🌊 Kapitel 18 🌊
Ich habe einen Schädel.
Mike und ich haben die Nacht auf dem Boden verbracht, haben gekifft und getrunken, über das Leben philosophiert und irgendwie ist nichts Gutes dabei rumgekommen. Mein Rücken fühlt sich dabei aber an, als hätte man meine Wirbelsäule gegen ein Brett ausgetauscht, er ist unheimlich steif.
Als wir Beide uns endlich wieder aufgerafft haben, da ist schon weit nach Mittag und Thalia ist ziemlich sauer auf uns Beide, vor allem weil wir Alkoholfahne haben. Wir werden von ihr dazu verdonnert zu duschen und uns um zu ziehen, denn sie hat heute Abend Freunde eingeladen zum Abendessen.
Also gehe ich duschen, rasiere meinen drei-Tage-Bart ab und versuche wenigstens etwas ansehnlich aus zu sehen. Als ich in die Küche trete ist es schon fast fünf. Mike, sieht etwas durch den Wind aus, aber als wir uns ansehen, da müssen wir nur grinsen.
»Wieso, sieht es so aus als ob Mike und Alac einen richtig guten Abend hatten?« fragt Theo dann. Er steht mit Phil in der Küche und betrachtet uns so skeptisch, dass ich grinsen muss. Bis mir einfällt, warum das gestern Abend eigentlich passiert ist. Dann gefriert das Lächeln in mein Gesicht.
»Weil sie gekifft und gesoffen haben bis heute Nacht um drei!« stellt Thalia fest. Ihre Stimme ist tadelnd und ein bisschen mürrisch. Sie verdreht die Augen.
»He, warum macht ihr das alles ohne mich?« Frio lässt sich auf einen Stuhl fallen und sieht uns skeptisch an.
»War ne spontane Aktion. Das Gras war unheimlich alt.« Mike winkt ab und lächelt.
»Könnt ihr das trotzdem ankündigen?« Frio hört sich böse an.
»Ja, nächstes Mal kündigen wir eine Spontane Aktion an.« Mike schüttelt den Kopf. Ich muss an gestern Abend denken, als ich Jordy geküsst habe und ich muss daran denken, wie falsch es war, dass ich es nicht hätte tun dürfen! Und dass wir darüber reden müssen. Denn wenn wir es nicht tun, dann wird die Situation noch komischer.
»Hey!« Jordy tritt zu uns, legt ihre Tasche ab und lächelt uns an. Ihre und mein Blick streifen sich kurz und ich versuche heraus zu lesen, was sie fühlt und wie wir damit umgehen sollen. Aber da ist nichts, ich kann einfach nicht sagen, was sie denkt, was sie über gestern Abend denkt.
»Drum will ich sehr bitten! Ich weiß nicht wann ich das letzte Mal gekifft habe!« setzt Frio nach einer kurzen Begrüßung von Jordy fort.
»Untersteh dich, wenn du kiffst, dann darfst du nicht mehr im Bett schlafen!« erklärt Mara ihm und sieht ihn böse an. Jordy lächelt, ich muss den richtigen Zeitpunkt heute Abend abpassen, damit wir über all das reden können. Auch wenn es bedeutet, dass sie mich von sich stößt. Gerade ist sie aber mit ihrem Handy beschäftigt und beachtet mich nicht weiter.
»Du hältst es nicht aus ohne mich im Bett!« sagt Frio dann, schließt Mara in seine Arme und überhäuft sie mit küssen.
»Können wir uns einfach darauf einigen, dass nicht mehr gekifft wird? Wir sind keine achtzehn mehr!« Theo verdreht die Augen.
»Sei nicht so erwachsen!« Phil knufft seinen Freund in den Oberarm. Ein Handy klingelt und bevor ich kapiere wem es eigentlich gehört, hebt Jordy es sich an das Ohr. Alle Augen ruhen auf ihr.
»Jordy Sommerseth!« meldet sie sich und fährt die Marmorierung von der Kücheninsel nach. Sie hält den Blickkontakt zwischen mir und ihr. »Ja!« sagt sie dann. Die Anderen fangen, etwas leiser wieder ein Gespräch an, das zum Glück nicht über irgendwelche Drogen geht! »Sind sie sich sicher?« von da an, hört sich ihre Stimme unheimlich wacklig an und ihre Augen werden immer glasiger. Ich glaube ich weiß wer anruft und ich finde es ganz und gar nicht gut. »Ja, ja ich verstehe!« sie presst die Lippen zusammen. »Drei Wochen?« die erste Träne rinnt über ihre Wange. Alle Augen liegen auf ihr und ich Schlucke hart. »Wo kann ich seine Sachen abholen?« sie beißt sich auf die Unterlippe. »Wissen seine Eltern Bescheid?« es hört sich mechanisch an. Als ob sie den genauen Ablauf dieses Gespräches nur wiederholt. »Danke, Sir!« sie legt auf, legt ihr Handy auf die Arbeitsplatte, starrt ihre Finger ein paar Sekunden an, bevor sie sich davon löst und sich wegdreht.
Alle in der Küche sehen sie an. Ich bin der erste der reagiert. Sie geht in Richtung Gästezimmer, als ich sie an der Hüfte zum greifen bekomme, sie zu mir drehe und sie ohne etwas zu sagen an meine Brust drücke. Sie weint, schluchzt heftig in mein T-Shirt und krallt ihre Finger in den Stoff. Ich schlinge meine Arme um sie, drücke mich fest an mich. Thalia und Lara treten zu uns, sehen mich fragend an.
Parker ist tot, forme ich mit meinen Lippen ohne, dass ich es ausspreche, aber schon alleine diese Erkenntnis ist schrecklich.
Lara, umschließt mich und Jordy sofort mit ihren Armen, während Thalia noch einen Moment zögert. Aber dann stehen wir zu Viert da, Jordy und Lara heulend und ich versuche die Mädchen zusammen zu halten, dass sie wissen das jemand da ist.
»Ich sag das Essen ab!« Mike geht telefonieren.
Theo und Phil kümmern sich darum, dass es genug Taschentücher und Tee gibt. Lara ruft Mary und Granny an damit Jordy mit ihnen telefonieren kann. Wir verlagern alles auf das große Sofa im Wohnzimmer. In Decken gehüllt, wird geheult. Parkers Eltern werden angerufen.
Ich hasse solche Stimmungen. Das letzte Mal war es so, als mein Großvater gestorben ist. Die Atmosphäre ist aufgeladen mit Trauer, Verzweiflung und Schmerz. Jordys Schluchzen ist unheimlich herzzerreißend, genau so wie das seiner Eltern und ihrer Familie. Sie haben ihren Sohn verloren und Jordy hat ihren Freund verloren, den sie heiraten wollte. Diese Filmdose mit dem wunderschönen Ring darin, scheint in meiner Schreibtischschublade zu brennen. Es ist als ob er dort nicht hingehört, als ob Jordy hier nicht hingehört. Sie gehört in die Arme in von Parker. Sie gehören zusammen und nicht Welt getrennt.
Ich werde ihn nie kennenlernen, auch wenn er wahrscheinlich ein wunderbarer Mensch ist. Er währe wahrscheinlich jemand gewesen, der strahlend durch diese Haustür gelaufen wäre, mir die Hand geschüttelt hätte und mir mit seinem Blick, seiner Art und seinem Auftreten freundlich aber unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass Jordy ihm gehört. Und es wäre für mich in Ordnung gewesen, weil ich gewusst hätte, dass sie glücklich wäre. Ich hätte ihnen Los Angeles zeigen können, hätte mich mit Parker anfreunden können. Aber das funktioniert alles nicht, weil irgendwelche behinderten Touristen meinten, sie müssen ihn entführen und töten.
Es wird spät, als die Anderen ins Bett gehen und Jordy zusammen mit mir zurücklassen im Wohnzimmer zurücklassen. Sie hat sich eingewickelt in eine Decke, ihre Augen sind rot, ihre Haare durcheinander und ihre Körperhaltung eingefallen. In ihrer Hand hält sie das Bild von Parker, einem lachenden fröhlichen, lebenden Parker.
»Hey, soll ich dich ins Bett bringen?« frage ich sie dann, rutsche zu ihr und lege ihr sanft eine Hand auf den Rücken, damit sie weiß, dass ich da bin. Sie starrt dieses Bild an. Schüttelt aber dann den Kopf. Dann wendet sich ihren Blick zu mir.
»Können wir ihn nochmal aufnehmen?« fragt sie mich dann. Ihre Stimme klingt gebrochen, so dünn, dass ich Angst habe, sie zu zerbrechen. Ich weiß, dass sie den Song meint, den ich geschrieben habe. Aber ich weiß nicht ob es wirklich der Richtige Zeitpunkt ist, ihn nochmal aufzunehmen. Schließlich hat sie gerade erfahren, dass ihr Freund wirklich tot ist.
»Wenn du bereit dazu bist?« meine ich zu ihr. Aber ich glaube, ich könnte ihr trotzdem nichts ausschlagen. Egal was es wäre, sie sieht so fertig aus, das ich bis ans Ende der Welt fahren würde nur um sie glücklich zu machen.
»Ja!« sie nickt. Ich seufze innerlich auf aber wir schaffen das, es könnte nur eine ziemlich lange Nacht werden.
»Na komm!« ich halte ihr die Hand hin, ziehe sie auf die Beine bevor wir zusammen in den Probenraum gehen. Es dauert ein bisschen, bis ich alles vorbereitet habe und sie braucht eine Weile bis sie sich wirklich endgültig beruhigt hat.
Ein bisschen ist es wie in Alaska. Als wir zusammen den Song aufgenommen haben. Nur dass es hier nicht nach Frios Käsefüßen riecht und drei Tage alter Salamipizza die irgendwo vor sich hin schimmelt.
Heute ist es eher eine traurige Stimmung, die sich über uns gelegt hat zusammen mit Tränen. Es braucht eine Weile bis ich die Melodie davon, wenigstens auf dem Klavier eingespielt habe und bis es abgemischt ist. Bis dahin überlasse ich Jordy den Text, damit sie sich ein bisschen einsingen kann und mit dem Text warm werden kann.
Danach setze ich ihr die Kopfhörer auf, bevor ich sie nochmal prüfend ansehe. Aber sie nickt mir nur schwach lächelnd zu. Ich hoffe sie schafft es.
Jordys Stimme klingt weich, liebevoll und trotzdem ist da dieses verletzliche, was diesen Song so unheimlich schön und authentisch macht. Sie weint unterm singen, aber das hört man nicht, denn ihre Stimme bricht nicht ab. Klingt komisch oder heißer. Es ist einfach nur Jordy, mit dieser wunderschönen Stimme, die mir eine Gänsehaut beschert.
Sie hat beschlossen, dass ich die Hintergrundstimme singen soll. Das ist auch gar nicht so schwer, denn ich lasse ihr gerne den Vortritt.
Es dauert ziemlich lange, bis der Song genau so ist wie sie ihn gerne haben möchte. Morgen werde ich mit den Jungs einzeln die verschiedenen Instrumentalen Passagen aufnehmen bevor ich ihn ihr zeigen werde, wenn er fertig ist.
»Es hört sich komisch an, sich selbst singen zu hören!« stellt sie dann fest, als sie neben mir auf einem der großen Drehstühle sitzt, die hier vor dem Mischpult stehen.
»Ja, das stimmt!« nicke ich und mache es schließlich aus bevor ich mich zu ihr drehe und mich zurücklehne. Es ist spät geworden. »Die ersten Male wo unsere Songs im Radio kamen, habe ich immer umgeschaltet!« gebe ich zu.
»Jetzt nicht mehr?«
»Man gewöhnt sich daran, ich weiß nicht, ein bisschen ist man so oder so ein anderer Mensch, wenn man singt und dann denke ich nicht so viel darüber nach, wenn ich mich im Radio höre!« ich zucke mit den Schultern.
»Eigentlich finde ich, dass du mit deinen Songs genau den Alac wiederspiegelst der du wirklich bist. Wenn du singst, kannst du niemandem was vor machen! Es ist deine verletzliche Seite!« sie lächelt leicht.
»So wie bei dir das Fotografieren?«
»Ja. Aber ich glaube es ist auch wichtig. Du schreibst, wenn es dir schlecht geht und ich fotografiere. Man braucht irgendwie etwas, was einen erfüllt damit es einem wieder besser geht!«
»Das mit Parker,- es tut mir leid. Ihr wart perfekt füreinander!« ich lege meine Hand auf ihre und sie blickt mich direkt an. In ihren Augen schwimmen schon wieder die Tränen und ich muss hart schlucken.
»Danke! Ich glaube ich brauche nach diesem Job hier erst einmal eine Auszeit, um zu wissen, wie ich weiter machen will!« ich nicke.
»Du hast alle Zeit der Welt, mit so etwas klar zu kommen ist nie einfach!« stimme ich zu.
»Seine Beerdigung ist in drei Wochen!« erklärt sie dann leise. »Kommst du mit?« es ist eine ganz natürliche Frage, die sich aber unheimlich intim anfühlt. Ich soll mitkommen, zu der Beerdigung von Parker? Von ihrer großen Liebe.
»Wenn du das willst?« ich nicke. Ich kann gerade nichts anderes tun als sie zu unterstützten und das passiert, in dem ich mitkomme, zu der Beerdigung von ihrem Freund. Von dem Mann, der ihr einen Heiratsantrag machen wollte und zu dem Mann, der sie so sehr geliebt hat.
»Ja!« sie nickt.
»Zum Glück, hat man so viele schwarzen Sachen als Rockstar, dass es kein Problem darstellt!« es bringt sie ein bisschen zu lächeln, aber die Traurigkeit scheint zu überwiegen, so dass sie nicht wirklich lacht. »Wir sollten ins Bett gehen!« ich nicke zu der Schiebetür.
»Alac!« hält sie mich auf. »Kann ich,-ich will nicht alleine sein!« sie spielt mit ihren Fingern. Ich beiße mir auf die Unterlippe.
»Du kannst bei mir schlafen, wenn du willst! Mein Bett ist groß genug!« ich nicke, auch wenn es wahrscheinlich eine echt komische Situation werden wird. Aber sie nickt nur, ohne mir darauf eine Antwort zu geben.
Es wird still zwischen uns als wir zusammen nach oben gehen. Eine Frau mit in mein Zimmer zu nehmen bedeutet meist immer eins, dass wir miteinander schlafen. Die meiste Zeit ist das dann Zorey. Ich glaube, ich habe noch nie einer Frau angeboten in meinem Bett zu schlafen ohne irgendwelche Hintergedanken zu haben und sie hat auch nie zugestimmt, ohne dass es nicht auf diese eine Sache herausläuft.
Jordy bekommt ein T-Shirt von mir und so lange sie im Badezimmer ist, versuche ich ein wenig auf zu räumen, so dass die Whiskeyflasche von letzter Nacht, nicht mehr herumsteht und mein Schreibtisch nicht mehr aussieht, als würde hier ein Drogendealer wohnen.
Ja, mein Bett ist groß genug, aber es fühlt sich unheimlich klein an, wenn sie neben mir liegt. Weil ich weiß, dass ich nur meine Hand ausstrecken müsste um sie zu berühren, sie noch einmal zu küssen. Aber ich muss mich zusammenreißen. Deswegen wickle ich mich fest in meine Decke ein und hoffe, dass auch mein schlafendes Ich, nichts Unanständiges tut!
Warme weiche Haut schmiegt sich an meine. Eine Hand liegt auf meiner Brust, ein Kopf mit langen blonden Haaren daneben. Meine Arme umschließen den zierlichen Körper, während unsere Beine sich eng ineinander verwoben haben. Das leichte Sonnenlicht bricht zu den Fenstern herein und erinnert uns daran, dass der Tag angefangen hat. Seufzend drücke ich Jordy noch etwas näher an mich.
»Bist du wach?« fragt sie mich, sie richtet sich ein wenig auf, so dass meine Arme leicht von ihr rutschen.
»Mehr oder weniger!« gebe ich zu und sehe sie an. Sie sieht eher aus als hätte sie die ganze Nacht nicht geschlafen. Wie ist das passiert, dass wir mitten im Bett miteinander kuscheln obwohl sie die ganze Nacht wach war?
»Ich habe nachgedacht, Alac!« sie richtet sich auf, löst meine Arme von sich und setzt sich im Schneidesitz neben mich. Ich richte mich ein wenig auf, strecke mich, weil ich gerade erst wach geworden bin und nicht damit gerechnet habe, dass es jetzt irgendein Gespräch zwischen Jordy und mir gibt. »Ich habe über uns nachgedacht!« das habe ich genau so wenig erwartet.
»Okey?« sage ich, drücke mich ein wenig nach oben um meinen Kopf gegen das Kopfteil des Bettes zu legen. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht ob ich das alles jetzt schon schaffe im halb verschlafenen Zustand.
»Ich habe immer noch Gefühle für dich!« das war mir klar. »Und ich weiß, dass du wahrscheinlich auch immer noch Gefühle für mich hast!«
»Ja!« sie nimmt meine Hand in ihre. Sieht mir tief in die Augen.
»Ich brauche noch ein wenig Zeit, um mit all dem klar zu kommen was gerade passiert. Wenn du nicht darauf warten willst, dann kann ich das verstehen! Aber ich würde es gerne zwischen uns versuchen! Ob es funktioniert. Dafür musst du mir aber versprechen, dass du so etwas wie vor sieben Jahren nie wieder tust!« streng sieht sie mich an. Irgendwie kann ich das nicht glauben.
Fiebernd suche ich nach den richtigen Worten für all das hier.
»Nimm dir so viel Zeit wie du sie brauchst! Ich werde auf dich warten! Und ich verspreche dir, dass ich nie wieder so etwas wie vor sieben Jahren tun werde!« schwöre ich und sie nickt. Sie sieht so unheimlich müde aus. »Jetzt komm!« ich öffne die Arme um sie in empfang zu nehmen, bevor ich nach der Fernbedienung taste und die Rollläden nach unten lasse. »Ich glaube du solltest noch ein wenig schlafen!« flüstere ich ihr zu. Ihr Rücken liegt an meiner Brust, ich schlinge die Arme um sie, ziehe die Decke über uns Beide und warte bis ihr Atem sich verlangsamt hat.
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