Kapitel 95

Ellie Goulding - Still Falling For You

Freitag, 27. März

Can kam nicht wieder. Ich hoffe so sehr, dass jetzt Klarheit geschaffen wurde. Ich habe ihn einfach komplett in Ruhe gelassen, wie er es auch bei mir gemacht hat. Ganz so alleine war ich jedoch nicht, da ich immer seine Kollegen gesehen haben, die mich begrüßt haben und alle angeblich in unserer Nähe wohnen oder hier etwas zu tun haben. Von Ramazan habe ich nur herausfinden können, dass Can solange bei Celal ist oder war. War er bei der Therapie? Wie geht es ihm? Hat er getrunken? Sich selbst verletzt? Hatte er Albträume? Diese Tage haben mir trotz der Trauer gutgetan. Ich konnte nachdenken, bin noch einmal alles durchgegangen. Kommt er heute wieder? Es ist schon über 18:00 Uhr. Sollte ich ihn jetzt anrufen? Ich weiß doch, wie sehr er Zuneigung braucht. Seufzend nehme ich mir mein Handy zur Hand. Auf meinem Sperrbildschirm sind Can und ich so glücklich, so unbeschwert - das Bild ist aber trotzdem in einer Zeit entstanden, wo es uns nicht gut ging. Can war da auch krank und wir waren glücklich. Das Bild spornt mich gerade echt an, weckt die Optimistin in mir. Wenn wir es schon einmal geschafft haben, dann schaffen wir es doch diesmal auch. Etwas aufgeregt wähle ich seine Nummer. Ich würde es ihm - glaube ich - nicht verübeln, wenn er nicht abnimmt. Das Handy halte ich mir mit leichter Hoffnung ans Ohr. Es tutet einmal, zweimal, dreimal. Ich zucke zusammen, als jemand die Tür aufschließt. Sofort renne ich in den Flur. Can zieht sich die Schuhe aus. Diese Situation war am Mittwoch noch andersherum - Ironie des Schicksals.

Sollte ich auf ihn zulaufen oder warten, bis er sich regt? Seine Mimik sagt mir nichts, aber seine Augen leuchten. Seine geröteten Augen, die von dunklen Ringen geziert werden. Oh nein. Vorsichtig gehe ich einen Schritt auf ihn zu. Er könnte jetzt ausrasten, mich anschreien, um sich schlagen. Was er aber gerade tut, ist einfach nur an seinem Fleck stehenzubleiben und mich anzuschauen. Ich gehe einen weiteren Schritt auf ihn zu, er könnte mich abweisen. In seinen Augen sehe ich nichts, außer ihre Schönheit. Ich bleibe vor ihm stehen, schaue zu ihm hinauf. Er blickt starr in den Flur. "H-hi", flüstere ich. Ich weiß, dass er Zuneigung braucht. Can wird mich nicht wegdrücken. Trotzdem bin ich nervös, als ich meine Hand auf seine Brust lege. Er tut nichts, schaut weiter geradeaus. Langsam lege ich meine Arme um ihn, drücke Can fest an mich. Das fühlt sich so gut an. Ich ziehe seinen Eigenduft ein. Es wird alles wieder gut. Auf die Zehenspitzen stellend, lege ich meinen Kopf in seine Halsbeuge. Can regt sich immer noch nicht, aber das ist okay. Ich bleibe geduldig in dieser Position, nehme die Arme nicht runter, genieße einfach nur unsere schlagenden Herzen, die uns berühren. "Wir kriegen das wieder hin", murmele ich. Aufmunternd fahre ich über seine kräftigen Arme. Mein Rücken prickelt plötzlich, ehe Can seine Arme um mich legt. Mit einem kleinen Lächeln schließe ich die Augen. Jetzt sind wir einen Schritt weitergekommen. "Hey", grüßt er mich wispernd zurück. Seine Stimme lässt mein Inneres vibrieren und beben. Es kommt mir so vor, als ob sich ein helles Licht um uns legt, uns wärmt. Mich überkommt das schöne Gefühl der Erleichterung. Eine einzige Umarmung kann in mir positive Gefühle erwecken. Wie faszinierend die Liebe doch ist.

Langsam lösen wir uns voneinander, schauen uns mit Bedacht und Ruhe in die Augen. Ich fahre über seine bärtige Wange. Er schmiegt sich an meine Hand. "Setzen und reden?", frage ich. Can nickt, nimmt meine Hand und läuft ins Wohnzimmer. Wir setzen uns nebeneinander hin, lassen jedoch etwas Platz, damit wir uns in die Augen schauen können. "Wie geht es dir?", frage ich, nachdem ich geschluckt habe. "Besser, als davor." Ich nicke kaum vernehmbar, spiele an meinem schönen Ehering. "Warst du beim Therapeuten?" Can nickt. Ich mag diese Stille nicht. "Und wie war es? Worüber habt ihr geredet?", will ich wissen. "Ich habe über das jetzige Problem geredet." Er hält inne, holt einen Zettel hervor. "Er ist zwar kein Eheberater, aber er konnte die Situation schon mit meinem Verhalten assoziieren." Can faltet den Zettel auf. "Ich habe mir einige Notizen gemacht, Dr. Al-Kon hat einiges ergänzt, aber er hat eine echt hässliche Schrift. Diese typische Arztschrift." Ich schmunzele, weil sein mürrischer Ton wieder zu hören ist. "Meine Schrift ist sehr oft so", meine ich. "Aber du bist Shana. Das ist ein Unterschied." Ich bin so verdammt emotional, dass mir schon allein bei diesem Satz die Tränen der Freude aufsteigen. "Wir sprechen uns einfach aus", flüstere ich. "Wir hatten beide genug Zeit, um alles noch einmal Revue passieren zu lassen. Ich bin bereit, du auch?" Can nickt. "Ja, das-, also das kriege ich hin." Müde lächelt er. Wie wenig muss er wohl geschlafen haben? Man muss bedenken, dass mein Can schon wenig Schlaf braucht, um ausgeschlafen zu sein. "Beginnst du?", fragt er mich. Ich nicke. Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. "Nun ja, ähm..." Das ist schwerer als gedacht.

"Es hätte nicht zu den Ausrastern kommen dürfen." Can nickt, schaut konzentriert auf den Tisch. "Du hättest dich nicht auf ihre Falle einlassen dürfen. Immerhin warst du derjenige, der meinte, dass es ihr Ziel ist. Weißt du noch?" Wieder nickt er. "Du hättest mich nicht beileidigen dürfen", murmelt er. Ich halte inne. Was soll ich sagen? "Du hättest mich nicht angreifen dürfen. Du hättest von Anfang an mit mir reden müssen. Ich dachte, du willst mir nicht wehtun?" Can hält sich seufzend den Kopf. "Es ist bald alles vorbei", murmelt er. Damit meint er sicherlich die Therapie. Es wird wieder still. "Habe ich dich stark verletzt? Sonst gehst du nie schweigend weg." Unsicher spiele ich an meiner Rosenkette. So sehr ich an Empathie gewonnen habe, ich bin immer noch etwas unempathisch. "Sehr", haucht er. Oh nein. "Ich bin machtlos. Was kann ich denn tun, außer mich zu entschuldigen und versprechen, mich zu bessern?" Can wirkt wieder niedergeschlagen. Ich schüttele ahnungslos den Kopf und zucke gleichzeitig mit den Schultern. "Du hast gesagt, ich solle nachdenken und dann handeln. Du weißt selber, wie schwer das für Menschen ist, die Temperament besitzen." Er schaut mich an. Er hat recht. "Ich will es wirklich versuchen und bald ist es auch wirklich vorbei. Ich wünsche mir nur noch ein wenig mehr von deiner riesigen Geduld und von deiner unendlichen Barmherzigkeit. Lass mich damit bitte nicht alleine." Diese Verlustangst brennt mir auf der Seele. "Ich werde dich nicht mehr angreifen, ich werde von jetzt an niemandem mehr trauen, der nicht Malik, Ramazan oder du ist. Ich werde mich bemühen, nur beleidige mich nicht mehr so hart. Missgeburt ist vielleicht ein Standardwort in unserer Generation, aber für mich..." Er schüttelt den Kopf. "Ich habe dich auch nicht weggedrückt, als du mich umarmt hast, denn ich weiß nur zu genau, wie sehr dich das trifft." Ouh. Er hat recht.

Ich nähere mich Can, umarme ihn wieder. "Es tut mir leid", murmele ich. "Ich wusste im Moment nicht so ganz, wie sich das auf dich wirkt. Ich wollte nur, dass du endlich mit den leeren Versprechungen aufhörst." "Das sind keine leeren Versprechen, Shana. Bei Gott, ich gebe mir wirklich mühe." Seufzend lehnt er sich zurück, zieht mich näher an sich. "Ich finde es deprimierend, dass du meine Mühe nicht siehst." "Ich sehe sie, Can. Ich sehe doch, dass du dich bemühst, was das Ritzen angeht, was deine Zweifel angeht, das Autofahren. Ich sehe das alles und freue mich jedes Mal, wenn du unbeschwert bist. Ich wurde einfach wahrhaftig auf den Boden geschmettert, als du Aleyna mir vorgezogen hast, was das Vertrauen angeht." Er nickt verstehend. "Du hast recht. Es tut mir leid." Wie friedlich wir doch sein können. So friedlich, obwohl wir uns mit unseren giftigen Zungen töten können. "Hast du getrunken oder dich verletzt?", frage ich. "Würdest du es mir zutrauen?" Das ist eine berechtigte Frage. "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Sonst hast du dir auch nicht wehgetan und das Trinken hast du ja seit längerem nicht mehr getan." Ahnungslos zucke ich mit meinen Schultern. "Ein Teil sagt mir, dass du es nicht getan hast, weil du dir einen Willen aufgebaut hast. Ich hoffe, der Teil hat recht." Etwas neugierig schaue ich zu Can hinauf. Es fühlt sich so gut an, in seinen Armen zu liegen. "Habe ich nicht. Celals Mutter hat mich ordentlich durchgefüttert." Lächelnd bedanke ich mich innerlich bei ihr. "Du siehst nicht ausgeschlafen aus." Can bestätigt dies nickend. "Das waren harte Worte, die du mir an den Kopf geworfen hast." Ich halte kurz inne. "Es war auch die Wahrheit." "Etwas sanfter wäre angenehmer", murmelt er. Hmm. "Okay, den Vorschlag akzeptiere ich. Das nächste Mal nehme ich dich nicht so hart ran", scherze ich verstohlen. Mein Gott, ich habe meinen Humor schon immer geliebt. Dümmlich grinse ich Can an, der entweder wegen des Insiders oder wegen meiner Grimasse schmunzeln muss.

"Was steht auf dem Zettel?", will ich wissen. "Ach, nur einige Dinge, die wir schon genannt haben. Das nächste Mal werden wir weniger impulsiv sein, nachdenken und dann handeln." Can kneift sich die Augen zusammen. Er scheint Schwierigkeiten zu haben, Dr. Al-Kons Schrift zu lesen. Ich sehe ebenfalls auf die Notiz. So schlimm ist die Schrift doch gar nicht. "Die Rücksicht auf den Gegenüber spielt eine große Rolle. Scheiße, der Mann ist zwar gut, aber seine Schrift ist wie hingewichst." Ich verdrehe belustigt die Augen. Can zieht an meiner Haarsträhne. "Dir stehen solche Haare. Nicht zu glatt und nicht zu lockig. Eine schöne, glatt-wellige Frisur. Machst du etwas dafür?" Ich schüttele belustigt den Kopf. "Außer keinen Diffuser und keine Lockenprodukte anzuwenden und sie nicht zu kneten, mache ich nichts." Er nickt. "Jetzt kann ich durch dein Haar fahren, ohne hängenzubleiben." Ach, diese paar Male waren echte Stimmungskiller. Can, dein Ring hängt in meinem Haar. Ich muss schmunzeln. Was hast du auch bitte für Haare?! Das war ein sehr amüsanter Moment. Den Zettel nehme ich ihm aus der Hand. "Genug pragmatisches Handeln. Die emotionale Praxis ist relevanter." "Verzeihst du mir?" Und schon wieder halte ich inne. Heute tue ich das oft. Er versteht sofort. Etwas enttäuscht zuckt sein Mundwinkel. "Ich warte." Ungeduldig zuckt sein Kiefer. Can und seine Ungeduld. "Denk nicht daran. Eis mit Schokosoße?", frage ich mit einem wachsenden Grinsen. "Wäre es unpassend, wenn ich sagen würde, dass ich es von deinem Körper essen will?" Ich schaue nachdenklich. "Bestimmt." Um die Stimmung aufzulockern, wuschele ich ihm durch sein Haar. "Dass ich einmal erlebe, dass deine Haare fettig sind. Geh duschen, du Stinkmorchel." Can prustet. "Stinkmorchel?" Stolz nicke ich. "Shana, du denkst die komischsten Begriffe und dabei siehst du wirklich nicht so aus." Ich schaue ihn abwartend an. Ich weiß, was jetzt kommen wird. "Nimm's mir nicht böse, aber du wirkst auf Fremde wie eine kleine Kanakin, die isch, statt ich sagt." Darauf habe ich gewartet. "Du bist nicht der Erste, der das sagt. Damals, als ich meine Qualifikation bekommen habe und auf Ranjas Geburtstag war, waren ihre Freundinnen auch überrascht. Sie dachten, ich hätte einen eher niedrigen Abschluss oder sei eine, die jeden Tag am Bahnhof ist. Nicht, dass sie eingebildet waren, aber das war deren erster Eindruck. Ich finde es immer wieder amüsant." Verschmitzt grinse ich und laufe dann in die Küche. Can gesellt sich zu mir, stellt sich dicht hinter mich.

"Ich habe deinen Duft vermisst", murmelt er gegen meinen Hals.

Verlegen lächelnd, winde ich mich. "Ist aber jetzt wenigstens das Meiste wieder gut?" Ich nicke. "Heute gehen wir einfach alles entspannt an. Ruhig, langsam, entspannt, harmonisch." "Wäre Versöhnungssex passend?" Ich verdrehe meine Augen. Can zieht an meiner linken Haarsträhne - die auserwählte Haarsträhne. "Ich stehe hinter dir", erinnert er mich. "Ich stehe vor dir." Can wirkt wieder verspielt, er zwirbelt an meinem Oberteil herum. "Du machst mir indirekt das Angebot, dich von hinten zu nehmen." "Ich bin schon der Ansicht, dass man den Stress der vergangenen Tage gemeinsam ausklingen lassen sollte", merke ich leicht mokant an. "Ich bin derselben Meinung und schlage Sex vor." Ich lasse die Schokosoße über das Vanilleeis laufen und drücke Can eine Schüssel in die Hand. "Essen." Ich will mein Eis löffeln, als er mich aufhält. "Tablette, sonst brennt dein Arsch." Ich spitze meine Lippen. Can drückt mir einen raschen Kuss auf die Lippen. Obwohl ich es gewohnt bin, erröte ich. Can holt aus dem Gewürzschrank eine Tablette für mich raus. "Wieso ausgerechnet dort?" "Weil du die Dinger schluckst, als seien sie Bestandteil des Essens. Gewürze gehören, soweit ich das als Hobbykoch beurteilen darf, zur Kochkunst dazu." Klingt plausibel. Ich lasse mir die Tablette auf die Zunge legen und trinke mein Wasser aus - wenn auch mit viel Mühe. "Ich werde mich niemals an dieses Runterschlucken gewöhnen." Can grinst lüstern. "Dann musst du mir öfters einen-," "Nein." Mit meinem Eis renne ich ins Wohnzimmer. "Komm schon, Shana. Du hast es echt lange nicht mehr getan. Wann war das letzte Mal, dass du mir einen geblasen hast?" "Könnten wir heute über etwas anderes reden? Etwas mehr in Richtung Gefühle?" Etwas verwirrt blinzelt Can. Das sieht echt süß aus. "Aber wir machen Liebe. Das hat doch was mit Gefühlen zu tun." Überheblich grinst er. "Shana, was ist los mit dir? Heute bist du nicht so schlagfertig." Will er mich herausfordern? "Ich bin immer schlagfertig." "Ich werde schlagfertiger als du", meint Can, der dümmlich grinst. "Mach dir nicht so viele Hoffnu-," Ich spitze meine Lippen, damit ich nicht weiterrede. Wow, das Wort habe ich echt lange nicht mehr zu Can gesagt. Es war totgeschwiegen worden. Mir ist warm, mein Herz schlägt schneller. Was gerade wohl in Can passiert? Mit angehaltener Atmung sehe ich Can an. Oh Gott, was passiert jetzt? Sein Blick sagt mir nichts, wirklich nichts! "Es-, das tut mir leid." Er winkt ab. "Schon in Ordnung." "Nein, du lügst." Can schnalzt mit der Zunge. Ich drücke ihn fest an mich. "Tut mir leid, Can. Ich wusste es wirklich nicht. Das Wort habe ich echt lange nicht mehr benutzt und ich hatte auch nicht die Absicht-," "Shana, es ist okay", unterbricht er mich. "Sicher?", hauche ich. Er nickt mir zu. "Ganz sicher. Ich habe neue Hoffnungen bekommen. Ich bin verliebt, ich war verlobt und jetzt bin ich verheiratet. Es ist alles gut." Can hält mir einen Löffel mit Eis hin. "Iss lieber, statt dich weiter zu belasten." Artig nicke ich und nehme den Löffel an mich. Ich habe dieses Wort so lange nicht mehr benutzt. Ich hätte es auch Dr. Al-Kon sagen können, als er gefragt hat, was Can nicht mag.

"Hast du mit ihm auch über die Narbe geredet? Also, was körperlich mit dir passiert?" Can verneint es. "Wieso? Das war erschreckend, Can." "Ich weiß, aber ich glaube nicht, dass ich damit jemals abschließen werde." Das lässt meine Schultern leicht fallen. "Wieso?", frage ich leise. Es wäre so schön, wenn er nicht mehr an die alten Tage denken müsste. "Mobbing ist sehr schlimm." Er schaut gedankentrunken auf sein Eis. Ich will nicht, dass er an diese Scheusale denken muss. Mein schöner Can wurde wegen seinen Einschränkungen gehänselt. Wenn ich diese verfickten Bastarde sehen könnte, dann hätte ich sie zu Tode beleidigt. Ich mutiere langsam zum Can. "Denk bitte nicht daran. Es ist endlich vorbei." Er verneint es. "Ich konnte zwar ein Stück abschließen, als ich dann auf die weiterführende Schule gegangen bin, aber ich werde diese Sprüche niemals vergessen. Egal, wie selbstverliebt ich auch bin. Das geht nicht." Obwohl ich dachte, dass ich meinen Can in und auswendig kenne, weiß ich jetzt, dass er noch einiges versteckt. Aber das ist okay, das akzeptiere ich. Wenn er nicht bereit dazu ist, dann dränge ich ihn nicht. "Um noch Mal um auf die Narbe einzugehen." Ich beobachte ihn genauestens. Nicht, dass es ihm unangenehm ist. "Du hast mich sie ja anfassen lassen... du warst eigentlich nicht bereit dazu, oder?" "Ich bin nie dazu bereit. Dieses eine Mal nach deiner OP kann ich mir selber nicht erklären. Ich glaube, ich war so darauf fixiert, dich näher bei mir zu haben, dass ich nicht so stark daran denken muss." Ich nicke stumm. Das kann gut möglich sein. "Okay", flüstere ich und küsse seine Schulter. Wir essen schweigend unser Eis. Ich möchte noch viel mehr reden, aber mir fällt gerade nichts ein.

"Hattest du Albträume?" "Keine schlimmen. Nur habe ich oft gesehen, wie wir uns gestritten haben. Hat dich jemand die Tage irgendwie gestört?" "Meinst du deine Kollegen, die womöglich high waren?", frage ich schmunzelnd. "Hat dich einer angefasst oder dir etwas angeboten?", fragt Can leicht erzürnt. Ich verneine es verdutzt. "Nein, sie waren echt freundlich und einige waren auch echt lustig, weil sie ja so bekifft waren", schmunzele ich. Can sieht gar nicht glücklich darüber aus. Oje, jetzt wird's wild. "Wieso sind sie so unzuverlässig?", knurrt er. Wütend schaut er zu mir. Schreit er mich jetzt an? "Bist du spät rausgegangen?" Ich verneine es. "Wann bist du immer rausgegangen und mit wem?" Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. "Was hat das damit zu tun?" "Was wäre, wenn Soufian in deiner Nähe wäre? Was, wenn-, weißt du, wie die Typen aussahen, die gekifft haben?" Ich schüttele den Kopf. "Einer hatte aber kurzgeschorene Haare und ein anderer hatte einen eher dunklen Teint." "Wie dunkel? Hatte er eine Narbe an der Stirn?" Ich nicke unsicher. Nicht, dass der Junge jetzt Schläge bekommt. Cans Kiefer zuckt wütend, oje. "Ich rede mit ihnen." Seine Stimme ist tiefer geworden. "Can, mir ist aber nichts passiert." "Und was wäre passiert, wenn Soufian dich gesehen hätte? Was, wenn er dir gefolgt wäre und wüsste, wo du wohnst?" Seine Stimme hat Wut in sich, aber auch Angst... viel Angst. Ich schaue ihn perplex an. Was soll ich sagen? "Aber... aber es ist doch alles gut gegangen." Er lacht verzweifelt auf. "Shana, du bist zu unbeschwert und ich bewundere dich dafür sehr, aber dir soll bitte im Klaren sein, was für ein gottverdammter und ehrenloser Hurensohn dieser Junge ist. Er ist bei dir eingebrochen, hat sich an deinen Sachen vergriffen, es kann sogar sein, dass er dir bewusst gefolgt ist, als er mit dir geredet hat. Ich will gar nicht vom Unfall reden", seufzt er. Unbeholfen esse ich mein Eis. Bin ich zu unvorsichtig?

"Ich habe eine Bitte an dich, Shana." Aufmerksam und schüchtern zugleich sehe ich ihn an. "Geh nicht mehr ohne mich raus." Ouh. Überrascht hebe ich meine Augenbrauen. "Widersprich mir bitte hier nicht und akzeptier' es. Ich will dich nicht alleine rauslassen, solange ich nicht diesen Hurensohn gepackt habe." Sein Blick verfinstert sich, verleiht mir eine starke Gänsehaut. "Wir sollten uns vielleicht mit weniger schwerem Zeugs belasten", nuschele ich mit vollem Mund. Can sieht mich an, sein Kiefer zuckt wieder. "Wir könnten baden und uns entspannen." Ahnungslos zucke ich mit den Schultern. "Hörst du auf mich?" Ich antworte nicht. "Shana, ich will, dass du mir in diesem Punkt gehorchst und nicht ohne mich rausgehst." Schulterzuckend willige ich ein. "Von mir aus." Ein riesiges Problem habe ich damit nicht. "Aber heißt das, dass ich meine Freundinnen nicht besuchen darf?" Das würde mich viel eher stören. "Ich würde es bevorzugen, wenn sie hierhin kommen. Das ist doch ein Kompromiss?" Nachdenklich lehne ich mich zurück. "Aber wenn du in der Wohnung bist, könnten sie sich bestimmt weniger ausleben." Spöttisch kneift er seine Augenlider zusammen. "Ich bitte dich, Shana. Saliha und Malik haben es eine Wand weiter von dir getrieben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie und deine anderen Freundinnen selbstbewusst genug sind." Oh Gott, mir wird warm. Ich ergebe mich seufzend. "Ist ja gut, ich akzeptiere es." Sofort lächelt er. Sein triumphierendes Lächeln. "Nicht übermütig werden, Ehemann." "Bin ich nicht, Kleines." Ich verdrehe meine Augen und weiche schnell aus, als er nach meiner Strähne greifen will. "Ich lasse schon mal das Wasser für dich ein." "Du kommst mit." Oh Gott, ich habe mich die Tage gar nicht rasiert. "Nein, tue ich nicht." Ich taste das Wasser ab und lasse die Wanne damit volllaufen.

Ich höre, wie Can die Schüsseln in die Spüle legt. Schnell will ich aus dem Bad fliehen, als er mich auffängt. "Wohin, Madame?" Ich spitze meine Lippen. Can küsst mich wieder. Das kribbelt in meinem Bauch. "Das Bad ist hinter dir", informiert er mich. "Das Bad ist vor dir." "Danke für die Anweisung. Du kommst mit." Ich schüttele den Kopf. "Wieso?" Wenn er weiß, dass ich Stoppel habe, dann wird er mich trotzdem in die Wanne zwängen. "Ich habe meine Tage." Er zieht die Augenbrauen zusammen, läuft zum Müll, weswegen ich hinter seinem Rücken Fratzen ziehe. "Ich sehe keine Binden." "Ich habe sie auch heute bekommen." "Ich sehe keine blutige Slipeinlage." Ich murre kaum vernehmbar. "Ich wusste, dass ich sie kriege und habe mir schon gestern eine Binde reingeklebt." Ich grinse triumphierend. Can dreht sich ungläubig zu mir. Was guckt er so? "Wo ist dann die Folie der Binde, Kleines?" Frustriert murre ich. Wieso hinterfragt er so viel? "Raus aus der Kleidung." Ich schüttele den Kopf. "Was ist los?", fragt er nun besorgt. Can legt seine Hände auf meine Taille. Diese Berührungen haben mir gefehlt. "Habe mich nicht rasiert." Und schon stöhnt Can auf. "Na und, Shana? Ich habe auch Brusthaare bekommen." "Igitt, rasier dich!", kreische ich. Schmunzelnd sieht er mich an. "Und ich werde nicht in die Wanne steigen." "Shana, ich habe schon Sex mit dir gehabt, da hattest du winzige Stoppel." "Na und? Jetzt sind die Stoppel länger." Er seufzt, stellt das Wasser ab. Das Wasser braucht echt lange, um die Wanne zu füllen. "Dann rasier dich jetzt. Ich warte solange." Ohne mich zu Wort kommen zu lassen, schließt er die Tür, die er sogar abschließt! Ich seufze ergeben und rasiere mich in dem wenig Wasser. Jungs haben es da viel einfacher. Okay, Can muss sich zwar auch rasieren, aber Achsel und Beine sind nicht miteinander zu vergleichen.

"Wie lange brauchst du noch?", fragt Can, als er klopft. Can und seine Ungeduld. "Bin beim zweiten Bein." Er grummelt vor sich hin, was mich lachen lässt. Schnell rasiere ich das andere Bein, meine Scham und meine Achseln, ehe ich das Wasser ablaufen lasse, die Wanne etwas säubere und dann wieder neues Wasser in die Wanne fließen lasse. Danach schließe ich die Tür auf und schreie auf, als Can mich in seine Arme zieht. "Hab' ich dich." Er presst Luft gegen meinen Nacken, was mich kreischen lässt. Ich drücke mich lachend weg von ihm, verdecke meine Brüste. "Wieso versteckst du dich? Hast du dir ein Liebesbeweis stechen lassen?" Schmunzelnd verneine ich es und will in die Wanne steigen, als er mich wieder aufhält. "Deine Ohrringe", raunt er. Mit Absicht beugt er sich vor und entfernt mir die ganzen Ohrstecker. Ich winde mich, als er mir Küsse auf die Ohren haucht. "Das wird unser Code für Sex." Verwirrt blinzele ich. Can schaut schmunzelnd auf meine Brüste. Oje, meine Nippelchen stehen ab! Murrend halte ich mir die Hände vor die Brüste. "Zieh mir das Oberteil aus." "Mach es doch selber." "Ich habe etwas Neues für dich", grinst er. Warte, hat er sich wieder etwas stechen lassen? Sofort zerre ich an seinem Oberteil und kreische, als ich die ganzen Haare sehe. "Nimm die Arme runter!" Schnell springe ich ins warme Wasser. Alles, bloß das nicht! "Meine Haare tun dir doch nichts." "Doch, sie ekeln mich an. So wirkst du tausendmal unattraktiver!" Schmunzelnd zieht er sich die Hose samt Boxershort aus. Nein! Nein, das will ich nicht! "Can!", quengele ich. Muss er sich auch da unten entspannen? "Das hat voll gejuckt, als ich nicht rasiert habe. Da habe ich an dich gedacht, da du lange Nägel-," "Sei still!", kreische ich. Can steigt lachend in die Wanne. Seine schöne und melodische Lache beruhigt mich.

Ich sehe entgeistert auf seine dunklen Brusthaare. Gott, er hat auch Haare unter dem Nabel. "Selbst um deine Brustwarzen wachsen Haare." Ich wimmere. Can fährt sich grinsend um seine Brustwarzen. Mit wenig Begeisterung schüttele ich den Kopf. "Komm her." Ich schüttele den Kopf. Can zieht mich an sich. Ich würde mich ja gerne wehren, aber da Can die Kraft eines Löwen besitzt, winde ich mich nur wie ein Fisch in seinen Armen. "So schlimm sind sie doch gar nicht." Ich ziehe an ihnen, er schreit. "Hätte ich deine Plüschfesseln mitgenommen." Innig umarmt er mich. "Wie wäre es mit Sex in der Wanne?" "Wärst du rasiert, hätte man noch verhandeln können." "Komm schon, Shana. Ich habe dich doch auch genommen, als du Stoppeln hattest. Oh, deine Beine sind echt weich", schnurrt er in mein Ohr. Ich winde mich und berühre somit seinen Freund. "Du warst da auch rasiert. Außerdem haben wir das doch abgesprochen." Schmunzelnd fährt er über meinen Bauch. Das gefällt mir schon viel besser. Schnurrend schließe ich die Augen und genieße die Krauleinheiten. "Leg dich auf den Rücken." Ich tue, was er sagt. Wir waren vor mehreren Tagen noch stark zerstritten und nun liegen wir gemeinsam in der Badewanne. Wie faszinierend die Liebe doch ist. "Nicht erschrecken." Ich öffne verwirrt die Augen. Cans Hand taucht tiefer auf. Ich keuche auf, als er zwei Finger in mich steckt. "Doch nicht jetzt", keuche ich. Oh Gott, das ging doch viel zu schnell... oder nicht? "Wann dann?", raunt er. Immer noch bewegt er die Finger in mir. Meine Augenlider flattern. "Das... wir haben uns doch gerade eben vertragen", murmele ich. Er lässt seine Finger in mir kreisen, was mich schreien lässt. Das fühlt sich so gut an. "Wie du meinst." Und nun sind seine Finger raus aus mir. Wie? Ist das sein Ernst?! Ich schaue entgeistert auf das Wasser. Das ist doch nicht sein verdammter Ernst?! Okay, ich werde mir einfach nichts anmerken lassen. Das ist doch sein Ziel. Was ein hedonistischer Egoist Can doch ist!

Langsam setze ich mich auf. Ich bin dezent frustriert, aber das lasse ich mir nicht ansehen. "Shana?" Ich schaue ihn neutral an. "Möchtest du etwas?" Ich nicke. "Rasier dich, das ist echt ekelig." Ich drücke ihm mit einem leicht finsteren Blick den Rasierer in die Hand. "Und wenn ich mich nicht rasieren will?" "Dann wachse oder epiliere ich die unerwünschten Haare. Ich fessele dich davor und ich werde jeden einzelnen Schrei genießen." Verdutzt schmollt er und beginnt sofort mit dem Rasieren. Ich höre, wie ein Handy vibriert. Es ist sein Handy. Ich beuge mich zum Handy und kriege einen auf den Hintern gehauen. "Aua", murre ich. Es ist Shevin. Schmunzelnd gebe ich Can das Handy. Er begrüßt sie und lauscht dann aufmerksam ihren Worten. Can sieht schon schnuckelig aus, wenn er telefoniert. Er sagt irgendetwas von nächster Woche und legt dann auf. "Wir haben die Verabredung voll vergessen. Am Sonntag gehen wir zu Shevin." Ouh. Durch die ganzen Tumulte habe ich das komplett vergessen. Das wird toll! Wir albern noch herum, essen und legen uns relativ trocken ins Bett. Ich bin zwar immer noch frustriert, weil er mich sinnlich geneckt hat, aber das kriegt er sowieso zurück. "Das Bad hat gutgetan." Er grinst. Ich weiß, an was er denkt. Can soll bloß nicht zu überheblich werden. "Es war warm und eng." Ich verdrehe meine Augen, was Can aber nicht gesehen hat. "Für mich war es echt klein und schlaff." Ich schalte das Licht aus, damit ich sein riesiges Grinsen nicht mehr sehen muss. "Sicher? Dafür hast du dich einen kurzen Moment sehr befriedigt angehört." "Ich war schon immer für meine Schauspielkünste bekannt." Can drückt mich schmunzelnd an sich. Er will es nicht anders. Er wird es bereuen! Mit Schokosoße von mir aus! Ich plane es von mir aus jetzt schon. Er wird es immer noch bereuen, mich an seinem Geburtstag so stehengelassen zu haben. Mein Nachtragen brodelt.

Du hast dich mit der Falschen angelegt, Can.

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RÄTSEL TIME!

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- Helo

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