass der Sohn mit Jordy zusammen war. Parker hat einen größeren Bruder, Fred, er hilft beim Anpacken von schweren Sachen und seine Mutter erzählt mir viel über Parker als er klein war. Was ich manchmal komisch finde, aber jeder verarbeitet den Tod eines geliebten Menschen anders. Und deswegen ist es in Ordnung, wenn sie mir alles sagt, was ihr auf dem Herzen liegt.

Die Wohnung ohne Parkers Sachen, sieht immer noch unheimlich voll aus. Jordy schlägt mir vor, dass ich ein paar Sachen von mir in die Wohnung stellen könnte, aber ich sage, dass wir erst einmal zu sehen, dass sie sich wohl fühlt, bevor ich irgendwas mit anschleppe. Ein Klavier oder ähnliches, würde den Rahmen der kleinen Wohnung dann wirklich sprengen.

Das Schlimmste für Jordy ist es, die Sachen von Parker ab zu holen. Es sind die Sachen, die sie bei ihm gefunden haben und persönliche Gegenstände. Sein Rucksack, ist komplett gepackt, an seiner Uniform haftet der Schmutz und sein Blut. In der Brusttasche unter seinem Namen, P. Adams, steckt ein Bild, von Jordy. Ein hübsches Polaroid von ihr, irgendwo in Indonesien, sie lächelt.

Seine Kameras, will Jordy gerne behalten, genauso wie Pullover von ihm, die ihr wohl viel zu groß sind, aber die noch nach ihm riechen. Seine Eltern sind sehr rücksichtsvoll und fordern nichts von ihr. Margret, seine Mutter, hat mir erklärt, dass es wohl ein Schock war, ihn zu verlieren, aber dass er jetzt an einem besseren Ort ist. Er ist für sein Land gestorben und er hatte sein Herz immer am rechten Fleck. Ich weiß ehrlich nicht, ob meine Eltern gleich reagieren würden! Sie sind nicht sonderlich christlich oder glauben daran, dass jemand im Himmel einen höheren Plan für einen hat. Ich bin auch nicht christlich aufgewachsen, hatte wohl Religionsunterricht aber dadurch dass meine Eltern ein nicht entdeckter Rockstar und eine exzentrische Autorin sind, gab es nicht wirklich viel christlicher Input.

Parker, wurde gefoltert, so hat man es Jordy gesagt, als sie nachgefragt hat wie er gestorben ist. Man wollte Informationen von ihm über den Stützpunkt auf dem er stationiert war. Als er nichts sagen wollte, hat man ihn nach drei Monaten mit einem Kopfschuss aus geringer Entfernung getötet. Seinen Körper hat man unweit der Straße gefunden von der man ihn entführt hatte. Sein Leichnam, wollte man ihr nicht zeigen. Er wäre durch die Hitze stark verwest und durch die Folter würde man sein Gesicht fast nicht mehr erkennen.

Es ist schrecklich, das alles mit zu bekommen, nur daneben stehen zu können und den Schmerz nicht lindern zu können, für alle Beteiligten.

Margret meint, dass es für Jordy jetzt das Beste ist, wenn ein Freund ihr beisteht. Für sie da ist und sie nicht alleine ist. Jordy, plant derweil einen Trip, von dem ich bis auf ein paar Telefonate nicht wirklich viel mitbekomme. Ich weiß, dass sie wandern gehen will, aber wohin oder wie lange, weiß ich leider nicht.

Meistens wenn sie telefoniert, muss ich arbeiten. Für die Tour, für Songveröffentlichungen, für die Rückkehr nach Alaska und für das was ich mir in Alaska aufbauen will, von dem ich immer noch keinen genauen Plan habe und nicht sicher bin was genau es werden wird. Zum Glück, kann ich von überall aus arbeiten.

Heute haben wir etwas ganz Besonderes vor. Jordy will auf das Rockefeller Center zum Aussichtspunkt. Ich habe gesagt, dass es nicht schlimm ist, wenn wir dort nicht hin gehen, aber sie will es mir unbedingt zeigen, auch weil sie gerne den Song veröffentlich will. Genauso wie Alaska Girl. In dem Punkt bin ich mir nicht sicher ob es gut oder schlecht ist. Ob sie es verkraften kann.

Wir fahren mit der U-Bahn dort hin. Jordy hat die Kamera mitgenommen, die ich ihr geschenkt habe. Sie hat einen neuen Film eingelegt, sie meint es ist immer toll damit zu fotografieren weil man damit keine hunderte von Bilder machen kann sondern nur ein paar Ausgewählte die besonders sind.

Die U-Bahn ist voll, viele Leute drängen sich aneinander, rede miteinander und ignorieren sich gegenseitig. Ich halte mich mit einer Hand, an der Haltestange fest, die Andere habe ich um Jordy gelegt. Ich trage keine Sonnenbrille, meine dunklen Haare habe ich unter einer Wollmütze versteckt und sie bis weiter in meine Stirn gezogen. Es ist, als wären Jordy und ich ein ganz normales Paar, das zusammen in einer kleinen Wohnung lebt, wir beide gehen Arbeiten, ich wahrscheinlich in einem kleinen Musikgeschäft und sie als Fotografin. Es wäre perfekt, so perfekt, wäre ich nicht berühmt geworden und würde mich nicht jeder kennen.

Wir steigen aus und gehen die restliche Strecke bis zum Rockefeller Center. Es ist schon lange geschlossen, aber Jordy hat eine Schlüsselkarte und öffnet die Türen ohne Probleme. Mit dem Aufzug fahren wir bis nach oben zu der Aussichtsplattform. Unsere Hände sind eng ineinander verschlungen. Und ich habe das Gefühl als würde sie noch fester zudrücken, während die Ziffern des jeweiligen Stockwerks aufleuchten. Mein Herz beginnt etwas höher zu schlagen. Ich habe etwas Angst davor, was passieren könnte, sobald wir auf dem Aussichtspunkt sind. Ob sie wohl weint, ob sie ihn vermisst, oder ob sie erst gar nicht aus dem Fahrstuhl treten will.

Als sich die Türen öffnen, lasse ich ihre Hand los. Sie soll selbst entscheiden was sie tun will, aber ihre festen Finger halten meine Hand an ihrer während sie langsam nach draußen tritt. Der rote Boden der Plattform hebt sich ein bisschen von dem grau der Häuser um uns herum ab. Wie sie wie Klippen vor uns aufragen, hohe Häuserfronten mit viel Beton und Glas. Die Stadt ist so groß, dass man sich leicht verlieren kann.

Wir treten an die Glas Balustrade heran. Jordy löst ihre Hand aus meiner um sie gegen das Glas zulegen. Ich bleibe stehen und betrachte sie dabei. Ihre blonden Haare wabern unter der roten Mütze hervor im Wind. Sie hat ihre Regenjacke an und eine Jeans. Sie passt irgendwie nicht hier her. Sie sieht eher aus wie eine Touristin, die sich hier her verirrt hat. Sie gehört nach Alaska, hinaus in das Land zwischen Bäume und endlos langen Wiesen. Zusammen mit ihrer Kamera.

Ich trete hinter sie und lege die Arme um ihre Hüften. Vorsichtig lehnt sie sich an meine Brust und ich kann den Kopf auf ihre Schulter betten um zusammen hinunter zu sehen nach New York. Dessen Anblick so imposant ist, dass man ihn gar nicht wirklich in Worte fassen kann. Ihre Hände legen sich auf meine während wir schweigend, die Szenerie betrachten. New York ist einer Weltstadt, genau so wie Los Angeles. Und ich hasse mich dafür, dass ich in meinem jugendlichen Leichtsinn Alaska verlassen habe um in LA das große Glück zu finden.

Es braucht lange, bis wir ohne zu reden, den Rückweg antreten. Ich kann gut verstehen, dass es der Lieblingsort von Jordy und Parker ist, um sich von New York zu verabschieden. Vor allem weil es bei Parker immer auf eine unbestimmte Zeit war.

Jordy, zieht mich aber nicht zurück in die U-Bahn, sondern ein paar Straßen weiter in ein kleines Restaurant, das man von der Straße her nicht wirklich als ein solches erkennt. Es liegt im Keller. Wir bekommen einen Tisch an dem einzigen Fenster das es hier gibt und wir können die vorbeigehenden Menschen von unten betrachten.

Es gibt Lammcurry, von einem indischen Mädchen serviert, dass unheimlich lange schwarzes Haar hat, die aussehen wie flüssiges Pech.

»Ich habe ein bisschen Angst davor!« sagt Jordy dann. »Davor, was passiert, wenn wir wirklich alles das tun, was wir vorhaben!«

»Wie meinst du das?« frage ich sie, während ich das Glas in meinen Fingern drehe.

»Ich denke nicht, dass die Presse es einfach so hinnimmt, wenn ihr ein Lied veröffentlich mit einer Frau, die zuvor mit dir in einem Club in LA gesehen wurde?« sie zieht die Augenbrauen in die Höhe und spielt mit ihrem Löffel. Ich weiß was sie meint. Wahrscheinlich werden alle auf sie Aufmerksam werden und dann werden sie das tun, was sie vor sieben Jahren nicht getan haben. Ihre Vergangenheit ausschlachten. Vor allem das mit Parker.

»Ich werde ein paar Kontakte spielen lassen so, dass es darum nicht so viel Wirbel gibt!« ich beiße mir auf die Unterlippe. »Es wird nur so viel preisgegeben wie du willst. Das kann ich regeln!« verspreche ich ihr.

»Und dann? Sie werden immer Fragen stellen? Sie werden immer nachforschen und immer wissen wollen, was zwischen uns passiert ist und was war.« Jordy lehnt sich auf die Tischkante. Sie sieht mich genauer an.

»Gib ihnen keine Antwort darauf. Mary, deine Granny und deine Vergangenheit werden nicht angetastet, das verspreche ich dir und wenn du willst auch nicht Parker und seine Familie!« verspreche ich weiter. »Du und ich, unsere Vergangenheit und unser späteres Leben wird genug Gesprächsstoff geben damit es für sie reicht. Es gibt niemand, in der Branche, der sich für ein Leben in Sitka entschlossen hat wenn ihm eigentlich die ganze Welt zu Füßen liegt! Wir legen das Augenmerk auf die Band, und nicht auf unser Privatleben. Das hat immer schon sehr gut geklappt.« ihre Hand greift nach meiner und sie drückt sie einmal fest.

»Okey, ich denke das schaffen wir!« sie nickt.

»Ja das schaffen wir. Aber du solltest dir jetzt keine Gedanken darüber machen. Wichtig ist, dass du dir Zeit für dich nimmst. Dass es dir gut geht und alles andere ist egal!« ich drücke ihre Hand einmal fest.

»Sech Monate!« sagt sie dann und ich lege meine Stirn in Falten, weil ich nicht so ganz verstehe, was sie meint. »Ich werde nach sechs Monaten zurückkehren!«

»Und dann?« frage ich nach.

»Du bist mir nicht böse, wenn ich mich gegen ein Leben mit dir entscheide?« fragt sie mich und ich schüttle den Kopf.

»Nein, ich kann und will dich nicht dazu zwingen. Vor sieben Jahren hätte ich dich auch dazu gezwungen, ein Leben mit mir zu führen und das wollte ich nicht. Wenn wir nicht zusammengehören, dann ist es so und ich muss es akzeptieren!« langsam streiche ich mit meinem Daumen über ihren Handrücken.

»Okey!«

»Ich werde dir auch nicht böse sein, das verspreche ihr dir! Aber wenn du dich für mich entscheidest, werde ich alles für dich tun, dass du glücklich bist!« sie senkt den Blick und sieht dabei so unheimlich schön aus.

»Und was ist mit dir? Alac, du musst genau so glücklich werden! Bitte versprich mir, dass du in diesen sechs Monaten auch nach deinem Glück suchst und nicht nur nach dem der Anderen! Du hast es auch verdient glücklich zu werden!« vorsichtig drückt sie meine Hand noch etwas fester, sieht mir in die Augen. Ich kann das braun und grün in ihren Augen leuchten sehen.

»Ich werde mein bestes Tun!« verspreche ich ihr.

»Du musst aufhören, das Glück der Anderen über deins zu stellen! Versprich mir, dass du alles daransetzt, dass du alleine glücklich werden wirst!« ihre Stimme ist sanft und lieblich.

»Ich verspreche es dir!« vergewissere ich ihr. Sie steht auf, beugt sich über den Tisch und gibt mir einen langen Kuss. Den ich nur erwidern kann. Er fühlt sich besser an, als jedes Versprechen, das ich ihr je gegeben habe. Es schmeckt nach Lammcurry und Reis. Eine komische Mischung, aber er ist perfekt.

»Woher kennst du diesen Laden eigentlich?« frage ich sie. Hier drin sind nur eine Hand voll Menschen und ein bisschen sieht es so aus, als würde man im eigenen Wohnzimmer mit ein paar Freunden sitzen.

»Wenn man in New York wohnt entdeckt man so einige Sachen, die man sonst nicht sieht. So wie dieser kleine Strand!« erklärt sie mir schmunzelnd. Setzt sich wieder zurück auf ihren Stuhl.

»Ich hatte nie das Gefühl, dass ich Los Angeles so entdeckt habe wie du New York entdeckt hast!« sie wendet sich wieder ihrem Essen zu.

»Ja, vielleicht. Aber ich glaube das ist auch schwierig!« stimmt sie mir zu.

»Ist es!« nicke ich.

Wir essen fertig, ich bezahle, auch wenn Jordy das nicht will. Aber ich lasse es mir nicht nehmen. Dann, essen wir fertig und gehen zusammen den Weg zurück zur U-Bahn Station in der sich immer noch unheimlich viele Menschen tummeln. Man ist anonym und das finde ich gut. Man kann jemand anderes sein. Jemand, den niemand kennt. Mit Jordy an meiner Hand, wird das alles nur noch viel schöner. Es erfüllt mich. Es macht mir glücklich.

Die kleine Wohnung von Jordy, kommt mir wie ein kleines Zuhause vor. Auch wenn die kleine Dachterrasse zurzeit nicht begehbar ist, weil es regnet.

Morgen, ist die Beerdigung von Parker, danach werden Jordy und ich erst einmal getrennte Wege gehen. Sechs Monate lang, bis wir das gefunden haben, was uns glücklich macht. Und ich hoffe, dass ich es finden werde, genau so wie sie.

Jetzt liegen wir nebeneinander im Bett, ich streiche ihr über die Schultern, während ich an die Decke starre. Ich weiß noch nicht, wohin mein Weg mich führt und ich weiß auch nicht was ich tun soll um glücklich zu werden. Denn mein ganzes Leben lang, war ich darauf bedacht, dass alle um mich herum glücklich sind.

Jordy schläft in meinen Armen, vorsichtig drücke ich ihr einen Kuss auf die Stirn. Bevor ich mich dann zurück in die Kissen sinken lasse. Ich werde nach Alaska gehen. Dort sind meine Gedanken freier und ich kann sie besser ordnen.

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