Kapitel 78
Stan Walker - Find You
Ich werde mitten in der Nacht wach, als ich schmerzhafte Schreie höre, leidende Schreie. Can strampelt neben mir wild herum, meine Alarmglocken schlagen laut auf, schnell schalte ich die Wandlampen an. Was ist los mit ihm? "Bitte", schreit er. Ich rüttele mit erhöhtem Herzschlag an seinen Schultern, versuche ihn aus seinem Leid zu befreien. Was ist passiert? "Can, du musst ruhig bleiben." Ich habe ihn so lange nicht mehr so aufgebracht gesehen. Er reißt seine Augen auf, seine Brust hebt sich gewaltig stark. "Ich bin nicht brutal, ich bin nicht brutal!", kommt es schreiend und flehend von ihm. Seine Augen sind mit Tränen gefüllt, meine auch. "Can, alles ist in Ordnung." Panisch blickt er sich um, schlägt meine Hände weg und zieht an seinen Haaren. "Ich will nicht, ich will das nicht!" Er hustet und schreit leidend. Meine Hände zittern, mein Herz pocht, ich weiß nicht, was ich tun soll. "Can, bitte", flüstere ich. Vorsichtig hebe ich Can an, damit er sitzen kann. Sein Rücken ist warm und verschwitzt. "Can, niemand tut dir etwas." Er schüttelt seinen Kopf. "Ich will das nicht machen, ich will nichts tun." Er ist außer Atem, er weiß nicht, was gerade mit ihm passiert. "Can, du musst nichts tun." Meine Stimme ist heiser, weil er leidet. Wild schüttelt er seinen Kopf, einige Schweißtropfen treffen mein Gesicht. Wie lange ist Can in diesem Zustand? "Das ist alles meine Schuld", kommt es brüchig von ihm. Mein Herz bricht, meine Tränen fallen aus meinen Augen. "Nein, Can", flüstere ich. Langsam stehe ich auf und nehme vorsichtig seine Hände. Sie zittern und sind nass, Can muss in einer Art Panikattacke sein. Ich sehe, dass seine Beine zittern, er kann nicht richtig laufen. Vorsichtig nähere ich mich ihm, suche nach der Erlaubnis in seinen verängstigen Augen, stütze seinen warmen und verschwitzen Körper ab und laufe ins Bad. Can mag Wasser, das beruhigt ihn.
Da wir schon in Unterwäsche sind, steigen wir direkt in die Wanne und setzen uns auf den Boden. Hat Can Platzangst? Ich hoffe nicht. "Es ist alles gut, Can", versichere ich ihm, schalte langsam das Wasser an und lege den Duschkopf auf seinen Schoß. Er schaut auf das springende Wasser, seine Brust bewegt sich langsamer, Can kommt mir wieder wie ein kleiner, hilfloser Junge vor. Seine Beine sind ausgestreckt, meine angezogen, er soll sich nicht belasten. Beruhigend fahre ich seine Beine auf und ab, beobachte, wie er wie gebannt auf das Wasser schaut, sehr wenig blinzelt und sich langsam beruhigt. Was hat die Panikattacke ausgelöst? War es wegen meiner vermeintlichen Angst? Can hat des Öfteren wegen negativen Aussagen von mir Albträume bekommen, ich beeinflusse ihn stark. In meinem Brustkorb, genau am Solar Plexus, baut sich Druck wegen seiner Angst auf. Es ist so verdammt schwer, vorsichtig zu reden, wenn man nicht immer etwas Positives zu seinem Gegenüber sagen kann, wenn dieser es wie eine Droge aufnimmt und an ihr zerfällt. Langsam nehme ich den Duschkopf an mich und wasche sein Haar, sage dabei das Al-Fatiha auf. Ob es legitim ist, dass ich das in so knapper Kleidung aufsagen darf, weiß ich nicht, aber es ist zu Cans Gunsten, es beruhigt ihn. "Alles ist gut", flüstere ich, fahre beruhigend durch sein dichtes Haar und massiere seine Kopfhaut mit Shampoo. Sein Kopf ist an meinem Bauch angelehnt, meine Hand krault seinen Hinterkopf und seinen Nacken. Ich hoffe, es geht ihm besser.
Das Duschgel nehme ich zur Hand und seife langsam seinen Oberkörper und seinen Rücken ein, nur unten nicht, wo seine Narbe die Grenze durchzieht. Ich massiere seinen Oberarm und sehe in sein leeres Gesicht, welches auf das Wasser schaut. Seine Gedanken sind bestimmt in einem Chaos, meine drehen sich nur um ihn. Sein Anblick lässt mich wieder ganz sensibel werden, doch ich reiße mich zusammen und massiere den anderen Arm. "So gut?", frage ich. Kaum erkennbar nickt er. Seufzend küsse ich seine Schläfe und massiere seine Hand. Ist er schon in der Lage, um mit mir zu reden? Er sieht nicht so aus. Wie geht es ihm? Hat er Hunger oder Durst? Er wirkt kaputt und müde. Den Schaum wasche ich von seinem Körper und fülle die Wanne ein wenig auf, vielleicht fühlt Can sich durch das Wasser sicherer. Kann ich ihn denn nicht schützen? Nein, ich bin doch dafür verantwortlich. Ich erschaudere. Stimmt das? Ist es meine Schuld? Ich kann doch nichts dafür, dass mich die Vergangenheit so mitgenommen hat, ich kann doch nichts dafür, dass ich dachte, dass ich damit klarkomme, es jedoch nicht ganz so ist. "Soll ich dir etwas holen?" Langsam schüttelt er den Kopf. Was könnte ich für Can bloß tun? Unter dem Wasser bewegt er langsam seine Hände vor und zurück, er ist in einer anderen Welt. Vielleicht möchte er alleine sein. Langsam und unsicher will ich aus dem Wasser steigen, als Can sich an mich schmeißt und heftig den Kopf schüttelt. "Nein, nein, bitte nicht, nein, bitte." Ängstlich sieht er mich an, legt seine Hände auf meine Wangen und schreit mit seinen Augen, dass ich ihn nicht verlassen soll. Ich nicke mit Tränen in den Augen.
Ich mache leichte Wellen, damit Can sie sich ansehen kann und sich dadurch vielleicht beruhigt. Eine Wassertherapie wäre doch für seine Panikattacken gut. Die Innige-Therapie war gut gegen seine Aggressionen, die hier würde auch bestimmt gut sein für seine Verlustängste oder seine Selbstzweifel. Ruhige Komponenten, die Can bekannt sind, und ihm bewusst ist, dass sie ihm nichts tun, das braucht er. "Möchtest du dich gegen meine Brust lehnen?" Can schaut mich, ohne ein Wort zu sagen, an. "Mein Herzschlag könnte dich beruhigen." Ich lächele leicht und öffne meine Arme, woraufhin er sich schon fast auf mich stürzt und seinen Kopf auf meiner Brust ablegt. Seine Stirn ist zu warm für seine reguläre Körpertemperatur, er kriegt Fieber. Can kriegt bei seinen Angstzuständen oft Fieber. Schweigend fahre ich über seinen Kopf, hoffe, dass es ihm besser geht oder dass er sich langsam bessert. "Wie geht es dir?", frage ich leise. Er zuckt mit seinen Schultern, er ist vielleicht mit den Gedanken woanders oder er weiß wirklich nicht, wie es ihm geht. Seine Antwort nehme ich hin und küsse seine Stirn, kraule seine Kopfhaut und streichele seine Wange. Ich hoffe, ich bin nicht zu spät aufgewacht. Wie fühlt sich eine Panikattacke an? Ich weiß, dass es eine plötzlich auftretende Angstreaktion mit vegetativer Symptomatik ist. Ich weiß, dass die Betroffenen an Atemnot leiden, ihr Herz stark schlägt, dass sie anfangen zu schwitzen und vieles mehr. Ich weiß, was Can fühlt, aber ich weiß nicht wie er fühlt. Eine Atemnot ist nichts Schönes, das weiß ich, jedoch habe ich das Gefühl vergessen und kann es nicht wieder ins Gedächtnis rufen. Obwohl... nachdem Can sich von mir getrennt hat... es war grausam. Ich will nicht daran denken, an diese Schmerzen, an das ganze Leid, ich muss mich um Can kümmern. Meinen Zeigefinger tauche ich ins Wasser und lasse die Tropfen, die sich auf meiner Fingerkuppe gebildet haben, auf seinen Rücken träufeln. Immer und immer wieder, bis sich eine kleine Pfütze zwischen seinen Schulterblättern gebildet hat. Ich würde gerne wissen, was er denkt, wie er fühlt. "Reden tut gut", murmele ich. Vielleicht fühlt er sich bereit.
Can atmet tief durch und schmiegt sich an mich, umschlingt mich und lässt das Wasser leicht schwappen. "Ich habe immer das Gefühl, dass ich sterbe", flüstert er, und sofort sind meine Tränen bereit auf meine Haut zu treffen. "Es ist ein Gefühl, das ich hasse, aber ich kann nichts dagegen tun." Leicht zitternd atmet er ein. "Meine Eltern haben immer gesagt, dass mir nichts passiert, dass ich nicht sterbe, aber sie kennen dieses Gefühl nicht, Shana." Mein Name wird verbittert ausgesprochen. "Ich kenne niemanden, der das Gefühl hatte. Dieses Gefühl, diese Angst zu sterben, sie ist furchtbar und so stark." Ich nicke. "Ich weiß", flüstere ich. Mir kommen die Erinnerungen hoch, mein vermeintlicher Herzanfall, der durch Can entstanden ist. Ich will und kann es Can nicht erzählen, weil ich nicht will, dass ihn noch mehr Gedanken plagen. Ich lasse es lieber in mir. "Wie kann man nur gegen sich selber kämpfen? Wieso werde ich von mir selber so verängstigt, dass ich denke, dass ich sterben muss?", flüstert Can brüchig. Ich schlinge meine Arme um ihn und versuche nicht zu schluchzen. Seine Hilflosigkeit brennt in mir, verklumpt meinen Hals und drückt auf meiner Brust herum. "Du schaffst es doch jedes Mal, du überlebst deine bösen Gedanken jedes Mal. Das ist doch gut?" Ich blinzele öfters, damit ich klarer sehen kann. Die Tränen konnte ich nicht mehr aufhalten. "Wäre keiner da, der mir hilft, dann wäre ich vielleicht schon tot." Die Kälte und Verbitterung in seiner Stimme gefällt mir nicht, sie verängstigt mich, lässt mich erschaudern. Was soll ich darunter verstehen? Dass er tausend Tode gestorben ist oder das... dass er sich umbringen wollte? Meine Brust bebt, mein Leid springt, ein Schluchzen kann ich mir nicht mehr verkneifen. "Es wird alles gut, Can. Niemand tut dir etwas, ich bin da, deine Freunde und Eltern sind da, wir alle helfen dir." Ich drücke seinen Kopf fest gegen meine Wange und weine stumm. "Hat es... hat es mit dem Unfall begonnen?", frage ich brüchig. Er nickt und schlingt die Arme fest um mich. "Erst später, es waren komische Erscheinungen, aber vielleicht kamen die auch vom Tumor. Diese Attacken kamen immer, wenn ich mich schlecht gefühlt habe, wenn ich Schuldgefühle hatte, zum Glück war es nicht oft so, es waren eher Albträume... aber wenn es dazu kann, dann hätte ich lieber tausend Albträume als eine einzige Attacke." Er schüttelt seinen Kopf, ich sollte das Thema wechseln. "Möchtest du ins Bett oder noch hierbleiben?", frage ich. Langsam steht Can auf und lässt das Wasser abfließen. Ich trockne ihn ab, weil er gerade so noch stehen kann. Can ist schwach, er besitzt eine gewisse Labilität. Langsam laufen wir zurück ins Schlafzimmer, ehe ich nach fiebersenkenden Mitteln schaue und sie ihm bringe. Ich wechsele meine Unterwäsche und bringe sie mit seiner Boxershort ins Bad, ehe ich mich neben ihn hinlege und durch sein Haar fahre. Er legt seinen Kopf auf meine Brust und umschlingt mich.
"Ohne dich wäre ich am Ende", flüstert er.
In mir macht sich Stolz breit, ich habe ihm also geholfen, ich helfe vielleicht sogar immer, obwohl es mir nicht so vorkommt. Helfe ich ihm schon allein durch meine Anwesenheit? Meinen Duft? Mein Lächeln? Das würde mir logisch vorkommen, da es mit dem Gehirn, dem Empfinden und den Hormonen zusammenhängt. Das stellt mich zufrieden. Ich taste seine Stirn ab und kraule ihn. An Schlaf kann ich nicht denken, dafür bin ich zu verschreckt und besorgt. Er hat vor Angst geweint, er leidet. Ich kann mich daran erinnern, als ich zu ihm gegangen bin, nachdem wir Schluss gemacht haben. Wie verängstig er war, wie panisch, verzweifelt und hilflos dieser große und starke Junge doch ist. Ich schaue zu ihm hinunter und sehe, dass seine Augen geschlossen sind. Ich wünsche mir, dass er ausschläft. Es vergehen mehrere Stunden, doch ich finde keinen Schlaf. Ich will wach bleiben, für den Fall, dass Can etwas zustößt. Bis jetzt schläft er friedlich auf meiner Brust. Seine Temperatur ist schon besser geworden. Wie anfällig ist Can für seine Anfälle? Wie sanft muss ich mit ihm umgehen? Ich sollte mich die Tage vielleicht zurückhalten und ihm zuvorkommen. Was ist Cans Lieblingsessen? Hat er überhaupt eins? Was frühstückt er gerne? Wieso weiß ich das alles nicht? Ich weiß, dass wir beide Fans vom Herzhaften sind, deswegen haben wir auch immer Sucuk in den Eiern. Mit meinen Händen fahre ich durch sein tolles Haar und lasse meine Nägel über seine Schultern fahren, und massiere danach seine Kopfhaut. Es vergehen mehr Stunden, ich könnte schlafen, ich fühle mich in der Lage zu schlafen, aber ich tue es nicht. Ich tue es nicht, weil ich auf Can Acht geben muss. Er schläft schon tief und für seine Verhältnisse fest, aber ich habe Angst, dass etwas passiert. Wenn ich an sein Schreien denke, könnte ich wieder anfangen zu weinen. Träumt er? Wenn er es tut, an was träumt er? Ich hoffe, es handelt sich um etwas Positives. Wenn ich lange wach bleibe, werde ich irgendwie kreativer, poetischer. Ich habe einmal ein komisches Gedicht verfasst, einen Rap-Text und sogar eine kognitive und echt originelle Biographie - was den Ausdruck angeht-, als ich dann mit dem Bus zur Schule gefahren bin, weil ich die Nacht durchgemacht habe. Irgendwie kommen mir Träume paradox vor. Wir erstellen während einer Phase, wo unser Körper sich ausruht, Bilder im Kopf. In einer Phase, wo wir so gut wie still, stumm und bewegungsunfähig sind, machen oder können wir trotzdem all das machen - sowohl im Traum als auch in echt. Und diese Träume sind sooft paradox und nicht zu erklären - wenn man sich noch daran erinnern kann. Die Träume entstehen durch äußere Einflüsse, Gedanken und Handlungen, aber auch durch Sehnsüchte, Gesehenes und oder Ängste. Einige können ihre Träume steuern, die Mehrheit kann es jedoch nicht und manchmal wünscht man sich, dass man es könnte. Die Sonne ist schon lange aufgegangen. Wir haben gerade 09:32 Uhr. Sollte ich jetzt das Frühstück machen? Sollte ich eine Viertelstunde die Augen schließen? Langsam schiebe ich Can zurück und laufe mit einem T-Shirt von ihm in die Küche. Mit ganz viel Ruhe bereite ich alles vor und setze mich kurz. Vielleicht sollte ich mich gleich etwas hinlegen, denke ich mir, als ich mir über mein Auge reibe. Sollte ich Can wecken gehen? Ich stehe auf und sehe, dass er schon in die Küche läuft. "Hi", flüstere ich und umarme ihn innig. "Alles gut?" Er nickt und zieht meinen Duft ein. Lächelnd fahre ich durch sein Haar und über seine Wange, nehme seine Hand und setze mich neben ihn hin. Seine Tasse, die mit schwarzem Tee gefüllt ist, reiche ich ihm, genau wie das Brot. "Möchtest du noch etwas?", frage ich, was er verneint. Schweigend frühstücken wir, ich beobachte Can ab und zu und versuche etwas anhand seiner Mimik abzulesen, finde jedoch keine Anhaltspunkte. Er isst langsam und weniger als sonst. "Soll ich dir ein Brot machen?" Er nickt. Sofort tue ich es und belege es mit Sorgfalt. "Was möchtest du heute essen? Was ist dein Lieblingsessen?" Seine breiten Schultern zucken. "Ich habe kein Lieblingsessen. Mach das, worauf du Lust hast." Can lächelt mich an und kneift mir in die Wange. "Ich mache das, worauf du Lust hast. Sag mir irgendetwas." Ungeduldig tippe ich auf seinem Oberschenkel herum und sehe ihn abwartend an. "Ich weiß nicht, wie wäre es mit Hähnchen?" Ich nicke. Hähnchen ist gut, Hähnchen ist toll. "Gehen wir gleich duschen?", fragt Can vorsichtig. "Alles, was du willst", murmele ich. Wenn er es möchte, dann gehen wir duschen. Ich esse zu Ende und räume alles weg, ehe wir mit frischen Sachen ins Bad laufen. Mir fällt erst jetzt ein, dass ich wieder Stoppel bekommen habe. Das ist mir unangenehm. Während Can sich von seinem einzigen Teil befreit, ziehe ich mir das T-Shirt weiter nach unten.
Can steht, sowie Gott ihn erschaffen hat, vor mir. Oh Gott, mir ist warm. "Was ist los?", fragt er mich und nimmt meine Hände in seine. Dass er komplett nackt vor mir ist, ist irgendwie irritierend und irgendwie schäme ich mich. "Ich habe Stoppel", flüstere ich verlegen. "Das ist doch nicht schlimm, Shana. Ich habe auch Stoppel bekommen." Lächelnd schaut er mich an und fährt meine Arme hoch. "Es ist etwas ganz Normales, komm." Langsam hebt er das T-Shirt an und zieht es mir über den Kopf. Stück für Stück befreit er mich aus meiner Wäsche, bis wir beide komplett nackt sind. Trotzdem halte ich mir geniert die Hände vor mein Geschlecht. Lächelnd legt Can seine Hand auf meine Taille und steigt mit mir unter die Dusche, als ich meinen Schmuck entfernt habe und er 1970 Somethin' auf seinem Handy abgespielt hat. Wir sind nackt, cool. Wir beide haben Stoppel da unten, cool. Wieso sehen Penisse so komisch aus? Wow, die Vene von seinem Unterbauch verläuft ja bis zu seinem Penis. Ich lege den Kopf etwas schief und sehe dann in Cans grinsendes Gesicht. Mir wird ganz warm. "Schön?", fragt er. Etwas irritiert blinzele ich. "Der sieht komisch aus." Ich tippe ihn einmal an und muss prusten. Can schaltet das Wasser an und hängt den Duschkopf an die Halterung. Oh Mann, Can sieht so gut aus, wenn Wasser auf ihn fällt und sein Haar so schön durchnässt. Verträumt fahre ich durch sein Haar und umarme ihn, weil mir danach ist. "Geht es dir wirklich gut?", frage ich. "Ja, viel besser." Seine Arme schlingt er um mich und küsst meinen Scheitel. Ich summe zufrieden und küsse seine Brust. Er greift nach dem Shampoo und verteilt es in meinem Haar, massiert es sanft ein, was mich schnurren lässt. Ich lasse meine Stirn gegen seine Brust fallen und genieße die Massage. Unzufrieden brumme ich, als er aufhört und den Schaum ausspült. Das Shampoo nehme ich in meine Hand und strecke mich ein wenig, damit ich an alle Stellen seines Kopfes rankomme. Sein Haar ist so toll! "Du musst, glaube ich, die Haare an den Seiten kürzen", merke ich an. "Machst du das mit Absicht?" Fragend sehe ich ihn an. "Mich antanzen." Ouh. Ich schüttele den Kopf. "Das Lied ist gut", murmele ich. Schmunzelnd nickt er. "Mach weiter", sagt er. Tanzen tue ich jetzt nicht mehr, dafür spiele ich mit seinen Haaren herum. Seine Augen liegen - wer hätte es gedacht? - auf meinen Brüsten. Ich glaube, es sind seine Lieblingskörperteile. Von seinen schaumigen Haaren lasse ich ab und schamponiere mir wieder meine. Dabei drehe ich mich um, weil ich nicht will, dass Can die Stoppel unter meinen Armen sieht. Als ich mich wieder umgedreht habe, rasiert Can gerade seine Brust zu Ende und übergibt mir dann seinen Rasierer. "Oder soll ich machen?" Ich schüttele kräftig den Kopf und drehe mich um. "Der ist echt gut", merke ich an. Viel besser, als der für Frauen. Nachdem meine Achseln wieder glatt und die Klingen befreit von Haaren sind, lege ich den Rasierer zurück an seinen Platz, den Can wieder nimmt und sich untenrum rasiert. Ich bewundere seine Gelassenheit immer und immer wieder. Wow, das sieht beim anderen Geschlecht echt komisch aus, so ungewohnt. Can schaut mich schmunzelnd an und lässt sich nicht davon stören. "Wieso bist du so total gelassen und oft schamlos?", frage ich. Can lächelt mich schelmisch an und spült die ganzen Haare weg, ehe er mich gegen die kühle und feuchte Wand drückt. Oh Gott. "Weil man so mehr Spaß hat, vor allem, wenn man ein schüchternes Etwas wie dich hat." Grinsend leckt er sich über seine Lippen, was meinen Unterleib zusammenziehen lässt. Hörbar atme ich ein und nicke, was dazu führt, dass er mich küsst. Leider löst er sich zu schnell von mir, um mir den ganzen Schaum aus den Haaren zu spülen. Mit einem leichten Schmunzeln greift er nach meinem Duschschwamm und kleckst Duschgel drauf. "Du oder ich?" Er soll anfangen, damit ich weiß, was ich zu tun habe.
Er beginnt am Hals und arbeitet sich langsam zu den Schultern und den Brüsten vor. "Ich mache es gleich noch einmal, aber mit meinen Händen." Er zwinkert. Mein Unterleib freut sich schon. Ich nicke benebelt. Selbst der Schwamm fühlt sich jetzt außergewöhnlich gut an. "Arme hoch." Sofort tue ich es und genieße sein schiefes Grinsen. Verdammt, sieht Can gut aus. Der Schwamm fährt über meine Seiten und über meine Brüste, ehe er über Bauch und Beine fährt und sich deswegen hinkniet. Oje, das ist so intim. Geniert lege ich mir die Hände auf mein stoppeliges Geschlecht. "Du brauchst dich nicht zu verstecken. Es ist etwas ganz Normales." Seine sanfte Stimme beruhigt mich so sehr, ich liebe sie so sehr. Trotzdem schüttele ich den Kopf, was ihn schmunzeln lässt. Meine Beine schäumt er ein und will zwischen meine Beine fahren, was mich versteifen lässt. Er bemerkt meine Scham und spült alles weg. Lächelnd übergibt er mir den Schwamm, damit ich seine zwei Meter einseifen kann. "Okay, Hals", murmele ich und fahre sogar über seine Halsader. Sorgfältig seife ich seine Schultern ein, ehe ich fest in seine Arme geschlossen werde. "Du bist so goldig, so süß", flüstert er. Oh, sein Freund freut sich auch, da er etwas steht. Aber das war mir irgendwie klar. "Ich habe echt Glück, dass ich dich bekommen habe." Ernst sieht Can mich an und küsst mich innig. Seine linke Hand wandert zu meiner Wange, während die andere meine Taille fest umschlossen hat. In mir kribbelt es und ich habe schon die Vorahnung, was passieren könnte. In mir macht sich Freude breit, weil ich diese Verbindung liebe. Ich werde plötzlich ungeduldig, ich will mehr. Meine Hände greifen nach seinen Haaren und ziehen an ihnen, ehe sie seine Brust abtasten. Dieser perfekte Körper gehört mir und ich darf machen, was ich will. Ich lasse meine Zunge in seinen Mund gleiten und seufze. Dieses Gefühl macht mich nie satt, es lässt mich immer höher und höher fliegen. Mein Körper sehnt sich nach mehr, aber Cans Hände bleiben an Ort und Stelle, weswegen ich eine Hand auf meinen Hintern lege und die andere auf meine Brust. "So ungeduldig", raunt er. Seine Hände drücken zu, was mich seufzen lässt. Es entsteht ein Kampf zwischen unseren Zungen, den ich verliere, weil seine Hände eine Meisterarbeit leisten und mich aus der Fassung bringen. Langsam wandern meine Hände immer weiter hinab, bis sie ihn umschließen, und Can deswegen scharf die Luft einzieht. Langsam bewege ich meine Hände auf und ab und muss schmunzeln, weil Cans Mund offenbleibt. Ich küsse ihn trotzdem weiter und nehme sein Stöhnen auf. Can hält sich an der Wand hinter mir fest und stöhnt tief, was mich erschaudern lässt. Wie kann sich ein Stöhnen so gut und so befriedigend anhören? Das ist doch verrückt. Meine rechte Hand wandert tiefer zu seinen Hoden, und ich kriege die Bestätigung von Can, dass ich es richtig mache, als er wieder aufstöhnt. Den Kopf legt er in den Hals, sodass sein Adamsapfel heraussticht. Ich beuge mich kurz vor, um diesen zu küssen und werde dann schneller. Sein Keuchen macht mich ganz hibbelig, genau wie seine sich schnell hebende Brust. "Stopp, nicht jetzt", keucht er und entfernt meine Hände, paart unsere Lippen wieder und das noch intensiver als gerade. Immer wieder lässt er keuchende Geräusche ab. Seine Hände umschließen meinen Hintern ganz fest, ehe zwei Finger direkt in mich eindringen und mich laut keuchen lassen. Er lässt seine Finger in mir kreisen, was mich wimmern und stöhnen lässt. "Can", stöhne ich leicht wimmernd und stelle mich auf meine Zehenspitzen, in der Hoffnung, mehr zu kriegen. Mein ganzer Körper ergötzt sich an seinen Fingern und sehnt sich gleichzeitig nach mehr. Sie erwischen diesen wunderbaren Punkt, der mich lauter Stöhnen lässt. Mein Bauch kribbelt vor Freude und bekommt auch diese wunderbaren Gefühle ab, die am liebsten niemals enden sollen. "Can." Genüsslich beiße ich mir auf die Lippe und keuche auf, als er seine Finger schnell rein und raus bewegt. "Bitte", flehe ich ganz nah an seinem Ohr, ehe ich in sein Ohr stöhne. Zu meinem Glück werde ich hochgehoben und gegen die Wand gedrückt. Ungeduldig nehme ich sein bestes Stück in die Hand und führe es langsam in mich hinein, ehe ich zufrieden seufze. "So ungeduldig", raunt er gegen meinen Mund. Langsam bewegt er sich in mir mit härteren Stößen als sonst. Bei jedem Stoß muss ich keuchen und stöhnen.
Ich ziehe mich unten rum kurz zusammen und lege den Kopf in den Nacken, ehe Can meine Brust mit seiner Zunge und seinen Lippen verwöhnt. Es fühlt sich so an, als ob in mir ein helles Licht angeschaltet wird, welches meine Haut pulsieren lässt. Ich versuche, so gut es geht, meine Hüften mitzubewegen. Sofort bemerke ich eine Intensivierung, die mich anspornt weiterzumachen. Ich stöhne laut auf und genieße sein Keuchen ungemein. "Can", keuche ich erschrocken und mit großen Augen, weil ich kurz davor bin, den Orgasmus zu erreichen. "Komm für mich", flüstert er, leckt mir über meinen Hals und saugt an meinen Lymphknoten. Mein Stöhnen wird von Stoß zu Stoß lauter, sodass es schon fast hallt. Ich kann mich nicht zügeln und bewege meine Hüften heftiger, damit ich diesem befreienden Gefühl immer näherkomme. "Can!", schreie ich schon fast und umarme ihn, als mich der Orgasmus überschüttet. Ich verliere die Kontrolle und zucke wie verrückt. Er zieht scharf die Luft ein, als ich mich untenrum zusammenziehe, bewegt sich schneller in mir und kommt dann mit einem zittrigen Stöhnen. Ich spüre sein Pulsieren viel intensiver, genau wie sein Ergießen. Es ist mit dem Orgasmus mein liebster Moment. Keuchend lassen wir das Wasser auf uns prasseln und beruhigen uns erst einmal wieder. "Dein Zucken ist so süß", merkt Can lächelnd an. Er küsst meine Nasenspitze und lässt mich langsam runter. Meine Beine zittern, weswegen er mich festhält. Mit dem Duschkopf setzen wir uns auf den Wannenboden und lehnen uns nach hinten. Wir haben es unter der Dusche getan, wow. "So sensibel", murmelt er gegen meine Hals und fährt über meine Beine. Lächelnd hebt er mein Kinn an und küsst mich. "Das war schön", flüstere ich verlegen. Can nickt und fährt mir durch mein Haar. Wow, ich hatte Sex mit stoppeligen Beinen und einem stoppeligen Geschlecht, wow. Ich spüre wieder das Duschgel auf meinem Körper, welches von seinen Händen auf meinem Oberkörper verteilt wird. Etwas müde fahre ich die Vene nach, die von seinem Unterbauch zu seinem Geschlecht führt. Cans Penis ist echt lang, wow. "Aber du stöhnst wenig. Bin ich zu schlecht?", frage ich. Can schüttelt schmunzelnd den Kopf. "Du bist die Beste, keine Angst. Ich bin eher derjenige, der keucht, aber ich habe doch auch gestöhnt." Ich murre. "Ich werde mir das jetzt zum Ziel machen." Can lacht. "Was? Mich öfter zum Stöhnen zu bringen?" Ich nicke. Wird doch nicht so schwer sein. "Wann soll ich das Essen machen? Bringst du mir bitte Zwiebelringe mit?" Er nickt und steht auf. Nachdem wir uns angezogen haben, haben wir uns auf das Sofa gelegt. "Dein Haar ist so schön lang, schneid es niemals." Er riecht an meinem Haar und bindet Schleifen aus ihnen. "Ich frage mal, ob jemand meine Schicht übernehmen kann." Er nimmt sich sein Handy und schreibt jemanden, schaut abwartend auf sein Handy und legt es dann nickend weg. "Keine Lust?" Er schüttelt den Kopf. "Will einfach bei dir bleiben", murmelt er. Lächelnd fahre ich über sein Knie und schaue die Serie. "Wie fühlst du dich?", möchte ich wissen und höre ihn danach seufzen. "Wie soll ich mich fühlen? Ich konnte gut schlafen und habe bis jetzt nichts Negatives gefühlt. Die Nacht war schlimm. Ich wollte dich wirklich nicht schlagen, Shana. Ich wollte dich nur..." Abwartend sehe ich ihn an. "Ich weiß es nicht, ich wollte nicht, dass du mir widersprichst." "Wolltest du nach meinem Kiefer greifen?" Sein Kiefer zuckt. Beschämt schaut er auf meine Beine. "Ich weiß es nicht", flüstert er. "Ich möchte nicht darüber reden. Ich lasse mich von negativen Dingen beeinflussen, was meine Psyche betrifft. Das tut mir nicht gut." Das habe ich zu spüren bekommen. "Aber wir müssen darüber reden, Can. Wir können die Gedanken nicht immer weiter nach hinten schieben. Reden hilft oft." Wieso tust du es dann nicht? Flehend sehe ich ihn an und greife nach seiner Hand. "Wie wäre es, wenn wir heute lange wach bleiben und über deine Gefühle und Gedanken reden? Oder auf dem Balkon mit ganz viel Essen und Kerzen und sonstigem." Lächelnd zucke ich mit den Schultern und sehe ihn abwartend. "Wie könnte ich dir einen Wunsch abschlagen?" Can drückt meine Wangen zusammen und gibt mir einen Kuss. "Hast du schon", schmolle ich. Fragend sieht er mich an. "Na, die Piercings." "Ich werde mir nichts piercen lassen, Shana. Vergiss das." "Aber wieso? Du würdest so unfassbar heiß aussehen, wenn du ein Zungenpiercing hättest." Er schüttelt den Kopf. "Tattoos ja, Piercings nein." Ich seufze. "Willst du dir etwas Neues stechen lassen?" Ich fahre Zeus nach und dann noch Medusa. Sein Arm ist ein Kunstwerk. "Bis jetzt nicht, vielleicht lasse ich einige Stellen auffrischen, aber sonst nichts."
Wir haben 00:23 Uhr und sitzen mit Decken, Kissen und Matten auf dem Balkon. "Beginne." "Womit soll ich denn anfangen?", fragt er. "Womit wurdest du früher immer beruhigt? Was hat dir am meisten geholfen?", möchte ich wissen. "Es kam früher nicht oft vor, aber wenn, dann hat mein Vater immer Suren zitiert. Ich... manchmal bin ich auch bei meinen Eltern geblieben, auch wenn ich etwas zu groß für das Bett war", nuschelt er geniert. Lächelnd fahre ich durch sein Haar. "Nach dem Autounfall in der zwölften Klasse hatte ich einige Panikanfälle, von denen ich mich schwer erholen konnte. Es ist eine Sache, die du einfach nicht vergessen kannst. In dieser Phase denkst du, dass du stirbst, auch wenn du danach überlebst und du im Endeffekt weißt, dass du das überlebst und es nur eine Falle ist. Man denkt immer und immer wieder, dass man stirbt, wenn man einen Anfall hat und das zerstört einen." Can schüttelt resigniert den Kopf. "Als würde mich etwas Mächtiges zerquetschen, ich kann einfach nichts dagegen tun", kommt es am Ende leicht heiser von ihm. Ich schmiege mich an ihn und fahre beruhigend über seinen Hinterkopf. "Ich bin für dich da, Can. Dir wird niemand etwas tun, selbst in dieser Phase. Ich beschütze dich." Flüsternd sagt er meinen Namen und umschließt mich. Schweigend genießen wir die Atmosphäre der Nacht im August und versuchen Lösungen zu finden. Lösungen, die ihm helfen könnten. Lösungen, die mir helfen könnten. "Möchtest du nicht zu einem Therapeuten?" Can verneint es. "Lieber eine meiner Therapien?" Diesmal nickt er. "Deine Therapien sind tausendfach besser. Du kannst alles, du bist ein Genie und ein Engel in einem." Er küsst mich voller Hingabe und schaut mich mit großen und bewundernden Augen an. Leicht lächele ich und lege den Kopf dabei schief. "Aus diesem Winkel sieht dein Grübchen wie ein schwarzes Loch aus", merkt er an und tippt auf meine rechte Wange. "Du würdest echt süß aussehen mit Grübchen." Sofort rümpft er seine Nase. "Nicht süß?" Er schüttelt den Kopf. "Erzähl mir mehr von deinem vergangenen Empfinden", sage ich sanft und kraule seine Kopfhaut. "Du meintest, dass du... du wolltest dir das Leben nehmen?" Leise schnaubend schaut er zur Seite. "Hey, es ist doch vorbei, oder nicht?" Can nickt niedergeschlagen und fährt sich über seine Augen. Dieses Thema ist schwer an seine Seele gebunden und macht ihn so verwundbar. "Liegt es noch so schwer auf der Seele?" "Und wie", flüstert er. Ich spüre den Druck auf meinem Solar Plexus, ich spüre seine Last. "Reden hilft oftmals, Can. Ich bin immer für dich da." Ich hätte niemals gedacht, dass Can so viel Last und Leid mit sich trägt. Hätte mir damals jemand gesagt, dass Can Verluste fürchtet, hätte ich vermutlich die Augen verdreht. Würde ich Cans Materie nicht so sehr kennen, dann würde ich an diesem Fakt zweifeln. Seine Erscheinung ist das komplette Gegenteil von seiner Mentalität. "Was soll ich dir denn großartiges erzählen, Shana?", schnauzt er mich leicht an. Ouh, okay. In meiner Brust zieht es sich zusammen deswegen, und ich rutsche von seinem Schoß langsam runter. "Okay, dann nicht", murmele ich leicht verletzt. Wenn er nicht reden möchte, dann akzeptiere ich es, es ist okay. Trotzdem fühle ich mich jetzt unwohl. "Ich-, nein, komm zurück." Ich werde wieder auf seinen Schoß gezogen und flehend angesehen. "Verzeih mir, bei diesem Thema werde ich immer sensibel und aggressiv." Seufzend schließt er seine Augen. "Ich bin immer in Selbstzweifel geraten, wie du weißt und diese Attacken haben mich noch krasser gefickt, als die ganzen Einschränkungen, verstehst du?" Ich nicke langsam. "Ich habe verdammte Angst vor diesen Attacken. Sie sind die Hölle, Shana. Ich konnte Tage lang nicht schlafen, ich wurde verrückt, hatte Wahnvorstellungen. Du musstest mal meine Zeugnisse sehen, wie grottig sie waren - ein Wunder, dass ich noch nie sitzen geblieben bin. Ich sah aus wie ein Toter mit schwarzen Haaren, blasser Haut, geröteten Augen und dunklen Ringen. Ich kann froh sein, dass sich Malik und Ramazan trotz meinen Aggressionen nicht von mir abgewendet haben. Ihnen bin ich vieles schuldig und vor allem dir. Shana, ich bin ein kaputter Mensch. Kaputt, weil ich nicht an mich glaube, kaputt, weil ich mir selber nicht helfen kann." Seine Augen füllen sich mit Tränen, genau wie meine. Wir beide schütteln den Kopf. Ich bin schockiert von diesen Informationen. Wie kann er so viel Leid in sich tragen? Ich bin sprachlos. "Aber... geht es dir jetzt nicht besser?", frage ich heiser. "Doch." Leicht lächelnd nimmt er mein Gesicht in seine Hände. "Ich hatte trotz vieler Aggressionen, wegen deines kleinen Sturkopfes, viel Freude und positive Gedanken und dann als wir uns immer näher kamen in der Schulzeit, da war ich befreit von den Attacken. Ich dachte, ich wäre geheilt." Mit einem verzweifelten Lächeln ringt er sich die Tränen ab. Ich muss mich zusammenreißen, um nicht zu weinen. "Dann warst du weg und ich habe einen Verlust erlitten. Ich wurde regelrecht verrückt, habe von dir geträumt, hatte Albträume und Attacken, ich habe mich wieder verletzt", flüstert er zuletzt. Mir wird ganz kalt. Ist das alles meine Schuld?
Schockiert senke ich den Blick. Ich muss Can mit meiner Abwesenheit gefoltert haben. Durch meine Angst, habe ich seine Angst verschlimmert. "Das tut mir leid", flüstere ich. "Keine Schuldgefühle." Can hebt mein Gesicht an. "Du wusstet von nichts. Du wolltest nach Hamburg und ich nach München. Wie hätte das klappen sollen? Ich kann mich selber nicht einmal erklären, wie soll mich dann jemand anders verstehen?" Can lächelt leicht, dieses Lächeln erreicht aber nicht seine wertvollen Augen. Unterdrückte Emotionen quillen hinauf und treten in flüssiger Form aus meinen Augen. Diesen Druck kann ich nicht länger mehr halten und lasse ihn raus. Seine Probleme, die er mir Stück für Stück offenbart gepaart mit meinen Problemen, die ich ihm nicht erzählen kann, bilden ein gefährliches Gemisch für mich. "Du bleibst bei mir, oder?", schluchze ich. In mir herrscht eine schmerzende Unruhe, die ich nicht bändigen kann. Kummer und Leid, Ahnungs- und Hilfslosigkeit sind vorhanden und verwirren alles. "Natürlich, Shana. Ich habe dich doch wiederbekommen und werde dich niemals loslassen. Dein Verlust wäre mein Untergang." Ich spüre seine Lippen auf meiner Schläfe und seine großen Hände auf meinem Rücken. "Belaste dich nicht mit meinen Problemen, das tut dir nicht gut. Belastet dich etwas?" Ja, aber das würde dich dann auch belasten. "Nein, alles gut", schniefe ich. Eindringlich sieht Can mich an. "Wirklich, nur bist du mein Sorgenkind." Ich lächele schlicht und küsse ihn. "Und was ist mit gestern? Du bist vor mir geflüchtet." Was soll ich dazu sagen? Ich habe immer noch eine gewisse Angst vor Can. Ich bin traumatisiert, ohne es gewusst zu haben. Ich habe seine Gewalt nicht einmal als Gewalt angesehen. Can wollte Schlimmes tun und das wird mir wohl nie aus dem Kopf gehen. Ohne eine Antwort zucke ich mit meinen Schultern. "Reden hilft oft." Nicht, wenn es dir schadet, Can. "Was soll ich dazu sagen? Es war ein Abwehrmechanismus", gebe ich kryptisch von mir. Can sieht mich ungläubig an. "Shana, da ist mehr, verarsch mich nicht." Seine Stimme ist härter und stumpfer geworden, oje. "Du hattest Angst, dass ich dich schlage, nicht wahr?" Soll ich ehrlich sein? Du musst. Schluckend nicke ich. Ich sehe sofort die Enttäuschung in seinen Augen, und in mir steigt die Angst auf, dass er wieder einen Anfall erleidet. Verdammt, wieso habe ich die Wahrheit gesagt? Seine Augen wandern von links nach rechts und dann zu mir. "Wie lange fürchtest du dich schon vor mir?" "Ich weiß es nicht", flüstere ich. "Shana, bitte." Seine Stimme duldet gerade echt keinen Widerspruch, egal wie sanft er auch mit mir redet. "Ich weiß es wirklich nicht. Der Vorfall war so spontan, genau wie meine Reaktion. Es gab Momente, die mich geprägt haben, aber vielleicht wäre es besser, wenn ich sie nicht erwähne", erkläre ich wahrheitsgemäß. "Wieso? Weil ich sonst wieder durchdrehe?", kommt es leicht verständnislos von ihm. "Sag nicht durchdrehen, Can. Das ist selbstverachtend." Tadelnd ziehe ich meine Augenbrauen zusammen. "Du meintest selber, dass Negatives dich stark prägt und das habe ich sehr oft zu sehen bekommen. Ich will nicht, dass du wieder in Panik gerätst und leidest, wenn ich dir etwas erzähle. Es ist nur zu deinem Besten." Ich seufze und reibe mir die Hände. Das Ganze ist so offensichtlich und einfach, durch unsere Ehrlichkeit, jedoch auch so unklar und schwer, weil vieles verborgen bleibt. Es wird still, seine Blicke liegen auf mir, während ich auch meinen wunderschönen Ehering schaue. Sechs Monate sollen wir besonders auch uns Acht geben. "Sollten wir vielleicht schlafen gehen?", frage ich. Er antwortet nicht, schaut mich einfach nur an. Aufmunternd fahre ich durch sein Haar und über seine Wangen. Habe ich noch mehr Schaden angerichtet? Woran denkt Can? Ich beuge mich vorsichtig vor, um ihn zu küssen. Es ist ein langsamer Kuss, den ich jetzt unbedingt brauche. Can erwidert ihn nur ganz träge, was mich zweifeln lässt. Habe ich irgendetwas Schlechtes getan? Unsicher löse ich meine Lippen von seinen, ich erkenne anhand seiner Mimik nichts. Fragend schüttele ich den Kopf. Can wirkt wie hypnotisiert. "Alles in Ordnung?" Can ignoriert meine Frage und läuft ins Schlafzimmer. Fragend bleibe ich auf dem Balkon zurück und räume seufzend die Polsterungen weg. Im Schlafzimmer sind die Lichter alle schon aus, Can liegt ruhig im Bett. Kaum vernehmbar seufze ich und lasse mich nieder, nähere mich ihm vorsichtig und umarme ihn von hinten. Meine Hände legt er auf seine Brust, als er sich mit geschlossenen Augen zu mir dreht. Er wollte sich umbringen, wie heftig muss dieser Schicksalsschlag für ihn sein? Wie stark prägt es ihn eigentlich? Wie viel Leid trägt dieser Junge in sich? Wie wenig weiß ich über ihn?
Wie groß ist das Land seiner schwarzen und schattigen Gedanken?
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